VwGH vom 19.03.1998, 95/15/0042
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des H in K, vertreten durch Dr. Peter Fiegl, Dr. Frank Riel und Dr. Josef Cudlin, Rechtsanwälte in Krems an der Donau, Gartenaugasse 1, gegen den Bescheid (inhaltlich: Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7-1308/1/94, betreffend Widerruf einer Löschung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurden verschiedene Abgabenschuldigkeiten des Beschwerdeführers (insgesamt S 185.472,-- darunter auch die Gewerbesteuer für die Jahre 1989 und 1990 in Höhe von S 116.942,50 bzw. S 51.811,--) gemäß § 235 Abs. 1 BAO gegen jederzeitigen Widerruf durch Abschreibung gelöscht.
Mit Bescheid vom wurde diese Löschung von Abgabenschuldigkeiten hinsichtlich der Gewerbesteuer für das Jahr 1989 in der genannten Höhe und hinsichtlich Gewerbesteuer für das Jahr 1990 in Höhe von S 17.457,50 widerrufen; dies mit der Begründung, die seinerzeitige Löschung der Abgabenschuldigkeiten sei aus Zweckmäßigkeitsgründen nach Bezahlung eines Teilbetrages verfügt worden. Da sich die wirtschaftlichen Verhältnisse seit dem Zeitpunkt des Löschungsbescheides durch die Entstehung des Guthabens auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers "maßgeblich gebessert" hätten, sei vom vorbehaltenen Widerruf Gebrauch gemacht worden.
In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, die Annahme des Finanzamtes, seine wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich seit der Löschung der Abgabenschuldigkeiten "maßgeblich gebessert", treffe nicht zu. Das Entstehen eines Guthabens auf seinem Abgabenkonto sei auf die von Amts wegen erfolgte Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 1994 (im Zuge der Veranlagung für das Jahr 1992) zurückzuführen und bedeute "keine Vermögensverbesserung", zumal "die Einkommensteuervorauszahlungen über Kontokorrentkredit fremdfinanziert" worden seien. Der Beschwerdeführer beantragte, den mit Berufung bekämpften Bescheid aufzuheben und die daraus entspringende Gutschrift zur Tilgung der wieder auf den ursprünglichen Betrag festzusetzenden Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 1994 zu verwenden.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Begründend führte sie aus, der Beschwerdeführer habe durch seinen in der Berufung gestellten Antrag, die Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 1994 statt mit Null "wieder auf den ursprünglichen Betrag" (von S 179.200,--) festzusetzen, die Behauptung, seine wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich seit der Löschung der genannten Abgabenschuldigkeiten nicht gebessert, selbst widerlegt. Außerdem sei aktenkundig, daß der Beschwerdeführer mit Vertrag vom für die Übertragung von 98 % seiner Gesellschaftsanteile an der "Diskothek Dirty Dancing" eine Gegenleistung von S 1,224.000,-- vereinbart habe, woraus ebenfalls eine Besserung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zu ersehen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bedachtnahme auf die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren weiters erstatteten Schriftsätze erwogen:
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde den Widerruf einer Löschung von Abgabenschuldigkeiten im Sinne des § 294 Abs. 1 lit. a BAO darauf gestützt, daß sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert hätten, die für die Erlassung des die seinerzeitige Löschung von Abgabenschuldigkeiten verfügenden Bescheides vom maßgebend gewesen seien. Die Beschwerde bestreitet, daß die im angefochtenen Bescheid hiefür herangezogenen Gründe diese Annahme rechtfertigen. Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde aus folgenden Gründen im Recht:
Aus dem Berufungsantrag des Beschwerdeführers, die aus der begehrten Aufhebung des erstinstanzlichen Widerrufsbescheides entspringende Abgabengutschrift zur Tilgung der sich gleichzeitig aus der Wiedervorschreibung der ursprünglichen Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 1994 ergebenden Zahllast zu verwenden, kann nicht nachvollziehbar auf eine (maßgebliche) Besserung der Wirtschaftslage des Beschwerdeführers im Vergleich zu den Verhältnissen im Zeitpunkt der Löschung der genannten Abgabenschuldigkeiten geschlossen werden. Vielmehr brachte der Beschwerdeführer mit seinem Berufungsantrag sinngemäß zum Ausdruck, daß seine Einkommensverhältnisse im Jahr 1994 den bei Löschung seiner Abgabenschuldigkeiten angenommenen und nicht den schlechteren, aus der späteren Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1992 ersichtlichen Verhältnissen entsprachen. Auch aus der dem Berufungsantrag offenbar zugrunde liegenden Absicht des Beschwerdeführers, eine hohe (weil nicht durch anzurechnende Vorauszahlungen geminderte) Abschlußzahlung bei der zu erwartenden Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1994 zu vermeiden, läßt sich nicht auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angenommene (maßgebliche) Besserung seiner Einkommensverhältnisse gegenüber den Verhältnissen im Zeitpunkt der Erlassung des Löschungsbescheides schließen. Gleiches gilt für den nicht näher beleuchteten Umstand, daß der Beschwerdeführer nach der Löschung von Abgabenschuldigkeiten einen Großteil seiner Anteile an der genannten, einen gastronomischen Betrieb unterhaltenden Gesellschaft an die Mitgesellschafterin entgeltlich übertragen hat, geht doch daraus nicht ohne weiteres die Erfüllung des im § 294 Abs. 1 lit. a BAO umschriebenen Tatbestandes hervor. Auch wurde dem Beschwerdeführer zu den im angefochtenen Bescheid getroffenen Annahmen überhaupt kein Parteiengehör gewährt, wobei die Relevanz des darin zu erblickenden Verfahrensmangels mit dem Hinweis des Beschwerdeführers in seiner Replik zur Gegenäußerung der belangten Behörde darauf, daß die Kaufpreisraten "im wesentlichen die bisherigen Entnahmen aus diesem Betrieb kompensiert" hätten, ausreichend dargetan ist.
Aus dem Gesagten folgt insgesamt, daß die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht schlüssig ist und daß überdies der Sachverhalt ergänzungsbedürftig geblieben ist. Damit wurden Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen (für den Beschwerdeführer günstigeren) Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.