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VwGH vom 26.01.1993, 88/14/0195

VwGH vom 26.01.1993, 88/14/0195

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. Dr. A in B, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom 2. Dezemer 1987, Zl. 14/36/5-BK/Mo-1987, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1982 bis 1984, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Zivilingenieur für technische Chemie. Für die Jahre 1982 bis 1984 fand bei ihm eine abgabenbehördliche Prüfung statt. Der Prüfer vertrat unter anderem die Auffassung, daß die für bestimmte Einkünfte aus der Tätigkeit als Gutachter und Betriebsberater in Anspruch genommene Tarifbegünstigung des § 38 Abs. 4 EStG 1972 nicht zustehe, weil alle Einkünfte des Beschwerdeführers "aus einer Gutachtertätigkeit stammen", sodaß die gesetzliche Voraussetzung, wonach derartige Einkünfte nur dann begünstigt seien, wenn sie als Nebeneinkünfte erzielt würden, nicht erfüllt sei.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechende Abgabenbescheide.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Bei den Einkünften, für die die Tarifbegünstigung des § 38 Abs. 4 EStG 1972 in Anspruch genommen worden sei, handle es sich um Honorare aus dem Forschungsauftrag eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens betreffend Stauraumuntersuchung, aus Betriebsberatungen im Auftrag des WIFI und aus der Tätigkeit als gerichtlich bestellter Sachverständiger. Bezüglich des Forschungsauftrages sei von Anfang an vereinbart gewesen, daß neben dem Übergang des Eigentumsrechtes am Werkstück auch das Recht auf dessen Vervielfältigung und Verbreitung übertragen werden sollte. Auch die im Auftrag des WIFI erstellten Beratungsunterlagen sollten ins Eigentum des WIFI übergehen, wobei vereinbart worden sei, daß ohne Zustimmung des WIFI nichts davon - auch nicht auszugsweise - vom Beschwerdeführer publiziert werden dürfe. Daraus folge, daß die Verwertungsrechte an den für das WIFI erstellten Gutachten übertragen worden seien. Schließlich seien auch die im Auftrag von Gerichten ausgearbeiteten Gutachten urheberrechtlich geschützte Werke, sodaß auch die für diese Tätigkeit erzielten Honorare als Einkünfte aus der Verwertung von Urheberrechten anzusehen seien. Da alle genannten Honorare "separat an die jeweiligen Auftraggeber fakturiert" worden seien, sei eine eindeutige Abgrenzbarkeit von den anderen Einkünften gegeben, sodaß auch die Voraussetzung des Vorliegens von Nebeneinkünften erfüllt sei.

Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer auf, mitzuteilen, welcher Teil des Honorars für den Forschungsauftrag auf die Einräumung der Werknutzungsbewilligung bzw. des Werknutzungsrechtes und welcher Teil auf die Übertragung des Eigentums am Werkstück (= Gutachten) entfalle. Weiters möge bekannt gegeben werden, ob außer den diversen Einnahmen aus Gutachtertätigkeit noch andere Einnahmen erzielt wurden. Außerdem hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vor, daß aus dem Vertrag mit dem WIFI nicht hervorgehe, daß eine Werknutzungsbewilligung bzw. ein Werknutzungsrecht eingeräumt worden sei. Die im Auftrag von Gerichten erstellten Gutachten seien nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden, sodaß eine Begünstigung nach § 38 Abs. 4 EStG 1972 nicht in Betracht komme. Schließlich sei festgestellt worden, daß die Abgabenbehörde erster Instanz Aufwendungen des Beschwerdeführers für Ermittlungen eines Detektivunternehmens im Zusammenhang mit seinem Ehescheidungsverfahren im Jahr 1982 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt habe. Es sei beabsichtigt, diesen Aufwand nicht als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1982 insoweit zu verbösern.

