VwGH vom 26.03.1993, 92/17/0141
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des R in K, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 3 Gem-159/1/91, betreffend Haftung für Getränkeabgabe (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Klagenfurt, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Haftungsbescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom wurde der Beschwerdeführer "gemäß § 4 des Getränkeabgabegesetzes 1978 in Verbindung mit § 3 der Klagenfurter Getränkeabgabeverordnung vom , Zl. 15.249/79" als Verpächter für "die bei Frau M, Gastwirtin in T, derzeit noch offene Getränkeabgabe für die Monate November 1987 bis Oktober 1988" im Betrag von S 111.620,80 einschließlich Nebenansprüchen haftbar gemacht und zur Zahlung herangezogen.
Begründend heißt es in diesem Bescheid sinngemäß, M sei in der Zeit vom bis Pächterin des Gastgewerbebetriebes in Klagenfurt gewesen; es könnten bei der Pächterin auf Grund ihres Zwangsausgleiches, der bei der Tagsatzung am mit einer Quote von 20 % bestätigt worden sei, keine Einbringungsmaßnahmen mehr durchgeführt werden. Der Beschwerdeführer sei daher als Verpächter zur Haftung für den genannten Abgabenbetrag heranzuziehen, zumal er weder den Beginn noch das Ende des Pachtverhältnisses der Gemeinde schriftlich mitgeteilt habe.
In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer sinngemäß im wesentlichen aus, daß es sich beim vorgelegten Bestandvertrag vom um ein Miet- und kein Pachtverhältnis gehandelt habe.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 6. Feber 1990 änderte der Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt den oben genannten Haftungsbescheid dahin ab, daß der Verpächter "für eine für die Zeit vom bis aushaftende Getränkeabgabe" im Betrag von S 111.620,80 einschließlich Nebenansprüchen hafte; im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer stellte den Antrag, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen.
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom wurde der Berufung keine Folge gegeben und gleichzeitig der erstinstanzliche Bescheid zum Nachteil des Beschwerdeführers dahingehend abgeändert, "daß der der Haftung zugrundeliegende Abgabenbetrag (aushaftende Getränkeabgabe zuzüglich Nebenansprüche der Pächterin Frau M für den Zeitraum bis ) in Höhe von S 129.205,-- festgesetzt wird".
In der Begründung dieses Bescheides wurde nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage die Berechnung der Höhe des genannten Abgabenanspruches unter Berücksichtigung der von der Primärschuldnerin im Zwangsausgleichsverfahren gezahlten 20 %-Quote aufgezeigt und unter Hinweis auf einzelne Punkte des Bestandvertrages vom die Rechtsansicht vertreten, daß ein Pachtverhältnis im Sinne des § 1091 ABGB begründet worden sei. Soweit für das Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung, heißt es in der Begründung wortwörtlich weiter:
"Vor Erlassung des Haftungsbescheides (Schriftsatz vom ) wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin beim Landesgericht Klagenfurt das Konkursverfahren eröffnet. Im Rahmen dieses Verfahrens gelang es der Primärschuldnerin mit Zustimmung der erforderlichen Mehrheit ihrer Gläubiger (DIE
LANDESHAUPTSTADT KLAGENFURT STIMMTE DEM EINGEBRACHTEN
ZWANGSAUSGLEICHSVORSCHLAG NICHT ZU), einen Zwangsausgleich auf Bezahlung einer 20%igen Quote der angemeldeten und anerkannten Forderungen abzuschließen.
In Erfüllung dieses Zwangsausgleiches wurde sodann vom Masseverwalter an die Abgabenbehörde ein 20%iger Quotenbeitrag der noch offenen Getränkeabgabe einschließlich Nebenansprüche überwiesen. Dies wiederum führte zur gerichtlichen Bestätigung des Ausgleiches, wodurch die Primärschuldnerin von der Verbindlichkeit befreit wurde, ihren Gläubigern in Zukunft die dadurch erlittenen Ausfälle zu ersetzen.
Die Landeshauptstadt Klagenfurt war nun zur Sicherung ihrer Abgabenansprüche berechtigt und gezwungen, gegen den Beschwerdeführer ein Verfahren gemäß § 170 LAO (Erlassung eines Haftungsbescheides) einzuleiten."
In der dagegen erhobenen Vorstellung führte der Beschwerdeführer ergänzend sinngemäß aus, es sei auch die Abgabenbehörde an den Zwangsausgleich der Primärschuldnerin, der mit den erforderlichen Mehrheiten angenommen worden sei, gebunden. Die Begünstigungen dieses Zwangsausgleiches müßten dem Beschwerdeführer gleichfalls zuteil werden.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde schloß sich der Rechtsansicht der Abgabenbehörde zweiter Instanz an, wonach es sich beim genannten Bestandvertrag um ein Pacht- und kein Mietverhältnis gehandelt habe; im übrigen verwies sie auf die Begründung des Bescheides des Stadtsenates vom , welche vollinhaltlich in den Vorstellungsbescheid übernommen werde und somit einen Bestandteil dieses Bescheides bilde.
Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof.
