VwGH vom 18.10.1989, 87/09/0071
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberrat Dr. Novak, über die Beschwerden des FG in W, vertreten durch Dr. Josef Lenz, Rechtsanwalt in Wien VI, Gumpendorferstraße 11, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission vom , Zl. 65/8-DOK/86, betreffend Disziplinarstrafe (Geldstrafe), zu Recht erkannt:
Spruch
I. Die unter Zl. 87/09/0128 protokollierte Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Kostenbegehren des Bundes wird abgewiesen.
II. Auf Grund der unter Zl. 87/09/0071 protokollierten Beschwerde wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. In dem im Beschwerdefall maßgeblichen Zeitraum war er betriebsprüfender Großbetriebsprüfungsabteilung des Finanzamtes für Körperschaften in Wien tätig.
In den Einleitungsbeschlüssen der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen (in der Folge: Disziplinarkommission) vom und vom wurden dem Beschwerdeführer verschiedene Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt. Das Disziplinarverfahren wurde gemäß § 114 Abs. 1 BDG 1979 bis zur rechtskräftigen Erledigung der gleichzeitig erstatteten Anzeigen an die Staatsanwaltschaft unterbrochen.
Nachdem das Strafverfahren gemäß § 109 Abs. 1 StPO eingestellt worden war, wurde der Beschwerdeführer im Anschuldigungspunkt 1. des Verhandlungsbeschlusses vom - nur dieser ist im Beschwerdefall von Bedeutung - beschuldigt, "er habe die ihm seitens der damaligen Steuerfahndungsstelle Wien am , , 13. und übermittelten Unterlagen, aus welchen sich die Steuerverkürzungen der Fa. K.G. GesmbH (Automatenbranche) ergaben, anlässlich der von ihm in der Zeit von Dezember 1983 (richtig: 1982) bis Juni 1984 für die Jahre 1976 bis 1980 bzw. 1981 bei angeführten Firma durchgeführten Betriebsprüfung nicht ausgewertet, wodurch Steuern in Höhe von S 30,760.436,-- nicht zur
Vorschreibung gelangten ....... " und dieses Verhalten (neben
anderen Vorgängen) als Dienstpflichtverletzung nach §§ 43 ff BDG 1979 gewertet. Aus der Begründung geht hervor, dass der damalige Sachbearbeiter der Steuerfahndungsstelle, Rev. M, durch Bankerhebungen (nachdem gegen KG, SG und RF Finanzstrafverfahren eingeleitet worden waren) ermittelt habe, dass KG Verfügungsgewalt über nahmhafte Geldbeträge auf Sparbüchern gehabt habe. Dabei sei ein ungeklärter Vermögenszuwachs von ca. S 22 Millionen errechnet worden. Weiters seien bei Amtshandlungen im Bereich des FA St. Pölten (AS, Gastwirtin) schwarze Erlöse der Firma K.G & Co. GesmbH festgestellt worden. Die dem Beschwerdeführer, der im Zeitraum vom (richtig: 1982) bis Juni 1984 bei der Firma K.G & Co. GesmbH eine Betriebsprüfung durchführte, übergebenen Unterlagen seien von diesem im Arbeitsbogen abgeheftet worden. Da seine Auswertung der übermittelten Unterlagen unterblieben sei, müsse aus den anlässlich einer vom Amtsdirektor B durchgeführten Nachprüfung getroffenen Feststellungen geschlossen werden, die nicht zur Vorschreibung gelangte Steuern in der vorhin angeführten Höhe ergeben hätten.
In der am vor der Disziplinarkommission durchgeführten mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer - so weit es für die vorliegenden Beschwerden von Bedeutung ist - im wesentlichen an, er habe zwar im Aktenvermerk vom die Übernahme von (bestimmten) Unterlagen bestätigt, diese aber nicht mitgenommen. Erst im März 1984 habe er Unterlagen übernommen, ohne sie auf ihre Vollständigkeit zu prüfen. In der Zwischenzeit seien ihm keine Unterlagen übergeben worden. Über Vorhalt, dass sich die meisten Unterlagen (der Steuerfahndung) im Arbeitsbogen gefunden hätten, gab der Beschwerdeführer an, er habe im Dezember 1982 keine Unterlagen übernommen. Er habe sich nur mit Firmenunterlagen beschäftigt. Auf die neuerliche Frage, ob er die Unterlagen, die er von der Steuerfahndung übernommen habe - mit Ausnahme der Firmenunterlagen, die er gleichfalls von der Steuerfahndung übernommen habe - geprüft habe, gab der Beschwerdeführer keine Antwort. Zum Arbeitsbogen gab er an, soweit sich Unterlagen, die er in den Arbeitsbogen gegeben habe, darin befänden, habe er sie herangezogen. Auf die Frage, ob er meine es seien nach Abschluss der Prüfung (Mitte 1984; Abschlussvermerk vom ) Unterlagen in den Arbeitsbogen hineingekommen, gab der Beschwerdeführer an, er habe im Jänner 1985 den Arbeitsbogen durchnummeriert, ohne ihn anzusehen. An sich habe eine Mitarbeiterin der Betriebsprüfung gesagt, dass sie den Arbeitsbogen nummerieren werde; dies sei aber nicht geschehen. Er habe im Jänner 1985 über 300 Blätter nummeriert.
