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VwGH vom 23.06.1998, 95/08/0303

VwGH vom 23.06.1998, 95/08/0303

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

95/08/0327 E

97/08/0490 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des HS in G, vertreten durch Dr. Dieter Zaponig, Rechtsanwalt in Graz, Friedrichgasse 6/III, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom , Zl. 5 - 220 Sch 11/4 - 95, betreffend Beitragsgrundlage gemäß § 25 GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in Wien IV, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt gegenüber dem Beschwerdeführer fest, die Beitragsgrundlage für 1995 habe gemäß § 25 GSVG in der Pensions- und Krankenversicherung eine Höhe von S 476.523,--.

Begründend führte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt aus, sie lege dieser Entscheidung § 25 Abs. 2 GSVG für die ersten drei Monate des Jahres 1995 in der Fassung der 19. GSVG-Novelle, BGBl. Nr. 336/1993, und im übrigen in der (gemäß § 263 Abs. 1 Z. 3 GSVG in der Fassung BGBl. Nr. 297/1995) am in Kraft getretenen Fassung des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, zugrunde. Danach habe die durch die 19. GSVG-Novelle eingeführte Hinzurechnung von Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträgen zur Beitragsgrundlage für die ersten drei Monate des Jahres 1995 zu einem Fünftel und ab zur Gänze zu erfolgen.

Der nach § 25 Abs. 1 GSVG maßgebliche Einkommensteuerbescheid 1992 weise Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von S 221.881,-- auf. Die im Jahre 1992 "aufgrund einer Beitragsgrundlagenänderung in den Jahren 1985 bis 1988, 1990 und 1991 (nach)- vorgeschriebenen" Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung hätten S 239.010,-- betragen. Hieraus ergebe sich bei Berücksichtigung eines Fünftels des zuletzt genannten Betrages (nach Anwendung eines Aktualisierungsfaktors von 1,181 und gerundet) eine Jahresbeitragsgrundlage von S 318.498,-- und eine monatliche Beitragsgrundlage von S 26.541,-- für die ersten drei Monate des Jahres 1995. Für die übrigen Monate des Jahres 1995 ergebe sich unter Berücksichtigung der gesamten Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung eine Überschreitung der Jahreshöchstbeitragsgrundlage von S 529.200,-- und somit die monatliche Höchstbeitragsgrundlage von S 44.100,--. Hieraus resultiere (rechnerisch: als Summe von S 79.623,-- für die ersten drei Monate und S 396.900,-- für den Rest des Jahres 1995) eine Jahresbeitragsgrundlage von S 476.523,--.

In seinem Einspruch gegen diesen Bescheid machte der Beschwerdeführer geltend, § 25 Abs. 2 Z. 2 GSVG in der Fassung der 19. GSVG-Novelle und des Strukturanpassungsgesetzes müßte im Zusammenhang mit § 25 Abs. 1 GSVG dahingehend interpretiert werden, daß nur im drittvorangegangenen Kalenderjahr für dieses Kalenderjahr vorgeschriebene Beiträge hinzuzurechnen seien. Andernfalls würden, wie im vorliegenden Fall, Beiträge für weiter zurückliegende Zeiträume, die zufälligerweise in einem bestimmten Kalenderjahr vorgeschrieben worden seien, in diesem berücksichtigt werden, und auch aufgrund von Beitragsrückständen in einem Folgejahr neuerlich vorgeschriebene Beiträge wiederholt Berücksichtigung finden.

In einer Stellungnahme im Einspruchsverfahren führte der Beschwerdeführer auch aus, wenn die Umstellung der Beitragsgrundlagenbildung ab erfolgen solle, so müsse "eine Rückwirkung auf Beiträge für das viert-, fünft-, sechst- usw. vorangegangene Jahr ausgeschlossen" sein.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge. Sie bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid und führte unter Verweis auf Rechtsausführungen der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt im Einspruchsverfahren aus, es sei rechtlich unerheblich, ob es sich bei den im drittvorangegangenen Kalenderjahr vorgeschriebenen Beiträgen um solche für das drittvorangegangene oder solche für frühere Kalenderjahre handle.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und erklärt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Durch die 19. GSVG-Novelle, BGBl. Nr. 336/1993, erhielt § 25 Abs. 1 und 2 GSVG in den für die Entscheidung des vorliegenden Falles maßgebenden Teilen folgende, gemäß § 259 Abs. 1 Z. 6 GSVG mit in Kraft getretene Fassung:

"Beitragsgrundlage

§ 25. (1) Für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 und gemäß § 3 Abs. 3 sind, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die durchschnittlichen Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Erwerbstätigkeit in dem Kalenderjahr, in das der Beitragsmonat (Abs. 10) fällt, drittvorangegangenen Kalenderjahr heranzuziehen, die auf die Zeiten der Pflichtversicherung in diesem Kalenderjahr entfallen; hiebei sind die für die Bemessung der Einkommensteuer herangezogenen Einkünfte des Pflichtversicherten zugrunde zu legen und, falls die Zeiten der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung voneinander abweichen, die Zeiten der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung maßgebend. ...

