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VwGH vom 24.03.1994, 92/16/0092

VwGH vom 24.03.1994, 92/16/0092

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , Zl. 226-GA6-DMe/89, betreffend Finanzvergehen des versuchten Schmuggels, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom erkannte das Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde erster Instanz (im folgenden: Zollamt) den Beschwerdeführer schuldig, er habe am anläßlich seiner Einreiseabfertigung beim Zollamt Saalbrücke verschiedene eingangsabgabepflichtige Schmuckstücke, und zwar 339 Stück Goldringe und 69 Paar Ohrgehänge aus Gold im Zollwert von S 119.349,--, worauf Eingangsabgaben von S 23.870,-- EUSt und S 358,-- AF entfielen, vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungspflicht dem Zollverfahren zu entziehen versucht. Er habe hiedurch das Finanzvergehen des versuchten Schmuggels nach §§ 13, 35 Abs. 1 FinStrG begangen. Gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG wurde über ihn eine Geldstrafe von S 15.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfalle 8 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt; gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG in Verbindung mit § 17 und § 89 Abs. 7 FinStrG wurde auf Verfall des für die im Spruch genannten Tatgegenstände am erlegten Geldbetrages von S 119.349,-- erkannt.

Im Straferkenntnis wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

"Der Beschuldigte stellte sich am mit den verfahrensgegenständlichen Waren beim Zollamt Saalbrücke (Freilassing) der DEUTSCHEN Ausgangsabfertigung. Dort wurde ihm vorerst auf den deutschen Ausfuhrpapieren die Ausfuhr dieser Waren aus der BRD bestätigt. Dem deutschen Abfertigungsbeamten kamen jedoch in der Folge Bedenken, ob auf österreichischer Seite eine Eingangsabfertigung am Samstag um 15.00 Uhr noch möglich sei und begleitete daher den Beschuldigten in die Amtsräume des österreichischen Zollamtes Saalbrücke, wo der Abfertigungsgruppenführer G. dem Beschuldigten eröffnete, daß die Waren aus technischen Gründen nicht mehr abgefertigt werden könnten. Hierauf wurde vom deutschen Beamten die Austrittsbestätigung storniert. Nachdem der Beschuldigte vergeblich versucht hatte, beim Abfertigungsgruppenführer doch noch eine Abfertigung zu erwirken, wurde ihm bedeutet, daß eine Abfertigung beim Zollamt Walserberg-Autobahn noch möglich wäre. Dazu wurde ihm der Weg dorthin (über deutsches Gebiet) erklärt. Da der Beschuldigte jedoch wegen des Wochenendverkehrs auf der Autobahn Stau- und Wartezeit befürchtete, entschloß er sich seinen Angaben zufolge, über österreichisches Gebiet vom Zollamt Saalbrücke zum Zollamt Walserberg zu fahren, um dort die Waren der zollamtlichen Abfertigung zu stellen. Daher beantwortete der Beschuldigte bei der folgenden zollamtlichen Abfertigung auf dem Amtsplatz die Frage des Zollorganes N., ob er Sachen mitführe, die er bei der Ausreise noch nicht mithatte, mit: "nur im Rahmen des Erlaubten, wir haben Spielsachen um ca. 1.200,-- alle zusammen mit". Auch eine weitere Frage des Beamten an alle PKW-Insassen, ob sie sonst noch etwas mithätten, war mit "nein" beantwortet worden. Bei der sich anschließenden Kontrolle sind dann die Tatgegenstände hinter dem Fahrersitz vorgefunden worden."

Der gegen das Straferkenntnis erstatteten Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge.

Ergänzend traf die Berufungsbehörde zur Frage der subjektiven Tatseite folgende Feststellungen:

"Der Berufungswerber wurde, nachdem er sich die Ausfuhr der gegenständlichen Waren beim deutschen Zollamt bestätigen ließ, vom österreichischen Zollorgan, GrpInsp. G., davon in Kenntnis gesetzt, daß eine Zollabfertigung beim Zollamt Saalbrücke technisch (da der Berufungswerber die erforderlichen Mittel für die Barsicherstellung im Begleitscheinverfahren nicht hatte) nicht möglich sei. In der Folge wurde daher seitens des deutschen Zollorganes (der dieses Verfahren in Gang gesetzt hatte, da er eben nicht sicher war, ob beim Zollamt Saalbrücke die gewünschte Abfertigung möglich war) die Ausfuhrbestätigung wiederum storniert. Auf die Frage des Berufungswerbers, ob diese Stornierung unbedingt nötig sei, wurde ihm seitens GrpInsp. G. mitgeteilt, daß dies deshalb geschehen müsse, da er die Ware wiederum nach Deutschland zurückbringen müßte. Weiters wurde dem Berufungswerber mitgeteilt, daß eine Abfertigung nur beim Zollamt Walserberg-Autobahn möglich sei."

