VwGH vom 09.10.2001, 2001/05/0917

VwGH vom 09.10.2001, 2001/05/0917

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Ingrid Wenninger und des Dietmar Wenninger in Wien, vertreten durch Dr. Günther Romauch und Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwälte in Wien III, Landstraßer Hauptstraße 7, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1- V-01138/00, betreffend Baueinstellung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Korneuburg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem beigelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Am fand auf dem Areal der Freizeitsiedlung Laimergrube ein Ortsaugenschein zur Überprüfung der Voraussetzungen für die Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 113 Abs. 2b der NÖ Bauordnung 1976 statt. Dieser Augenschein bezog sich u.a. auf die Grundstücke Nr. 274/1, 274/2 und 1217, alle KG Korneuburg, die als Bauland-Industriegebiet gewidmet sind. Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer der gegenständlichen Grundstücke mit der Gartenparzelle Nr. 45. Zum "Objekt Nr. 45" wurde anlässlich der Verhandlung vom festgestellt: "Wie Haus 3. Der Tankraum ist so auszuführen, dass der Zugang nicht vom Tankraum aus erfolgt. Fertigstellung." Zum Objekt Nr. 3 wurde ausgeführt: "Das Haus befindet sich noch im Bau. Heizraum und Öltankraum sind allseits brandbeständig zu ummauern und mit einer nach außen aufschlagenden selbstzufallenden brandhemmenden Tür zu versehen. Der Öltankraum ist als öldichte Wanne mit dem Fassungsvermögen des Tankinhaltes auszuführen oder der Tank als doppelwandiger Tank mit Leckanzeige auszuführen. Beide Räume sind mit getrennten Zu- und Abluftöffnungen aus dem Freien zu versehen. Im Bereich des Kellers ist vor der Heizraumtür ein Handfeuerlöscher, Typ G6, vorzusehen. Die Fertigstellung des Hauses ist unaufgefordert und schriftlich unter Vorlage eines Kamineignungsbefundes, eines Dichtheitsattestes der Ölwanne bzw. des doppelwandigen Öltanks dem Stadtbauamt Korneuburg mitzuteilen."

Mit Bescheid vom erließ der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde die beantragten Feststellungsbescheide für die Objekte der verschiedenen Miteigentümer. Er erklärte die Verhandlungsschrift vom zum wesentlichen Bestandteil seines Bescheides. Im Spruch des Bescheides wurde festgehalten, dass gemäß § 113 Abs. 2a der NÖ Bauordnung 1976 die Anordnung des Abbruches zu entfallen habe und dieser Feststellungsbescheid zur Benützung der Gebäude berechtige, jedoch nicht als baubehördliche Bewilligung gelte. Eine künftige Instandsetzung der Gebäude sei nur im Rahmen des § 92 Abs. 1 Z. 4, sonstige Veränderungen seien nur im Rahmen des § 95 der NÖ Bauordnung 1976 zulässig. Die teilweise noch im Bau befindlichen Objekte seien bis spätestens ein Jahr nach Rechtskraft der gegenständlichen Bescheide fertig zu stellen.

Laut einer Niederschrift über die am gemäß § 27 der NÖ Bauordnung 1996 abgehaltene besondere Beschau wurde bezüglich der Gartenparzelle Nr. 45 festgestellt, dass die Pergola an der südlichen Grundgrenze nicht ausgeführt sei, an deren Stelle sei ein massiver Zubau errichtet worden. Das Haus sei um ca. 1,5 m bis 2 m tiefer als im Bauplan festgehalten. Der Kellerabgang sei überdacht worden. Das Objekt sei noch im Bau.

Am erließ der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde einen Bescheid, mit dem die Baueinstellung verfügt wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass bei der vorerwähnten Beschau im Beisein der Beschwerdeführer folgende Abweichungen gegenüber dem im Feststellungsbescheid vom enthaltenen Bauplan festgestellt worden seien: Es sei die Pergola an der südlichen Grundgrenze nicht ausgeführt worden, an deren Stelle sei ein massiver Zubau errichtet worden. Das Haus sei um ca. 1,5 m bis 2 m tiefer als im Bauplan festgehalten, der Kellerabgang sei überdacht worden. Das gegenständliche Bauvorhaben befinde sich auf einer als Bauland-Industriegebiet gewidmeten Fläche. Eine nachträgliche Baubewilligung für das nun zusätzlich im Bau befindliche Wohngebäude sei aus denselben Gründen, die bereits anlässlich des angeführten Feststellungsbescheides gegolten hätten (Widerspruch zum Flächenwidmungsplan), nicht möglich.

In der dagegen erhobenen Berufung führten die Beschwerdeführer aus, dass es bei der Durchführung eines Bauvorhabens immer zu geringfügigen Abweichungen komme. Es gebe jedoch ein Kollaudierungsverfahren und eine nachträgliche Baubewilligung. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Baubehörde erster Instanz anlässlich der amtswegigen Beschau den Beschwerdeführern nicht die Auflage erteilt habe, etwa den Kellerabgang zu entfernen. Bezüglich der geringfügigen Diskrepanz in den ausgeführten Maßen sei sehr wohl die Abhaltung einer neuerlichen Verhandlung nach den Bestimmungen des NÖ Amnestiegesetzes möglich. Es mache keinen Unterschied, ob der Abstellbereich Pergola aus Holz errichtet werde oder in Massivbauweise. In beiden Fällen sei die Nutzfläche gleich groß; im konkreten Fall diene die Pergola in Massivbauweise ebenfalls nur der Abstellung von kleineren Maschinen und Gartengeräten, sie werde jedoch nicht als Wohnfläche benützt.

