VwGH vom 30.05.1995, 95/13/0120
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom , Zl 6/1-1168/92-06, betreffend Einkommensteuer 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 1990 ua neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit S 22.400,-- aus einer Tätigkeit als Gewerkschaftsfunktionär. Im Zusammenhang damit machte er Werbungskosten in Höhe von S 19.550,-- unter dem Titel "Durchgangszahlung an den Mildtätigen Unterstützungsfonds für notleidende Versicherungsangestellte" geltend. Das Finanzamt anerkannte diesen Betrag mit der Begründung nicht als Werbungskosten, es handle sich um freiwillige Zuwendungen und somit um nicht abzugsfähige Ausgaben im Sinne des § 20 EStG 1988. Demgegenüber vertrat der Beschwerdeführer nach der Sachverhaltsdarstellung des angefochtenen Bescheides in der dagegen eingebrachten Berufung ua die Ansicht, "das Äquivalent der ihm zugedachten Funktionsgebühren, die direkt dem Mildtätigen Unterstützungsfonds für notleidende Versicherungsangestellte" (in der Folge Fonds bezeichnet) "überwiesen worden seien, wären - wenn überhaupt eine Steuerpflicht ausgelöst werde - Betriebsausgaben".
Im angefochtenen Bescheid beurteilte die belangte Behörde den Betrag von S 22.400,-- einerseits als sonstige Einkünfte im Sinne des § 29 Z 4 EStG 1988 und andererseits als tatsächlich zugeflossen und daher als einkommensteuerlich zu erfassen. Begründend führte sie aus, eine Einnahme sei zugeflossen, wenn der Empfänger über sie rechtlich und wirtschaftlich verfügen könne. Zugeflossen sei eine Einnahme auch dann, wenn sie über Auftrag und für Rechnung des Steuerpflichtigen vom Schuldner an einen Dritten überwiesen oder einer sonstigen, vom Steuerpflichtigen im voraus bestimmten Verwendung zugeführt werde. Durch die freiwillig abgegebene Erklärung, für die Dauer der betreffenden Funktion den ihm zustehenden "Spesenersatz" dem von ihm gegründeten Fonds zu widmen, habe der Beschwerdeführer über die Einnahmen verfügt. Die Zuwendungen an den Fonds seien mangels unmittelbaren, ursächlichen Zusammenhanges mit den steuerpflichtigen Einnahmen auch keine Werbungskosten.
Der Beschwerdeführer bekämpfte den angefochtenen Bescheid zunächst mit Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom , B 1687/93-3, ablehnte und an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid erkennbar in seinem Recht verletzt, kein Einkommen im Sinne des § 29 Z 4 EStG 1988 versteuern zu müssen und beantragt dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer vertritt in der Beschwerde ausschließlich die Ansicht, daß der Betrag von S 22.400,-- anläßlich seiner Veranlagung zur Einkommensteuer 1990 als durchlaufender Posten zu behandeln wäre und daher kein sonstiges "Einkommen" im Sinne des § 29 Z 4 EStG 1988 darstelle. Dies mit der Begründung, daß es sich bei diesem Betrag um einen Anspruch des Fonds gegenüber dem Österreichischen Gewerkschaftsbund handle. Es sei nämlich zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer auf Grund der Satzung des Fonds unwiderruflich auf die Funktionsgebühren verzichtet habe, Anspruch auf die Funktionsgebühren daher nicht er, sondern der Fonds habe.
Dieses Vorbringen ist - abgesehen davon, daß nach der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde die Funktionsgebühren S 22.400,-- betrugen, der Beschwerdeführer aber nur Werbungskosten in Höhe von S 19.500,-- geltend machte - nicht geeignet, eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:
Unter durchlaufenden Posten sind grundsätzlich Beträge zu verstehen, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (vgl Doralt/Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts5 I 89, 151 und 387). Im Beschwerdefall kann nämlich selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Beschwerdeführer "auf Grund der Satzung" des von ihm gegründeten Fonds auf die in Rede stehenden Beträge unwiderruflich zugunsten des Fonds verzichtet hat, nicht davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer diese Beträge im Namen und für Rechnung des genannten Fonds vereinnahmt und verausgabt hat. Dadurch, daß sich der Beschwerdeführer verpflichtet hat, entsprechende Beträge an den Fonds abzuführen, ist kein Rechtsverhältnis zwischen der die Beträge auszahlenden Stelle einerseits und dem Fonds andererseits entstanden, aus welchem sich ein "Anspruch" des Fonds auf diese Beträge (an den Österreichischen Gewerkschaftsbund) ergeben würde. Vielmehr hat sich zur "Abfuhr" dieser Beträge an den Fonds ausschließlich der Beschwerdeführer verpflichtet. Daß der Beschwerdeführer auf seine eigenen Ansprüche auf Auszahlung der Funktionsgebühren gegenüber dem Österreichischen Gewerkschaftsbund verzichtet hätte, behauptet er selbst nicht (vgl dazu Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 50 zu § 2). Es kann daher seine Ansicht, "Anspruch auf die Funktionsgebühren habe daher nicht ich, sondern der genannte Fonds", nur insoweit geteilt werden, als der Fonds AUCH einen Anspruch hinsichtlich entsprechender Beträge hat. Dies aber einerseits nicht auf die Funktionsgebühren - welche nach wie vor dem Beschwerdeführer zustehen - und andererseits nicht gegenüber dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, sondern vielmehr einerseits auf einen den Funktionsgebühren (oder Teilen davon) entsprechenden Betrag und andererseits nicht gegenüber dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, sondern gegenüber dem Beschwerdeführer. Damit wurden aber durch die in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde erwähnte Anweisung der Funktionsgebühren für das Jahr 1990 an den Beschwerdeführer nur die eigenen Ansprüche des Beschwerdeführers gegenüber dem Österreichischen Gewerkschaftsbund befriedigt, und der Beschwerdeführer kam dadurch, daß er entsprechende Beträge an den Fonds abführte, nur seiner eigenen Verpflichtung gegenüber dem Fonds nach.
Damit ist die belangte Behörde aber zu Recht davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer über die Beträge, nachdem sie an ihn angewiesen worden waren, rechtlich und wirtschaftlich frei verfügen konnte und sie ihm daher im Sinne des § 19 EStG 1988 zugeflossen sind. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß sich der Beschwerdeführer schon im voraus zur Abfuhr entsprechender Beträge an den Fonds verpflichtet hatte (vgl das hg Erkenntnis vom , 87/13/0030).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.