Über Anfrage der belangten Behörde teilte das Elektrizitätsversorgungsunternehmen, für das der Beschwerdeführer die Stauraumuntersuchung vorgenommen hatte, mit, daß das diesbezügliche Gutachten zur Veröffentlichung bestimmt gewesen sei. Es sei daher "einleuchtend" daß das gesamte Entgelt für die Einräumung des Werknutzungsrechtes am gesamten Gutachten bezahlt wurde". Der Beschwerdeführer untersuche "daneben ... zahlreiche Wasserproben". Eine ausdrückliche Feststellung über die Abtretung von Urheberrechten erfolge "im allgemeinen nicht, da hiefür gesetzliche Grundlagen maßgebend sind". Die Vergütung für sämtliche Tätigkeiten erfolge nach den Bestimmungen der Gebührenordnung für Ziviltechniker.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom teilte die Steuerberatungsgesellschaft des Beschwerdeführers der belangten Behörde mit, daß von vornherein beabsichtigt gewesen sei, das Ergebnis der Stauraumuntersuchung der betroffenen Bevölkerung als Information in Form einer Broschüre anzubieten. Auf Grund dessen sei "das Honorar für die Studie nicht für das Gutachten selbst, sondern für die Übertragung der Werknutzungsrechte eingeräumt und bezahlt" worden. Ein Exemplar der Broschüre werde vorgelegt (den Verwaltungsakten wurde dieses Exemplar von der belangten Behörde allerdings nicht angeschlossen).

Zwischen dem WIFI und dem Beschwerdeführer sei eine Werknutzung und deren Honorierung vereinbart, wonach das WIFI die Gutachten in welcher Form immer verwerten dürfe. Gleiches gelte für die Gutachten als gerichtlich beeideter Sachverständiger. Der Beschwerdeführer beziehe überwiegend Einkünfte aus der Erstellung von Gutachten. Grundsätzlich unterliege jedes Gutachten dem Urheberrecht. Mit Ausnahme der angeführten Fälle trete der Beschwerdeführer jedoch seine Urheberrechte nicht ausdrücklich ab.

Zu den als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Detektivkosten sei zu sagen, daß es dem Beschwerdeführer mit Hilfe des Detektivunternehmens möglich gewesen sei, vor Gericht den Ehebruch seiner Ehefrau nachzuweisen. Dies habe zur Folge gehabt, daß von seiner Seite aus keine Unterhaltszahlungen zu leisten seien.

In einer weiteren Vorhaltsbeantwortung teilte die Steuerberatungsgesellschaft des Beschwerdeführers der belangten Behörde mit, daß der Beschwerdeführer das Honorar für die Stauraumuntersuchung zwar (ebenso wie die Honorare für alle anderen Gutachten) nach der Gebührenordnung für Ziviltechniker berechnet habe; dies ändere aber nichts daran, daß das Honorar zur Gänze für die Einräumung der Werknutzungsbewilligung bezahlt worden sei.

Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung nicht statt und änderte den erstinstanzlichen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1982 zu Ungunsten des Beschwerdeführers ab, indem sie die Kosten für die Tätigkeit des Detektivunternehmens nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannte.

Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung jedoch mit Beschluß vom , B 312/88-3, abgelehnt wurde. In der antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Anwendung der Tarifbegünstigung des § 38 Abs. 4

EStG 1972:

Gemäß § 38 Abs. 4 EStG 1972 ist § 37 Abs. 1 auch auf Einkünfte aus der Verwertung von selbstgeschaffenen literarischen oder künstlerischen Urheberrechten anzuwenden, sofern diese Einkünfte als Nebeneinkünfte erzielt werden.

Die belangte Behörde stellt außer Streit, daß es sich bei sämtlichen vom Beschwerdeführer erstellten Gutachten um urheberrechtlich geschützte Werke handelt. Sie vertritt jedoch die Auffassung, daß die vom Beschwerdeführer erzielten Honorare nicht für die Verwertung dieser Urheberrechte geleistet wurden.

