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VwGH vom 28.04.1994, 92/16/0187

VwGH vom 28.04.1994, 92/16/0187

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der I Gesellschaft m.b.H. & Co KG in S, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , GZ 139-GA 5-DTa/92, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der beschwerdeführenden

Grundstücksbeteiligungs-Kommanditgesellschaft, einer sog. Publikumsgesellschaft, sind unter Zwischenschaltung mehrerer Treuhandgesellschaften sog. Zeichner von Anteilscheinen als Kommanditisten beteiligt.

§ 2 des Mustervertrages für Baranleger lautet:

"§ 2

Gegenstand des Vertrages

1. Die S. Treuhand Gesellschaft m.b.H., im folgenden kurz Treuhänder genannt, hält die Kommanditbeteiligung an der S. KG, Serie 17, im eigenen Namen aber für Rechnung des Zeichners.

2. Die Zeichnung von Anteilen erfolgt dermaßen, daß sich der Zeichner am Zeichnungsschein zur Einzahlung einer Vertragssumme von mindestens öS 50.000,- (in Worten Schilling fünfzigtausend) zum jeweiligen Ausgabepreis binnen 3 Wochen nach Unterfertigung des Zeichnungsscheines verpflichtet. Zur teilweisen Abdeckung der Vertriebs-, Ausgabe- und Marketingkosten werden 18 % des Ausgabepreises verwendet und gehen zu Lasten des Aufwandes der Gesellschaft.

3. Der Treuhänder übernimmt die für die Anteile eingehenden Zahlungen und leitet diese zur Dotierung der Konten (§ 5 dieses Vertrages) an die S. KG, Serie 17, weiter.

4. Die Zahl der auszugebenden Anteile ist grundsätzlich nicht begrenzt. Ihre Ausgabe erfolgt zum Ausgabepreis.

5. Durch Gesellschafterbeschluß beziehungsweise durch Vertragsänderung kann nachträglich weder eine Erhöhung der Einlage oder eine Nachschußpflicht noch eine über die Einlage hinausgehende Haftung begründet werden."

§ 2 des Mustervertrages für "Ansparer" lautet auszugsweise:

"§ 2

Gegenstand des Vertrages

1. Die C. hält die Kommanditbeteiligung an der Serie 17 im eigenen Namen aber für Rechnung des Zeichners.

2. Die Zeichnung von Anteilen erfolgt dermaßen, daß sich

der Zeichner am Zeichnungsschein zur Einzahlung einer

Vertragssumme von mindestens

Serie 17/X/A S 60.000,- in mind. 120 monatlichen Raten

Serie 17/XV/A S 90.000,- in mind. 180 monatlichen Raten

Serie 17/XX/A S 120.000,- in mind. 240 monatlichen Raten

zahlbar spätestens am 5. eines jeden Monats zum jeweiligen Ausgabepreis, verpflichtet. Darüber hinaus hat der Zeichner die Möglichkeit zu Vertragsbeginn entweder 12 oder 24 Monatsraten in Form einer Einmalzahlung zu leisten. Dadurch verringert sich die Anzahl der monatlichen Raten entsprechend. Zur teilweisen Abdeckung der Vertriebs-, Ausgabe- und Marketingkosten werden 18 % des Ausgabepreises verwendet und gehen zu Lasten des Aufwandes der Gesellschaft. Der Zeichner beauftragt den Treuhänder, das Geld an die Vertriebsorganisationen weiterzuleiten. Der verbleibende Rest einschließlich allfälliger darauf entfallender Wechselkursdifferenzen wird an die Gesellschaft weitergeleitet und wird in Summe aller eingehenden Kommanditeinlagen im Sinne des § 5 dieses Vertrages verwendet.

3. Die C. übernimmt die für die Anteile eingehenden Zahlungen und leitet diese zur Dotierung der Konten (§ 5 dieses Vertrages) an die Serie 17 weiter.

4. Durch Gesellschafterbeschluß bzw. durch Vertragsänderung kann nachträglich weder eine Erhöhung der Einlage oder eine Nachschußpflicht noch eine über die Einlage hinausgehende Haftung begründet werden."

Im Jahre 1990 gelangte dem zuständigen Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern zur Kenntnis, daß in der Zeit von 1985 bis 1988 - der Abgabenbehörde nicht gemeldete - Leistungen für Kommanditbeteiligungen in Höhe von S 126,747.813,56 erbracht wurden, in welchem Betrag auch der Anteil von 18 % des Ausgabepreises "zur teilweisen Abdeckung der Vertriebs-, Ausgabe- und Marketingkosten" (vom Finanzamt als "Agio" bezeichnet) enthalten war. Das Finanzamt erließ hierauf einen Gesellschaftsteuerbescheid, wobei die Auffassung vertreten wurde, diese Rechtsvorgänge unterlägen der Gesellschaftsteuer nach § 2 Z. 1 in Zusammenhang mit § 6 Abs. 1 Z. 4 KVG.

