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VwGH vom 08.08.1996, 92/14/0052

VwGH vom 08.08.1996, 92/14/0052

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des F, der W und der A, alle in K, alle vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten, Berufungssenat I, vom , 253/5 - 3/90, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind zu ideellen Anteilen Eigentümer eines Mietwohngrundstückes mit einem ausschließlichen Nutzungsrecht an bestimmten Teilen am Gebäude. Sie vermieteten diese Anteile gemeinsam an eine Aktiengesellschaft, die darin ein Kaufhaus betreibt.

Bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung machten die Beschwerdeführer - wie bereits seit dem Jahr 1978 - eine Absetzung für Abnutzung (AfA) von 2 % der Bemessungsgrundlage als Werbungskosten geltend.

Das Finanzamt ließ unter Hinweis auf die Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 8 lit e EStG 1988 die AfA nur mit 1,5 % der Bemessungsgrundlage zum Abzug zu.

Mit Berufung wandten die Beschwerdeführer ein, die Herabsetzung der AfA von 2 % auf 1,5 % der Bemessungsgrundlage sei unzulässig. Das Finanzamt habe in den Jahren 1982 und 1983 Beträge, die sofort aufwandmäßig geltend gemacht worden seien, aktiviert, wobei eine Restnutzungsdauer von 45 bzw 46 Jahren angenommen worden sei. Das Finanzamt habe somit einer Gesamtnutzungsdauer von 50 Jahren zugestimmt, weswegen auch ohne Beibringung eines Gutachtens die AfA mit 2 % der Bemessungsgrundlage beibehalten werden könne.

Nachdem die belangte Behörde den Beschwerdeführern mitgeteilt hatte, eine Beibehaltung der AfA mit 2 % der Bemessungsgrundlage sei nur auf Grund eines Nachweises durch ein Gutachten möglich, legten die Beschwerdeführer ein Gutachten eines Zivilingenieurs und allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen für Bauwesen über die wirtschaftliche Nutzungsdauer der vermieteten Geschäftsräumlichkeiten vor. In diesem Gutachten gelangte der Sachverständige zu dem Ergebnis, das (gesamte) Gebäude befinde sich bis auf wenige Ausnahmen (abgenutzte Böden, zu erneuernde Kunststoffverkleidungen, Risse in den Fassaden und Rostspuren) in einem mangelfreien Zustand. Auf Grund der massiven Bauweise könne für das Anfang der 70-er Jahre errichtete Gebäude mit einer Nutzungsdauer von mehr als 50 Jahren gerechnet werden. Allerdings sei auf Grund des Umstandes, daß in den vermieteten Anteilen am Gebäude ein Kaufhaus betrieben werde, bloß mit einer maximalen wirtschaftlichen Nutzungsdauer der vermieteten Anteile von 50 Jahren zu rechnen.

Die belangte Behörde wies die Berufung im wesentlichen mit der Begründung ab, das Gutachten sei nicht geeignet, eine höhere AfA als die in der Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 8 lit e EStG 1988 normierte zu bewirken. Die technische Nutzungsdauer des (gesamten) Gebäudes und damit auch der von den Beschwerdeführern vermieteten Anteile betrage mehr als 50 Jahre. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer berühre nicht die Rechtssphäre der Beschwerdeführer, sondern die der in den vermieteten Geschäftsräumlichkeiten ein Kaufhaus betreibenden Aktiengesellschaft. Es sei daher - ungeachtet der wirtschaftlichen Nutzungsdauer der vermieteten Anteile am Gebäude für den Betrieb eines Kaufhauses - von einer technischen Nutzungsdauer der vermieteten Geschäftsräumlichkeiten von rund 63 Jahren auszugehen. Die vermieteten Anteile am Gebäude könnten nämlich auch noch nach Ablauf der auf den Betrieb eines Kaufhauses bezogenen wirtschaftlichen Nutzungsdauer zur Erzielung von Einkünften verwendet werden.

