TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 25.11.1999, 97/15/0144

VwGH vom 25.11.1999, 97/15/0144

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des W L in W, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom , GA 6 95/5031/03, betreffend Einkommensteuer 1988 bis 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer kaufte im Jahr 1978 ein unter Denkmalschutz stehendes Objekt, welches er in der Folge zu einem großen Teil vermietete.

Die Gesamtfläche des Gebäudes von 1.805 m2 wurde folgender Nutzung zugeführt:

private Nutzung 329 m2

Vermietung Bürolokal 125 m2

Vermietung Reitstall 1.151 m2

Vermietung zwei "Mieterschutzwohnungen" 124 m2

ungenutzte Fläche 76 m2

In den Jahren von 1978 bis 1991 erklärte er aus der Vermietung Verluste von insgesamt ca. 3 Mio. S (nur für die Jahre 1986 und 1990 Einnahmenüberschüsse von 8.677 S und 5.427 S). Im Jahr 1992 schenkte er das Objekt seiner Ehegattin.

Das Finanzamt anerkannte in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 1988 bis 1991 die Vermietung nicht als Einkunftsquelle. Zur Begründung führte es aus, die Vermietung des Objektes habe bis zu dessen unentgeltlicher Übergabe an die Gattin keinen Gesamteinnahmenüberschuss abgeworfen und sei daher als Liebhaberei einzustufen.

In der Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die Liegenschaft sei denkmalgeschützt und hinsichtlich der Wohnungsvermietung der Mietzinsbeschränkung nach dem MRG unterlegen. Nach dem Ableben eines Mieters sei die betreffende Wohnung im Jahr 1988 mit einem Aufwand von ca. 330.000 S adaptiert und in der Folge um den Mietzins von netto 18.000 S pro Jahr (gegenüber früher 93 S) vermietet worden. Unter Zugrundelegung eines üblichen Kalkulationszeitraumes von 35 Jahren sei in diesem Bereich (Wohnungsvermietung) ab 1989 die objektive Ertragsfähigkeit gegeben. Bezüglich der Vermietung des Bürolokals und des Reitstalles könne im Hinblick auf den Mietzins von netto 178.200 S pro Jahr die objektive Ertragsfähigkeit nicht zweifelhaft sein. Die Vermietung sei nicht eingestellt worden. Sie sei nämlich von der Ehegattin des Beschwerdeführers unverändert fortgesetzt worden.

Die belangte Behörde ersuchte den Beschwerdeführer (mit Vorhalt vom ) darzulegen, warum die Tätigkeit - trotz des Gesamtverlustes bis zur Übergabe des Objektes an die Ehegattin - in den Streitjahren eine Einkunftsquelle darstellen sollte.

Im Antwortschreiben vom führte der Beschwerdeführer aus, es werde nicht behauptet, das Objekt sei in den Jahren 1988 bis 1991 objektiv ertragsfähig gewesen. Die Liebhabereiverordnung gehe aber von einem Zeitraum von 35 Jahren aus, in welchem sich ein Gesamtüberschuss ergeben müsse. Durch die in den Jahren 1984 bis 1991 notwendigerweise durchgeführten Instandhaltungen sei es zu einem Überwiegen der Verluste gekommen. Seit 1992 würden aber nachhaltig Einnahmenüberschüsse erzielt. Bis zum Ende des Beobachtungszeitraumes im Jahr 2010 werde ein beträchtlicher Gesamtüberschuss erwirtschaftet sein.

