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VwGH 21.09.1993, 92/08/0243

VwGH 21.09.1993, 92/08/0243

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
AlVG 1977 §25 Abs1;
RS 1
Der dritte Rückforderungstatbestand des § 25 Abs 1 erster Satz AlVG ist schon nach dem isolierten Wortlaut der Wendung "wenn er erkennen musste, dass ..." nicht erst dann erfüllt, wenn der Leistungsempfänger die Ungebührlichkeit der Leistung an sich oder ihrer Höhe erkannt hat; das Gesetz stellt vielmehr auf das bloße Erkennenmüssen ab und statuiert dadurch eine (freilich zunächst nicht näher bestimmte) Diligenzpflicht.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 86/08/0046 E RS 3
Normen
ABGB §1297;
AlVG 1977 §25 Abs1;
RS 2
Aus der Gegenüberstellung mit den zwei anderen in § 25 Abs 1 erster Satz AlVG genannten Rückforderungstatbeständen (unwahre Angaben, Verschweigung maßgebender Tatsachen) wird deutlich, daß für die Anwendung des dritten Rückforderungstatbestandes eine gegenüber den beiden anderen Tatbeständen abgeschwächte Verschuldensform, nämlich Fahrlässigkeit, genügt. Fahrlässige Unkenntnis davon, daß die Geldleistung nicht oder nicht in der konkreten Höhe gebührte, setzt voraus, daß die Ungebühr bei Gebrauch der (iSd § 1297 ABGB zu vermutenden) gewöhnlichen Fähigkeiten erkennbar gewesen ist. Ob dies zutrifft, ist im Einzelfall zu beurteilen, wobei jedoch der Grad der pflichtgemäßen Aufmerksamkeit weder überspannt noch überdurchschnittliche geistige Fähigkeiten verlangt werden dürfen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1993/06/08 93/08/0017 2
Normen
ABGB §2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
RS 3
Die allgemeine Vermutung von der Gesetzeskenntnis (§ 2 ABGB) ist bei Beurteilung der Sorgfaltspflichtverletzung nach § 25 Abs 1 AlVG nicht ohne weiteres heranzuziehen, weil der Gesetzgeber dieser Bestimmung nicht schon die Rechtswidrigkeit der Leistungsgewährung allein für die Rückforderung genügen lassen wollte, wie sich aus dem Wortlaut ergibt.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1992/06/16 91/08/0158 3
Normen
AlVG 1977 §16 Abs1 litg;
AlVG 1977 §25 Abs1;
RS 4
Die ordnungsgemäße Meldung des Auslandsaufenthaltes zwecks Absolvierung von Studien, die fehlenden Hinweise auf den Ruhenstatbestand des § 16 Abs 1 lit g AlVG in der "Kunden-Meldekarte" und in der Mitteilung über den Leistungsanspruch, sowie die ausdrückliche Aufforderung durch das Arbeitsamt zur neuerlichen Antragstellung auf Arbeitslosengeld stellen keine solchen besonderen Umstände dar, die ein Erkennenmüssen des fehlenden Anspruchs auf Arbeitslosengeld iSd § 25 Abs 1 erster Satz AlVG auszuschließen geeignet wären.
Normen
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §38;
VwRallg;
RS 5
Die Verwendung der Begriffe "unwahr" (und nicht bloß "unrichtig") bzw "verschweigen" in § 25 Abs 1 AlVG deutet auf eine subjektive Komponente hin, das heißt, daß von jenem Arbeitslosen nichts zurückgefordert werden kann, der zwar objektiv falsche Angaben, jedoch in unverschuldeter Unkenntnis vom wahren Sachverhalt gemacht hat. Der Rückforderungstatbestand des § 25 Abs 1 erster Satz AlVG ist

- anders als dies bei Leistungen mit Unterhaltscharakter im Zivilrecht sonst der Fall ist - nicht danach differenziert, ob ein gutgläubiger VERBRAUCH der nicht gebührenden Geldleistung erfolgt ist, sondern (nur) danach, ob die Leistung gutgläubig EMPFANGEN wurde, wobei sich aus der Regelung weiters ergibt, daß der gutgläubige Empfang stets anzunehmen ist, wenn nicht entweder einer der beiden ersten im § 25 Abs 1 AlVG genannten Tatbestände (unwahre Angaben, Verschweigung maßgebender Tatsachen) für den Leistungsbezug kausal war (arg: "herbeigeführt hat") oder der Empfänger der Leistung erkennen mußte, daß diese nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte (ohne daß es in diesem Fall darauf ankäme, daß den Empfänger der Leistung am Überbezug ein Verschulden trifft).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie VwGH E 1993/03/30 92/08/0183 4

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt, W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom , Zl. IVb/7022/7100 B, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am (wirksam ab ) beim Arbeitsamt Angestellte in Wien die Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Nach der vorgelegten Arbeitsbescheinigung stand er zuletzt bis als Rechtsanwaltsanwärter in einem

arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zu näher genannten Rechtsanwälten; das Beschäftigungsverhältnis habe durch Kündigung seitens des Beschwerdeführers geendet.

