VwGH vom 19.09.1995, 95/14/0050
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde der O-AG in L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 605/3-10/F-1994, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt gegenüber der Beschwerdeführerin Säumniszuschläge fest, weil am fällige Abgaben nicht rechtzeitig entrichtet worden waren.
Mit Eingabe vom (eingebracht am ) beantragte die Beschwerdeführerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Zahlungsfrist. Im Antrag nimmt sie auf die Säumniszuschlagsbescheide Bezug, führt das Datum ihrer Zustellung () an und bringt vor, sie habe der X-Bank rechtzeitig den Auftrag auf Überweisung der entsprechenden Geldbeträge erteilt. "Wie wir von der X-Bank erfahren haben, wurde diese Steuergutschrift durch ein Mißgeschick von Mitarbeitern der OENB nicht am , sondern erst am bearbeitet. In diesem Mißgeschick lag für uns ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis, durch welches wir verhindert waren, die Frist einzuhalten." Mit Eingabe vom brachte die Beschwerdeführerin ergänzend vor, die X-Bank habe die in Auftrag gegebenen Überweisungen am an die Österreichische Nationalbank zur Gutschrift auf das Konto des Finanzamtes weitergeleitet. Zu diesem Zweck habe sich ein Bediensteter der X-Bank mit dem Beleggut zur Zweigstelle der Nationalbank begeben. Dort befinde sich im Schalterbereich eine panzerverglaste Absicherung mit einer tiefen Durchreichmulde, in welche er die Belege eingelegt habe. Diese sei "beweglich und mit einem vom Schalterbeamten der OENB zu betätigenden Hebel versehen". Der Schalterbeamte habe vergessen den Hebel zu betätigen, weshalb das Beleggut bis Montag, den , in der Durchreichmulde gelegen sei und erst dann die entsprechende Gutschrift bewirkt worden sei. Durch dieses Mißgeschick sei die Beschwerdeführerin gehindert gewesen, die Frist einzuhalten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin zurück. Die Beschwerdeführerin habe im Antrag zwar angeführt, daß er "innerhalb offener Frist" gestellt worden sei, er enthalte jedoch keinerlei Angaben über die Rechtzeitigkeit. Der relevante Vorgang habe sich bereits am ereignet; aus den Eingaben der Beschwerdeführerin sei nicht erkennbar, wann sie von ihm Kenntnis erlangt habe. Die Beschwerdeführerin habe auch nicht dargetan, daß sie erst nach Zustellung der Säumniszuschlagsbescheide von diesem Umstand Kenntnis erlangt habe. Fehlten einem Wiedereinsetzungsantrag die Angaben über die Rechtzeitigkeit, liege kein verbesserungsfähiges Formgebrechen vor; ein solcher Antrag müsse vielmehr zurückgewiesen werden.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag einer Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, die Frist einzuhalten.
Gemäß § 308 Abs. 3 BAO muß der Antrag binnen Monatsfrist nach Aufhören des Hindernisses bei der Abgabenbehörde eingebracht werden, bei der die Frist wahrzunehmen war.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowohl zu § 46 VwGG als auch zu § 71 AVG muß bereits der Wiedereinsetzungsantrag selbst alle für die Beurteilung seiner Rechtzeitigkeit maßgeblichen Angaben enthalten. Ein Fehlen der für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages maßgeblichen Angaben ist einem Auftrag zur Behebung des Gebrechens nicht zugänglich, weil es sich nicht um ein Formgebrechen handelt; es führt zur Zurückweisung des Antrages, da nicht von dessen Rechtzeitigkeit ausgegangen werden, kann. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes gilt gleiches für Wiedereinsetzungsanträge nach § 308 BAO. Ein Wiedereinsetzungsantrag nach § 308 BAO, der keine Angaben darüber enthält, wann das Hindernis für die Einhaltung der Frist aufgehört hat, und der aus diesem Grund die Überprüfung der Rechtzeitigkeit seiner Einbringung nicht ermöglicht, ist als unzulässig zurückzuweisen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2974, und die dort zitierte hg. Rechtsprechung).
Die Beschwerdeführerin wendet sich nicht gegen diese Rechtsansicht, bringt aber vor, ihr Antrag enthalte ausreichende Angaben über die Rechtzeitigkeit: Der Antrag trage einerseits den Vermerk "innerhalb offener Frist" und weise andererseits das Datum der Zustellung der Säumniszuschlagsbescheide aus. Die Anführung des Zustelldatums habe nur den Sinn gehabt, den Tag der erstmaligen Kenntnisnahme von der Fristversäumung darzutun. Es könne daher jedenfalls nicht vom Fehlen jeglicher Angaben für die Rechtzeitigkeit gesprochen werden, sodaß - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 92/11/0033 ausgesprochen habe - die Behörde im Fall von Zweifeln an der Rechtzeitigkeit Ermittlungen anstellen hätte müssen. Im übrigen hätte die Behörde die Rechtzeitigkeit auch aus der Aktenlage erkennen können.
Gemäß § 211 Abs. 1 lit. d BAO gelten Abgaben bei Überweisung auf das Postscheckkonto oder ein sonstiges Konto der empfangsberechtigten Kasse am Tag der Gutschrift als entrichtet, wobei gemäß § 211 Abs. 2 leg. cit., wenn die Gutschrift zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der zur Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist erfolgt, die Verspätung ohne Rechtsfolgen bleibt. Eine Gutschrift am hätte somit im gegenständlichen Fall zu keinen Säumnisfolgen geführt.
Das unabwendbare oder unvorhersehbare Ereignis, auf welches sich der Wiedereinsetzungsantrag stützt, besteht in den Vorgängen vom . Die Monatsfrist des § 308 Abs. 3 BAO wird mit Kenntnis der Beschwerdeführerin von diesen Vorgängen oder, wenn die Kenntnis der Fristversäumung erst später eintritt, mit diesem Zeitpunkt in Gang gesetzt. Wann aber die Beschwerdeführerin diese Kenntnis erlangt hat, ergibt sich entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht aus dem Datum der Zustellung der Säumniszuschlagsbescheide nicht. Es ist durchaus möglich, daß die Beschwerdeführerin von einer der betroffenen Banken früher über das "Mißgeschick" benachrichtigt worden ist und dadurch oder durch Informationen über die Buchungen am Abgabenkonto die Fristversäumnis erkannt hat. Der relevante Zeitpunkt ergibt sich auch nicht aus den weiteren Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag. Angaben über die Rechtzeitigkeit müssen grundsätzlich vom Antragsteller gemacht werden, es sei aber darauf hingewiesen, daß entgegen der Behauptung in der Beschwerde diese auch nicht aus der Aktenlage erkennbar ist.
Zu Unrecht beruft sich daher der Beschwerdeführer auf das hg. Erkenntnis 92/11/0033, welches einen Wiedereinsetzungsantrag betraf, der - im Gegensatz zum vorliegenden Fall - Angaben über die Rechtzeitigkeit enthielt, auch wenn sich herausstellte, daß diese - offenkundig aufgrund eines Versehens - unrichtig waren.
Der Wiedereinsetzungsantrag hat deshalb Angaben über die Rechtzeitigkeit zu enthalten, damit die Behörde diese bereits aufgrund des Antrages zu überprüfen vermag. Die Formulierung "innerhalb offener Frist" ermöglicht eine derartige Überprüfung nicht und kann nicht als Angabe über die Rechtzeitigkeit angesehen werden (vgl. hiezu auch hg. Erkenntnis vom , 89/02/0099, 0163).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.