Nachdem die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Ausführungen des hg. Erkenntnisses vom , 92/13/0077, vorgehalten hatte, teilte dieser mit Eingabe vom mit, dass seine Verluste aus der Vermietung nicht durch die niedrigen Einnahmen aus den Altmieten (Mieterschutz), sondern durch umfangreiche Erhaltungsarbeiten am Objekt verursacht worden seien. Die Erhaltungsarbeiten hätten nicht nur die nunmehr um 18.000 S pro Jahr vermietete Wohnung, sondern das gesamte Objekt betroffen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Da weder die Büroräumlichkeit noch der Reitstall Wohnzwecken dienten, sei die Vereinbarung eines angemessenen Hauptmietzinses bei Abschluss der Mietverträge möglich gewesen. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach nach dem Ableben eines Wohnungsmieters neue Verhältnisse gegeben seien und die Höhe des Adaptierungsaufwandes auf den Denkmalschutz zurückzuführen sei, möge zutreffend sein. Die objektive Ertragsfähigkeit unter Zugrundelegung eines Kalkulationszeitraumes von 35 Jahren könne der Beschwerdeführer aber nicht schlüssig dartun. Er gestehe zu, dass er bis zur Schenkung des Objektes an seine Gattin keinen Gesamteinnahmenüberschuss erzielt habe. Mit der Schenkung sei die Vermietung durch den Beschwerdeführer eingestellt, auch wenn sie von seiner Gattin fortgesetzt werde. Insbesondere im Hinblick auf das Fehlen einer Buchwertfortführung bei den außerbetrieblichen Einkünften könne die Vermietung durch die Gattin nicht in die Betrachtung einbezogen werden. Der Beschwerdeführer hätte für die Mieterschutzwohnungen zwar keinen höheren Bestandszins vorschreiben dürfen, hätte aber einen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag zur Vorschreibung bringen und damit die Ertragsfähigkeit der Wohnungen verbessern können; dass er dies unterlassen habe, weise auf das Fehlen eines vorrangigen Ertragsstrebens hin. Das ergebe sich insbesondere auch daraus, dass ab 1992, somit nach Schenkung der Liegenschaft, Einnahmenüberschüsse aus ihrer Vermietung erzielt würden. Der Beschwerdeführer verfüge über andere Einkunftsquellen, aus denen er in den Streitjahren jeweils Einkünfte zwischen 1,2 und 2,3 Mio. S erzielt habe, sodass er sich ohne wirtschaftliche Einschränkung eine Liebhaberei "leisten" könne; dies werte die belangte Behörde als Indiz gegen das Vorliegen von Gewinnabsicht. In diesem Zusammenhang werde auch berücksichtigt, dass die Vorschreibung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages unterblieben sei und das Objekt gerade in jenem Jahr, in welchem es einen steuerrechtlich relevanten Einnahmenüberschuss abgeworfen habe, an die Gattin übertragen worden sei. Die belangte Behörde nehme daher an, dass der Beschwerdeführer die Vermietung zur Erzielung von Steuervorteilen betrieben habe. Es werde auch darauf verwiesen, dass nach Punkt X des Mietvertrages über den Reitstall dem Beschwerdeführer zwei Boxen des Stalles für Pferde und in der Sattelkammer Plätze für zwei Sättel und entsprechendes Zaumzeug zur Verfügung zu stehen hätten. Auch aus diesem Umstand leite die belangte Behörde private Motive für die Vermietung des Objektes ab.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde lehnte der Verfassungsgerichtshof ab (Beschluss vom , B 1264/96-3) und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluss vom , B 1264/96-5).

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde erwogen:

Unter Ertragsfähigkeit einer Betätigung als Tatbestandsvoraussetzung ihrer Einkunftsquelleneigenschaft ist die Eignung der Tätigkeit zu verstehen, einen der positiven Steuererhebung aus der betroffenen Einkunftsart zugänglichen wirtschaftlichen Gesamterfolg innerhalb eines absehbaren Zeitraumes abzuwerfen.

Den gesetzlichen Formulierungen des § 2 Abs. 2 EStG über den Verlustausgleich ist das Verständnis zu entnehmen, dass unter Einkünften iSd § 2 Abs. 3 EStG nur die wirtschaftlichen Ergebnisse solcher Tätigkeiten verstanden werden dürfen, die sich in der betriebenen Weise objektiv zu Erzielung eines der Besteuerung zugänglichen Gesamterfolges in vertretbarer Zeit eignen und denen das Bestreben zur Erzielung eines solchen Erfolges zugrundeliegt. Unvorhersehbare Investitionen, Schwierigkeiten in der Abwicklung eines eingegangenen Bestandverhältnisses, unerwartete Probleme auf der Suche nach einem Nachfolgemieter und vergleichbare Unwägbarkeiten können auch bei einer nach dem Wirtschaftlichkreisprinzip mit objektiver Ertragsaussicht betriebenen Vermietungstätigkeit unvorhergesehene Verluste entstehen lassen. Maßgeblich ist aber nicht der tatsächlich erwirtschaftete Gesamterfolg, sondern die objektive Eignung der Tätigkeit zur Erwirtschaftung eines solchen, subsidiär das nach außen in Erscheinung tretende Streben der Tätigen nach einem solchen Erfolg (vgl das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 93/13/0171, SlgNF 7107/F). Der Zeitraum, innerhalb dessen ein der positiven Steuererhebung aus der betroffenen Einkunftsart zugänglicher wirtschaftlicher Gesamterfolg erwirtschaftet werden kann, muss absehbar sein.

