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VwGH vom 28.01.1998, 95/13/0141

VwGH vom 28.01.1998, 95/13/0141

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der Kommanditgesellschaft in W, vertreten durch Dr. Harry Neubauer, Rechtsanwalt in Wien I, An der Hülben 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6-95/1537/1, betreffend Bescheidaufhebung nach § 299 Abs. 2 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde Bescheide des Finanzamtes vom , mit denen nach § 303 Abs. 4 BAO die Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen betreffend die Feststellung von Einkünften nach § 188 BAO für die Jahre 1989 bis 1991 verfügt worden war, gemäß § 299 Abs. 2 BAO in Ausübung des Aufsichtsrechtes auf.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin habe in einer am verfaßten "Berufung" (Anm.: nach der Aktenlage handelte es sich allerdings um keine Berufungsschrift, sondern um ein Ersuchen an das Finanzamt für den 6., 7. und 15. Bezirk um "Berichtigung der Steuerbescheide 1989 bis 1991") ausgeführt, im Rahmen einer Betriebsprüfung beim Finanzamt für Körperschaften für die Jahre 1989 bis 1991 bei der W.-GmbH, an der W.G. und H.G. als Gesellschafter beteiligt seien, seien "Zinsenvorteile für eine Forderung" der W.-GmbH an die Beschwerdeführerin (deren Gesellschafter W.G. und H.G. sind) als verdeckte Gewinnausschüttung an die beiden Gesellschafter behandelt worden. Das Finanzamt habe - so die weitere Begründung im angefochtenen Bescheid - mit den Wiederaufnahmebescheiden vom zugleich neue Sachbescheide erlassen, in denen die "Betriebsausgaben um den in der oben beschriebenen Berufung angeführten Ansatz der verdeckten Gewinnausschüttung zugerechneten Zinsen erhöht wurden". Es stehe fest, daß diese Beträge "an verdeckter Gewinnausschüttung im BP-Bericht vom " festgestellt worden seien. Die belangte Behörde verweist im angefochtenen Bescheid weiters darauf, daß Betriebsausgaben einen "Wertabgang" voraussetzten und ersparte Ausgaben grundsätzlich keine Betriebsausgaben seien. Bei der in Rede stehenden verdeckten Gewinnausschüttung seien "tatsächliche Betriebsausgaben bzw. ein tatsächlicher Aufwand, der eine Wiederaufnahme des Verfahrens gerechtfertigt hätte", nicht vorgelegen. "Denn auch neue Erkenntnisse in bezug auf die rechtliche Beurteilung von in ihrer Existenz unbestrittenen (bekannt gewesenen) Sachverhalten sind keine eine Wiederaufnahme rechtfertigenden neu hervorgekommenen "Tatsachen"".

In der Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 299 Abs. 2 BAO kann ein Bescheid von der Oberbehörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Nach § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c leg. cit. und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Für den Fall des Vorliegens von verdeckten Gewinnausschüttungen aus dem Titel der Gewährung von unverzinslichen Darlehen an Gesellschafter hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , 92/13/0030, zum Ausdruck gebracht, er teile die Rechtsmeinung (Hinweis auf Doralt/Ruppe, Steuerrecht I5, 273), wonach dieser Fall aus der Sicht der Gesellschaft so zu betrachten sei, als hätte die Gesellschaft angemessene Zinsen erhalten und diese als Gewinn ausgeschüttet (die entgangenen Zinsen seien daher dem Gewinn hinzuzurechnen). Aus der Sicht des Gesellschafters werde unterstellt, daß er angemessene Zinsen zahle und sie wieder als (verdeckte) Gewinnausschüttung erhalte (der Vorteil der Zinslosigkeit sei daher unter den Einkünften anzusetzen). Verwende der Gesellschafter das Darlehen allerdings für Zwecke der Einkünfteerzielung (etwa zum Erwerb eines Mietobjektes oder in seinem Betrieb), so müßten konsequenterweise die (unterstellten) Zinszahlungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sein.

Wenn das Finanzamt zur konsequenten Berücksichtigung dieser aus der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung resultierenden steuerrechtlichen Fiktionen die Wiederaufnahme des (den Betrieb der Gesellschafter betreffenden) Einkünftefeststellungsverfahrens verfügte, kann ihm im Ergebnis einer gewinnmindernden Wirkung auch aus der Sicht des Beschwerdefalles kein Verstoß gegen die Rechtslage zum Vorwurf gemacht werden. Im angefochtenen Bescheid wird weiters nicht festgestellt, daß dem für die Erlassung der Feststellungsbescheide nach § 188 BAO zuständigen Finanzamt der zur Annahme der verdeckten Gewinnausschüttung führende Sachverhalt bereits vor Erlassung der früheren Sachbescheide so vollständig bekannt gewesen wäre, daß es bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der im (mit den Bescheiden vom ) wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/14/0192).

Mit dem angefochtenen Bescheid wird damit keine Rechtswidrigkeit der aufgehobenen (Wiederaufnahme-)Bescheide des Finanzamtes aufgezeigt. Er war daher seinerseits wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebühren waren nur im erforderlichen Ausmaß (S 360,-- für die in dreifacher Ausfertigung einzubringende Beschwerde sowie S 60,-- für die Beilage des angefochtenen Bescheides) zuzusprechen.