Die Berufungsbehörde führte rechtlich aus, Schmuggel liege auch dann vor, wenn nach erfolgter Stellung der Ware diese wiederum dem Zollverfahren entzogen werde. Im Augenblick des Grenzübertrittes habe der Beschwerdeführer den Vorsatz gehabt, die Waren dem Zollverfahren zu entziehen. Beim versuchten Schmuggel genüge für die Annahme von Vorsatz die erstmalige Verletzung der Stellungspflicht. Auf die Absicht, die Waren bei einem anderen Zollamt zu stellen, komme es nicht an. § 25 FinStrG könne nicht angewendet werden, weil weder geringes Verschulden vorliege, noch der strafbestimmende Wertbetrag von S 24.228,-- geringfügig sei. Auch ein Absehen oder teilweises Absehen vom Verfall komme nicht in Betracht, weil die auf die Ware entfallende Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von S 23.870,-- zum Verfall des Werterlages in Höhe von S 119.349,-- nicht außer Verhältnis stehe. Zu beachten sei auch, daß die Ware nicht für den persönlichen Gebrauch, sondern als Handelsware für das Schmuckhandelsunternehmen des Beschwerdeführers bestimmt war.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten

und die Gegenschrift der belangten Behörde vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 35 Abs. 1 FinStrG macht sich des Schmuggels schuldig, wer eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzieht. Nach der Anordnung des § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu gehört es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält, oder sich mit ihr abfindet. Die Tat ist versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen, durch eine der Durchführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt (§ 13 Abs. 2 FinStrG). Wie aus dem klaren Wortlaut des § 35 Abs. 1 FinStrG hervorgeht, muß der Vorsatz des Schmuggels keineswegs auf die Hinterziehung von Eingangsabgaben gerichtet sein. Es genügt vielmehr, daß sich beim Vorliegen einer eingangsabgabenpflichtigen Ware der Vorsatz des Täters auf die Verletzung seiner Stellungs- oder Erklärungspflicht sowie darauf bezieht, daß die Ware dem Zollverfahren entzogen werde (siehe die Nachweise aus der hg. Rechtsprechung bei Fellner, Finanzstrafgesetz I4, Rz. 66 zu § 35 FinStrG, Ergänzung B, 44 f B).

Der Beschwerdeführer meint, aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes werde die subjektive Tatseite des § 35 Abs. 1 FinStrG nicht verwirklicht. Da ihm vorher erklärt worden sei, daß ein Zollverfahren beim Zollamt Saalbrücke nicht möglich sei und er deswegen zum Zollamt Walserberg fahren müsse, sei es nicht logisch nachvollziehbar, daß er bei der gegenüber Inspektor N. abgegebenen unrichtigen Erklärung einen Vorsatz im Hinblick auf die Vereitelung des Zollverfahrens gehabt hätte.

Damit läßt der Beschwerdeführer aber völlig außer acht, daß der von ihm zunächst befragte Organwalter des Zollamtes Saalbrücke die Anordnung traf, die Ware ins Zollausland zu verbringen (§ 52 Abs. 7 letzter Satz Zollgesetz 1988). Dazu kommt, daß es auch zu der von ihm gewünschten Streichung der Ungültigerklärung auf der Ausfuhrbestätigung durch das deutsche Zollorgan nicht kam, weil eben die Ware wieder ausgeführt werden mußte. Wenn sich der Beschwerdeführer dem gegenüber zu einem Verbringen der streitverfangenen Ware ins Zollinland und zu einem Verlassen des Amtsplatzes entschloß, konnte er sich dadurch den Pflichten, die ihn bei der vorgesehenen Ausreise und späteren Wiedereinreise getroffen hätten, nicht entziehen:

