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VwGH vom 22.09.1992, 92/14/0083

VwGH vom 22.09.1992, 92/14/0083

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des I in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , Zl. 129-2/91, betreffend Nachsicht von Einkommen- und Gewerbesteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer die Nachsicht der aus einer abgabenbehördlichen Prüfung resultierenden Nachforderung an Einkommen- und Gewerbesteuer laut Lastschriftanzeige vom in Höhe von insgesamt S 1,790.846,--. Er anerkenne das Ergebnis der Betriebsprüfung; lediglich eine Feststellung führe auf Grund des § 19 EStG 1972 zu einer untragbaren Auswirkung. Durch den Abfluß eines Geldbetrages in Höhe von S 2,302.955,-- in den ersten Jännertagen 1984 (laut Betriebsprüfung) und nicht schon im Dezember 1983 (laut Einnahmen-Ausgabenrechnung) habe sich für 1983 eine Gewinnerhöhung in gleicher Höhe ergeben. Im Jahr 1983 sei ein Auslandsgeschäft zwischen einem Schweizer und einem italienischen Unternehmen abgewickelt worden. Lediglich Provisionen in Höhe von S 237.759,50 (Differenz zwischen Auslandserlösen von S 13,685.314,50 und Wareneinkauf von S 13,447.555,-- laut Darstellung in der Einnahmen-Ausgabenrechnung) und Zinsgewinne in Höhe von S 106.354,-- seien dem Beschwerdeführer verblieben. Für den Gewinn in Höhe von S 344.113,50 wären unter Außerachtlassung der übrigen steuerlichen Auswirkungen der Betriebsprüfung rund S 1,791.000,-- an Einkommen- und Gewerbesteuer nachzuzahlen. Dies könne nicht im Sinne des Gesetzgebers gelegen sein. Die Einhebung dieses Abgabenbetrages sei unbillig, da der Jahresumsatz sowohl in den Vorjahren als auch in den Folgejahren weit unter der Steuernachforderung geblieben sei und die Einhebung der Abgaben in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu den Nachteilen stünde, die sich für den Beschwerdeführer ergäben. Bei einem freiwilligen Übergang von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 zu der nach § 4 Abs. 1 EStG 1972 bereits im Jahr 1983 hätte diese steuerliche Auswirkung des § 19 EStG 1972 vermieden werden können. Ein nachträglicher Übergang würde aber nach den Grundsätzen der Bilanzänderung beurteilt werden, sodaß die steuerlichen Auswirkungen bestehen blieben.

Das Finanzamt wies das Nachsichtsbegehren ab.