Der Verteidiger des Beschwerdeführers stellte hierauf den Antrag, die Herren Sch, W und M (Mitarbeiter der ehemaligen Steuerfahndung) als Zeugen zum Beweis dessen zu vernehmen, dass der Beschwerdeführer die Unterlagen nicht körperlich übernommen habe sowie den Prüfer Amtsdirektor B zum Beweis dafür einzuvernehmen, dass die von diesem in seinem Bericht gezogenen Schlussfolgerungen unter Punkt 1 und 2 (betreffend die Gesellschafter- und Beteiligungsverhältnisse bzw. die Ordnungsmäßigkeit der Buchprüfung der Firma K.G & Co. GesmbH) unrichtig seien, weil er von unrichtigen Beteiligungsverhältnissen ausgegangen sei und die Kassabucheintragungen die (von ihm getroffenen) Feststellungen nicht deckten. Nach Beratung verkündete der Vorsitzende den Beschluss auf Ablehnung der Beweisanträge: Die Beamten der Steuerfahndungsstelle müssten nicht vernommen werden, weil eine körperliche Übergabe der Unterlagen nicht erforderlich gewesen sei, sondern die Zurverfügungstellung genüge. Betreffend Amtsdirektor B sei es unerheblich, wie hoch das Mehrergebnis tatsächlich sei, es genüge, dass die Unterlagen vom Beschwerdeführer nicht ausgewertet worden seien.
Mit Disziplinarerkenntnis vom erkannte die Disziplinarkommission dem Beschwerdeführer schuldig "a) die ihm seitens der ehemaligen Steuerfahndungsstelle Wien zur Verfügung gestellten Unterlagen, als welchen sich Abgabenverkürzungen der Fa. K.G & Co. GesmbH ergaben, anlässlich der von ihm in der Zeit von Dezember 1983 (richtig: 1982) bis Juni 1984 für die Jahre 1976 bis 1981 bei der angeführten Firma durchgeführten Betriebsprüfung nicht ausgewertet zu haben, wodurch Abgaben in Höhe von rund S 30 Mio. nicht zur Vorschreibung gelangten" und b) Reisegebühren (im Gesamtausmaß von S 391,--) rechtswidrigerweise geltend gemacht zu haben. Von einer weiteren Anschuldigung wurde der Beschwerdeführer hingegen freigesprochen. Die Disziplinarkommission verhängte über den Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 wegen der von ihm begangenen Verletzungen des § 43 Abs. 1 BDG 1979 eine Geldstrafe in Höhe von einem Monatsbezug unter Ausschluss der Haushaltszulage.
In der Begründung führte die Behörde erster Rechtsstufe zu Punkt a) im wesentlichen aus, im Zuge von Erhebungen im Auftrag des KG. Wr. Neustadt seien durch die damalige Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes für den 1. Bezirk (nunmehr Prüfungsabteilung für Strafsachen) in Wien, bei der Fa. K.G & Co. GesmbH (Automatenbranche) Ermittlungen durchgeführt worden. Hiebei sei 1981 u.a. festgestellt worden, dass die Kassenaufzeichnungen mangelhaft geführt worden seien und aus diesem das Vorhandensein eines Sparbuches ersichtlich sei, auf welches durch die Bank Beträge vom Girokonto der Firma umgebucht worden seien, sowie das bestimmte Erlöse aufgestellte Geräte nicht bei der genannten Firma verbucht worden seien. Auf Grund dieser Feststellungen habe das Finanzamt für Körperschaften in Wien Finanzstrafverfahren gegen KG, SG und RF eingeleitet. Durch Bankerhebungen sei ermittelt worden, dass KG die Verfügungsgewalt über nahmhafte Beträge auf Sparbüchern (S 683.177,23, S 650.000,--, S 1,000.000,--) gehabt habe. Dieses Zwischenergebnis sei am in einem Aktenvermerk festgehalten und das Ergebnis dieser Ermittlungen dem Finanzamt für Körperschaften in Form eines Zwischenberichtes mitgeteilt worden. Der damalige Sachbearbeiter der Steuerfahndungsstelle, Rev. M, habe auf diesen Sparbüchern für den Zeitraum von 1976 bis 1980 einen Zuwachs von über S 18 Mio. errechnet. Darüber hinaus habe sich der Verdacht ergeben, dass weitere Zuflüsse in Höhe von S 4 Mio. anderweitig veranlagt worden seien. Rev. M sei zu einer Bruttoumsatzdifferenz für die Jahre 1976 bis 1980 auf Basis der ungeklärten Vermögenszuwächse von rund S 22,800.000,-- gelangt.