Von der Rechtsauffassung, wonach das Ausbleiben eines Gesamtüberschusses der Einnahmen über die Werbungskosten durch einen Zeitraum von ca zwölf Jahren hindurch die rechtliche Beurteilung rechtfertigt, dass die mit einem solchen Ergebnis verbundene Betätigung keine Einkunftsquelle, sondern steuerlich unbeachtliche Liebhaberei darstelle (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , SlgNF 6428/F), ist der Verwaltungsgerichtshof mit dem genannten Erkenntnis eines verstärkten Senates 93/13/0171 abgegangen. Er versteht nunmehr bei der Vermietung unter absehbar eine Zeitspanne, die zum getätigten Mitteleinsatz in einer nach der Verkehrsauffassung vernünftigen, üblichen Relation steht. Absehbar ist ein solcher Zeitraum, der insbesondere im Verhältnis zum eingesetzten Kapital und zur verkehrsüblichen Finanzierungsdauer für die Abdeckung des insgesamt getätigten Aufwandes bis zur Erzielung des wirtschaftlichen Gesamterfolges nach bestehender Übung in Kauf genommen wird. Als noch absehbar wird ein Zeitraum von rund 20 Jahren anzusehen sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 92/15/0101).

Hinsichtlich der Einkommensteuerveranlagung der Jahre 1990 bis 1992 ist für die Beurteilung der Liebhaberei die Liebhabereiverordnung 1990, BGBl. Nr. 322, anzuwenden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 93/15/0236). Wie der Gerichtshof aber bereits im Erkenntnis 93/13/0171 zum Ausdruck gebracht hat, stimmt der absehbare Zeitraum im vorbeschriebenen Sinn mit dem "üblichen Kalkulationszeitraum" des § 2 Abs 3 der Liebhabereiverordnung überein.

Für den Fall gesetzlicher Mietzinsbeschränkung geht aus dem hg. Erkenntnis vom , 92/13/0077, hervor, dass die Prognose über die Erzielung eines wirtschaftlichen Gesamterfolges unter Heranziehung fiktiver marktkonformer Mieten zu erstellen ist, wobei davon auszugehen ist, dass der Steuerpflichtige den durch preisrechtliche Zwangsvorschriften vorgegebenen Rahmen (im Wesentlichen) ausschöpft.

Im gegenständlichen Fall kommt es sohin für den gesamten Streitzeitraum darauf an, ob die vom Beschwerdeführer entfaltete Tätigkeit als geeignet anzusehen ist, innerhalb eines absehbaren Zeitraumes einen Gesamt-Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften.

Im Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer vorgebracht, die in Rede stehende Vermietung erweise sich in einem Zeitraum von 35 Jahren als ertragsfähig. Da ein kleiner Teil des Objektes (ca. 7% der Gesamtfläche) unter gesetzliche Mietzinsbeschränkungen gefallen ist, wäre für diesen zwar ein fiktiver marktkonformer Mietzins anzusetzen; der Beschwerdeführer hat jedoch im Verwaltungsverfahren (Eingabe vom ) vorgebracht, dass die Verluste nicht entscheidend auf die durch diesen Umstand niedrigen Mieten (sondern auf Erhaltungsaufwendungen) zurückzuführen seien. Solcherart konnte die belangte Behörde aber in Anbetracht der Länge des Zeitraumes, der nach der Prognose des Beschwerdeführers für die Erzielung eines gesamtpositiven Ergebnisses erforderlich ist, unbedenklich davon ausgehen, dass der in Rede stehenden Betätigung die objektive Ertragsfähigkeit fehlte. Nicht entscheidend war im gegenständlichen Fall, dass der Beschwerdeführer die Erhebung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages von insgesamt nur "einigen wenigen hundert Schilling" von den nur Mindestrente beziehenden Mietern unterlassen hat.

In der Beschwerde wird zwar die Behauptung aufgestellt, die Tätigkeit des Beschwerdeführers sei objektiv ertragsfähig. Der Beschwerdeführer vermag aber mit einem solchen allgemein gehaltenen, sich in Bezug auf den zur Erzielung eines Gesamtüberschusses erforderlichen Zeitraum (35 Jahre) auf dem Boden seiner Darstellung im Verwaltungsverfahren haltenden Beschwerdevorbringen nicht darzutun, dass die Ertragsfähigkeit im steuerlichen Sinn (geeignet für ein gesamtpositives Ergebnis innerhalb von rund 20 Jahren) gegeben wäre.

Dass Gründe des Denkmalschutzes höhere Instandhaltungsaufwendungen zur Folge haben, mag zutreffen, rechtfertigt aber für die Liebhabereibeurteilung keinen anderen Maßstab.

Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid sohin nicht in dem als Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht verletzt.

Im Beschwerdefall brauchte nicht mehr auf die freiwillige Übertragung des Objektes an die Ehegattin eingegangen zu werden.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.

Wien, am