VwGH vom 16.12.1993, 92/16/0065
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde der C Gesellschaft m.b.H. & Co KG in V, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. GA 11-459/5/91, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH & Co KG. Komplementär ist die im schriftlichen Gesellschaftsvertrag vom als "Arbeitsgesellschafterin" bezeichnete C. GmbH; als Kommanditist ist die DS GmbH lt. Gesellschaftsvertrag vom mit einer Hafteinlage von S 30 Mio. und lt. Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag () mit einer weiteren Hafteinlage von S 30 Mio. beteiligt.
Ebenfalls am wurde eine Vereinbarung abgeschlossen, wonach die DS GmbH der Beschwerdeführerin ein Darlehen in der Höhe von S 70 Mio. einräumt. Das Darlehen war bis längstens zuzuzählen; Zinsen wurden nicht in Rechnung gestellt. Die DS GmbH kann das Darlehen nur dann zurückfordern, wenn sie aus der beschwerdeführenden KG ausscheidet; bei Auflösung der Beschwerdeführerin erhält sie den Betrag nur dann und insoweit zurück, als alle anderen Gläubiger der Gesellschaft befriedigt sind.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien setzte gemäß § 2 Z. 2 iVm § 6 Abs. 2 KVG die Gesellschaftsteuer mit 2 % in der Höhe von S 1,4 Mio fest, weil das geleistete unverzinsliche Darlehen eine weitere Kommanditeinlage darstelle.
In der Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, es liege keine Kommanditeinlage, sondern ein Gesellschafterdarlehen vor. Ein Darlehen sei deshalb gegeben, weil eine bestimmbare Laufzeit - nämlich die Dauer des Gesellschaftsvertrages - vereinbart worden sei, die Verpflichtung zur Rückzahlung bestehe und die Unverzinslichkeit gemäß § 984 ABGB der Annahme eines Darlehens nicht entgegenstehe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde qualifizierte das Darlehen als weitere Gesellschafterleistung gemäß § 2 Z. 2 KVG. Für diese Beurteilung spreche, daß der Darlehensbetrag im Liquidationsfall mit dem gleichen Unternehmerwagnis wie Eigenkapital belastet sei, weil die Rückzahlung erst nach Befriedigung der anderen Gläubiger erfolge. Darüberhinaus habe die Beschwerdeführerin beim Betriebsfinanzamt den Antrag gestellt, das Darlehen ertragsteuerlich als Einlage zu qualifizieren und zur Verlustverrechnung heranzuziehen. Die Verpflichtung zur Begebung des Darlehens gegenüber der Beschwerdeführerin ergebe sich somit aus dem Darlehensvertrag sowie aus der Erklärung gegenüber dem Betriebsfinanzamt und sei als untrennbar verbunden mit dem Gesellschaftsvertrag anzusehen.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diese Berufungsentscheidung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß dieses Gerichtshofes vom , B 1168/91-3, wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese mit Beschluß vom , B 1168/91-5, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof wird von der Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit dieses Bescheides geltend gemacht. Sie erachtet sich in ihrem Recht auf Freiheit von Gesellschaftsteuer (im Zusammenhang mit der an sie erfolgten Darlehensgewährung) verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Z. 2 KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer freiwillige Leistungen, die von den Gesellschaftern einer inländischen Kapitalgesellschaft auf Grund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt werden (Beispiele: weitere Zahlungen, Nachschüsse, Unkosten). Der Leistung eines Gesellschafters steht es gleich, wenn die Gesellschaft mit eigenen Mitteln die Verpflichtung des Gesellschafters abdeckt.
Gemäß § 2 Z. 3 lit. b KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistungen geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen (Beispiele: Verzicht auf Forderungen; Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung; Übernahme von Gegenständen der Gesellschaft durch die Gesellschafter zu einer den Wert übersteigenden Gegenleistung).
Nach § 8 Z. 2 KVG wird die Steuer bei Leistungen (§ 2 Z. 2 und 3) vom Wert der Leistung berechnet.
Voraussetzung für die Steuerpflicht nach § 2 Z. 2 KVG ist, daß die Leistung aufgrund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt wird. Der Gesellschaftsvertrag enthält im vorliegenden Fall aber keine Verpflichtung zur Gewährung eines Darlehens. Auch sind den Verwaltungsakten keine Feststellungen über Nebenabreden zu entnehmen, die darauf hinweisen, daß der Darlehensvertrag vom mit dem Gesellschaftsvertrag untrennbar verbunden ist. Das zeitliche Naheverhältnis zwischen dem Abschluß des schriftlichen Gesellschaftsvertrages und des Darlehensvertrages ist ein Indiz dafür, daß die Leistung des Darlehens in engem Zusammenhang mit der Errichtung des Gesellschaftsvertrages vereinbart wurde; es kann aber daraus allein nicht ohne weiteres geschlossen werden, daß die Leistung ihre Grundlage in einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung hat.