(2) Beitragsgrundlage ist der gemäß Abs. 1 ermittelte Betrag,


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1.
zuzüglich der auf eine Investitionsrücklage und auf einen Investitionsfreibetrag entfallenden Beträge,
2.
zuzüglich der vom jeweiligen Versicherungsträger in dem dem Beitragsmonat drittvorangegangenen Kalenderjahr vorgeschriebenen Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz und nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz,
3.
vermindert um die auf einen Sanierungsgewinn und auf Veräußerungsgewinne nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes entfallenden Beträge,
vervielfacht mit dem Produkt aus der Aufwertungszahl (§ 47) des Kalenderjahres, in das der Beitragsmonat (Abs. 10) fällt, und aus den Aufwertungszahlen der beiden vorangegangenen Kalenderjahre, gerundet auf volle Schilling. ...

Die nach Z. 2 hinzuzurechnenden Beträge an Beiträgen zur Kranken- und Pensionsversicherung sind ab zu einem Fünftel, ab zu zwei Fünftel, ab zu drei Fünftel, ab zu vier Fünftel und ab in voller Höhe dem nach Abs. 1 ermittelten Betrag hinzuzurechnen."

Durch Art. XXX Z. 1 des insoweit mit in Kraft getretenen Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, wurde das GSVG wie folgt geändert:

"§ 25 Abs. 2 letzter Satz entfällt."

Der zuletzt wiedergegebenen Änderung lagen nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (134 BlgNR 19. GP, 60) Gesichtspunkte der Budgetkonsolidierung und in deren Rahmen die Absicht einer "Erhöhung des Eigenfinanzierungsanteils der ... Selbständigen mit dem Ziel der Erreichung des Anteils bei den Unselbständigen" zugrunde.

Zur Neueinführung der Hinzurechnung von Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträgen zur Beitragsgrundlage durch die 19. GSVG-Novelle wurde in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (933 BglNR 18. GP, 23) ausgeführt:

"Grundlage für die Bemessung der von den Versicherten nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz für die Kranken- und Pensionsversicherung zu entrichtenden Beiträge sind nach § 25 Abs. 1 GSVG die im Einkommensteuerbescheid des drittvorangegangenen Kalenderjahres ausgewiesenen Einkünfte.

Die Beiträge zur Pflichtversicherung stellen Betriebsausgaben dar und wirken sich genauso gewinnmindernd aus, wie allfällige Zuführungen zu einer Investitionsrücklage und der Investitionsfreibetrag. Um ein Absinken der Beitragsgrundlage für die Beiträge zur Sozialversicherung zu verhindern, werden - so sie im Einkommensteuerbescheid aufscheinen - nach § 25 Abs. 2 Z. 1 GSVG allfällige Zuführungen zur Investitionsrücklage bzw. Investitionsfreibeträge den im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen zu versteuernden Einkünften hinzugerechnet.

Die für eine Pflichtversicherung zu entrichtenden Beiträge vermindern daher die Beitragsgrundlage für die zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge dauernd.

Nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz hingegen werden die Beiträge zur Pflichtversicherung vom Bruttoentgelt berechnet. Die Beiträge zur Pflichtversicherung verringern als Werbungskosten zwar das zu versteuernde Einkommen aber keinesfalls die Beitragsgrundlage für die Bemessung der Beiträge zur Sozialversicherung.

Der vorliegende Novellierungsvorschlag sieht zur Anpassung der Beitragsgrundlagenbildung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes an die des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes vor, die Sozialversicherungsbeiträge nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz und bei nach § 3 Abs. 3 GSVG Versicherten die Pensionsversicherungsbeiträge nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz und die Krankenversicherungsbeiträge nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz dem nach § 25 Abs. 1 GSVG ermittelten Betrag hinzuzurechnen. Diese Umstellung der Beitragsgrundlagenbildung soll in fünf Etappen, beginnend ab , erfolgen."