In einem Aktenvermerk (der Steuerfahndungsstelle Wien) vom sei folgendes festgestellt worden:
"Am heutigen Tage erscheint Herr AS G F, Gross-Bp. KÖST und nimmt Einsicht in die Steuerfahndungsakten (betrifft Fa. K.G & Co. GesmbH, 1090 Wien, FA KÖST, Str.L.Nr. 24-26/81) bzw. fertigt von den einschlägigen Textstellen, insbesondere Niederschriften, Fotokopien an. Desweiteren übernimmt er die vollständigen, bei der Hausdurchsuchung am in den Räumen des R F sichergestellten Unterlagen. Ebenso sämtliche, im Zuge von Bankerhebungen angefertigte Behelfsunterlagen zur Beweisführung der ungeklärten Ein- und Auszahlungen auf Sparkonten bei der Sparkasse Korneuburg, Zweigstelle Gerasdorf. Genauso übernimmt er die von einer namentlich bekannten Anzeigerin zwischenzeitig überreichten Unterlagen, wie 10 Stück Kassabücher, - , 3 Plastikhefter (ohne Umschlag), und zwar 2 rot und 1 grün, beinhaltend Anlagen Kl. 0 - 9, Wildgatsch-Korrespondenz, Inventuren, Konten Kl. 4 und 5 (ex NS vom sowie freiwillige Übergabe durch P F) sowie 1 Ordner beschr. mit Sachkonten 1980. (Es folgen weitere für die Beschwerde irrelevante Angaben ....)
Unterlagen w.o. übernommen:
G F H M"
In Anschluss (an diesen Aktenvermerk) werde noch festgehalten, dass sich noch teilweise Unterlagen im Depot der Steuerfahndungsstelle befänden, die zu einem späteren Zeitpunkt übernommen werden sollten.
Am hätten Bedienstete der Steuerfahndungsstelle bei Amtshandlungen bei A S, Gastwirtin im Bereich des FA St. Pölten, festgestellt, dass die Fa. K.G & Co. GesmbH zwei Aufzählgeräte sowie eine Musikbox in deren Betriebsrahmen aufgestellt habe. In den mit A S aufgenommenen Niederschriften habe diese Verkürzungen von Automatenerlösen gestanden; sie habe angegeben, dass nur die Hälfte der Einspielerlöse offiziell zwischen dem Aufsteller (Fa. K.G & Co. GesmbH) mit ihr verrechnet und belegmäßig festgehalten worden sei, sodass 50 % des Erlöses beiden Teilen schwarz zugeflossen wäre. Dieses Geständnis habe durch von A S geführte "Schwarzaufzeichnungen" verifiziert werden können.
Am sei in einem weiteren Aktenvermerk folgendes festgehalten worden:
"Mit heutigen Tag wurden AS W Fotokopien von den beschlagnahmten Unterlagen (Taschenkalender 1979 bis 1982) der HD bei A S vom überreicht. Herr W gibt sie persönlich bei der StammBp. KÖST, Börseplatz 9, 1010 Wien ... (Prüfer: G) ab.
Diese Unterlagen dienen der Prüfung K.G GesmbH, St. F.-GZ: 204/81- Mad.
Weiters wurden diese Unterlagen der Strafsachenstelle KÖST zugeschickt."
Weitere Fotokopien über das Faktum AS, FA St. Pölten, seien an den Beschwerdeführer mittels Rückschein übersendet worden. Dieser Rückscheinbrief sei von der Gruppenhelferin Ooff. C am übernommen worden.