Gemäß § 172 Abs. 1 erster Satz ZollG haben Reisende die von ihnen mitgeführten Waren dem Zollamt zu stellen. Hinsichtlich der Stellungspflicht bestimmt § 48 ZollG, daß jede über die Zollgrenze eingehende Ware grundsätzlich dem der Übertrittstelle nächstgelegenen Grenzzollamt zu stellen ist. Die Stellungspflicht ist erfüllt, wenn die Ware dem Zollamt so vorgeführt wird, daß das Zollamt bei der Zollkontrolle in die Lage gesetzt wird, vom Vorhandensein der Ware Kenntnis zu nehmen. Die typische Begehungsform beim Reiseschmuggel ist die wahrheitswidrige Verneinung der Frage des Abfertigungsbeamten oder die Deklarierung einer Kleinigkeit - unter Verschweigung anderer zu verzollender Waren - in der Erwartung, damit werde sich das die Zollabfertigung durchführende Organ zufriedengeben (hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/16/0050 mit weiteren Nachweisen aus der hg. Rechtsprechun). Der Vorsatz des Beschwerdeführers, die zollamtliche Behandlung der eingeführten Schmuckstücke zu vereiteln, folgt zwingend daraus, daß er dem Zollorgan gegenüber eine unrichtige Erklärung abgegeben hat, also aus der Tat selbst (dolus ex re); vg. hg. Erkenntnis vom , Slg. 6.041/F).

Völlig unerheblich ist für die Beurteilung der subjektiven Tatsache die Absicht des Beschwerdeführers, bei einem anderen Zollamt die Verzollung durchzuführen. § 35 Abs. 1 FinStrG wird dadurch erfüllt, daß die bei dem der Übertrittsstelle am nächsten gelegenen Zollamt bestehende Stellungs- und Erklärungspflicht verletzt wird. Die belangte Behörde hat daher zu Recht das Vorliegen auch der subjektiven Tatseite bejaht; der behauptete Begründungsmangel liegt nicht vor.

Gemäß § 25 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde von der Verhängung einer Strafe abzusehen, wenn das Verschulden des Täters geringfügig ist und die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich zog. Von einem derart geringfügigen Verschulden kann beim vorliegenden Sachverhalt keine Rede sein:

Selbst ein "Durchwinken" von dem diensthabenden Zollbeamten könnte die gesetzliche Stellungspflicht, die ein aktives Handeln erfordert, nicht beseitigen (hg. Erkenntnis vom , Slg. 6.050/F). Umsomehr ist es dem Beschwerdeführer vorzuwerfen, wenn er vom Zollbeamten ausdrücklich gefragt wurde, bewußt die unrichtige Antwort gab, "nur im Rahmen des Erlaubten, wir haben Spielsachen um ca. S 1.200,-- alle zusammen mit", obwohl in Wahrheit Handelsware im Zollwert von rund 120.000,-- mitgeführt wurde. Daß es nur beim Versuch geblieben ist, nützt dem Beschwerdeführer nichts, weil gemäß § 13 Abs. 1 FinStrG die Strafdrohungen für vorsätzliche Finanzvergehen nicht nur für die vollendete Tat, sondern auch für den Versuch gelten.

Gemäß § 35 Abs. 4 letzter Satz FinStrG ist beim Schmuggel nach Maßgabe des § 17 FinStrG auf Verfall zu erkennen. Dem Verfall unterliegen gemäß § 17 Abs. 2 lit. a FinStrG die Sachen, hinsichtlich derer das Finanzvergehen begangen wurde. Die vom Beschwerdeführer gewünschte Heranziehung der Grundsätze der Strafbemessung gemäß § 23 FinStrG käme nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen des Wertersatzes vorlägen. Gemäß § 17 Abs. 6 FinStrG tritt der Wertersatz an die Stelle des Verfalls, wenn der Verfall zur Bedeutung der Tat oder zu dem dem Täter treffenden Vorwurf außer Verhältnis steht. Beide Kriterien liegen nicht vor. Der Beschwerdeführer hat mit direktem Vorsatz gehandelt; Umstände, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtsfertigungsgrund nahekämen, liegen nicht vor. Eine Bedachtnahme auf die bei Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Finanzstrafrecht, MGA 52,

10. Lfg., 66, wiedergegebenen Beispiele dafür, daß die Strafe des Verfalls zur Bedeutung der Tat in einem Mißverhältnis stünde, erlaubten keine Anwendung der Mißverhältnisregel auf den vorliegenden Fall. Auch wenn durch die Neuformulierung des § 17 Abs. 6 durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 414/1988 von einer starren Zehntelregelung abgegangen wurde, kann von einem Mißverhältnis bei einer Relation zwischen Verfallswert und strafbestimmenden Wertbetrag in Höhe von rund 20 % (entsprechend der Einfuhrumsatzsteuer) keine Rede sein. Jedenfalls vermag der vorliegende Sachverhalt den Verfall als typische Unrechtsfolge des Schmuggels nicht hintanzuhalten.

Damit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.