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VwGH 08.04.1991, 88/15/0172

VwGH 08.04.1991, 88/15/0172

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
RS 1
Für die Anwendung des § 10 Abs 2 Z 8 UStG 1972 genügt es nicht,daß der Unternehmer die Künstlereigenschaft besitzt, es muß sich vielmehr bei den in Betracht kommenden Umsätzen um solche aus der Tätigkeit als Künstler handeln (Hinweis auf E , 1347/79).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 87/15/0002 E RS 2
Norm
RS 2
Umsätze aus der Tätigkeit als Künstler liegen vor, wenn bei der Tätigkeit die Hervorbringung oder Reproduktion eines Kunstwerkes im Vordergrund steht (Hinweis auf E , 1347/79, E , 83/13/0007, VwSlg 5864 F/1984).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 87/15/0002 E RS 3
Norm
RS 3
Daraus, daß die Herstellung und der Verkauf von Ansichtskarten, Ersttagsbriefen, Gedenkblättern und Kleinbogen im Rahmen eines künstlerischen Gesamtkonzeptes erfolgt, kann nicht abgeleitet werden, daß diesen Umsätzen eine künstlerische Tätigkeit zu Grunde liegt. Die in Frage stehenden Umsätze sind vielmehr isoliert auf ihren künstlerischen Gehalt hin zu überprüfen.
Norm
RS 4
Umsätze aus künstlerischer Tätigkeit liegen beim Verkauf von Gegenständen nicht vor, wenn sowohl die Entwürfe als auch die Herstellung der Gegenstände (hier in concreto: Ansichtskarten, Ersttagsbriefe, Gedenkblätter und Kleinbogen) durch andere Personen und Unternehmen besorgt werden. Ob die Idee dazu vom Verkäufer der Gegenstände stammt, ist dabei ohne Belang.

Entscheidungstext

Beachte

Besprechung in:

ÖStZB 1991, 493;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Schubert, Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VII) vom , Zl. 6/3-3071/9/86, betreffend Umsatzsteuer 1979 bis 1982, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist diplomierter akademischer Maler, bezeichnet sich als "akadem. Aktions- und Konzeptkünstler" und hat nach seinen Angaben zunächst in Niederösterreich und später in Wien ein begehbares kugelförmiges Bauwerk errichtet, dafür die Bezeichnung "Gemeinde Kugelmugel" oder "Republik Kugelmugel" verwendet und damit im Zusammenhang unter anderem Drucksorten und Stempel herstellen lassen, Briefmarken der Post- und Telegraphenverwaltung mit einschlägigen Aufdrucken versehen, die Anfertigung von Marken (Blöcken) mit der Aufschrift "Republik Kugelmugel" veranlaßt und Ansichtskarten vertrieben, die ein "Kugelhaus" zeigen oder aus photographischen Aufnahmen des errichteten Bauwerkes zusammengesetzt sind. In Beilagen zu seinen Einkommensteuererklärungen erklärte der Beschwerdeführer für die Jahre 1979 bis 1982 neben Einnahmen aus dem Verkauf von Bildern auch solche aus dem Verkauf von Ansichtskarten und in der beschriebenen Weise hergestellten "Gedenkblättern" betreffend das "Kugelhaus", "Ersttagsbriefen" und Briefmarken.

Das Finanzamt wandte in den für die Jahre 1979 bis 1981 erlassenen Umsatzsteuerbescheiden nur auf die Verkäufe von Bildern gemäß § 10 Abs. 2 Z. 8 UStG 1972 den Steuersatz von 8 Prozent an, für die übrigen Umsätze aber den Normalsteuersatz von 18 Prozent gemäß § 10 Abs. 1 UStG 1972. Für das Jahr 1982 wurde wegen der Geringfügigkeit der Umsätze gemäß § 21 Abs. 7 UStG 1972 Umsatzsteuer nicht festgesetzt.