In einem weiteren Aktenvermerk vom sei ein mit dem Beschwerdeführer geführtes Telefonat festgehalten, wonach die seinerzeit von der "Fa. K.G" dem Finanzamt freiwillig zur Verfügung gestellten Unterlagen (= Buchhaltungsunterlagen) zwecks Verprobung vom Beschwerdeführer übernommen und zur "Fa. K.G" gebracht werden würden.
In einer Niederschrift vom sei folgendes
festgehalten:
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"Betr.: | Str.L.Nr. 24/81 des Finanzamtes für Körperschaften Wien, Strafsache gg. K G d. Fa. K.G & Co. GesmbH Übergabe von Beweismitteln (Buchhaltungsunterlagen, zwei Niederschriften betreffend die Übergabe von Buchhaltungsunterlagen der |
Fa. K.G & Co. GesmbH an die Grossbetriebsprüfungsstelle des FA für Körperschaften Wien:
(es folgt unter Punkt I.) bis IX.) eine gattungsmäßige
Umschreibung der übergebenen Unterlagen)
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B.) | 1. | Ablichtung einer Niederschrift, aufgenommen in der Strafsache FA St. Pölten, dieses für Kreisgericht St. Pölten, Z 1. 12 Vr 412/83, Strafsache gg. A S, mit der Besch. am , ab 14.07 Uhr drei Seiten; | |
2. | Ablichtung einer Niederschrift, aufgenommen in der Strafsache FA Lilienfeld, Str.L.Nr. 19/83, Strafsache gg. K Z, mit dem Zg. J O am , ab 10.52 Uhr, 4 Seiten. | ||
Übergeben: | Übernommen: | ||
S | G F | ||
AS K S) | (AS F G)" | ||
Im Arbeitsbogen erlägen unter Bl. Nr. 359-405 jene Beweismittel, die über die Geschäftsabteilung 3 der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland der Großbetriebsprüfungsabteilung übermittelt worden seien und unter Bl. Nr. 363-365 jene Unterlagen, die den Vermögenszuwachs beträfen. Aus Bl. 375 des Arbeitsbogens ergäben sich eindeutig Beweise über das Vorhandensein von Sparbüchern des Gesellschafters. Die unter Bl. Nr. 222-237 im Akt der Steuerfahndungsstelle befindlichen Unterlagen beträfen die Hausdurchsuchung von A S. Die steuerlichen Feststellungen des FA St. Pölten in diesem Zusammenhang, die von der Gruppenmitarbeiterin Ooff. C laut Rückschein (am ) übernommen worden seien, befänden sich entgegen nicht im Arbeitsbogen.
Über Auftrag der Finanzlandesdirektion sei die Fa. K.G & Co. GesmbH für die Jahre 1976 bis 1980 neuerlich einer Prüfung unterzogen worden (Prüfer: Amtsdirektor B). In (seinem) Prüfungsbericht vom hätten sich gegenüber den Feststellungen des Vorberichters des Beschwerdeführers vom die aus der Anlage zu diesem Erkenntnis ersichtlichen wesentlich abweichenden Prüfungsfeststellungen ergeben.
Anlässlich der mündlichen Verhandlung habe der Beschwerdeführer über Vorhalt der angeführten Aktenvermerke angegeben, er habe im Dezember 1982 keine Unterlagen mitgenommen, im März 1984 hätte er ein Aktenkonvolut übernommen, aber nicht überprüft, ob diese tatsächlich alles beinhalte, was von ihm als übernommen bestätigt worden sei. Über Befragen habe der Beschwerdeführer überdies erklärt, er hätte sich nur mit Firmenunterlagen beschäftigt bzw. er habe auf die Frage, ob er die Unterlagen, die er von der Steuerfahndung als übernommen bestätigt habe - mit Ausnahme der Firmenunterlagen - geprüft hätte, keine Anwort gegeben.
Unter Punkt 8 seines Aktenvermerkes vom zum Prüfungsbericht habe der Beschwerdeführer festgehalten:
"Pkt. 8 Unregelmäßigkeiten im Rechnungswesen, die zu einer Schätzung gem. § 184 BAO führen würden, waren durch die Bp. nicht feststellbar. Bei Durchsicht und Überprüfung der von der Steuerfahndung und dem geprüften Unternehmen zur Verfügung gestellten Unterlagen, traten Tatbestände auf, welche zu den im Bericht angeführten Prüfungsfeststellungen führten.