Der Beschwerde ist aber dennoch kein Erfolg beschieden. Die Beschwerdeführerin übersieht nämlich, daß gemäß § 2 Z. 3 lit. b KVG auch freiwillige Leistungen eines Gesellschafters, die den Wert der Gesellschaftsrechte erhöhen, der Gesellschaftsteuer unterliegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann diese Bestimmung auch von einer GmbH & Co KG verwirklicht werden, weil eine solche Gesellschaft als Kapitalgesellschaft im Sinn des KVG zu werten ist (vgl. das hg Erkenntnis vom , Zlen. 92/16/0117, 0118).
Leistungen sind dann freiwillig, wenn sie weder auf einer im Gesellschaftsvertrag noch auf einer im Gesetz begründeten Verpflichtung, sondern auf einem anderen Rechtgrund beruhen. Als freiwillig sind vor allem Leistungen anzusehen, die auf Verträgen beruhen, denen nicht der Charakter eines Gesellschaftsvertrages zukommt. Voraussetzung für die Steuerpflicht ist, daß der Vertrag freiwillig abgeschlossen wird. Zur Steuerpflicht führt jede Zuwendung eines Vermögensteiles durch einen Gesellschafter, die ohne gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Zwang erbracht wird und die zur Erfüllung des Gesellschaftszweckes verwendet wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/16/0146; Dorazil, Kapitalverkehrsteuergesetz (1992), IV Rz. 1, 1.1, 1.2 zu § 2). Dies trifft auf das von der DS GmbH der Beschwerdeführerin eingeräumte Darlehen zu.
§ 2 Z. 3 lit. b KVG setzt weiters voraus, daß die Gesellschafterleistung objektiv geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 92/16/0146 und vom , Zlen. 84/15/0175, 0180). Nach dem Inhalt des Darlehensvertrages wurde das Darlehen unverzinst vereinbart. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 93/16/0104 - auf das zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird -, ausgesprochen hat, ist ein unverzinsliches Darlehen als die Überlassung eines Gegenstandes an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung anzusehen. Der Nutzung der Darlehensvaluta steht im Fall der Unverzinslichkeit keine Gegenleistung gegenüber; der Rückzahlungsanspruch der Darlehensgeberin ist kein Entgelt für die Nutzungsüberlassung des Kapitals. Die Gesellschaftsteuerpflicht ergibt sich somit nach § 2 Z. 3 lit. b KVG.
Auch im vorliegenden Beschwerdefall liegen diese Voraussetzungen vor, sodaß die Gesellschaftsteuerpflicht gemäß § 2 Z. 3 lit. b KVG entstanden ist. Dadurch, daß die belangte Behörde unzutreffend - insofern besteht die Rüge der Beschwerdeführerin zu Recht - den Tatbestand des § 2 Z. 2 KVG anstelle des § 2 Z. 3 lit. b KVG herangezogen hat, ändert sich an der Steuerpflicht im Ergebnis nichts. Sowohl im Falle des § 2 Z. 2 KVG als auch im Falle des § 2 Z. 3 KVG wird die Steuer gemäß § 8 Z. 2 KVG bei Leistungen vom Wert der Leistung bemessen, so daß durch die Anwendung des § 2 Z. 3 lit. b KVG anstelle des § 2 Z. 2 KVG auch keine Änderung des Steuermaßstabes eintritt.
Die Beschwerdeführerin wendet gegen die Höhe der von der belangten Behörde herangezogenen Bemessungsgrundlage (S 70 Mio.) ein, für ein unverzinsliches Darlehen sei gemäß § 14 Abs. 3 BewG eine Abzinsung vorzunehmen.
Dieser Ansicht ist entgegenzuhalten, daß "Wert der Leistung" gemäß § 8 Z. 2 KVG bei Zinslosigkeit eines Darlehens GRUNDSÄTZLICH der Wert der zinslosen Nutzung und damit der ersparte Zins im Zeitpunkt der Darlehensgewährung ist (vgl. Egly - Klenk, Gesellschaftsteuer-Kommentar4, Rz. 442). Dieser Betrag ist entsprechend den bewertungsrechtlichen Bestimmungen zu kapitalisieren.
Im Beschwerdefall wurde jedoch vereinbart, daß die Darlehensvaluta nur dann von der Beschwerdeführerin zurückzuzahlen sind, wenn die DS GmbH aus der Gesellschaft ausscheidet bzw. wenn die Gesellschaft aufgelöst wird. Im letzteren Fall erhält die DS GmbH den hingegebenen Darlehensbetrag erst nach Befriedigung der anderen Gläubiger zurück. Ein Darlehen, das für die Dauer der Beteiligung an der GmbH & Co KG gewährt und das im Liquidationsfall erst nach der Befriedigung aller anderen Gläubiger bedient wird, hat für die Verwirklichung des Gesellschaftszweckes keine andere Funktion als die Hingabe einer Kommanditeinlage. Ein solches Kapital kann, was den Steuermaßstab angeht, nicht anders beurteilt werden, als eine Kommanditeinlage selbst
(vgl. BFH , II R 192/72, BStBl. II 1977, 4 ff; BFH , II R 56/81, BStBl. II 1984, 140 ff). Als "Wert der Leistung" gemäß § 8 Z. 2 KVG ist somit die Kapitalüberlassung anzusehen; Besteuerungsgrundlage ist demnach - wie die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend erkannt hat - der Nennbetrag der hingegebenen Darlehensvaluta.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.