In ihrer Gegenschrift verweist die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt auf zwei Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, mit denen diese Hinzurechnungsregelung als verfassungswidrig bekämpft worden sei (B 2712/95 und B 3619/95). Die Behandlung der Beschwerden wurde vom Verfassungsgerichtshof in beiden Fällen abgelehnt, wobei die Beschwerde im zweiten der genannten Fälle an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten, das verwaltungsgerichtliche Verfahren nach Unterbleiben der Beschwerdeergänzung aber eingestellt wurde (hg. Zl. 96/08/0186). In der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof war in diesem Fall geltend gemacht worden, es sei verfassungswidrig, daß § 25 Abs. 2 Z. 2 GSVG in der Fassung der 19. GSVG-Novelle und des Strukturanpassungsgesetzes auf die Vorschreibung von Beiträgen im drittvorangegangenen Kalenderjahr abstelle, ohne zu berücksichtigen, ob die Beiträge bei der Einkünfteermittlung zur Bemessung der Einkommensteuer für dieses Jahr tatsächlich als Betriebsausgaben geltend gemacht worden seien. Hiezu hatte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt in einer Gegenschrift ausführlich Stellung genommen. In seinem Ablehnungsbeschluß verwies der Verfassungsgerichtshof auf seine ständige Rechtsprechung zu § 25 Abs. 2 GSVG (VfSlg. 10030/1984, 10099/1984 und 12295/1990) und zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Härtefällen (z.B. VfSlg. 13026/1992).

Im vorliegenden Fall vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, für die Hinzurechnung müsse es darauf ankommen, daß die Beitragsvorschreibung sowohl "im" drittvorangegangenen Jahr als auch "für" dasselbe erfolgt sei.

Damit wäre die Hinzurechnung aller für ein anderes als für das jeweils laufende Jahr vorgeschriebenen Beiträge auf Dauer ausgeschlossen, was dem Gesetzeszweck nicht gerecht würde. Welche der danach verbleibenden Alternativen - Hinzurechnung der "im" drittvorangegangenen Jahr oder der "für" dieses Jahr vorgeschriebenen Beiträge - der Gesetzgeber vorgesehen hat, kann nach dem Wortlaut der Regelung ("in dem ... drittvorangegangen Kalenderjahr vorgeschriebenen Beiträge") nicht zweifelhaft sein. Das allein praktikable Abstellen auf die Vorschreibungen führt auch zu keinen nicht sachgerechten Ergebnissen, weil die sich daraus ergebenden Inkongruenzen sich in der Regel - über einen längeren Zeitraum hinweg - ausgleichen. Daß dies in Einzelfällen nicht nur im zeitlichen Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der neuen Regelung mitunter nicht zutreffen wird, gibt nicht zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Inhalt der Regelung Anlaß und bedarf hier keiner näheren Erörterung, weil der Beschwerdeführer derartige Gesichtspunkte in seiner - insgesamt sehr kurz gehaltenen - Beschwerde nicht geltend macht.

Dem Beschwerdeführer ist zuzugeben, daß die bloße Wiederholung einer Vorschreibung in einem Folgejahr nicht zu einer zweiten Hinzurechnung führen darf. Dies versteht sich von selbst, spricht aber nicht gegen die Hinzurechnung der in einem Folgejahr erstmals vorgeschriebenen Beiträge. Daß es in seinem Fall zu einer doppelten Hinzurechnung gekommen sei, macht der Beschwerdeführer nicht geltend (und erscheint auch im Hinblick auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Hinzurechnungsregeln ausgeschlossen).

Der angefochtene Bescheid widerspricht schließlich - wie die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt in der Gegenschrift richtig darlegt - auch nicht den Inkrafttretensbestimmungen der 19. GSVG-Novelle. Daß nach dem Inhalt der mit in Kraft getretenen Regelung für die Hinzurechnung Meßgrößen des drittvorangegangenen Kalenderjahres heranzuziehen waren und diese im Fall des Beschwerdeführers einen inhaltlichen Bezug zu noch früheren Zeiträumen aufweisen, hat mit einer "Rückwirkung auf Beiträge" dieser früheren Zeiträume nichts zu tun. Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, daß es in seinem - am Beginn des zeitlichen Anwendungsbereiches der neu geschaffenen Hinzurechnungsregelungen liegenden - Fall einen Unterschied im Ergebnis (und nicht nur in der zeitlichen Lagerung von Ergebnissen) macht, daß ihm 1992 Beiträge für noch länger zurückliegende Zeiträume vorgeschrieben wurden. Daß dies nicht durch besondere Übergangsbestimmungen ausgeschlossen wurde, gibt aber nicht Anlaß zu verfassungsrechtlichen Bedenken.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.