Im Berufungsverfahren brachte der Beschwerdeführer noch vor, er habe bei dem gegenständlichen Auslandsgeschäft Produkte von einem Schweizer Unternehmen bezogen und sie an ein italienisches Unternehmen weiterverkauft. Er sei lediglich als Vermittler aufgetreten und habe dafür eine Provision von 1,362 vH erhalten. Das Geschäft sei im Jahr 1983 in sechs Tranchen abgewickelt worden. Die letzte Rechnung über S 2,302.985,-- habe er im Oktober 1983 mit der vereinbarten Provision erhalten. Am sei beabsichtigt gewesen, seiner Hausbank schriftlich den Auftrag zu erteilen, die angeführte Rechnung durch Abbuchung von seinem Konto zu bezahlen, wobei er der Meinung gewesen sei, daß dies noch dem Wirtschaftsjahr 1983 zugeordnet werden könne. Die Hausbank habe jedoch vom Abbuchungsauftrag des Beschwerdeführers erst am Kenntnis erlangt. Der Auftrag sei daher erst am durchgeführt worden. Der Grund dafür sei der Bankfeiertag () und der Neujahrstag gewesen. Der Beschwerdeführer habe auch seinem Steuerberater vertraut, der ihm versichert habe, daß eine geringfügige Überschreitung des Zahlungstermines für die Zurechnung des Betrages zum Betriebsjahr 1983 nicht von Bedeutung sei. Das Finanzamt hätte vor allem berücksichtigen müssen, daß der mit der Erstellung der Jahresabschlüsse 1983 und 1984 betraute Steuerberater, den eine erhöhte Sorgfaltspflicht treffe, davon ausgegangen sei, daß der Beschwerdeführer nicht Einnahmen-Ausgabenrechner, sondern Bilanzierer sei. Wäre der Beschwerdeführer Bilanzierer gewesen bzw. hätte der Steuerberater rechtzeitig in Erkennung dieser Problematik die Gewinnermittlung von Einnahmen-Ausgabenrechnung auf Bilanzierung umgestellt, wäre die Abgabenschuld für den Beschwerdeführer gar nicht entstanden. Dem Beschwerdeführer sei es im gegenständlichen Fall auf Grund des angeführten Sachverhaltes gar nicht möglich gewesen, bilanztechnisch jenen Zustand herbeizuführen, der zur Verhinderung der Abgabenschuld geführt hätte. Das Finanzamt habe im Abweisungsbescheid auch nicht begründet, warum im gegenständlichen Fall kein wirtschaftliches Mißverhältnis zwischen der Einhebung der Abgaben und dem im subjektiven Bereich des Beschwerdeführers entstehenden Nachteil vorliege. Die Einhebung der Abgaben sei auf Grund der wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers und auf Grund des Umstandes, daß es durch die Abgabenvorschreibung im gegenständlichen Fall zu einem offenbar vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten nachteiligen Ergebnis gekommen sei, unbillig.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Sie begründete dies (nach allgemeinen Rechtsausführungen) folgendermaßen:

Im konkreten Fall sei im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung ein mittels Banküberweisung am überwiesener Rechnungsbetrag in Höhe von S 2,302.955,-- (Wareneinkauf), der vom Beschwerdeführer in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für das Jahr 1983 fälschlich als Ausgabe berücksichtigt worden sei, dem Kalenderjahr 1984 zugeordnet worden. Gleichzeitig sei der Gewinn aus den Einkünften aus Gewerbebetrieb für das Kalenderjahr 1983 u.a. um diesen Betrag erhöht worden. Diese Vorgangsweise entspreche der im § 19 Abs. 2 EStG 1972 normierten Gesetzeslage und sei daher Ausfluß der allgemeinen Rechtslage, von der alle Abgabepflichtigen in gleicher Weise betroffen seien. Durch die Zuordnung der Ausgaben zu dem Kalenderjahr, in dem sie bezahlt worden seien, sei der vom Gesetzgeber im § 19 Abs. 2 EStG 1972 gewünschten Regelung entsprochen worden. Würde man - aus welchen Gründen immer - die gegenständlichen Ausgaben bereits im Jahr 1983 in Abzug bringen, so hätte dies ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis zur Folge; der Beschwerdeführer könnte Ausgaben in der Einnahmen-Ausgabenrechnung geltend machen, die er nicht getätigt habe. Die Festsetzung der gegenständlichen Abgaben sei aufgrund der Anwendung allgemeiner gesetzlicher Vorschriften erfolgt. Es sei daher nicht zutreffend, daß die Anwendung des Gesetzes im gegenständlichen Verfahren zu einem vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Ergebnis und somit zu einer "sachlich" bedingten Unbilligkeit geführt habe.

Der Gesetzgeber habe den Abgabepflichtigen, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 ermitteln, weitgehende steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten offen gelassen, indem es ihnen u.a. gestattet sei, ihre Ausgaben in dem Jahr steuerlich geltend zu machen, in dem sie verausgabt wurden. Die Einnahmen-Ausgabenrechner hätten es daher großteils selbst in der Hand, welcher Veranlagungsperiode ihre zum Jahresende/-beginn anfallenden Ausgaben zuzuordnen seien und welche steuerlichen Konsequenzen sich daraus ergäben. Wenn der Beschwerdeführer von dieser steuerlichen Gestaltungsmöglichkeit insoweit Gebrauch gemacht habe, daß er in dem Kalenderjahr, in welchem er die Handelswarenerlöse erzielt habe, nicht auch die entsprechenden Ausgaben (Wareneinkauf) absetzen habe können, da er sie nicht zum richtigen Zeitpunkt verausgabt habe, dann sei nicht die Gesetzeslage für die daraus resultierenden Abgaben verantwortlich, sondern die von ihm als Unternehmer getroffenen bzw. nicht getroffenen - nachstehend angeführten - Dispositionen.