Mit Schreiben vom gab der Beschwerdeführer dem genannten Arbeitsamt bekannt, daß er ab seinen Erstwohnsitz nach New York verlegt und seinen Zweitwohnsitz in Wien behalten habe. Er werde bis Ende Mai 1988 an der New York University ein Master of Comparative Jurisprudence Degree Programm absolvieren.

Daraufhin wurde zwar die Bezugseinstellung ab verfügt, aber nicht durchgeführt. Vielmehr wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 47 Abs. 1 AlVG eine mit datierte Mitteilung über seinen Leistungsanspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom bis in näher angeführter Höhe ausgestellt. Auf der Rückseite dieser Mitteilung befindet sich der Hinweis, daß dem Arbeitsamt verschiedene Umstände, darunter auch ein Aufenthalt im Ausland, unverzüglich zu melden seien.

Mit Schreiben vom meldete der Beschwerdeführer dem Arbeitsamt, daß er im Wintersemester 1987/88 an der Universität Wien einzelne Vorlesungen für sein Doktorratstudium Russisch und Spanisch inskribiert, allerdings keine Vorlesungen besucht habe, weil er, wie er bereits gemeldet habe, seit September 1987 an der New York University das genannte Programm absolviere. Auf der Rückseite des Bescheides (gemeint der Mitteilung) vom werde zwar auf die Meldepflicht einzeln angeführter Sachverhalte verwiesen; nicht angeführt sei jedoch die Meldepflicht für eine Ausbildung nach § 12 Abs. 3 lit. f AlVG. Er habe vor einigen Tagen den Nachdruck der Kundmachung über die Wiederverlautbarung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes erhalten, aus denen jedoch der Umfang seiner Meldepflicht bezüglich seines Doktoratstudiums in Wien nicht wirklich klar geworden sei. Er besuche die Lehrkurse an der Universität Wien tatsächlich nicht, womit der Tatbestand des § 12 Abs. 2 lit. f AlVG nicht erfüllt sei; selbst wenn er aber nicht als arbeitslos gelten sollte, träfen die Ausnahmen des § 12 Abs. 4 und 5 AlVG zu, weil er dem Studium ohnedies bereits während seines letzten Dienstverhältnisses oblegen sei. Er beantrage daher zur Klarstellung die Feststellung, daß ein meldepflichtiger Umstand nicht vorliege, in eventu die Feststellung, daß in seinem berücksichtigswürdigen Fall eine Ausnahme gemäß § 12 Abs. 4 AlVG zugelassen werde. Abgesehen davon, daß er dem Studium bereits während seines letzten Dienstverhältnisses oblegen sei, habe er auch sein Studium an der New York University zu finanzieren.

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer im Hinblick auf ein Schreiben des Arbeitsamtes vom , in dem ihm empfohlen worden sei, die Weitergewährung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, insbesondere der Notstandshilfe, zu beantragen, deren Weitergewährung. Er befinde sich in einer Notlage, weil ihm die Befriedigung des notwendigen Lebensbedürfnisses im Hinblick auf die hohen Lebenskosten und Studiengebühren in New York unmöglich sei.

Daraufhin sprach das Arbeitsamt Versicherungsdienste Wien mit Bescheid vom aus, daß gemäß § 24 Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 12 Abs. 3 lit. f und 16 Abs. 1 lit. g AlVG die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes rückwirkend ab widerrufen und der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zum Ersatz des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in der Zeit vom bis in der Höhe von S 70.055,-- verpflichtet werde. In der Bescheidbegründung wurde nach Zitierung der im Spruch genannten Bestimmungen des AlVG ausgeführt, daß der Beschwerdeführer zwar seiner Meldepflicht bezüglich seines "Studiums in Amerika" nachgekommen und auch seitens des Arbeitsamtes eine Bezugseinstellung per vorgenommen worden sei, der Beschwerdeführer aber dennoch wegen einer aus einem nicht feststellbaren Grund nicht bewirkten Auszahlungssperre das ihm nicht gebührende Arbeitslosengeld erhalten habe. In Anbetracht seiner Korrespondenz, in der er gesondert Paragraphen des AlVG angeführt habe, sowie seiner juristischen Ausbildung dürfe angenommen werden, daß er über die gesetzlichen Grundlagen dieses Gesetzes, insbesondere über vorhandene Ruhensgründe, informiert sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, er sei jener Meldepflicht, die ihm durch die "Kunden-Meldekarte" und den Bescheid vom auferlegt worden sei, zur Gänze und dem Gesetz entsprechend nachgekommen. Es sei für ihn, der sich bisher nie mit der Materie des AlVG beschäftigt habe, ohne Studium dieses Gesetzes trotz seines abgeschlossenen Jusstudiums nicht erkennbar gewesen, daß ein "Auslandsaufenthalt" einen Ruhensgrund darstelle. Derartiges ergebe sich auch weder aus dem Bemessungsbescheid vom noch aus der "Kunden-Meldekarte". Dies treffe auch für sein "Hochschulstudium an der Universität Wien" zu. Eine Kenntnis über diese Umstände sei ihm auch nicht zu unterstellen, weil er mit Rücksicht darauf, daß er diese Umstände ja gemeldet habe, und zwar noch vor der bescheidmäßigen Bemessung des Arbeitslosengeldes, habe vertrauen dürfen, daß die Auszahlungen, die vorgenommen worden seien, zu Recht erfolgt seien.