In der gegen diesen Bescheid - rechtzeitig - erhobenen Berufung wurde beantragt, das "Anlegeragio" von 18 % in Höhe von S 23,637.152,83 aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden. Diese Beträge seien weder als Kapital noch als eine Rücklage zu verbuchen gewesen, sondern seien ausschließlich zur Abdeckung von Vertriebskosten wie Provisionen herangezogen worden.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat darin die Auffassung, daß die in Streit stehenden Beträge nicht - wie die Abgabenbehörde erster Instanz gemeint hatte - nach § 2 Z. 1 KVG, sondern vielmehr nach § 2 Z. 3 lit. b KVG der Gesellschaftsteuer unterliegen. Durch die letztgenannte Bestimmung würden alle jene freiwilligen Leistungen des Gesellschafters erfaßt, die ihrem Wesen nach direkt oder indirekt eine Vergrößerung der Rechte der Gesellschafter oder eine Erhöhung des Wertes dieser Rechte herbeiführen sollten. Das "Agio" sei auch nicht auf Grund eines zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter bestehenden "Leistungsaustausches" zu entrichten.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen; die Behörde begründete diesen Antrag damit, daß die Berufung gegen den Gesellschaftsteuerbescheid nicht rechtzeitig eingebracht worden sei.

Nach einer Replik der Beschwerdeführerin wurde von der belangten Behörde in einer Gegenäußerung ihre Auffassung, die Berufung sei verspätet erhoben worden, nicht weiter aufrechterhalten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, daß die belangte Behörde die Gesellschaftsteuerpflicht hinsichtlich des allein strittigen Teilbetrages von 18 % des Ausgabepreises auf § 2 Z. 3 lit. b KVG gestützt habe, während der erstinstanzliche Bescheid "in seinem Spruch" die gesamte Bemessungsgrundlage der Steuer nach § 2 Z. 1 KVG unterworfen habe.

Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerdeführerin vorerst, daß ein Abgabenbescheid gemäß § 198 Abs. 2 Satz 1 BAO im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten hat. Falls die Behörde wie im Beschwerdefall die Gesetzesstelle, auf die sich die Abgabenvorschreibung stützt, anführt, so stellt dies hingegen keinen Teil des Spruches, sondern vielmehr ein Begründungselement dar. Daran ändert auch nichts, daß das vom Finanzamt verwendete Formular keine strenge Trennung zwischen Spruch und Begründung erkennen läßt.

Überdies ist der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, daß die Rechtsmittelbehörde gemäß § 289 Abs. 2 BAO berechtigt - und auch verpflichtet - ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen. Daß die Identität der entschiedenen Sache nicht gegeben sei, wurde von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wendet sich die Beschwerdeführerin ansonsten ausschließlich gegen die Auffassung der belangten Behörde, es liege ein Leistungsaustausch - im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 2 Z. 3 lit. b KVG (vgl. zuletzt die Erkenntnisse vom , Zl. 92/16/0146, und vom , Zl. 91/15/0056) - hinsichtlich des strittigen Teilbetrages in Höhe von 18 % des Ausgabebetrages der Kommanditbeteiligungen nicht vor. Diesem Einwand ist entgegenzuhalten, daß - wie auch in den angeführten Erkenntnissen dargestellt wurde - ein Ersatz BESTIMMTER Aufwendungen der Gesellschaft nicht der Gesellschaftsteuer nach der angeführten Gesetzesstelle unterliegt. Im Beschwerdefall handelt es sich aber gerade nicht um bestimmte Aufwendungen, die der einzelne Gesellschafter zu ersetzen hat. Vielmehr ist er verpflichtet, einen nach der Höhe der Beteiligung bestimmten Beitrag zu generalisierend umschriebenen Aufwandsarten der Gesellschaft zu leisten, ohne daß ein Kausalzusammenhang zwischen der Leistung des Gesellschafters und einem bestimmten Aufwand vorliegt. Mit anderen Worten gesagt, hat der einzelne Gesellschafter für den Nominalbetrag seiner Gesellschaftsbeteiligung einen um einen Prozentsatz des Beteiligungsbetrages erhöhte Leistung zu erbringen. Damit kommt aber den in Streit stehenden Beträgen ungeachtet ihrer Bezeichnung - der lediglich die Funktion beizumessen ist, dem einzelnen "Anleger" die Preisgestaltung verständlich zu machen - tatsächlich der Charakter eines Aufgeldes zu, das der Gesellschaftsteuer bereits nach § 2 Z. 1 KVG - und nicht nach Z. 3 lit. b dieser Gesetzesstelle, wie die belangte Behörde meinte - unterliegt.

Die gerügte Verletzung des Parteiengehörs lag schon deswegen nicht vor, weil dem Gesetz keine Verpflichtung der Berufungsbehörde entnommen werden kann, eine beabsichtigte Änderung der rechtlichen Beurteilung dem Berufungswerber vorzuhalten.

Obgleich somit nach dem Gesagten die Rechtsauffassung der belangten Behörde zwar unrichtig war, gelangte sie dennoch im Spruch des angefochtenen Bescheides zu dem der Rechtslage entsprechenden Ergebnis (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 570, und die dort zitierte Rechtsprechung). Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei auf die Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Insbesondere hat die belangte Behörde gemäß § 48 Abs. 2 Z. 2 VwGG als obsiegende Partei auch den Anspruch auf Ersatz des mit der Einbringung der Gegenschrift verbundenen Schriftsatzaufwandes, wobei es entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin auf den Inhalt der Gegenschrift - in welcher unzutreffenderweise die Meinung vertreten worden war, die gegenständliche Berufung sei verspätet gewesen - und auf die Richtigkeit der in der Gegenschrift vertretenen Auffassung nicht ankommt.