Mit dem nunmehr mit Beschwerde angefochtenen Berufungsbescheid vom wies die belangte Behörde die gegen die genannten Umsatzsteuerbescheide gerichtete Berufung ab, mit der der Beschwerdeführer die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für alle Umsätze begehrt hatte. In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes aus:

Die strittigen Umsätze hätten im Verkauf von Ansichtskarten, Gedenkblättern, Ersttagsbriefen und Kleinbogen bestanden, für welche der Beschwerdeführer Muster vorgelegt habe. Die Herstellung bzw. Anfertigung hätten namentlich angeführte Unternehmen besorgt. Die Kosten habe der Beschwerdeführer als Betriebsausgaben geltend gemacht. Die graphischen Entwürfe sowie die Entwürfe für Briefmarken und die Ausführung der Photographien habe der Sohn des Beschwerdeführers hergestellt. Auch die hiefür an diesen geleisteten Zahlungen seien vom Beschwerdeführer als Betriebsausgaben geltend gemacht worden. Die belangte Behörde hege keine Zweifel an der Künstlereigenschaft des Beschwerdeführers. Diese bewirke aber nicht, daß alle seine Umsätze dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 10 Abs. 2 Z. 8 UStG 1972 unterlägen. Das treffe nur für die Umsätze aus der Tätigkeit als Künstler zu. Um solche Umsätze habe es sich aber bei den vom Beschwerdeführer in den Jahren 1979 bis 1981 ausgeführten Umsätzen - ausgenommen die Umsätze aus Verkäufen von Bildern - nicht gehandelt. Der Beschwerdeführer habe nämlich Gegenstände verkauft, die nicht von ihm, sondern in seinem Auftrag von anderen Personen und Unternehmen hergestellt worden seien. Die streitgegenständlichen Ansichtskarten etc. seien somit vom Beschwerdeführer nicht in eigenschöpferischer Tätigkeit hergestellt worden. Außerdem handle es sich bei den verkauften Gegenständen um eine Massenproduktion, durch die der Beschwerdeführer mit typischen Gewerbebetrieben in Wettbewerb getreten sei. Die Stückzahl der verkauften Gegenstände habe jeweils bis zu 600 betragen. Die vom Beschwerdeführer verkauften Gegenstände hätten sich in keiner Weise von gleichartigen Erzeugnissen anderer Gewerbetreibender unterschieden, ihre Anfertigung habe keine besonderen künstlerischen Fähigkeiten erfordert. Der vom Beschwerdeführer behauptete unmittelbare Zusammenhang zwischen der Errichtung des "Kugelhauses" und den von ihm in den Jahren 1979 bis 1981 erzielten Umsätzen habe nicht bestanden. Der Beschwerdeführer habe seine Einnahmen nicht für die Errichtung des "Kugelhauses", sondern für den Verkauf von Ansichtskarten, Gedenkblättern, Ersttagsbriefen und Kleinbogen erzielt. Dadurch, daß auf diesen Ansichtskarten etc. Darstellungen des "Kugelhauses" aufschienen, würden diese zusammen mit dem "Kugelhaus" keineswegs ein Gesamtkunstwerk bilden.

Darstellungen von Kunstwerken seien beispielsweise beliebte Ansichtskartenmotive; jeder objektive Betrachter werde aber auch in solchen Ansichtskarten nicht Teile eines Gesamtkunstwerkes, sondern eben Ansichtskarten erblicken. Die Abgabenbehörden könnten diese Gegenstände nur nach ihrem für jedermann erkennbaren äußeren Erscheinungsbild beurteilen, nicht aber danach, welche Vorstellungen der Verkäufer dieser Gegenstände mit denselben verbinde.

Mit Erkenntnis vom , Zl. B 518/87, wies der Verfassungsgerichtshof die zunächst an ihn gerichtete Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, daß für alle seine Umsätze in den Jahren 1979 bis 1982 der ermäßigte Steuersatz gemäß § 10 Abs. 2 Z. 8 UStG 1972 zur Anwendung komme.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 10 Abs. 1 UStG 1972 in der bis 1983 geltenden Fassung (Novelle vom , BGBl. Nr. 587) ermäßige sich die (Umsatz)Steuer auf 8 v. H. für die Umsätze aus der Tätigkeit als Künstler (§ 10 Abs. 2 Z. 8 leg. cit.).