Der Beschwerdeführer sei seit Jahren einkommensteuerpflichtig (Einnahmen-Ausgabenrechner) und als Unternehmensberater tätig. Im Zeitraum April bis Herbst 1983 habe er erstmals ein "Vermittlungsgeschäft" in 6 Tranchen abgewickelt. Das Gesamtvolumen habe sich auf

rd. S 13,000.000,-- belaufen. Die letzte Rechnung über S 2,302.955,-- habe er im Oktober 1983 zuzüglich seiner "Provision" in Höhe von 1,362 vH erhalten. Nach seinen Ausführungen seien die Kosten für die Abwicklung des Geschäftes höher als erwartet gewesen, sodaß sich seine "Provision" entsprechend vermindert habe. Mit der Bezahlung der bereits im Oktober 1983 fällig gewesenen Rechnung habe der Beschwerdeführer zugewartet, um zumindest einen Zinsengewinn zu erreichen. Er habe seiner Bank den Überweisungsauftrag zur Begleichung der Rechnung nachweislich erst am erteilt und nicht am 30. oder . Daraus ergebe sich, daß nicht irgendwelche Umstände von außen bzw. die Bankfeiertage dafür verantwortlich dafür gewesen seien, daß der Rechnungsbetrag erst im Jänner 1984 aus seinem Vermögen abgeflossen sei, sondern daß dies die freie Entscheidung des Beschwerdeführers gewesen sei, um einen wirtschaftlichen Vorteil (Zinsgewinn) zu erzielen.

Der Beschwerdeführer habe sich somit offensichtlich aus wirtschaftlichen Überlegungen in eine Situation gebracht, deren steuerliche Auswirkungen er habe nicht mehr beurteilen können. Er hätte sich rechtzeitig bei seinem steuerlichen Vertreter oder beim zuständigen Finanzamt über die steuerlichen Konsequenzen seines "Vermittlungsgeschäftes" informieren können, zumal er dieses im Kalenderjahr 1983 erstmalig durchgeführt habe und ihm selbst nach Erhalt der letzten Rechnung im Oktober 1983 noch ausreichend Zeit dafür zur Verfügung gestanden sei. Der Beschwerdeführer hätte, um seiner Sorgfaltspflicht hinsichtlich seiner steuerlichen Angelegenheiten zu entsprechen, seinen Steuerberater bereits im Kalenderjahr 1983 mit der steuerlichen Behandlung seines "Provisionsgeschäfts" befassen müssen, da er nur in diesem Jahr noch die Möglichkeit gehabt hätte, die Rechnung rechtzeitig zu bezahlen. Nur dann hätte der Betrag als Ausgabe in die Einnahmen-Ausgabenrechnung für das Jahr 1983 aufgenommen werden können. Da der Beschwerdeführer den von ihm genannten Steuerberater erst am mit seiner steuerlichen Vertretung beauftragt habe und er diesen erst nach Ablauf des Jahres 1983 im Zuge der Erstellung der Jahreserklärung 1983 mit dieser Problematik vertraut gemacht habe, hätten die nunmehrigen steuerlichen Konsequenzen auch bei einer "richtigen" Auskunftserteilung durch den steuerlichen Vertreter im nachhinein keine Auswirkungen mehr haben können.

