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VwGH vom 03.05.2000, 97/13/0202

VwGH vom 03.05.2000, 97/13/0202

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über

1) die Beschwerde des Mag. G in W, vertreten durch Dr. Hildegard Wanka, Rechtsanwalt in Wien VIII,

Josefstädter Straße 85/2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zlen. RV/068-16/09/97, 16-96/3177/09, betreffend Antrag auf Rückzahlung der Umsatzsteuervorauszahlungen für den Zeitraum 1982 bis 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2) die Anträge des genannten Beschwerdeführers auf Zustellung des Umsatzsteuerbescheides 1983 vom und auf Rückzahlung der "Umsatzsteuervoranmeldung" für den Zeitraum 1982 bis 1987, den Beschluss gefasst:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einem Schriftsatz vom stellte der Beschwerdeführer u. a. einen "Antrag auf Rückzahlung der Umsatzsteuervorauszahlungen von 1982 - 1988". Da die Abgabenfestsetzung für die Umsatzsteuer auch nach Ansicht des Finanzamtes verjährt sei, seien die geleisteten Vorauszahlungen zurückzuzahlen. Die selbst berechneten Vorauszahlungen könnten nicht als Abgabenfestsetzung herangezogen werden.

In einem Urgenzschreiben vom betreffend u. a. Erledigung dieses Antrages wurde zum "Antrag auf Rückzahlung der Umsatzsteuervorauszahlungen von 1982 - 1987" nochmals geltend gemacht, wegen Verjährung für die Abgabenfestsetzung seien die geleisteten Vorauszahlungen zurückzuzahlen. Die Umsatzsteuer sei keine Selbstbemessungsabgabe und müsse daher von der Abgabenbehörde festgesetzt werden. Außerdem werde die Anerkennung des Vorsteuerabzuges beantragt, weil nicht der Beschwerdeführer, sondern die Abgabenbehörde säumig geworden sei.

Das Finanzamt erließ einen mit datierten Bescheid, in dem festgestellt wurde, dass das Recht der Abgabenbehörde zur Festsetzung der Umsatzsteuer für die Jahre 1982 bis 1987 verjährt ist. Zur Begründung wird ausgeführt, für die Voranmeldungszeiträume der Jahre 1982 bis 1987 seien vom Beschwerdeführer die Vorauszahlungen an Umsatzsteuer selbst berechnet, dem Finanzamt bekannt gegeben und an dieses entrichtet worden. Eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Berechnung sei weder behauptet noch festgestellt worden. Das Recht auf Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlungen gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1972 und auf Veranlagung zur Umsatzsteuer gemäß § 21 Abs. 4 UStG 1972 unterliege der Verjährung (§§ 207 ff BAO). Insoweit Verjährung eingetreten sei, könne die Abgabenbehörde die Höhe des selbst zu berechnenden Betrages auch im Fall der Unrichtig- oder Unvollständigkeit nicht berichtigen. Es sei nicht möglich, einen richtig und vollständig selbst berechneten Betrag mit Null festzusetzen.

Mit einem weiteren Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom auf Rückzahlung der Umsatzsteuervorauszahlungen betreffend 1982 bis 1988 (durch das Schreiben vom "nunmehr eingeschränkt auf 1982 - 1987") ab. Aus den geleisteten Umsatzsteuervorauszahlungen für den Zeitraum 1982 bis 1987 sei kein Guthaben entstanden. Mangels Möglichkeit zur Festsetzung der Umsatzsteuer wegen Verjährung (diesbezüglich wird auf den oben erwähnten Feststellungsbescheid vom hingewiesen) könne auch kein Guthaben entstehen, sodass keine Rückzahlung erfolgen könne.

