VwGH vom 17.12.1996, 92/14/0230
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
92/14/0231 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der Dr. S in U, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat III, vom , Zl 13/20/1-BK/Ma-1991, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1987 bis 1990 und Umsatzsteuer für die Jahre 1988 bis 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Fachärztin, erklärte für die Streitjahre neben Einkünften aus selbständiger Arbeit auch negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, ua aus der Vermietung einer Wohnung in einem unter Denkmalschutz stehenden Wohn- und Geschäftshaus in S. Nach Erwerb entsprechender Miteigentumsanteile an diesem Haus durch die Beschwerdeführerin im Oktober 1987 um rd S 400.000,-- wurde zwischen den Miteigentümern beschlossen, das Haus um- und auszubauen, sowie Wohnungseigentum zu begründen, wobei die Beschwerdeführerin eine bestimmte Wohnung im 3. Obergeschoß erhalten sollte und in der Folge erhielt. Zur Finanzierung von Ankauf und Renovierung schloß die Beschwerdeführerin einen Kreditvertrag mit einer Bank über S 1,1 Mio ab, wobei eine Laufzeit von rd 20 Jahren mit der Möglichkeit einer jederzeitigen früheren Tilgung vereinbart wurde.
Nachdem vorerst (anläßlich der Veranlagung der Beschwerdeführerin zur Einkommensteuer 1987) die Vermietung der Wohnung als Einkunftsquelle anerkannt worden war, beurteilte das Finanzamt, beginnend ab der Veranlagung zur Umsatzsteuer und Einkommensteuer 1988, die entsprechende Tätigkeit als Liebhaberei und erließ nach Wiederaufnahme des Verfahrens auch hinsichtlich der Einkommensteuer 1987 einen entsprechenden neuen Sachbescheid.
Die dagegen eingebrachten Berufungen wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab. Begründend ging die belangte Behörde unter Vernachlässigung von ab 1991 erfolgten außerordentlichen Fremdmitteltilgungen und unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon aus, daß auf der Basis der von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren angegebenen Werte erst im 12. Jahr nach Ankauf der Wohnung mit einem Gesamtüberschuß von S 17.574,-- zu rechnen gewesen sei. Dabei seien aber einerseits bestimmte Werbungskosten in Höhe von rd S 30.000,-- noch nicht berücksichtigt, andererseits seien die zugrunde gelegten Werte im Hinblick auf die 1992 tatsächlich erzielten Mieterlöse zu hoch, weshalb innerhalb eines absehbaren Zeitraumes mit einem Gesamtüberschuß nicht zu rechnen sei.
Auch für das Jahr 1990, für welches die Liebhabereiverordnung (BGBl 322/1990) anzuwenden sei, ergebe sich keine andere Beurteilung, weil es sich bei der gegenständlichen Vermietung um eine Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs 2 der Verordnung handle, die Erzielung eines Gesamtüberschusses nach der Art der Bewirtschaftung aus den angeführten Gründen aber nicht zu erwarten sei.
Die Beschwerdeführerin beantragt unter Kostenzuspruch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid - in Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - die Auffassung vertreten, daß ein Beboachtungszeitraum von mehr als 12 Jahren als nicht mehr überschaubar anzusehen sei.
In seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 93/13/0171, hat der Gerichtshof jedoch ausgesprochen, seine Rechtsanschauung darüber, daß ein Zeitraum von 12 Jahren zur Erwirtschaftung eines Gesamtüberschusses bei einer Vermietungstätigkeit als nicht mehr absehbar angesehen werden könne, aus den dort angeführten Gründen nicht mehr aufrecht erhalten zu können. Unter einem absehbaren Zeitraum zur Möglichkeit der Erzielung eines wirtschaftlichen Gesamterfolges bei einer Vermietungstätigkeit muß eine Zeitspanne verstanden werden, die zum getätigten Mitteleinsatz bei Betrachtung der Umstände des konkreten Falles in einer nach der Verkehrsauffassung vernünftigen, üblichen Relation steht. Absehbar ist ein solcher Zeitraum, der insbesondere im Verhältnis zum eingesetzten Kapital und zur verkehrsüblichen Finanzierungsdauer für die Abdeckung des insgesamt getätigten Aufwandes bis zur Erzielung des wirtschaftlichen Gesamterfolges nach bestehender Übung in Kauf genommen wird. Maßstab ist hiebei die Übung jener Personen, bei denen das Streben nach der Erzielung von Einkünften beherrschend im Vordergrund steht und anderweitige Motive, etwa jenes nach Kapitalanlage, späterer Befriedung eines Wohnbedürfnisses oder Steuervermeidung für ihr Handeln nicht maßgebend sind. Handeln nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip schließt längerfristige Rentabilitätsberechnungen nicht aus. Allerdings wird es Sache des den Verlustausgleich begehrenden Steuerpflichtigen sein, der Abgabenbehörde alle Beurteilungskriterien offenzulegen, aus denen sich die Einkunftsquelleneigenschaft seiner Verluste erbringenden Betätigung zuverlässig beurteilen läßt. Diese den Abgabepflichtigen treffende Obliegenheit bedeutet dabei nicht eine im Gesetz nicht vorgesehene Verschiebung der Beweislast auf ihn, sondern ist nur Ausfluß der ihn nach § 119 BAO treffenden Pflichten. Diese bringen es mit sich, daß der Abgabepflichtige alle für Bestand und Umfang der Abgabepflicht bedeutsamen Umstände offenlegt, darunter alle jene Sachverhaltselemente über die Ertragsaussichten einer zunächst verlustbringenden Tätigkeit in absehbarer Zeit fallen, die nur dem Abgabepflichtigen bekannt sein können und für die er demnach auch näher an Sache und Beweis als die Abgabenbehörde ist.
Ausgehend von der vom Verwaltungsgerichtshof aufgegebenen Rechtsansicht, daß das Ausbleiben eines Totalüberschusses innerhalb eines Zeitraumes von 12 Jahren ab Aufnahme der Tätigkeit deren wirtschaftlichen Ergebnissen die Beurteilbarkeit als steuerlich beachtliche Einkünfte nehmen müsse, hat die belangte Behörde auch im Beschwerdefall keine Sachverhaltsfeststellungen mehr darüber getroffen, ob und innerhalb welchen Zeitraumes die Beschwerdeführerin mit ihrer Vermietungstätigkeit einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten unter gedanklicher Ausklammerung der außerordentlichen Fremdmitteltilgungen ab dem Jahr 1991 hätte erwirtschaften können. Ohne solche Feststellungen läßt sich aber nicht beurteilen, ob die wirtschaftlichen Ergebnisse der Vermietungstätigkeit der Beschwerdeführerin in den Streitjahren als negative Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 6 EStG 1972 anzusehen seien oder nicht.
Gleiches gilt für die nach der Liebhabereiverordnung vorzunehmende Beurteilung des Streitjahres 1990, weil die belangte Behörde aus den angeführten Gründen zu Unrecht davon ausgegangen ist, daß die Betätigung der Beschwerdeführerin einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten nicht erwarten lasse.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994. Der Ersatz der Beilagengebühr war dabei nur im gesetzmäßigen Ausmaß von S 180,-- für eine aus sechs Bogen bestehende Beilage zuzusprechen.