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VwGH vom 28.10.1994, 92/17/0029

VwGH vom 28.10.1994, 92/17/0029

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde der S. N.-A. in K, nunmehr vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in U, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 7 - 48 Ne 18/4 - 1991, betreffend Müllabfuhrgebühr für das 4. Quartal 1990 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde K, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in K), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Bundesland Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit "Lastschriftsanzeige-Rechnung" vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der Beschwerdeführerin die Müllabfuhrgebühr für das 4. Quartal 1990 mit insgesamt S 231,-- vor. Die Vorschreibung trägt den vorgedruckten Vermerk:

"Abgabenbescheid:

Diese Lastschriftanzeige gilt als Bescheid, wenn ... Müllgebühren nach den Bestimmungen des Müllabfuhrgesetzes 1949 in den derzeit geltenden Fassungen sowie den bestehenden Abgabenordnungen ... vorgeschrieben werden."

Dagegen erhoben die Beschwerdeführerin und ihr Gatte Dr. R.N. Berufung, die mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom als unbegründet abgewiesen wurde.

Dagegen wurde Vorstellung erhoben, in deren Briefkopf als Einschreiter Dr. R.N. angeführt ist und in der es unter anderem heißt:

"Gegen den o.a. Bescheid des Gemeinderates der Stadt K bringen wir die folgende Vorstellung ein ..."

Auch sonst ist die Vorstellung durchgehend in der "wir"-Form abgefaßt, jedoch nur von Dr. R.N. unterfertigt.

Auf Grund dieser Vorstellung erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Aus Anlaß der Vorstellung der Frau Dir. S. N.-A., vertreten durch ihren Ehegatten Herrn Dr. R.N., beide P-Straße 34 in K, wird ... der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde K vom , Zl: 813-00, betreffend die Vorschreibung einer Müllabfuhrgebühr für das 4. Quartal 1990, hinsichtlich der Entscheidung über die Berufung des Herrn Dr. R.N.

AUFGEHOBEN,

im übrigen wird die Vorstellung gegen diesen Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde K vom als unbegründet

ABGEWIESEN."

In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe, vertreten durch ihren Ehegatten Dr. R.N., das Rechtsmittel der Vorstellung erhoben. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde habe in Ausführung des Abfallbeseitigungsgesetzes, LGBl. Nr. 118/1974, in seiner Sitzung vom eine Müllabfuhrordnung beschlossen. Diese Verordnung sei ordnungsgemäß kundgemacht und gehöre somit mit dem Rechtsbestand an. Ebenfalls zum Rechtsbestand gehöre die Verordnung des Gemeinderates vom , wonach zusätzlich zu den bisher geltenden Gebühren der Altlastensanierungsbeitrag in Höhe von S 60,-- eingehoben werde. Diese Verordnung sei mit in Kraft getreten. Auf Grund dieser beiden Verordnungen betrage die Jahresgebühr für die Entleerung und Abfuhr eines Müllbehälters (Ringtonne mit 90 l Inhalt) S 924,-- einschließlich USt. Die Gemeindebehörden seien an diese Verordnungen, welche auch die Aufsichtsbehörde zu beachten habe, gebunden, sodaß die Möglichkeit, andere Gebühren als die in der Müllabfuhrordnung der Stadtgemeinde sowie deren Änderung vom angeführt vorzuschreiben, nicht bestehe. Eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin habe nicht festgestellt werden können.