Mit Schriftsatz vom berief der Beschwerdeführer gegen den Bescheid "betreffend der Rückzahlung der Umsatzsteuervorauszahlungen". Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 198 BAO sei die Umsatzsteuer durch Bescheid festzusetzen. Die Selbstberechnung der Vorauszahlungen an Umsatzsteuer sei keine Selbstbemessung. Grundsätzlich sei die Argumentation richtig, "wenn mangels Festsetzung der Umsatzsteuer wegen Verjährung auch kein Bescheid mit einer Nullfestsetzung ausgestellt werden kann". Nur dass aus diesem Grund die Umsatzsteuervorauszahlungen nicht mehr zurückgezahlt werden könnten, "ist vielleicht ein buchungstechnisches Problem der Finanzverwaltung, aber durch kein Gesetz gedeckt". Wenn keine Umsatzsteuer gefordert werden könne, müssten die Vorauszahlungen als Guthaben aufscheinen.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung vom ging die Abgabenbehörde davon aus, dass es sich bei der Umsatzsteuervorauszahlung um eine Selbstbemessungsabgabe handle. Die Umsatzsteuervoranmeldung gelte so lange, als kein entsprechender Jahresbescheid ergehe bzw. keine Umsatzsteuerfestsetzung erfolge. Da das Recht zur Festsetzung verjährt sei, sei eine Änderung nicht möglich. Die Umsatzsteuervoranmeldungen seien daher unverändert im Rechtsbestand. Da aus dem Titel der "USt 82 - 87" auf dem Abgabenkonto kein Guthaben vorhanden sei, könne keine Rückzahlung erfolgen.

Der Beschwerdeführer stellte am einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Unter Wiederholung seines im Wesentlichen bereits in der Berufung vertretenen Standpunktes vertrat der Beschwerdeführer darin die Ansicht, wenn die Ausstellung eines Bescheides nicht mehr möglich sei, könnten die Umsatzsteuervorauszahlungen nicht zurückgehalten werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. In den Entscheidungsgründen wurde zunächst ausgeführt, dass das Finanzamt hinsichtlich der Jahre 1982 bis 1987 insgesamt für die Jahre 1982 (nicht rechtskräftiger Umsatzsteuerbescheid vom ), 1983 (rechtskräftiger Umsatzsteuerbescheid vom ), 1984 (rechtskräftiger Umsatzsteuerbescheid vom ) und 1987 (nicht rechtskräftiger Umsatzsteuerbescheid vom ) Umsatzsteuerveranlagungen durchgeführt habe. Wegen des Eintrittes der Bemessungsverjährung sei hinsichtlich der Umsatzsteuer für die Jahre 1985 und 1986 kein Veranlagungsbescheid ergangen. Es sei strittig, ob dieser Umstand zur Rückzahlung der - auf Grund der Umsatzsteuervoranmeldungen entrichteten - Umsatzsteuervorauszahlungen führe. Mit Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung - so die belangte Behörde weiter in ihrer Begründung - würden die Umsatzsteuervorauszahlungen selbst berechnet und bemessen. Die Vorauszahlung bzw. der Überschuss seien Abgaben im Sinne der BAO. Nur unter bestimmten Voraussetzungen (Nichtabgabe, Unrichtigkeit, Unvollständigkeit der Umsatzsteuervoranmeldung), für deren Annahme sich nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt biete, sei die Umsatzsteuervorauszahlung mit Bescheid festzusetzen. Mit Eintritt der Bemessungsverjährung sei die Erlassung eines (Veranlagungs-) Jahresbescheides nicht mehr zulässig. Da weder Umsatzsteuervorauszahlungen durch Festsetzungsbescheide geändert worden seien, noch die Umsatzsteuer für 1985 und 1986 mit Veranlagungsbescheid erhoben werden könne, wirkten die mit der Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung verbundenen Rechtsfolgen (z.B. die Entrichtung der Abgabenschuld) zeitlich unbeschränkt fort. Die in den Abgabenerklärungen (Umsatzsteuervoranmeldungen) ausgewiesenen Beträge (Zahllasten und Überschüsse) bestünden unverändert weiter. Aus dem Verbot der Veranlagung ergebe sich kein Anspruch auf Gutschrift der Vorauszahlungen. Insoweit allerdings Veranlagungen zu einer Gutschrift führten, handle es sich nicht um eine Abgabenfestsetzung. In diesen Fällen sei daher ungeachtet des Eintrittes der Verjährung, bei innerhalb der Verjährungsfrist abgegebenen Steuererklärungen, eine Veranlagung zulässig. Soweit aus diesem Grund mittlerweile Veranlagungen - teilweise unter Anwendung des § 209a BAO - durchgeführt worden seien, erübrige sich ein Eingehen auf "das auf Rückzahlung der Umsatzsteuervorauszahlungen im Falle des Unterbleibens einer Veranlagung gerichtete Berufungsbegehren". Im Übrigen werde auf die Ausführungen im Bescheid vom und die Berufungsvorentscheidung vom verwiesen.

