VwGH 20.03.2003, 2001/06/0100
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der Marktgemeinde K, vertreten durch Dr. Hans Kröppel, Rechtsanwalt in Kindberg, Hauptstraße 7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 03-12.10 K 31-01/17, betreffend Aufhebung einer Berufungsentscheidung in einer Bausache (mitbeteiligte Partei: K in L), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Mitbeteiligte beantragte mit Schriftsatz vom die Erteilung einer Widmungsbewilligung für die Errichtung einer Holzknecht- und Gerätehütte auf einem Grundstück im Gemeindegebiet der beschwerdeführenden Marktgemeinde.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom wurde dieses Ansuchen abgewiesen, der vom Mitbeteiligten dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates vom keine Folge gegeben. Aufgrund der Vorstellung des Mitbeteiligten wurde dieser Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Marktgemeinde von der belangten Behörde (im ersten Rechtsgang) mit der Begründung behoben, dass der Bescheid nicht ausreichend begründet worden sei und sich der Gemeinderat zumindest mit dem Vorbringen der Unschlüssigkeit des dem Bescheid zugrundeliegenden Gutachtens der Agrarbezirksbehörde hätte auseinandersetzen müssen.
Nach Einholung weiterer Gutachten wurde mit Bescheid des Gemeinderats der beschwerdeführenden Gemeinde vom die Berufung neuerlich abgewiesen. Aufgrund der auch gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung des Mitbeteiligten wurde der Bescheid des Gemeinderats der beschwerdeführenden Gemeinde vom (im zweiten Rechtsgang) mit Bescheid der belangten Behörde vom aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Marktgemeinde verwiesen. Die Aufhebung wurde damit begründet, der Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde habe sich auf ein Gutachten gestützt, das die Frage der Erforderlichkeit eines Bauwerkes im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nicht ausreichend im Sinne des § 25 Abs. 3 Z 1 lit. b Stmk ROG geprüft habe.
Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde (im dritten Rechtsgang) die Berufung des Mitbeteiligten neuerlich ab. Mit Bescheid vom hob die belangte Behörde aufgrund der neuerlichen Vorstellung des Mitbeteiligten den Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde vom wiederum auf. Begründend verwies die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid neuerlich darauf, dass der Rechtsmeinung der Aufsichtsbehörde, die in einem aufhebenden Vorstellungsbescheid ausgedrückt worden sei und den aufhebenden Spruch dieses Bescheides getragen habe, gegenüber allen beteiligten Parteien und den Behörden (einschließlich der Aufsichtsbehörde selbst) bindende Wirkung zukomme.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gemeinde Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der sie mit Erkenntnis vom , Zl. 97/06/0075, als unbegründet abwies.
Nach Durchführung ergänzender Ermittlungen wies der Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde (im vierten Rechtsgang) mit Bescheid vom die Berufung neuerlich ab. Auf Grund der auch gegen diesen Bescheid gerichteten Vorstellung wurde auch dieser gemeinderätliche Bescheid mit Bescheid der belangten Behörde vom unter Hinweis auf die bereits im Vorbescheid der belangten Behörde festgestellte Bindung aufgehoben und die Angelegenheit zurückverwiesen.
Mit Bescheid der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom wies der Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde (im fünften Rechtsgang) die Berufung des Mitbeteiligten gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom neuerlich ab. Die dagegen gerichtete Vorstellung des Mitbeteiligten war wiederum erfolgreich, die belangte Behörde behob mit ihrem Bescheid vom den Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Marktgemeinde neuerlich und verwies die Angelegenheit unter Hinweis auf die rechtliche Bindung (wie schon in den vorausgegangenen Aufhebungsbescheiden) an den Gemeinderat zurück.
Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der beschwerdeführenden Marktgemeinde die Berufung des Mitbeteiligten (im sechsten Rechtsgang) wiederum ab. Auf Grund der vom Mitbeteiligten erhobenen Vorstellung hob die belangte Behörde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom den Bescheid des Gemeinderates auf und verwies die Angelegenheit neuerlich an diesen zurück. Begründend verwies sie zum wiederholten Male darauf, dass die Behörden und damit auch sie selbst an die die unbekämpft gebliebene Aufhebung vom tragenden Aufhebungsgründe gebunden seien. Tragender Aufhebungsgrund sei die Prüfung der Erforderlichkeit des projektierten Bauwerks im Sinne des § 25 Abs. 3 lit. b Stmk. ROG gewesen. Die Frage der Erforderlichkeit könne nicht nur betriebswirtschaftlich betrachtet werden, sondern es müsse auch der arbeitstechnische Aspekt berücksichtigt werden. Dazu habe der Sachverständige B. ausgeführt, dass neben der Unterbringung von Maschinen, Geräten, Handwerkszeugen, Reparaturmaterialien, Ersatzteilen etc. das Objekt auch als Arbeitsraum für Reparaturen und Instandhaltungen von Maschinen und Geräten dienen solle. Die Lagerung entsprechender Reparaturmaterialien und Ersatzteile sowie die Reparaturmaßnahmen ließen entsprechende Räumlichkeiten notwendig erscheinen. Hinzu komme, dass der gegenständliche Forstbetrieb kein Familienbetrieb sei und daher arbeitsrechtlichen und Dienstnehmerschutzvorschriften unterliege, so dass sich im konkreten Fall die Erforderlichkeit einer Unterstandsmöglichkeit für die Arbeiter ergebe. Dies sei von der obersten Gemeindeinstanz bisher nicht berücksichtigt worden, wodurch Rechte des Beschwerdeführers verletzt worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung jedoch antragsgemäß mit Beschluss vom gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
In Ausführung der Beschwerde wird vorgebracht:
"Im aufhebenden Bescheid hat sich der Gemeinderat nicht nur auf das Gutachten K, sondern teilweise auch auf das Gutachten des DI B bezogen, der ganz eindeutig davon spricht, daß die Erforderlichkeit eines Wirtschaftsobjektes nicht nur eine Zweckmäßigkeitsfrage, sondern in erster Linie eine Wirtschaftlichkeitsfrage wäre....
Aus diesem Grunde hat seinerzeit der Sachverständige K in Ergänzung des seinerzeitigen Gutachtens eine Wirtschaftlichkeitsprüfung vorgenommen und kam der Sachverständige zum Schluss, dass ohne auf tatsächliche oder vermeintliche Absichten des Konsenswerbers zurückzugreifen, die Errichtung einer Gerätehütte für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Waldes nicht erforderlich ist, weil für die Errichtung des geplanten Projektes ein unverhältnismäßig hoher Investitionsbetrag anfallen würde, der aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu rechtfertigen ist.
Eine gegenteilige Wirtschaftlichkeitsstudie wurde jedoch vom Konsenswerber trotz Aufforderung seitens der Berufungsbehörde nicht vorgelegt.
Die im nunmehrigen Aufhebungsbescheid erstmalig von der Vorstellungsbehörde angestellte Rechtsansicht, dass es nicht so sehr auf die betriebswirtschaftliche, d.h. wirtschaftliche Betrachtungsweise ankomme, sondern der arbeitsrechtliche Aspekt berücksichtigt werden müsse, wonach es nicht nur auf die Unterbringung von Maschinen, Geräten, Handwerkszeugen, Reparaturmaterialien, Ersatzteilen und sonstigen Betriebsmitteln ankomme, sondern vor allem eine derartige Holzknechtshütte als Arbeitsraum für Reparaturen und Instandhaltungen zu dienen hätte und eine den arbeitsrechtlichen und Dienstnehmerschutzvorschriften unterliegende Unterstandsmöglichkeit für Arbeiter gegeben sein müsse, wird hier schärfstens bekämpft.
Diese Rechtsansicht ist unrichtig und vor allem auch durch die Gutachten nicht gedeckt. Diese kann auch aus dem Privatgutachten DI B nicht erblickt werden.
Es ist davon auszugehen, dass nach dem Stand der Technik Arbeitsmaschinen wenig wartungsbedürftig sind, es daher wenig sog. Reparaturen geben kann und wird. Man muss nur berücksichtigen, dass auf Grund der schon in Ausarbeitung befindlichen EU-Richtlinien die Gewährleistungsfrist generell in Europa für alle Maschinen auf 3 Jahre ausgedehnt wird. Die heutigen Maschinen sind im Übrigen so konstruiert, dass sie von Holzknechten wohl nicht repariert werden können und dass es eine völlig antiquierte Vorstellung ist, dass Holzarbeiter während eines Gewitters in einem Arbeitsraum ihre Motorsägen reparieren oder vielleicht am Computer des Holzprozessors das Software-Programm neu installieren.