Die vom Beschwerdeführer als Härte empfundenen steuerlichen Konsequenzen wären für ihn nicht unausweichlich gewesen, sondern seien von ihm selbst aufgrund mangelnder Sorgfalt in seinen steuerlichen Angelegenheiten herbeigeführt worden. Der Beschwerdeführer habe überdies im Abgabenfestsetzungsverfahren die Möglichkeit der Rechtverfolgung gehabt, die von ihm nicht in Anspruch genommen worden sei. Eine Unbilligkeit der Einhebung lasse sich daher aus seinen diesbezüglichen Argumenten und mit dem Hinweis auf Rechtsprechung, wobei der Sachverhalt mit dem Fall des Beschwerdeführers nicht vergleichbar sei, nicht ableiten.

Es stehe dem Beschwerdeführer noch frei, sich an seinem Steuerberater zivilrechtlich schadlos zu halten, wenn es zutreffen sollte, daß das Verschulden ausschließlich beim steuerlichen Vertreter bzw. bei einem seiner Mitarbeiter gelegen sei. Es sei nicht Sinn und Zweck des Rechtsinstitutes des § 236 BAO, rechtmäßig - wie der Beschwerdeführer selbst vorbringe - vorgeschriebene Abgabenbeträge nachzusehen, um einen steuerlichen Vertreter vor einer Haftungsinanspruchnahme durch seinen Klienten zu bewahren.

Der Beschwerdeführer stütze sein Begehren weiters darauf, daß eine Unbilligkeit der Einhebung gegeben sei, da ein wirtschaftliches Mißverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und dem in seinem subjektiven Bereich entstehenden Nachteil vorliege. Nähere Ausführungen habe der Beschwerdeführer hiezu nicht gemacht. Stattdessen werfe er der Behörde vor, daß sie zu begründen hätte, warum im gegenständlichen Fall dieses Mißverhältnis nicht gegeben sei.

Er übersehe dabei, daß es im Nachsichtsverfahren mit Rücksicht auf das Erfordernis eines Antrages und in Anbetracht der Interessenslage dem Nachsichtswerber obliege, einwandfrei und unter Ausschluß jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden könne. Das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast liege somit naturgemäß beim Nachsichtswerber. Erst in dieser Verfahrensstufe und aus diesem Blickwinkel gesehen, also eher kontrollierend, wirke der Amtswegigkeitsgrundsatz des § 115 BAO.

Daraus folge, daß der Beschwerdeführer die wirtschaftlichen Gründe, die für eine Unbilligkeit der Einhebung der gegenständlichen Abgaben sprechen würden, nachzuweisen gehabt hätte, um seiner Berufung zum Erfolg zu verhelfen. Es sei daher zur Klärung der Frage, ob eine Unbilligkeit der Einhebung gegeben sei oder nicht, von der Aktenlage auszugehen.

Das Finanzamt habe die Einbringung der aus der abgabenbehördlichen Prüfung resultierenden Nachforderungsbeträge an Gewerbesteuer 1983 von S 469.397,-- und Einkommensteuer 1983 von S 1,503.532,-- am gemäß § 231 BAO ausgesetzt. Für den zu diesem Zeitpunkt zusätzlich noch aushaftenden Abgabenbetrag in Höhe von rd. S 270.000,-- seien dem Beschwerdeführer laufend Zahlungserleichterungen gewährt worden, sodaß sich dieser Abgabenrückstand auf S 9.301,-- (Stand ) reduziert habe. Es sei somit offensichtlich, daß es dem Beschwerdeführer mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln (z.B. Einnahmen aus seiner gewerblichen Tätigkeit als Unternehmensberater (netto) 1987: S 715.200,--, 1988: S 799.333,34, 1989: S 668.120,--, 1990: S 795.833,34) bisher möglich gewesen sei, einen nicht unwesentlichen monatlichen Teilbetrag für die Entrichtung seiner Abgabenverbindlichkeiten aufzubringen. Die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers habe sich offensichtlich nicht gravierend geändert, da es ihm laut eigenen Angaben (Zahlungserleichterungsantrag vom ) weiterhin möglich sei, monatliche Raten in Höhe von S 10.000,-- zur Abstattung des Abgabenrückstandes aufzubringen. Darüberhinaus sei er in der Lage gewesen, sich im Jahr 1989 an einer Kommanditgesellschaft als Kommanditist mit einer Hafteinlage von S 500.000,-- zu beteiligen. Hieraus sei ersichtlich, daß er sehr wohl über die finanziellen Mittel verfüge, den gegenständlichen Abgabenrückstand, wenn auch in Teilbeträgen und über einen längeren Zeitraum, abzustatten.