In der gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobenen Beschwerde wird im wesentlichen vorgebracht, die belangte Behörde habe sich zu Unrecht über das Gutachten hinweggesetzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs 1 Z 8 lit e EStG 1988 können bei Gebäuden, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören und die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage als AfA geltend gemacht werden. Dieser Bestimmung ist eine Beweislastverteilung hinsichtlich einer kürzeren Nutzungsdauer zu entnehmen; die Beweislast trifft den, der die kürzere Nutzungsdauer behauptet, somit die Beschwerdeführer (vgl das hg Erkenntnis vom , 92/15/0127). Dies gilt auch in Fällen, in denen bei Veranlagungen für vor dem Jahr 1989 liegende Zeiträume ohne Nachweis eine kürzere Nutzungsdauer zugrunde gelegt wurde (vgl das hg Erkenntnis vom , 91/14/0169). Ein solcher Nachweis ist regelmäßig durch ein Gutachten eines Sachverständigen zu führen (vgl Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, Tz 22 zu § 8).

Die Beschwerdeführer haben im Berufungsverfahren ein Gutachten über die WIRTSCHAFTLICHE Nutzungsdauer der vermieteten Geschäftsräumlichkeiten vorgelegt, auf Grund dessen sie ungeachtet der technischen Nutzungsdauer des (gesamten) Gebäudes von mehr als 50 Jahren zu einer wirtschaftlichen Nutzungsdauer ihrer Anteile am Gebäude von 50 Jahren gelangen. Technische und wirtschaftliche Nutzungsdauer fallen häufig zusammen. Es kann aber die wirtschaftliche Nutzungsdauer dann erheblich kürzer als die technische sein, wenn sich ein Wirtschaftsgut insbesondere durch Entmodung nicht mehr zweckentsprechend nutzen läßt. So hat der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise im Erkenntnis vom , 974/66, ausgeführt, die wirtschaftliche Nutzungsdauer eines erstklassigen Hotels sei bedeutend geringer als die technische Nutzungsdauer des Gebäudes, weswegen sich die AfA nach der kürzeren wirtschaftlichen Nutzungsdauer richte.

Die Beschwerdeführer stellen im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht in Abrede, die technische Nutzungsdauer des (gesamten) Gebäudes betrage mehr als 50 Jahre. Die Beschwerdeführer haben im Verwaltungsverfahren auch nicht behauptet, sie könnten nach Ablauf von 50 Jahren seit der Errichtung des Gebäudes keine Einkünfte aus den vermieteten Anteilen mehr erzielen. Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon im Erkenntnis vom , 630/56, Slg Nr 1613/F, festgehalten hat, ist unter technischer Abnutzung der materielle Verschleiß eines Wirtschaftsgutes, somit sein Substanzverzehr, unter wirtschaftlicher Abnutzung hingegen die Verminderung oder das Aufhören der Verwendungsmöglichkeit eines Wirtschaftsgutes für den Steuerpflichtigen zu verstehen. Wie die belangte Behörde im Einklang mit dem Gutachten sinngemäß zu Recht ausgeführt hat, werde das Gebäude auch noch nach 50 Jahren technisch nutzbar sein, weswegen die vermieteten Anteile auch noch nach Ablauf der auf den Betrieb eines Kaufhauses bezogenen wirtschaftlichen Nutzungsdauer zur Erzielung von Einkünften verwendet werden können. Die im Gutachten mit 50 Jahren angegebene wirtschaftliche Nutzungsdauer für den Betrieb eines Kaufhauses berührt - wie die belangte Behörde ebenfalls zu Recht ausgeführt hat - nicht die Rechtssphäre der Beschwerdeführer, sondern die der in den vermieteten Geschäftsräumlichkeiten ein Kaufhaus betreibenden Aktiengesellschaft.

Die belangte Behörde ist somit - den Ausführungen im Gutachten folgend - von einer rund 63-jährigen technischen Nutzungsdauer des Gebäudes ausgegangen, weswegen von einer "völligen Negierung des Inhaltes des Gutachtens" keine Rede sein kann.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.