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FdRdA: K | Der Berichtsprüfer: |
Gez. F G, AS" |
Nach Darstellung des § 43 Abs. 1 BDG 1979 führte die Behörde erster Instanz weiter aus, dass die fehlerhafte und nachlässige Arbeitsweise eines Beamten nur dann als Dienstvergehen zu qualifizieren sei, wenn eine Vielzahl von Mängeln erwiesen sei, die über das normale Versagen eines durchschnittlichen Beamten eindeutig hinaus gehe und nicht Unvermögen, sondern echte Schuld vorliege. Auch der fähigste und zuverlässigste Beamte mache gelegentlich Fehler und sei Schwankungen seiner Arbeitskraft unterworfen. Im vorliegenden Fall ließen die gravierenden Divergenzen im Betriebsprüfungsbericht vom zu den Feststellungen im Vorbericht des Beschwerdeführers vom eindeutig erkennen, dass der Beschwerdeführer seinen ihm gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 auferlegten Verpflichtungen nicht genügt und diese schuldhaft verletzt habe. Dabei sei davon ausgegangen worden, dass der Beschwerdeführer - entgegen seiner im "grünen Bogen" getroffenen Feststellung - die von der ehemaligen Steuerfahndungsstelle zur Verfügung gestellten Unterlagen keiner Überprüfung unterzogen habe; andernfalls hätte die Behörde zum Schluss gelangen müssen, der Beschwerdeführer hätte bewusst Abgaben in Millionenhöhe nicht zur Vorschreibung gebracht.
Anschließend begründete die Disziplinarkommission noch näher das verhängte Strafausmaß.
In seiner binnen offener Frist erhobenen Berufung, die sich ausschließlich gegen den unter Punkt a) wiedergegebenen Schuldspruch richtete, brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, sein in der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarkommission gestellter Beweisantrag sei zu Unrecht abgelehnt worden. Er habe sich dahin verantwortet, dass er die Unterlagen, die ihm tatsächlich zur Verfügung gestanden seien, ausgewertet habe, er aber jene Unterlagen, die in den "Protokollen" angeführt gewesen seien, anlässlich der späteren körperlichen Übernahme nicht zur Bearbeitung und Auswertung vorgefunden habe. Das bekämpfte Disziplinarerkenntnis lasse vermissen, welche Tatsachen der erkennende Senat als erwiesen angenommen habe, insbesondere warum er der Verantwortung des Beschwerdeführers nicht gefolgt sei. Pkt. 8 des Aktenvermerkes zu seinem Prüfungsbericht vom sei offenbar dahin interpretiert worden, dass ihm von der Steuerfahndung (auch) andere Unterlagen als Geschäftsunterlagen (der geprüften Firma) übergeben worden seien. Seine Bemerkung sei jedoch nur im Sinn von Geschäftsunterlagen gemeint gewesen. Es sei Tatsache und gehe auch aus dem Akt hervor, dass die von ihm im Dezember 1982 bestätigten Unterlagen bei der Steuerfahndung verblieben seien. Es sei unzumutbar von ihm zu verlangen, dass er zu Beginn der Prüfung im März 1984 noch Bestätigungen vom Dezember 1982 im Gedächtnis haben solle, nachdem dazwischen auch viele andere Arbeiten zu erledigen gewesen seien und die Verzögerung der gegenständlichen Prüfung auch nicht auf von ihm zu vertretende Umstände zurückzuführen gewesen seien. Es sei nicht erwiesen, dass er persönlich am von AS W Fotokopien übernommen habe und das die am von der Gruppenhelferin C übernommenen Unterlagen ihm zugekommen wären. Auch C habe dies nicht bestätigen können. Der Aktenvermerk vom beweise seine Verantwortung, erst am und Unterlagen übernommen zu haben. Auch der Umstand, dass im Arbeitsbogen unter Bl. Nr. 359-405 und Bl. Nr. 375 Unterlagen erlägen, deren Nichtbehandlung ihm vorgeworfen en werde, beweise nicht, dass sie ihm auch zur Verfügung gestanden seien. Der Beschwerdeführer habe den Arbeitsbogen erst im Jänner 1985, also 7 Monate nach Abschluss der Betriebsprüfung, durchnummeriert, nachdem eine Mitarbeiterin (Frau W), die die Durchnummerierung übernommen habe, dies nicht getan hätte. Frau W habe die Blätter gezählt und auf den Umschlag des Arbeitsbogens die von ihr festgestellte Zahl von 240 Blättern vermerkt. Bei richtiger Durchnummerierung durch sie wären daher die in der