VwGH vom 21.12.2001, 2001/02/0078
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller , über die Beschwerde des KH in G, vertreten durch Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt in 3910 Zwettl, Landstraße 52, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-ZT-99-449, betreffend Übertretung des Führerscheingesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die beschwerdeführende Partei schuldig erkannt, sie habe am , um ca. 15.25 Uhr, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Lastkraftwagen vom Parkplatz der Bezirkshauptmannschaft Zwettl in Richtung Statzenberggasse auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt, obwohl ihr die Lenkberechtigung entzogen worden sei (Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom ).
Sie habe eine Übertretung gemäß § 37 Abs. 1 und 4 Z. 1 Führerscheingesetz begangen; es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 15.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 648 Stunden) verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe um ca. 11.50 Uhr des bei der Bezirkshauptmannschaft Zwettl, Mag. S., vorgesprochen und sei über die rechtliche Situation hinsichtlich der Entziehung der Lenkberechtigung informiert worden. Der Beschwerdeführer sei gegen 14.10 Uhr desselben Tages wieder erschienen. Er habe eine Rechtsbelehrung erhalten, worauf sich der Entzug der Lenkberechtigung begründe. Er sei besonders über das Zustellgesetz belehrt worden, wonach mit der Übergabe des Bescheides dieser als zugestellt und vollstreckbar gelte. Der Beschwerdeführer habe den zu diesem Zeitpunkt versandbereiten Bescheid über den Entzug der Lenkberechtigung gelesen und im Beisein eines weiteren Mitarbeiters der Bezirkshauptmannschaft Zwettl trotz mehrmaliger Belehrung die Übernahme und die Unterfertigung der Übernahmebestätigung verweigert. Er habe vor Verlassen des Büros angekündigt, mit dem Kraftfahrzeug wegzufahren. Er sei beobachtet worden, wie er das Kraftfahrzeug bestiegen habe und damit weggefahren sei. Dies sei dem Gendarmerieposten Zwettl mitgeteilt worden.
Mit dem (im Spruch des Straferkenntnisses) genannten Mandatsbescheid vom sei dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E, F und G auf die Dauer von drei Monaten ab der Zustellung entzogen gewesen. Aus der Empfangsbestätigung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl sei ersichtlich, dass das Datum vom auf den ausgebessert worden sei. Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens stehe fest, dass der Beschwerdeführer selbst das Fahrzeug gelenkt habe.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte die belangte Behörde den festgestellten Sachverhalt dahingehend, dass der Entziehungsbescheid vom im Zuge der Amtshandlung am Nachmittag des trotz der Verweigerung der Übernahme des versandbereiten Schriftstückes bei der Behörde rechtswirksam zugestellt worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche
Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 24 Zustellgesetz - ZustG - idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 kann ein bereits versandbereites Schriftstück oder eine von der erlassenden Behörde einer anderen Dienststelle unter Einsatz automationsunterstützter Datenübertragung oder in einer anderen technisch möglichen Weise mitgeteilte Erledigung dem Empfänger unmittelbar bei dieser Dienststelle gegen eine schriftliche Übernahmsbestätigung ausgefolgt werden.
Nach § 20 Abs. 1 ZustG ist die Sendung an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, nach § 17 ZustG ohne die dort vorgesehene schriftliche Verständigung zu hinterlegen, wenn der Empfänger die Annahme ohne Vorliegen des im § 13 Abs. 5 ZustG genannten oder eines anderen gesetzlichen Grundes verweigert. Gemäß § 13 Abs. 5 ZustG kann außerhalb der Abgabestelle vorbehaltlich des § 24 ZustG rechtswirksam nur zugestellt werden, wenn die Annahme der Sendung nicht verweigert wird.
Es kann dahinstehen, ob nicht bereits der Vorgang, dass dem Beschwerdeführer der Entziehungsbescheid vom am um ca. 14.10 Uhr in einem Raum der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vorgelegt worden war, der Beschwerdeführer sich den Entziehungsbescheid durchgelesen habe und sodann dem Referenten wieder zurück gegeben habe, eine rechtswirksame Zustellung des Bescheides bewirkte, bei der lediglich die Übernahme der Sendung vom Empfänger nicht beurkundet wurde. Denn jedenfalls bewirkte - wie im Folgenden ausgeführt wird - eine Verweigerung der Annahme der versandbereiten Sendung die rechtsgültige Zustellung des Entziehungsbescheides am :
Der Beschwerdeführer wendet sich mit mehreren Argumenten dagegen, dass der Entziehungsbescheid vom bereits vor dem gegenständlichen Lenkvorgang zugestellt worden sei.