In der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid "in seinem Recht auf Festsetzung der Umsatzsteuer durch Bescheid, sohin in seinem Recht, den gegen ihn geltend gemachten Abgabenanspruch dem Grunde und der Höhe nach bekämpfen zu können, und in seinem Recht auf Rückzahlung der Umsatzsteuervorauszahlungen (UVZ) für den Zeitraum von 1982 bis 1987 verletzt".

Neben "der Beschwerde gem. Art 131 Abs. 1 Z 1 B-VG" stellt der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift auch gesondert einen "Antrag auf Zustellung des Umsatzsteuerbescheides 1983 vom " und einen "Antrag auf Rückzahlung der Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum 1982 bis 1987".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1) Zur Beschwerdeentscheidung:

Soweit sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf "Festsetzung der Umsatzsteuer durch Bescheid" verletzt erachtet, ist festzuhalten, dass auf Grund des Rückzahlungsantrages betreffend Umsatzsteuervorauszahlungen vom vom Finanzamt mit (gesondertem) Bescheid vom dahingehend entschieden wurde, dass das Recht zur Festsetzung der Umsatzsteuer für die Jahre 1982 bis 1987 verjährt ist. Dieser Bescheid blieb nach der Aktenlage unangefochten. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid, der lediglich über die Rückzahlung der strittigen Umsatzsteuervorauszahlungen abspricht, kann der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Abgabenfestsetzung nicht verletzt sein.

Bei der Umsatzsteuer handelt es sich um eine Abgabe, die nach den Grundsätzen von Selbstbemessungsabgaben selbst zu berechnen und abzuführen ist (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2121). Hinsichtlich der Vorauszahlungen an Umsatzsteuer entsteht die Steuerschuld nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 UStG 1972 mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes und wird ex lege am (nach der für die Beschwerdejahre geltenden Rechtslage) 10. Tag des auf den Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Monates fällig. Entstehen der Steuerschuld (in der konkreten Höhe) und Fälligkeit sind nicht vom Ergehen eines Bescheides abhängig. Der Jahres-Umsatzsteuerbescheid stellt eine Zusammenfassung der in den Voranmeldungszeiträumen entstandenen Steuerschulden dar; dieser Bescheid legt keine neue Fälligkeit fest (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/14/0117, mwN).

Der Beschwerdeführung liegt offenbar die Rechtsansicht zu Grunde, wegen auch nach dem Beschwerdevorbringen unbestritten eingetretener Festsetzungsverjährung nach den §§ 207 ff BAO (zur Anwendbarkeit der Festsetzungsverjährung bei Selbstbemessungsabgaben siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 83/15/0208) müssten die seinerzeit geleisteten Umsatzsteuervorauszahlungen der Jahre 1982 bis 1987 zurückgezahlt werden. Dabei übersieht aber der Beschwerdeführer, dass der Eintritt der Verjährung nicht das materiell-rechtliche Erlöschen des Abgabenanspruches bewirkt (vgl. Stoll, aaO, 2159), und damit auch die durch die Selbstbemessung geschaffene Rechtswirkung der Abgabenfestsetzung nicht aus der Welt geschafft wird (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 89/15/0108, und den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/17/0173). Ungeachtet der in der Beschwerde weiters aufgeworfenen Frage, ob für einzelne Kalenderjahre - wegen Verjährung - zu Recht eine Umsatzsteuerveranlagung erfolgt sei (hinsichtlich des Jahres 1983 wird auch die Behauptung aufgestellt, der im angefochtenen Bescheid angegebene Veranlagungsbescheid sei dem Beschwerdeführer nicht zugestellt worden), zeigt somit die Beschwerde in Bezug auf die - allein - streitgegenständliche Frage der Rückzahlung der Umsatzsteuervorauszahlungen 1982 bis 1987 keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die Beschwerde war damit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Zu einem in der Beschwerde ohne weitere Begründung "in eventu" gestellten Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist darauf hinzuweisen, dass eine derartige Antragstellung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen ist.

2) Zur Antragserledigung:

Zur Entscheidung über die im Beschwerdeschriftsatz gesondert gestellten Anträge auf "Zustellung des Umsatzsteuerbescheides 1983 vom " und auf "Rückzahlung der Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum 1982 bis 1987" kommt dem Verwaltungsgerichtshof keine Kompetenz zu. Das Vorliegen von Säumnisfällen nach Art. 132 B-VG (iVm § 27 VwGG) hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Die Anträge waren daher mit Beschluss zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am