Mit Bescheid vom hat der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Grundlage für die Einstellung der Bauarbeiten sei das Fehlen einer Baubewilligung für das im Bau befindliche Objekt. Die festgestellten vergrößerten Ausmaße würden weit über eine im Zuge eines (hier nicht vorgesehenen) Fertigstellungsverfahrens korrigierbare geringfügige Bautoleranz hinausgehen. Die Pergola sei als Raumzubau in Massivbauweise ausgeführt worden und widerspreche dem ursprünglich festgestellten Planungsstand. Eine nachträgliche Bewilligung sowie eine weitere Feststellung nach den Bestimmungen des § 113 Abs. 2a der NÖ Bauordnung 1976 sei nicht möglich.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird darauf hingewiesen, die Beschwerdeführer hätten wiederholt ausgeführt, dass einerseits die festgestellten Maßdiskrepanzen innerhalb der korrigierten Bautoleranz liegen würden, andererseits hinsichtlich der Pergola der ausgeführte Zubau nicht dem ursprünglich festgestellten Planungsstand widerspreche, da in beiden Fällen bezüglich Größe und Nutzfläche keine Unterschiede vorliegen würden und im konkreten Fall die Pergola auch nur als Abstellfläche und nicht als Wohnfläche diene. Die belangte Behörde habe übersehen, dass im Spruch des Feststellungsbescheides vom der Bürgermeister festgehalten habe, dass gemäß § 113 Abs. 2a der NÖ Bauordnung 1976 die Anordnung des Abbruches zu entfallen habe und dieser Feststellungsbescheid zur Benützung der Gebäude berechtige.

Gemäß § 113 Abs. 2a und 2b der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200- 13, hatte die Anordnung des Abbruches eines wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan nicht genehmigungsfähigen Gebäudes unter bestimmten Umständen zu entfallen. Der Feststellungsbescheid berechtigte zur Benützung des Gebäudes und galt nicht als baubehördliche Bewilligung. Eine zukünftige Instandsetzung solcher Gebäude war nur im Rahmen des § 92 Abs. 1 Z. 4, sonstige Veränderungen waren nur im Rahmen des § 95 leg. cit. zulässig. Mit Erkenntnis vom , G 132/98 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass § 113 Abs. 2a und 2b der NÖ Bauordnung 1976 verfassungswidrig war.

Der Feststellungsbescheid vom berechtigte zur Benützung der Gebäude, galt jedoch nicht als Baubewilligung.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass die Bauausführung nicht so erfolgte, wie sie im Plan, der dem Feststellungsbescheid vom zu Grunde lag, festgehalten war. Wenn die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang ausführen, es handle sich nur um "Maßdiskrepanzen innerhalb der korrigierbaren Bautoleranz", so ist ihnen zu entgegnen, dass eine Korrektur anlässlich einer neuerlichen Verhandlung nach dem "NÖ Amnestiegesetz" schon deshalb nicht möglich ist, weil, wie bereits ausgeführt, die Bestimmungen des § 113 Abs. 2a und 2b NÖ BO 1976 nicht mehr dem Rechtsbestand angehören, sodass es auch keinen weiteren Feststellungsbescheid auf dieser gesetzlichen Grundlage geben kann.

Gemäß § 29 der NÖ Bauordnung 1996 hat die Baubehörde die Fortsetzung der Ausführung eines Bauvorhabens zu untersagen, wenn

1. die hiefür notwendige Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) nicht vorliegt oder

2. bei einem bewilligten Vorhaben kein Bauführer bestellt ist.

Im ersten Fall hat die Baubehörde die Herstellung eines Zustandes, der dem vorherigen entspricht, zu verfügen, wenn nicht innerhalb einer von der Baubehörde bestimmten Frist um nachträgliche Baubewilligung angesucht oder die Anzeige vorgelegt wird. Darf eine Baubewilligung nicht erteilt werden (§ 23 Abs. 1) oder ist das Bauvorhaben zu untersagen (§ 15 Abs. 3), hat diese Verfügung nach der Baueinstellung zu erfolgen.

Im Beschwerdefall kann eine Baubewilligung für die Vergrößerung des Gebäudes nicht erteilt werden, weil das Wohngebäude mit der Flächenwidmung (Bauland-Industriegebiet) im Widerspruch steht. Da das Bauvorhaben anders (größer) ausgeführt wurde, als es in dem dem Bescheid vom zu Grunde liegenden Plan vorgesehen ist, hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde zu Recht die Baueinstellung verfügt, wobei festzuhalten ist, dass schon das Wohngebäude allein, ohne die in Massivbauweise ausgeführte Pergola auf Grund der "Maßdiskrepanzen" von 1,5 m - 2 m größer ist, als, von den Beschwerdeführern unbestritten, auf dem o.a. Plan eingezeichnet.

Bei einer Baueinstellung, die deshalb erfolgt, weil eine Baubewilligung oder Anzeige nicht vorliegt und die Baubewilligung auch nicht erteilt werden kann bzw. das Bauvorhaben zu untersagen wäre (§ 15 Abs. 3), kommt auch begrifflich die Erteilung einer Auflage an Stelle einer Baueinstellung nicht in Betracht.

Da auch in der Beschwerde außer Streit gestellt wird, dass "Maßdiskrepanzen" vorliegen, d.h., dass das Bauvorhaben anders als im Feststellungsbescheid dargelegt, errichtet wurde, geht auch die Verfahrensrüge ins Leere, weil auf Grund der geschilderten Rechtslage (Fehlen einer Sanierungsmöglichkeit nach § 113 Abs. 2a und 2b der NÖ Bauordnung 1976) selbst im Falle der Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Anwesenheit der Beschwerdeführer sowie ihres Rechtsvertreters die Behörde zu keinem anderen Bescheidergebnis hätte gelangen können.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behaupteten

Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen. Wien, am