Aus Anlaß der Vorstellung seien jedoch folgende Feststellungen getroffen worden: Grundbücherliche Eigentümer der anschlußpflichtigen Liegenschaft seien die "Ehegatten A". Der erstinstanzliche Bescheid sei auf Grund des Baubewilligungsbescheides der Stadtgemeinde vom ausschließlich der Beschwerdeführerin "zugefertigt" worden. Den erstinstanzlichen Bescheid hätten jedoch beide Ehegatten N angefochten. Die Berufung hätte hinsichtlich des Dr. R.N. mangels eines tauglichen Berufungsgegenstandes zurückgewiesen werden müssen. Statt dessen habe die Berufungsbehörde die Berufung der Rechtsmittelwerber als unbegründet abgewiesen und somit Dr. R.N. als Mitschuldner zur ungeteilten Hand zur Zahlung einer Müllabfuhrgebühr herangezogen, diesbezüglich somit in Wahrheit als Abgabenbehörde erster Instanz entschieden. Damit sei der Bescheid der zweiten Instanz mit Rechtswidrigkeit behaftet und daher hinsichtlich der Entscheidung über die Berufung des Dr. R.N. aufzuheben gewesen.

Mit vorliegender Beschwerde bekämpft die Beschwerdeführerin diesen Bescheid (nur) insoweit, als ihre Vorstellung als unbegründet abgewiesen wurde. Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht, daß ihr gegenüber die Müllabfuhrgebühr nicht oder doch nicht in der gegenständlichen Höhe vorgeschrieben werde, verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid (erkennbar wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes) aufzuheben.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten je eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet (die mitbeteiligte Stadtgemeinde darüber hinaus auch die Zurückweisung der Beschwerde als unzulässig) beantragen. Die Beschwerdeführerin replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, daß die belangte Behörde in zutreffender Weise die Vorstellung als namens der Beschwerdeführerin erhoben ansah. Gemäß § 60 Abs. 4 Stmk LAO kann die Abgabenbehörde von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Familienmitglieder, Haushaltsangehörige oder Angestelle handelt und Zweifel über das Bestehen und den Umfang der Vertretungsbefugnis nicht bestehen. Wie oben dargestellt, ist die Vorstellung durchaus in der "wir"-Form abgefaßt. Daraus ergibt sich, daß Dr. R.N. die Vorstellung jedenfalls auch namens der Beschwerdeführerin erheben wollte.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich bereits aus folgendem, von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemachten Grund als berechtigt:

Die wesentlichen Bestimmungen des im Beschwerdefall anzuwendenden Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes 1990, LGBl. Nr. 5/1991, Anlage zur Kundmachung der Steiermärkischen Landesregierung über die Wiederverlautbarung des Gesetzes vom , LGBl. Nr. 7/1988 (StAWG), lauten:

"§ 1

Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt die Vermeidung, Sammlung, Verwertung und Entsorgung von Abfällen, sofern nicht die Zuständigkeit des Bundes gegeben ist.

...

§ 16

Gebühren

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, für die Benützung der Einrichtungen und Anlagen der öffentlichen Müllabfuhr Gebühren einzuheben, wobei sich diese auch an den Grundsätzen der Abfallvermeidung zu orientieren haben.

...

(3) Zur Entrichtung der Gebühr sind die anschlußpflichtigen Grundstückseigentümer verpflichtet. Miteigentümer schulden die Gebühr zur ungeteilten Hand.

..."

Der gegenständlichen Abgabenforderung liegen die Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom zur Besorgung der öffentlichen Müllabfuhr und Müllbeseitigung (Müllabfuhrordnung) sowie die Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom betreffend die zusätzliche Einhebung eines Altlastensanierungsbeitrages zugrunde. Gemäß § 14 Abs. 1 der zuerst genannten, gemäß § 16 des Abfallbeseitigungsgesetzes LGBl. Nr. 118/1974 erlassenen Verordnung werden zur Deckung des Aufwandes, welcher der "Städtischen Müllabfuhr" durch die Abfuhr des Hausmülls (§ 2, Abs. 3) erwächst, jährlich wiederkehrende Gebühren (Müllabfuhrgebühr) eingehoben. Diese sind in einem als Anhang beigefügten Tarif festgelegt. Nach Abs. 3 dieser Verordnungsstelle werden die Müllabfuhr-Gebühren mit Bescheid vorgeschrieben. Sie sind vierteljährlich im voraus vom Grundstückseigentümer oder dessen Beauftragten als Pauschalzuschlag gemäß Vorschreibung mittels Zahlscheinen einzuzahlen.

