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VwGH vom 05.09.2001, 2001/04/0026

VwGH vom 05.09.2001, 2001/04/0026

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. Michael Subarsky, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 14, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom , Zl. MA 63-D 216/98, betreffend Widerruf der Zuweisung eines Marktplatzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Stadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom wurde gemäß § 48 Abs. 1 Z. 6 der auf Grund des § 331 GewO 1973 (nunmehr § 293 GewO 1994) erlassenen Verordnung des Magistrats der Stadt Wien, mit der für die Wiener Märkte eine Marktordnung erlassen wird, (Marktordnung 1991) die mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom erfolgte Zuweisung des Marktplatzes Nr. 80 (inkl. Nr. 81) auf den Yppenmarkt an den Beschwerdeführer widerrufen. Gemäß § 48 Abs. 1 iVm § 49 Abs. 1 der zitierten Verordnung wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, den auf dem Marktplatz befindlichen, nicht im Eigentum der Stadt Wien stehenden Marktstand (Superädifikat) bis spätestens zu beseitigen und den Marktplatz spätestens zu diesem Termin gereinigt und von allen nicht der Stadt Wien gehörenden Gegenständen geräumt dem Magistrat der Stadt Wien zu übergeben. Gemäß § 48 Abs. 2 der zitierten Verordnung wurde die seitens der Stadt Wien an den Beschwerdeführer zu leistende Entschädigung mit S 140.000,-- festgesetzt.

Auf Grund des Ergebnisses eines Bürgerbeteiligungsverfahrens solle auf jener Fläche des Marktgebietes, auf der sich der Marktstand des Beschwerdeführers befinde, ein Müllplatz errichtet werden. Der Beschwerdeführer bestreite nicht, dass die Räumung seines Marktplatzes zur Wahrung öffentlicher Interessen erforderlich sei. Mit dem von der Stadt Wien angebotenen Ablösebetrag von S 250.000,-- für seinen Stand sei er jedoch nicht einverstanden. Gemäß § 48 Abs. 2 Marktordnung 1991 sei lediglich eine Entschädigung in der Höhe des Zeitwertes zu leisten. Abbruchs- , Übersiedlungs- und sonstige Folgekosten wie etwa ein entgangener Gewinn seien nicht zu ersetzen. Der Beschwerdeführer habe keinerlei Unterlagen über die von ihm behaupteten Investitionen vorlegen können. Nach der gutächtlichen Stellungnahme der Magistratsabteilung 69 errechne sich der Zeitwert des jedenfalls mehr als 29 Jahre alten Standes aufgerundet mit S 140.000,--. Die zur Räumung und Rückgabe des Marktplatzes festgesetzte Frist sei angesichts des damit verbundenen Aufwandes angemessen.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 1231/99, nach Ablehnung ihrer Behandlung abgetretene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer macht u.a. geltend, dass ihm der angefochtene Bescheid erst am , sohin nach dem festgesetzten Räumungstermin, zugestellt worden sei.

Schon dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Marktordnung 1991 haben folgenden Wortlaut:

"§ 48. (1) Zuweisungen gemäß § 45 sind unter Gewährung einer angemessenen Räumungsfrist zu widerrufen, wenn

...

6. die künftige Verwendung des Marktplatzes oder der Markteinrichtung durch die Stadt Wien für betriebliche Zwecke der Märkte oder einen Neu- oder Umbau der Marktanlagen oder zur Durchführung einer Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes erforderlich ist oder ein sonstiges öffentliches Interesse den Widerruf erfordert,

...

(2) im Falle des Widerrufes nach Abs. 1 Z 6 ist der Marktpartei für standfeste Bauten, soweit sie gemäß § 60 bewilligt sind und für Inventargegenstände, die mit einem der Stadt Wien gehörenden standfesten Bau fest verbunden sind, eine Entschädigung in der Höhe des Zeitwertes zu leisten.

§ 49. (1) Im Falle des Erlöschens einer Zuweisung sind Marktplätze und Markteinrichtungen von der ehemaligen Marktpartei oder ihrem Rechtsnachfolger unverzüglich, spätestens aber nach dem Ablauf einer vom Magistrat festgesetzten angemessenen Räumungsfrist gereinigt und von allen nicht der Stadt Wien gehörenden Gegenständen geräumt dem Magistrat zu übergeben. Sind auf dem Marktplatz standfeste Bauten errichtet, die nicht im Eigentum der Stadt Wien stehen, ist der ehemaligen Marktpartei oder deren Rechtsnachfolger vom Magistrat deren Beseitigung in angemessener Frist aufzutragen.

..."

Der angefochtene Bescheid wurde laut dem bei den Verwaltungsakten erliegenden Rückschein an den Beschwerdeführer als einzige am Verfahren beteiligte Partei am zugestellt und daher an diesem Tag erlassen. Da die darin festgesetzte Frist bis zur Räumung des Markt-Standplatzes somit bereits in dem Zeitpunkt abgelaufen war, in dem der angefochtene Bescheid erstmals Rechtswirkungen nach außen entfalten konnte, wurde mit diesem Bescheid tatsächlich keine Räumungsfrist in Gang gesetzt. Beim angefochtenen Bescheid handelt es sich daher um einen Leistungsbescheid, der keine Leistungsfrist enthält und somit sofort ab Rechtskraft vollstreckbar ist (vgl. etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 (1998) Seite 1036, E 349 f zu § 59 AVG wiedergegeben hg. Judikatur).

Auf Grund des Fehlens der gemäß § 48 Abs. 1 Marktordnung 1991 zwingend einzuräumenden angemessenen Räumungsfrist ist der mit dem angefochtenen Bescheid angeordnete Widerruf der Zuweisung des Marktplatzes rechtswidrig (vgl. die bei Walter/Thienel a.a.O., Seite 1036, E 348 zu § 59 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Der in der Gegenschrift vorgebrachte Umstand, dass dem Beschwerdeführer erst am die Ersatzvornahme angedroht worden sei, kann an der bereits aus der Unterlassung der Festsetzung einer für die Behörde verbindlichen angemessenen Räumungsfrist resultierenden Rechtswidrigkeit nichts ändern.

Da der eine Entschädigung für den auf Grund des Widerrufs der Zuweisung des Marktplatzes zu entfernenden Ortsfesten Marktstand festsetzende Teil des angefochtenen Bescheides nicht für sich allein bestehen kann (vgl. die bei Walter/Thienel a.a.O., Seite 1014 f, E 232 ff zu § 59 AVG wiedergegebene hg. Judikatur), war der gesamte angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil ein Verhandlungsaufwand nicht entstanden ist und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand, der auch die Umsatzsteuer enthält, ein gesonderter Ersatz für die an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeausführungen nicht vorgesehen ist.

Wien, am