Soweit in der sofortigen und vollen Entrichtung des gegenständlichen Abgabenbetrages eine erhebliche Härte bestehe, sei die Behörde bereit gewesen und stets bereit, dem Beschwerdeführer auf Antrag wirtschaftlich angemessene Zahlungserleichterungen zu gewähren. Es liege daher auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers keine Unbilligkeit der Einhebung vor, da es keiner Abgabennachsicht bedürfe, wenn Zahlungserleichterungen Härten aus der Abgabeneinhebung abhelfen können.

Aufgrund der gegebenen Sach- und Rechtslage könne in der Einhebung der strittigen Abgaben keine Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO erblickt werden. Es sei der Behörde in Ermangelung dieser für die Gewährung einer auch nur teilweisen Nachsicht erforderlichen Voraussetzung verwehrt, eine Ermessensentscheidung nach den Grundsätzen des § 20 BAO zu treffen.

Durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer erkennbar in seinem Recht auf Nachsicht verletzt. Er beantragt, die angefochtene Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach der Lage des Falles ist dabei tatbestandsmäßige Voraussetzung für die in § 236 BAO vorgesehene Ermessensentscheidung. Verneint die Abgabenbehörde - wie hier - die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum. Unbilligkeit der Einhebung setzt im allgemeinen voraus, daß die Einhebung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stünde, die sich aus der Einziehung für den Steuerpflichtigen oder für den Steuergegenstand ergeben.

Die in § 236 Abs. 1 BAO geforderte Unbilligkeit kann entweder persönlich oder sachlich bedingt sein. Eine persönlich bedingte Unbilligkeit liegt im besonderen dann vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlagen des Nachsichtswerbers gefährdete, wobei es allerdings nicht unbedingt der Gefährdung des Nahrungsstandes, besonderer finanzieller Schwierigkeiten oder Notlagen bedarf, sondern es genügt, wenn etwa die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleichkäme. Sachlich bedingte Unbilligkeit hingegen ist dann anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodaß es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 90/13/0208, und die dort zitierte Vorjudikatur).

2.Die Ausführungen der belangten Behörde zur Frage persönlich bedingter Unbilligkeit hält der Beschwerdeführer für rechtswidrig, weil sie Einnahmen (1987-1990) mit Gewinn gleichsetzen, seine Versuche, alte Abgabenschulden in Raten zu bezahlen, ein wesentliches Kriterium zugunsten einer Unbilligkeitsentscheidung seien, und es sich bei seiner Kommanditbeteiligung nur um eine Sacheinlage in Form von know-how handle. Seine wirtschaftliche Situation vor Stellung des Nachsichtsantrages sei durch das Betriebsprüfungsergebnis für die Behörde ohnehin vollständig offengelegt gewesen und habe keiner Begründung bedurft. Die wirtschaftliche Situation vor dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt 1992 hätte die belangte Behörde von Amts wegen erheben müssen; allenfalls wäre der Beschwerdeführer zu entsprechenden Beweisvorlagen aufzufordern gewesen.

