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VwGH vom 17.09.1996, 92/14/0138

VwGH vom 17.09.1996, 92/14/0138

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des A in F, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl 50.042-5/92, betreffend Haftung gemäß § 12 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Gesellschafter einer OHG, über deren Vermögen im Jahr 1985 das Ausgleichsverfahren eröffnet wurde. Im Mai 1986 wurde der mit den Gläubigern abgeschlossene Ausgleich mit einer Quote von 60 % zahlbar in zwölf gleichen Monatsraten gemäß § 49 AO bestätigt. Im Juni 1986 mahnte das Finanzamt die OHG, binnen 14 Tagen bei Terminverlust und Wiederaufleben gemäß § 53 Abs 4 und 5 AO die nichtbezahlte erste Ausgleichsrate einzuzahlen. Eine Einzahlung erfolgte nach der Aktenlage nicht.

Mit Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt den Beschwerdeführer als Haftungspflichtigen gemäß § 12 BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der OHG im Ausmaß von S 342.089,-- in Anspruch und forderte ihn auf, diesen Betrag innerhalb eines Monates ab Zustellung des Bescheides einzuzahlen, wobei die Abgaben nach Zeitraum, Abgabenart und Betrag aufgeschlüsselt wurden.

Der Beschwerdeführer erhob sowohl gegen die Geltendmachung der Haftung als auch (gemäß § 248 BAO) gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Berufung.

Die belangte Behörde gab der Berufung gegen den Haftungsbescheid insofern teilweise statt, als sie den Beschwerdeführer als Haftungspflichtigen (nur noch) für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der OHG im Ausmaß von S 335.089,-- heranzog. In der Begründung wies die belangte Behörde ausdrücklich darauf hin, daß in der Berufungsentscheidung nur über die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung für die in Rede stehenden Abgabenschuldigkeiten entschieden werde, während die Entscheidung über die Berufung gegen die bekämpften Abgabenansprüche gesonderten Bescheiden vorbehalten bleibe.

In der Folge wies die belangte Behörde insbesondere darauf hin, daß unbestritten die noch aushaftenden Abgabenschulden bei der primärschuldnerischen Gesellschaft nicht eingebracht werden könnten, weshalb die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des persönlich haftenden Gesellschafters gemäß § 12 BAO vorlägen. Im übrigen begründete die belangte Behörde auch einen vom Beschwerdeführer in der Berufung bestrittenen Abgabenanspruch hinsichtlich Umsatzsteuervorauszahlung (8/1985) mit entsprechenden Buchungsvorgängen.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 BAO haften die Gesellschafter von als solche abgabepflichtigen und nach bürgerlichem Recht voll oder teilweise rechtsfähigen Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit persönlich für die Abgabenschulden der Personenvereinigung. Der Umfang ihrer Haftung richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

Gemäß § 128 HGB haften die Gesellschafter einer OHG persönlich, unmittelbar und unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft.

Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden zufolge § 224 Abs 1 BAO durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen.

Wenn ein zur Haftung Herangezogener sowohl gegen die Geltendmachung der Haftung als auch (gemäß § 248 BAO) gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch beruft, hat die Berufungsbehörde nach Lehre und ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst nur über die Berufung gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden, da sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Berufung gegen den Abgabenanspruch überhaupt besteht (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , 89/15/0067 mwN).

Dementsprechend hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid zunächst nur über die Berufung gegen die Geltendmachung der Haftung entschieden. Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof ist daher nur die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung. Durch Gründe, die sich auf den Abgabenanspruch beziehen, kann der Beschwerdeführer dadurch in keinem Recht verletzt sein. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben können somit im Verfahren über die Geltendmachung der Haftung nicht mit Erfolg erhoben werden (vgl abermals das oben zitierte Erkenntnis vom ).

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht über die Höhe der Abgabenschuldigkeiten, sondern nur darüber abgesprochen, in welcher Höhe der Beschwerdeführer für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten in Anspruch genommen wird. Diese Vorgangsweise entspricht aber der oben aufgezeigten Rechtslage.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, daß der Ausspruch einer Haftung dem Grunde nach "auch deshalb" unzulässig sei, weil eine Abgabenschuldigkeit der OHG bislang nicht ordnungsgemäß festgestellt wurde, und dies mit detaillierten Angaben, so teilweise auch mit Zustellmängeln der Abgabenbescheide, zu untermauern versucht, ist folgendes zu sagen: Die Geltendmachung einer abgabenrechtlichen Haftung setzt zwar das Bestehen eines Abgabenschuldverhältnisses, also das Bestehen einer Abgabenschuld (§ 4 BAO), voraus, nicht jedoch, daß diese Schuld dem Abgabenschuldner gegenüber auch bereits geltend gemacht wurde. Abgabenrechtliche Haftungen haben daher insoweit keinen akzessorischen, nämlich bescheidakzessorischen Charakter (vgl das hg Erkenntnis vom , 94/14/0156 mwN). Gemäß § 4 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft, somit unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit und auch unabhängig von einer diesbezüglichen Bescheiderlassung.

Der Beschwerdeführer rügt auch, daß erstmals am (somit nach Zustellung des angefochtenen Bescheides) ein Teil der die Haftung der Höhe nach "angeblich" begründenden Bescheide dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht worden seien. Zu diesem Zeitpunkt seien die Abgabenschuldigkeiten für 1984 und 1985 bereits verjährt gewesen, hätten daher gemäß § 224 Abs 3 BAO gegen den Haftungspflichtigen nicht mehr geltend gemacht werden können. Hier übersieht der Beschwerdeführer, daß die Haftung nicht am , sondern bereits mit Erlassung des Haftungsbescheides am geltend gemacht wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren die Abgabenschuldigkeiten der Jahre 1984 und 1985 aber noch nicht verjährt.

Letztlich bildet auch eine rechtskräftige Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers gegen die dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Abgabenbescheide entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keine rechtliche Voraussetzung für die Erlassung des Haftungsbescheides. Vielmehr hat die Behörde aus den bereits oben ausgeführten Gründen zunächst über eine gegebenenfalls eingebrachte Berufung gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden.

Da die Beschwerdeausführungen daher insgesamt nicht geeignet sind, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.