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit wendet der Beschwerdeführer gegenüber der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht, es handle sich beim Verkauf der genannten Gegenstände um keine Umsätze aus der Tätigkeit als Künstler, zusammenfassend dargestellt, ein, die verkauften Gegenstände seien ein Teil des Gesamtkunstwerkes "Kugelmugel". Der Beschwerdeführer habe als Künstler und Planer von "Kugelmugel" die Ideen "für die Ansichtskarten, Ersttagsbriefe, Gedenkblätter und Kleinbogen der imaginären Republik Kugelmugel" zur Verfügung gestellt. Es könne daher im Zusammenhang mit "Kugelmugel" keine Trennung in eine künstlerische und eine gewerbliche Tätigkeit geben. Jede Tätigkeit im "Kugelmugel"-Haus stelle einen Ausfluß der künstlerischen Tätigkeit im Ganzen dar. Auch wenn die handwerkliche Ausführung von anderen Personen vorgenommen worden sei, ändere dies nichts an dem künstlerischen "Originärwert" der verkauften Gegenstände.

Dieses Vorbringen ist nicht stichhältig.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es für die Anwendung des § 10 Abs. 2 Z. 8 UStG 1972 nicht, daß der Unternehmer die Künstlereigenschaft besitzt, es muß sich vielmehr bei den in Betracht kommenden Umsätzen um solche aus der Tätigkeit als Künstler handeln (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/15/0002, und die dort angeführte Rechtsprechung). Auch wenn - wie im vorliegenden Fall - die Künstlereigenschaft des Abgabepflichtigen infolge Vorliegens einer abgeschlossenen vollwertigen künstlerischen Hochschulbildung indiziert ist, ist demnach die Behörde bei der Frage der Anwendbarkeit des § 10 Abs. 2 Z. 8 UStG 1972 nicht von der Notwendigkeit der Prüfung entbunden, ob jenen Umsätzen, für die der begünstigte Steuersatz gemäß der zitierten Gesetzesstelle in Anspruch genommen wird, jeweils eine künstlerische Tätigkeit zu Grunde lag.

Umsätze aus der Tätigkeit als Künstler liegen aber, wie der Verwaltungsgerichtshof in Übereinstimmung mit der Lehre (vgl. Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Anm. 177 ff zu § 10 Abs. 2 Z. 8 UStG 1972) dargelegt hat, nur vor, wenn bei der Tätigkeit die Hervorbringung oder Reproduktion eines Kunstwerkes im Vordergrund steht (vgl. das bereits angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Daraus folgt für den vorliegenden Fall, daß die Ansicht des Beschwerdeführers, jede Tätigkeit im "Kugelmugel-Haus" sei künstlerischer Natur und sein "Leben das perfekte Gesamtkunstwerk", unhaltbar ist. Auch wenn daher die Herstellung und der Verkauf der in Rede stehenden Ansichtskarten, Ersttagsbriefe, Gedenkblätter und Kleinbogen im Rahmen eines künstlerischen Gesamtkonzeptes erfolgt sein sollten, kann daraus nicht abgeleitet werden, daß diesen Umsätzen eine künstlerische Tätigkeit zu Grunde lag. Die gebotene isolierte Prüfung der streitgegenständlichen Umsätze auf ihren künstlerischen Gehalt läßt aber - bei Zugrundelegung der vom Beschwerdeführer nicht bekämpften, die Herstellung der in Rede stehenden Gegenstände betreffenden Sachverhaltsfeststellungen - nur den von der belangten Behörde gezogenen Schluß zu, daß es sich bei den in Betracht kommenden Umsätzen nicht um solche aus der Tätigkeit als Künstler gehandelt hat. Eine künsterlische Tätigkeit des Beschwerdeführers hat schon deshalb den strittigen Umsätzen nicht zu Grunde gelegen, weil sowohl die Entwürfe als auch die Herstellung der Gegenstände durch andere Personen und Unternehmen besorgt worden sind. Ob die Idee dazu vom Beschwerdeführer stammt, ist dabei ohne Belang.

Die belangte Behörde hat daher ohne Rechtsirrtum die Tätigkeit des Beschwerdeführers im strittigen Umfang nicht als Tätigkeit eines Künstlers im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 8 UStG 1972 gewertet, sondern als Umsatz, der dem Normalsteuersatz unterliegt.

Da sich sohin die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz im Umfang des Antrages gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991; insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Zusatzinformationen


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Norm
Schlagworte
Kugelmugel
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1991:1988150172.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAE-37656