Zunächst erblickt er eine Bindungswirkung in einer Passage im hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/11/0188. Mit diesem Erkenntnis wurde der im Instanzenzug ergangene Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , mit dem dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung entzogen worden war, im ersten Rechtsgang aufgehoben. Aus dem Satz "Dazu kommt, dass das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkberechtigung - das für sich gesehen eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z. 7 lit. a FSG wäre - am erfolgt sein soll, nach der Aktenlage aber der die Entziehung verfügende Mandatsbescheid vom Beschwerdeführer erst am bei der Behörde übernommen wurde" ergebe sich - so nunmehr der Beschwerdeführer - die bindende Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Zustellung erst am erfolgt sei.
Damit verkennt der Beschwerdeführer, dass dieser die Entscheidung des genannten Erkenntnisses nicht tragende Satz nur eine - auf der dem Verwaltungsgerichtshof damals bekannten Aktenlage beruhende - Aussage zur Übernahme des Entziehungsbescheides betrifft. Damit blieb aber die für die gegenständliche Tatbegehung entscheidende Frage offen, wann die rechtswirksame Zustellung des Entziehungsbescheides tatsächlich erfolgt ist. Deshalb ist für den Beschwerdeführer aus dem genannten Erkenntnis nichts zu gewinnen.
Sodann wendet der Beschwerdeführer ein, es könne nach § 13 Abs. 5 ZustG außerhalb der Abgabestelle nur dann rechtswirksam zugestellt werden, wenn die Annahme der Sendung nicht verweigert werde. Wie der Verwaltungsgerichtshof aber bereits im Erkenntnis vom , Zl. 93/01/0016, ausgeführt hat, gilt die Regelung des § 13 Abs. 5 ZustG "vorbehaltlich des § 24", erfasst also den Fall der Ausfolgung nach § 24 ZustG ausdrücklich nicht.
Als weiteren Einwand bringt der Beschwerdeführer vor, er sei zum Nachmittagstermin , bei dem er die Übernahme des Mandatsbescheides nach den Feststellungen der belangten Behörde verweigert habe, nicht geladen worden.
Dabei übersieht der Beschwerdeführer, dass § 24 ZustG bloß auf die tatsächliche Anwesenheit des Empfängers unmittelbar bei der übergebenden Dienststelle abstellt. Aus welchem Grund der Empfänger bei der Dienststelle anwesend ist, hat demnach für den Zustellvorgang keine rechtliche Bedeutung.
Des Weiteren wendet der Beschwerdeführer ein, dass "nach dem Akteninhalt der die Entziehung verfügende Mandatsbescheid vom zu keinem Zeitpunkt hinterlegt" worden sei.
Es trifft zwar zu, dass die Hinterlegung im Akt nicht ausdrücklich dokumentiert wurde. Der tatsächliche Vorgang des Hinterlegens bei der Bezirkshauptmannschaft Zwettl ist aber aus der Aktenlage entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ebenso wie die Tatsache, dass die hinterlegte Sendung zur Abholung bereitgehalten wurde, leicht nachzuvollziehen. Denn andernfalls wäre es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen, die Sendung am Tag nach der Verweigerung der Annahme abzuholen und zu übernehmen. Dass der Hinterlegungsvorgang im Akt nicht dokumentiert ist - wobei ein Vermerk über die erfolgte Hinterlegung gemäß § 20 Abs. 1 ZustG gar nicht vorgeschrieben ist -, kann daran nichts ändern. Eine Verständigung gemäß § 17 Abs. 2 ZustG ist im Fall einer Hinterlegung nach § 20 ZustG nicht erforderlich.
Als letztes Argument wendet der Beschwerdeführer ein, dass die Bezirkshauptmannschaft Zwettl in deren Bescheid vom , mit dem über die gegen den Mandatsbescheid vom erhobene Vorstellung entschieden worden sei und "die Entziehungszeit auf insgesamt 6 Monate verlängert wurde", ausgesprochen habe, dass dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung bis einschließlich entzogen werde. Daraus errechne sich eine wirksame Zustellung des die Entziehung verfügenden Mandatsbescheides mit und nicht zu einem früheren Zeitpunkt. Es kann dahin stehen, welche Bedeutung dem zitierten Bescheid vom in dieser Hinsicht zukommt, weil eine allfällige andere nachträgliche Beurteilung durch diese Behörde an der rechtswirksamen Zustellung am nichts ändern könnte. Im Übrigen führte die Bezirkshauptmannschaft Zwettl in der Begründung dieses Bescheides, Seite 4, ausdrücklich an, "Der Bescheid vom , mit dem Ihnen die Lenkberechtigung entzogen wurde, wurde Ihnen am rechtswirksam zugestellt".
Die belangte Behörde durfte daher zu Recht von einer rechtswirksamen Zustellung des Entziehungsbescheides vor dem gegenständlichen Lenkvorgang ausgehen.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am