Mit Beschluß vom , B 690/91-8, wurde die Behandlung der Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Beschwerdeführer beantragt in dem über Mängelbehebungsauftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergangenen ergänzenden Schriftsatz vom , den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete ebenso wie die Mitbeteiligte eine Gegenschrift, in der jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen zunächst in seinem Recht "auf mangelfreie Durchführung des Verfahrens im Sinne der Bestimmungen der Allgem. Verwaltungsverfahrensgesetze" verletzt. Er verkennt damit, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein subjektives Recht auf gesetzmäßige Führung der Verwaltung nicht besteht (vgl. hiezu z. B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 3167/78). Zum Beschwerdepunkt kann nur ein aus der Norm ableitbares, subjektives Recht des Beschwerdeführers erhoben werden. In diesem Sinne ist nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers als Beschwerdepunkt das Recht, nicht zur Haftung für die Getränkeabgaben herangezogen zu werden, zu verstehen.
Als berechtigt erweist sich die Beschwerde schon insoweit, als der Beschwerdeführer auch für sich die Rechtswirkungen des Ausgleiches reklamiert.
Der Aktenlage ist eindeutig zu entnehmen, daß der erstinstanzliche Haftungsbescheid erst nach Erfüllung der 20 %-Quote (anteilige offene Getränkeabgabe einschließlich aliquoter Nebenansprüche) durch die Ausgleichsschuldnerin gegenüber dem Beschwerdeführer erlassen wurde (vgl. hiezu den Haftungsbescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom sowie die diesbezüglichen Feststellungen des Stadtsenates der Landeshauptstadt Klagenfurt im Bescheid vom ).
Die Haftungsinanspruchnahme des Beschwerdeführers hinsichtlich des durch die Quotenzahlung der Ausgleichsschuldnerin nicht entrichteten Teiles der haftungsgegenständlichen Getränkeabgabe ist daher aus folgenden Gründen inhaltlich rechtswidrig:
Gemäß § 5 Abs. 1 Kärntner Landesabgabenordnung 1983 (LAO 1983), LGBl. Nr. 36/1983, werden Personen, die nach Abgabenvorschriften für eine Abgabe haften, durch Geltendmachung dieser Haftung (§ 170) zu Gesamtschuldnern.
§ 156 Abs. 1 Konkursordnung (KO) lautet:
"Rechtswirkung des Ausgleiches:
Durch den rechtskräftig bestätigten Ausgleich wird der Gemeinschuldner von der Verbindlichkeit befreit, seinen Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen oder für die sonst gewährte Begünstigung nachträglich aufzukommen, gleichviel, ob sie am Konkursverfahren oder an der Abstimmung über den Ausgleich teilgenommen oder GEGEN DEN AUSGLEICH GESTIMMT haben oder ob ihnen ein Stimmrecht überhaupt nicht gewährt worden ist."
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zlen. 90/17/0439, 0440, dargelegt hat, hat der Haftungsbescheid im Verhältnis zum Haftungspflichtigen konstitutive Wirkung. Erst durch die Erlassung des Haftungsbescheides - so führt der Verwaltungsgerichtshof weiter aus - werde der persönlich Haftungspflichtige zum abgabenrechtlichen Gesamtschuldner.
Die Geltendmachung der Haftung sei keine Maßnahme der Abgabenfestsetzung, sondern eine Maßnahme zur Einhebung der Abgabenschuldigkeit des Hauptschuldners. Einhebungsmaßnahmen der Abgabenbehörden setzten begrifflich voraus, daß die einzuhebende Abgabe aushafte. Der Abgabenanspruch dürfe im Zeitpunkt der Setzung einer Einhebungsmaßnahme nicht schon erloschen sein oder nur mehr den Charakter einer Naturalobligation aufweisen.
Die Wirkung des Ausgleiches sei nun aber eine solche, daß nach einem Teil der Lehrmeinungen die über die Quote hinausgehende Forderung nur mehr als Naturalobligation weiter bestehe - ihre Klagbarkeit und erzwingbare Aufrechenbarkeit gehe verloren - bzw. nach einem anderen Teil der Lehre sogar ein teilweiser Schulderlaß im Sinne des § 1444 ABGB eintrete. Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Auffassung fest.
Im Hinblick auf den oben wiedergegebenen Wortlaut des § 156 Abs. 1 KO (vgl. auch § 53 Abs. 1 AO) kommt dem Umstand, daß die Landeshauptstadt Klagenfurt dem Zwangsausgleichsvorschlag nicht zugestimmt hat (vgl. den Bescheid des Stadtsenates vom ), keine rechtliche Bedeutung zu.
Da die belangte Behörde jedoch als Vorstellungsbehörde die Haftungsinanspruchnahme des Beschwerdeführers in bezug auf den durch die Quotenzahlung (20 %) der Ausgleichsschuldnerin nicht entrichteten Teil der haftungsgegenständlichen Getränkeabgabe ungeachtet der schon eingetreten gewesenen Wirkungen des Ausgleiches bestätigte und den gemeindebehördlichen Bescheid vom nicht auf Grund des bestätigten Zwangsausgleiches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhob, hat sie den angefochtenen Bescheid selbst mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Der Vorstellungsbescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Stempelgebühren waren nur im erforderlichen Ausmaß zuzusprechen.