Der Gerichtshof teilt diese Auffassung aus folgenden Gründen:

a) Honorar für Stauraumuntersuchung:

Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer für ein bestimmtes Elektrizitätsversorgungsunternehmen zahlreiche Wasseruntersuchungen durchgeführt hat. Den in den Verwaltungsakten erliegenden Honorarabrechnungen betreffend die Stauraumuntersuchung ist zu entnehmen, daß es sich dabei um vergleichbare Untersuchungen (Analysen von Wasser und Schlamm, Bestimmung von Schwebstoffen, Faulversuche etc.) gehandelt hat. Auch die Abrechnung aller dieser Untersuchungen erfolgte gleichermaßen unter Zugrundelegung der Gebührenordnung für Ziviltechniker (Stunden- und Tagessätze sowie Pauschbeträge für bestimmte Analysen im Gesamtausmaß von ca. S 1,4 Millionen). Daraus folgt, daß sämtliche vom Beschwerdeführer durchgeführten Wasseruntersuchungen nach den gleichen Kriterien honoriert wurden, also unabhängig davon, ob einzelne dieser Untersuchungen für eine Veröffentlichung bestimmt waren oder nicht. Der Beschwerdeführer meint, daß das Honorar für ein Gutachten, welches von vornherein zur Veröffentlichung bestimmt ist, unter Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (§ 21 BAO) zur Gänze als Abgeltung für die Einräumung von Werknutzungsrechten im Sinne des Urheberrechtsgesetzes anzusehen sei. Dieser Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden. Das Honorar für die Erstellung eines von mehreren gleichartigen Gutachten, die alle nach den selben Honorarrichtlinien abgerechnet werden, verliert den für seine Honorierung maßgebenden Rechtsgrund, nämlich die Erstellung des Gutachtens, nicht deswegen, weil dem Auftraggeber das Recht eingeräumt wird, das Gutachten (auch) zu veröffentlichen. Es besteht lediglich die Möglichkeit, daß für die Einräumung dieses (zusätzlichen) Rechtes ein zusätzliches Entgelt vereinbart wird. Ein solches könnte als begünstigungsfähiges Entgelt für die Verwertung von selbstgeschaffenen Urheberrechten im Sinne des § 38 Abs. 4 EStG 1972 in Betracht kommen. Der Beschwerdeführer hat jedoch unbestritten kein derartiges zusätzliches Entgelt vereinnahmt. Wollte man der Rechtsansicht des Beschwerdeführers folgen, so würde das bedeuten, daß der Beschwerdeführer bei einem einzigen seiner zahlreichen gleichartigen und gleichartig honorierten Gutachten kein Honorar für die Gutachtenserstellung selbst, sondern ausschließlich ein solches für die Veröffentlichung eines (unentgeltlich) erstellten Gutachtens erhalten hätte. Gerade die vom Beschwerdeführer herangezogene wirtschaftliche Betrachtungsweise verbietet eine derartige Sachverhaltsbeurteilung.

b) Honorar für im Auftrag des WIFI durchgeführte Betriebsberatungen:

Die belangte Behörde bezieht sich im angefochtenen Bescheid auf die Richtlinien des WIFI, denen kein Hinweis auf eine Honorierung für die Einräumung von Verwertungsrechten im Sinne des Urheberrechtsgesetzes entnommen werden könne. Vielmehr handle es sich bei den Honoraren ausschließlich um die Entlohnung einer beratenden Tätigkeit. Der Beschwerdeführer stützt sich auch in diesem Punkt auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Sinne des § 21 BAO und meint, daß aus der unter 1.4. der Richtlinien enthaltenen Bestimmung, wonach die aus WIFI-Beratungen gewonnenen Daten und Fakten ohne Zustimmung des WIFIs nicht veröffentlicht werden dürfen (Vorträge, Publikationen), zu schließen sei, daß dem WIFI eben auch diese Verwertungsrechte vom Berater übertragen werden.