Dieser Berufung wurde mit dem aufgrund des Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom keine Folge gegeben.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 88/08/0244, wurde dieser Bescheid (als Anlaßfall des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , G 295/90 und Folgezahlen , worin § 56 Abs. 3 AlVG 1977,BGBl. Nr. 609 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 61/1983, betreffend die Zuständigkeit des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der Arbeitsämter, als verfassungswidrig aufgehoben worden war) wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Mit dem nunmehr vom Landesarbeitsamt Wien erlassenen angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers neuerlich kein Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid bestätigt. In der Bescheidbegründung wurde nach Zitierung der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen und nach einer zusammenfassenden Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens ausgeführt, die belangte Behörde vertrete in freier Beweiswürdigung die Ansicht, daß, weil aufgrund des Auslandsaufenthaltes des Beschwerdeführers sein Anspruch auf Arbeitslosengeld ab ruhe, die Zuerkennung der Leistung zu widerrufen gewesen und das unberechtigt empfangene Arbeitslosengeld zum Rückersatz vorzuschreiben gewesen sei, weil der Beschwerdeführer als Jurist hätte erkennen müssen, daß ein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Aufenthalten im Ausland für diesen Zeitraum nicht gebühren könne.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom , B 299/92, wurde die Behandlung dieser Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeergänzung machte der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 lit. g AlVG ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während des Aufenthaltes im Ausland. Dieses Ruhen ist nach § 16 Abs. 3 AlVG auf Antrag des Arbeitslosen unter näher genannten Voraussetzungen nachzusehen.

Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes zu widerrufen, wenn sie sich nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt.

Da sich der Beschwerdeführer unbestritten im Zeitraum vom bis im Ausland aufgehalten hat und keinen Antrag nach § 16 Abs. 3 AlVG gestellt hat, entspricht der Widerruf der Zuerkennung des Arbeitslosengeldes für diesen Zeitraum dem Gesetz. Dagegen bringt der Beschwerdeführer in seiner (dennoch gegen den gesamten Bescheid erhobenen) Beschwerde auch nichts vor.

Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes unter anderem bei Widerruf dieser Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Diesbezüglich ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausschließlich strittig, ob die belangte Behörde zu Recht die Erfüllung des dritten Rückforderungstatbestandes des § 25 Abs. 1 AlVG angenommen hat, ob also der Beschwerdeführer hätte erkennen müssen, daß ihm das Arbeitslosengeld während seines Auslandsaufenthaltes nicht gebührte.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom , Zl. 93/08/0017, mit weiteren Judikaturhinweisen) ist der dritte Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG schon nach dem isolierten Wortlaut der Wendung "wenn er erkennen mußte, daß ..." nicht erst dann erfüllt, wenn der Leistungsempfänger die Ungebührlichkeit der Leistung an sich oder ihrer Höhe nach erkannt hat; das Gesetz stellt vielmehr auf das bloße Erkennenmüssen ab und statuiert dadurch eine (freilich zunächst nicht näher bestimmte) Diligenzpflicht. Aus der Gegenüberstellung mit den zwei anderen in § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG genannten Rückforderungstatbeständen (unwahre Angaben, Verschweigung maßgebender Tatsachen) wird jedoch deutlich, daß für die Anwendung des dritten Rückforderungstatbestandes eine gegenüber den beiden anderen Tatbeständen abgeschwächte Verschuldensform, nämlich Fahrlässigkeit, genügt. Fahrlässige Unkenntnis davon, daß die Geldleistung nicht oder nicht in der konkreten Höhe gebührte, setzt voraus, daß die Ungebühr bei Gebrauch der (im Sinne des § 1297 ABGB zu vermutenden) gewöhnlichen Fähigkeiten erkennbar gewesen ist. Ob dies zutrifft, ist im Einzelfall zu beurteilen, wobei jedoch der Grad der pflichtgemäßen Aufmerksamkeit weder überspannt noch überdurchschnittliche geistige Fähigkeiten verlangt werden dürfen. Insbesondere ist im gegebenen Zusammenhang die (allgemeine) Vermutung von der Gesetzeskenntnis (§ 2 ABGB) nicht ohne weiteres heranzuziehen, weil dies der im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gekommenen Absicht des Gesetzgebers, nicht schon die Rechtswidrigkeit der Leistungsgewährung allein auch für die Rückforderung genügen zu lassen, zuwiderliefe.

Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze hat die belangte Behörde das Vorliegen des dritten Rückforderungstatbestandes des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG im Ergebnis zu Recht bejaht. Denn der Beschwerdeführer mußte schon bei Gebrauch seiner gewöhnlichen, gar nicht spezifisch juristischen Fähigkeiten und Kenntnisse erkennen, daß für einen mehrmonatigen Aufenthalt im Ausland zwecks Absolvierung von Studien, während dessen er dem österreichischen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht, grundsätzlich kein Arbeitslosengeld gebührt. Daß ihm dies aus besonderen Umständen nicht erkennbar gewesen sein konnte, hat er in seiner Beschwerde nicht behauptet. Die in der Beschwerde hervorgehobenen Fakten, nämlich die ordungsgemäße Meldung des Auslandsaufenthaltes, die fehlenden Hinweise auf den Ruhenstatbestand des § 16 Abs. 1 lit. g AlVG in der "Kunden-Meldekarte" und in der Mitteilung über den Leistungsanspruch vom , sowie die ausdrückliche Aufforderung durch das Arbeitsamt zur neuerlichen Antragstellung vom , stellen keine solchen besonderen Umstände dar, die ein Erkennenmüssen des fehlenden Anspruchs auf Arbeitslosengeld im Sinne des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG auszuschließen geeignet wären. Die ordnungsgemäße Meldung schließt zwar eine Rückforderung nach dem ersten Tatbestand des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG aus, nicht aber jene nach dem dritten Tatbestand, wenn dessen Voraussetzungen gegeben sind. Unter Bedachtnahme auf die obigen rechtlichen Grundsätze ist es auch unzutreffend, daß der Beschwerdeführer aufgrund der genannten fehlenden Hinweise auf § 16 Abs. 1 lit. g AlVG "auch und gerade als Jurist davon ausgehen (konnte), daß, solange er seinen Meldepflichten ordnungsgemäß nachkommt, er nicht Gefahr läuft, zu einem Rückersatz verpflichtet zu werden." Wäre er nämlich ausdrücklich darauf hingewiesen worden, so wäre die Rückforderung schon deshalb berechtigt gewesen, weil er ja dann die Ungebühr der Leistung erkannt hätte und nicht nur hätte erkennen müssen. Daß aber die belangte Behörde, wie der Beschwerdeführer in Teilen seiner Beschwerde dartut, davon ausgegangen sei, der Beschwerdeführer habe den Ruhenstatbestand des § 16 Abs. 1 lit. g AlVG gekannt, ist unzutreffend. Davon mag noch die erstinstanzliche Behörde ausgegangen sein; die belangte Behörde hat sich dem jedenfalls nicht angeschlossen, sondern ist nur von einem Erkennenmüssen ausgegangen. Auf die diesbezüglichen unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerdeeinwände brauchte daher nicht eingegangen zu werden.

Richtig ist, daß der Beschwerdeführer "nunmehr für einen Fehler der Behörde einzustehen hat". Dies schließt aber mangels einer diesbezüglichen Einschränkung nicht die Anwendung des dritten Rückforderungstatbestandes des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG aus.

Der Verpflichtung zum Rückersatz steht - entgegen dem Beschwerdevorbringen - schließlich auch nicht entgegen, daß der Beschwerdeführer seiner Behauptung nach das Arbeitslosengeld im Zeitpunkt der bescheidmäßigen Verpflichtung zum Rückersatz bereits im guten Glauben verbraucht gehabt habe. Denn der Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG differenziert, anders als dies bei Leistungen mit Unterhaltscharakter im Zivilrecht der Fall ist, nicht danach, ob ein gutgläubiger Verbrauch der nichtgebührenden Geldleistung erfolgt ist, sondern nur danach, ob die Leistung gutgläubig empfangen wurde; ein solcher gutgläubiger Empfang ist aber dann nicht anzunehmen, wenn - wie im Beschwerdefall - einer der in § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG angeführten Rückforderungstatbestände gegeben ist (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse vom , Zl. 92/08/0183, und vom , Zl. 92/08/0087).

Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, begrenzt durch das Begehren der belangten Behörde.

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Normen
ABGB §1297;
ABGB §2;
AlVG 1977 §16 Abs1 litg;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §38;
VwRallg;
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1993:1992080243.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAE-35161