Gemäß § 34 Abs. 2 des Steiermärkischen Müllwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 7/1988, idF. vor der Novelle LGBl. Nr. 68/1990 bzw. vor der Wiederverlautbarung LGBl. Nr. 5/1991 ist das Abfallbeseitigungsgesetz LGBl. Nr. 118/1974 mit dem Inkrafttreten des Steiermärkischen Müllwirtschaftsgesetzes, das war der , außer Kraft getreten. Nach der Übergangsbestimmung des § 32 Abs. 1 des Steiermärkischen Müllwirtschaftsgesetzes bleiben (jedoch) Müllabfuhrordnungen auf Grund des § 16 des Abfallbeseitigungsgesetzes 1974, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes dem Rechtsbestand angehören, weiterhin in Kraft. Nach Rechtskraft des Müllwirtschaftsplanes nach § 18 haben die Gemeinden ihre Müllabfuhrordnungen dahingehend zu überprüfen, ob diese dem Müllwirtschaftsplan entsprechen. Erforderlichenfalls sind die Verordnungen zu ändern und dem Verfahren gemäß § 100 der Gemeindeordnung 1967 bzw. des § 106 des Statutes der Landeshauptstadt Graz zu unterziehen. Die Änderung hat binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten des Müllwirtschaftsplanes zu erfolgen.

Daraus ergibt sich, daß die Müllabfuhrordnung vom durch das Außerkrafttreten des Abfallbeseitigungsgesetzes, LGBl. Nr. 118/1974, nicht berührt wurde.

Ohne Bedeutung ist, daß sich die Erledigung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom in seinem vorgedruckten mit "Abgabenbescheid" überschriebenen Teil unzutreffenderweise auf das Müllabfuhrgesetz 1949 berief.

§ 14 Abs. 3 der Müllabfuhrordnung vom nennt in Übereinstimmung mit § 17 Abs. 2 des Abfallbeseitigungsgesetzes LGBl. Nr. 118/1974 bzw. § 16 Abs. 3 StAWG als Abgabenschuldner den "anschlußpflichtigen" Grundeigentümer. Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides sind jedoch grundbücherliche Eigentümer nicht die Beschwerdeführerin, sondern die "Ehegatten A". Hiebei handelt es sich nach dem vom Verwaltungsgerichtshof im kurzen Wege beigeschafften Grundbuchsauszug betreffend die gegenständliche Liegenschaft EZ 1286, Grundbuch K, P-Straße 34, um L und GA je zur Hälfte, die die Liegenschaft mit Kaufvertrag vom erworben haben. Daß die Beschwerdeführerin nach den weiteren Feststellungen im angefochtenen Bescheid Bauherrin in einem Baubewilligungsverfahren laut Bescheid vom war, vermag ihre Eigenschaft als Grundeigentümerin und damit Abgabenschuldnerin nicht zu supplieren.

Daß die Beschwerdeführerin allenfalls im Wege der Einantwortung in einem allfälligen Verlassenschaftsverfahren nach den oben genannten Voreigentümern Eigentümerin der gegenständlichen Liegenschaft geworden wäre, wofür eine bücherliche Einverleibung ihres Eigentumsrechtes nicht erforderlich gewesen wäre (vgl. hiezu Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts9, II, Seite 397; MGA ABGB33, E. 11 zu § 819), wurde nicht festgestellt.

Da die belangte Behörde die Rechtslage im aufgezeigten Sinn verkannte, war ihr Bescheid schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben, ohne daß auf das weitere Vorbringen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einzugehen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Mehrwertsteuer im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist und Stempelgebühren nur im erforderlichen Ausmaß zugesprochen werden können.