Dem ist entgegenzuhalten, daß es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Nachsichtsverfahren Sache des Nachsichtswerbers ist, einwandfrei und unter Ausschluß jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 91/13/0023). Der Beschwerdeführer hat aber jegliche Darstellung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse unterlassen. Was seinen Hinweis auf das der belangten Behörde ohnehin bekannte Betriebsprüfungsergebnis anlangt, so mag es zutreffen, daß der Abgabenbehörde ein Teil der für die wirtschaftlichen Verhältnisse maßgebenden Daten bekannt war. Dies wird häufig der Fall sein, enthebt aber den Abgabepflichtigen nicht der Notwendigkeit, die für eine beantragte Abgabennachsicht maßgebenden wirtschaftlichen Verhältnisse in ihrer Gesamtheit offenzulegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 86/13/0156).

Richtig ist, daß bei der Entscheidung über ein Nachsichtsansuchen stets die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung zu berücksichtigen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 89/15/0088). Jedoch hat der Beschwerdeführer auch in seiner Berufung vom und in seinem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom seine wirtschaftlichen Verhältnisse in den Jahren nach seinem Nachsichtsantrag nicht offengelegt.

Dem Beschwerdeführer ist es somit nicht gelungen, eine persönlich bedingte Unbilligkeit darzustellen. Die Aktenlage reichte für die Bejahung einer solchen nicht aus.

3. Das Schwergewicht der Beschwerde liegt in der Behauptung sachlich bedingter Unbilligkeit.

In diesem Zusammenhang ist am Grundsatz festzuhalten, daß eine steuerliche Auswirkung, die ausschließlich Folge eines als generelle Norm mit umfassendem persönlichen Geltungsbereich erlassenen Gesetzes ist, durch Nachsicht nicht behoben werden kann (vgl. etwa das bereits zitierte Erkenntnis vom , 90/13/0208). Was im besonderen die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 anlangt, hat der Gerichtshof in seinem ebenfalls bereits zitierten Erkenntnis vom , 86/13/0156, ausgesprochen, daß ein Einnahmen-Ausgabenrechner die Möglichkeit hat, durch Steuerung des Zeitpunktes der Vereinnahmung und der Verausgabung (§ 19 EStG 1972) den in einem Kalenderjahr zu versteuernden Gewinn zu beeinflussen; macht er von dieser Möglichkeit zu seinem Nachteil Gebrauch, so kann in der seiner Gestaltung folgenden Abgabenvorschreibung und nachfolgenden Abgabeneinhebung keine Unbilligkeit erblickt werden. Dies grundsätzlich auch dann nicht, wenn sich der Steuerpflichtige über die Tragweite seiner Gestaltung nicht im klaren war. Auch im Erkenntnis vom , 90/13/0066, hat der Verwaltungsgerichtshof zu einer vom damaligen Beschwerdeführer als unbillig empfundenen Besteuerung darauf hingewiesen, daß diese lediglich Ausfluß der allgemeinen Rechtslage, nämlich der zeitlichen Zuordnung von Einnahmen (und Ausgaben) gemäß § 19 EStG 1972 sei. Allerdings hat der Gerichtshof in diesem Erkenntnis eingeräumt, daß eine andere Betrachtung entsprechend dem Erkenntnis vom , 3114/79, Slg. Nr. 5478/F, dann gerechtfertigt sein könnte, wenn es (wegen fehlender Verlustvortragsmöglichkeit) zu einer konfiskatorischen Besteuerung der Ergebnisse aus einer schon abgeschlossenen Tätigkeit komme (im Fall des zuletzt genannten Erkenntnisses:

Gewinn aus einem erfüllten Auftrag rund S 800.000,--, Körperschaftsteuer rund S 1,800.000,--).