Zu Recht hält die belangte Behörde diesem Vorbringen entgegen, daß die betreffende Bestimmung die Überschrift "Verschwiegenheit" trägt und ihr keinerlei darüber hinausgehender Inhalt, insbesondere auch nicht in Richtung Einräumung urheberrechtlicher Verwertungsrechte, beizumessen ist. Weiters verweist die belangte Behörde zu Recht darauf, auch die Honorierung nach einem einheitlichen Stundensatz (ohne Rücksicht auf einen allfälligen urheberrechtlichen Schutz der Beratungstätigkeit) spreche dagegen, daß damit die Einräumung von Verwertungsrechten im Sinne des Urheberrechtsgesetzes abgegolten werde.

c) Honorar für gerichtliche Gutachten:

Der Gerichtshof hat bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß Honorare für die Erstellung von Gutachten im Auftrag von Gerichten nicht unter die Begünstigungsbestimmung des § 38 Abs. 4 EStG 1972 fallen. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG genügt es daher, diese Rechtsprechung anzuführen, die z. B. im Erkenntnis vom , 87/14/0089, ausführlich begründet wurde.

2. Kosten für die Leistungen eines Detektivunternehmens:

Gemäß § 34 EStG 1972 in der für das Jahr 1982 geltenden Fassung werden auf Antrag außergewöhnliche Belastungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, insoweit vor Berechnung der Steuer vom Einkommen abgezogen, als sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Zwangsläufig erwächst eine Belastung dem Steuerpflichtigen dann, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Der Beschwerdeführer erblickt die Zwangsläufigkeit des Aufwandes für die Einschaltung eines Detektivunternehmens in dem Umstand, daß er nur so im Ehescheidungsverfahren die ihm sonst drohende Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehegattin habe abwenden können.

Nach der für das Streitjahr 1982 maßgebenden Rechtslage galten Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehegatten als zwangsläufig erwachsen. Dem Beschwerdeführer kann daher nicht entgegengehalten werden, daß die Bezahlung von Unterhalt an seine geschiedene Ehegattin selbst zu keiner außergewöhnlichen Belastung hätte führen können, sodaß schon aus diesem Grund auch die zur Vermeidung eines solchen Aufwandes getragenen Detektivkosten nicht als außergewöhnliche Belastung angesehen werden könnte. Der Gerichtshof teilt auch nicht die Auffassung der belangten Behörde, wonach bei einer aufgezwungenen Prozeßführung - eine solche wird von der belangten Behörde ausdrücklich als gegeben angenommen - nur die dadurch "unmittelbar und unvermeidlich" verursachten Kosten, nicht aber die Kosten für die Beischaffung von Beweismitteln, die im Prozeß letztlich zum Erfolg führen, als zwangsläufig erwachsen angesehen werden können. Dessenungeachtet hat die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht den Detektivkosten die steuerliche Anerkennung als außergewöhnliche Belastung versagt. Das Kreisgericht hat in seinem Scheidungsurteil sowohl bei der Ehegattin des Beschwerdeführers als auch bei diesem selbst schwere Eheverfehlungen festgestellt. Da die Verfehlungen der Ehegattin schwerer wogen als jene des Beschwerdeführers, wurde im Urteil ausgesprochen, daß das überwiegende Verschulden an der Ehescheidung die Ehegattin treffe. Weiters wurde in dem Urteil festgestellt, daß eine Kostenentscheidung entfällt, "da Kosten nicht verzeichnet wurden". Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, daß dem Beschwerdeführer die Prozeßkosten einschließlich der Detektivkosten zwangsläufig erwachsen sind. Vielmehr deutet der Umstand, daß vor Gericht keine Kosten verzeichnet wurden, darauf hin, daß es hinsichtlich dieser Kosten zu einer einvernehmlichen Regelung gekommen ist, bei der der Beschwerdeführer auf Kostenersatzansprüche gegenüber seiner geschiedenen Ehegattin verzichtet hat. Gegenteiliges, etwa fehlende Einbringlichkeit der Kosten bei der geschiedenen Ehegattin, hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.