Zusammengefasst ergibt sich daher auf Grund des abgeführten Beweisverfahrens, insbesondere auf Grund des Gutachtens des Amtssachverständigen, dessen Beiziehung in Raumordnungsfragen zwingend vorgeschrieben ist, dass das geplante Projekt des Konsenswerbers für die ordnungsgemäß Holzbewirtschaftung des Gutes S weder vom wirtschaftlichen, noch vom arbeitstechnischen Standpunkt her notwendig bzw. erforderlich ist."
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 25 Abs. 3 Z. 1 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes (Stmk. ROG), LGBl. Nr. 127/1974, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 1/1995, dürfen im Freiland nur Neu- und Zubauten errichtet werden,
die für eine bestimmungsgemäße Nutzung gemäß Abs. 2 Z. 1 oder
für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erforderlich sind.
Wie sich auch aus der Darstellung in der Beschwerde ergibt, wurde der Bescheid des Gemeinderates vom von der belangten Behörde mit Bescheid vom (im zweiten Rechtsgang) deshalb aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Marktgemeinde verwiesen, weil sich der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde auf ein Gutachten gestützt hatte, das die Frage der Erforderlichkeit eines Bauwerkes im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nicht ausreichend im Sinne des § 25 Abs. 3 Z 1 lit. b ROG geprüft habe. Dieser Bescheid blieb unbekämpft. Bereits in dem in dieser Angelegenheit ergangenen hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/06/0075, war ausgesprochen worden, dass ungeachtet der Frage, ob die Begründung der belangten Behörde in diesem Bescheid zutreffend war, die tragenden Gründe dieses Bescheides für das weitere Verfahren Bindungswirkung entfalteten.
Beide Gutachten, auf die die Gemeindebehörde Bezug genommen hat (K und B), wurden bereits vor dem aufhebenden Bescheid der belangten Behörde vom eingeholt, das Gutachten des Sachverständigen K wurde lediglich zur Frage der Wirtschaftlichkeit des Projekts auf Grund von theoretischen Schätzungen ergänzt; der Beschwerdeführer war in diesem Zusammenhang auch zu einer detaillierten Kostenaufstellung niemals aufgefordert worden. Das Gutachten des Sachverständigen B nimmt auf die wesentlichen Fragestellungen Bezug, so u.a. auch auf die arbeitsrechtlichen und Dienstnehmerschutzvorschriften (Seite 15 des Gutachtens). Um einen neuen, nunmehr im angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde überraschend aufgeworfenen Teilaspekt handelt es sich dabei, wie die oberste Gemeindeinstanz in ihrer Gegenschrift vermeint, somit nicht.
Alle Parteien des Verfahrens gehen davon aus, dass es sich bei dem Betrieb des Mitbeteiligten um einen forstwirtschaftlichen (Groß)Betrieb handelt.
Zur Frage der Erforderlichkeit eines Bauobjekts für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt Stellung genommen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 3033/79, VwSlg 10267 A/1980, vom , Zl. 84/06/0200, BauSlg Nr 727, und vom , Zl. 94/05/0376). Bei Beurteilung der Frage, ob eine Baulichkeit für die land- bzw. forstwirtschaftliche Nutzung nachweislich erforderlich ist, ist an die maßgebenden Kriterien ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. als Beispiel für viele das hg. Erkenntnis vom , Zl. 81/05/0104, VwSlg 10592 A/1981, ergangen zu der ähnlichen Regelung des NÖ ROG 1976). Schon im Hinblick auf die dargelegte Bindungswirkung ergibt sich, dass, um eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung dieser komplexen Frage der Erforderlichkeit zu haben, auch die Teilaspekte der arbeitsrechtlichen und der Dienstnehmschutzvorschriften in die Überlegungen einzubeziehen sind. Auch ist die beschwerdeführende Gemeinde darauf hinzuweisen, dass es sich im vorliegenden Verfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, in welchem die Übereinstimmung der tatsächlich bereits errichteten Baulichkeit mit den Projektplänen ebenso wenig zu prüfen ist, wie eine Abweichung vom angegebenen Verwendungszweck. Dies wäre einem baupolizeilichen Verfahren vorzubehalten.
Den oben wörtlich wiedergegebenen Beschwerdeausführungen ist jedenfalls kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass dem Ergänzungsauftrag der belangten Behörde bisher entsprochen worden wäre.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | ROG Stmk 1974 §25 Abs3 Z1 idF 1995/001; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2003:2001060100.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAE-37094