Eine solche anormale Belastungswirkung ist im Beschwerdefall eingetreten: Die Spanne des Beschwerdeführers als Zwischenhändler hat beim gegenständlichen Auslandsgeschäft S 237.759,50 betragen; hiezu kamen Bankguthabenszinsen von S 106.354,-- (die er nicht erklärte; vgl. die das gegen den Beschwerdeführer unter anderem deshalb geführte Finanzstrafverfahren betreffenden hg. Erkenntnisse vom , 89/14/0252, und vom , 91/14/0225). Durch die Zuordnung der Kaufpreiszahlung von S 2,302.955,-- zum Jahr 1984 hat sich für 1983 eine Gewinnerhöhung in diesem Ausmaß (zu versteuernder Gewinn laut Betriebsprüfung S 2,717.744,--) und für 1984 eine entsprechende Gewinnminderung (nicht vortragsfähiger Verlust laut Betriebsprüfung S 1,994.815,--; hiedurch Reduktion der Vorschreibungen für Einkommen- und Gewerbesteuer von S 53.184,-- bzw. S 41.860,-- auf jeweils 0) ergeben. Die Nachforderung an Einkommen- und Gewerbesteuer, für die Nachsicht begehrt wurde, betrug S 1,790.846,--.

Angesichts dieser betraglichen Relationen ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ein atypischer Vermögenseingriff erfolgt; es kann nicht unterstellt werden, daß der Gesetzgeber ein solches Ergebnis in Kauf genommen hat. Die Einnahmen-Ausgabenrechnung bezweckt nämlich lediglich eine vereinfachte Gewinnermittlung; langfristig soll sich aber kein Unterschied zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ergeben, es kommt bloß zu Verschiebungen zwischen den einzelnen Gewinnermittlungsperioden (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch, 2. Auflage, § 4 Tz 61, Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts I, 4. Auflage, Seiten 56 und 78; vgl. auch Doralt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 4 Tz 189, 195). Bemerkt sei, daß nach der für 1983 maßgeblichen Rechtslage bloß einmalige Schwankungen der Betriebsvermögensstände die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 nicht unzulässig machten (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, a.a.O., § 4 Tz 63).

Bei der Beurteilung des Beschwerdefalles ist noch hervorzuheben, daß die in Rede stehende Betriebsausgabe in besonderer zeitlicher Nähe zum Jahreswechsel getätigt wurde:

Der Überweisungsantrag des Beschwerdeführers langte bei seiner Bank am ein und wurde am durchgeführt; nach der von der belangten Behörde selbst zitierten Entscheidung der Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom hat sich auf dem vom Betriebsprüfer aufgefundenen Überweisungsbeleg des Beschwerdeführers der Vermerk befunden, daß die Überweisung am per Telex durchzuführen sei (was gegen eine bewußte Gestaltung des Beschwerdeführers dahin, die Betriebsausgabe 1984 tätigen zu wollen, spricht). Gemäß § 19 EStG 1972 kann die zeitliche Nähe zum Jahreswechsel zwar nur bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben bedeutsam sein. Sie ist aber nach der Lage des vorliegenden Falles geeignet, die Annahme einer Unbilligkeit der Abgabeneinhebung zu stützen.

Der belangten Behörde ist zuzugeben, daß sich der Beschwerdeführer aus wirtschaftlichen Überlegungen selbst in eine für ihn in steuerlicher Hinsicht nachteilige Situation gebracht hat: Er hat nämlich die (ihm früher mögliche) Zahlung des Betrages von S 2,302.955,-- bewußt hinausgezögert, um hiedurch einen Zinsengewinn zu erzielen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom , 89/14/0252). Es wäre auch seine Sache gewesen, die Überweisung so rechtzeitig zu veranlassen, daß sie noch vor dem Jahreswechsel durchgeführt werden konnte (in diesem Fall hätte er freilich keiner Nachsicht bedurft). Dies ändert jedoch nach Auffassung des Gerichtshofes im Hinblick auf die obigen Erwägungen nichts daran, daß im Beschwerdefall die (sachlich bedingte) Unbilligkeit der Abgabeneinhebung im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO zu bejahen gewesen wäre.

4. Die belangte Behörde hätte demnach im Rahmen einer Ermessensentscheidung darüber befinden müssen, ob und in welchem Ausmaß dem Beschwerdeführer Nachsicht zu gewähren ist. Indem sie dies - von einer anderen Rechtsmeinung ausgehend - unterließ, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Der angefochtene Bescheid war nur einfach vorzulegen, weshalb nur hiefür Stempelgebührenersatz zusteht.