Begründung erwähnten Bl. Nr. 359-405, 363-365 und 375 noch gar nicht im Arbeitsbogen gewesen und dem Beschwerdeführer bei seiner Prüfung nicht zur Verfügung gestanden. Der Beschwerdeführer habe bei der Durchnummerierung im Jänner 1985 mehr als 300 Blätter durchnummeriert, ohne sie in diesem Zeitpunkt nocheinmal zu überprüfen, oder mit dem früheren Bestand zu vergleichen. Zum Nachweis der Richtigkeit seiner Verantwortung betrage er zusätzlich die Einvernahme von C W und Amtsdirektor G (dieser hätte dem Beschwerdeführer wegen der unterbliebenen Durchnummerierung beanstandet) als Zeugen. Nachdem der Vorwurf disziplinären Vergehens und der bekämpfte Bescheid der Behörde erster Instanz im wesentlichen auf die Annahme gestützt seien, dass der Beschwerdeführer ihm zur Verfügung gestandene Unterlagen nicht überprüft hätte, sei die Feststellung, welche Unterlagen ihm tatsächlich während der Prüfung von März bis Juni 1984 zur Verfügung gestanden seien, wesentlich. Der dafür angebotene Beweis (gemeint ist offenkundig die Einvernahme der Beamten der ehemaligen Steuerfahndung) hätte nicht einfach übergangen werden dürfen. Die Begründung der Ablehnung seines diesbezüglichen Beweisantrages, es sei ausreichend, dass ihm die Unterlagen "zur Verfügung gestanden" seien, wobei eine körperliche Übernahme nicht erforderlich wäre, sei unzutreffend. Ohne körperliche Übernahme sei es ausgeschlossen, Unterlagen zu prüfen. Unterlagen, die bei anderen Dienststelle (Steuerfahndung) in einem Raum, zu dem die verschiedensten Personen Zutritt hätten, aufbewahrt und nur sympolisch übernommen worden seien, könnten nicht derart als "zur Verfügung stehend" qualifiziert werden wie körperlich übernommene Akten, die zur Bearbeitung auf dem Schreibtisch des Prüfers lägen und in den Arbeitsbogen aufgenommen worden seien. Auf diese Weise würde dem Beschwerdeführer eine Verantwortung für die Vollständigkeit von Unterlagen aufgebürdet werden, die er schon von der Aufbewahrungsart her nicht tragen könne. Aus der Unterfertigung der "Übernahmebestätigung" im Dezember 1982 könne daher nicht geschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer die als nicht beachtet vorgeworfenen Unterlagen tatsächlich bei der Betriebsprüfung zur Verfügung gestanden seien. Die Einvernahme von Amtsdirektor B sei als unerheblich mit der Begründung abgelehnt worden, es spiele keine Rolle, ob ein Mehrergebnis erzielt worden sei oder nicht. Es genüge bereits, dass die Unterlagen nicht ausgewertet worden seien. Wenn die Behörde erster Instanz auf diesem Standpunkt stehe, dann hätte sie nicht den Betrag der nicht zur Vorschreibung gelangten Abgaben in den Schuldspruch aufnehmen dürfen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der (wie vorher dargestellt eingeschränkten) Berufung keine Folge und bestätigte das angefochtene Disziplinarerkenntnis der Behörde erster Instanz im Schuldspruch und auch hinsichtlich des Strafausmaßes.
Begründend führte die belangte Behörde nach dem Hinweis auf den eingeschränkten Umfang der Berufung des Beschwerdeführers und einer kurzen Darstellung des Sachverhaltes (insbesondere des Aktenvermerkes vom und der Niederschrift von ) aus, zumindest mit der eigenhändig gefertigten Übernahmebestätigung habe der Beschwerdeführer die Verantwortung übernommen, dass er die zur Verfügung gestellten Unterlagen der ehemaligen Steuerfahndung im Betriebsprüfungsverfahren auszuwerten habe. Für unglaubwürdig halte die belangte Behörde auch die Behauptung des Beschwerdeführers, dass ihm weitere mit Rückschein übermittelte Unterlagen, jedoch von einer Gruppenhelferin (Frau Ooff C) übernommen worden seien, nicht zur Gänze oder überhaupt nicht übergeben worden seien. Der Beschwerdeführer hätte bei der in Rede stehenden Betriebsprüfung allein schon deshalb eine besondere Sorgfalt anzuwenden gehabt, weil ihm bekannt gewesen sein musste, dass es sich durch die Einschaltung der ehemaligen Steuerfahndung und durch Mitteilung in den "Massenmedien" und keine routinemäßige Betriebsprüfung gehandelt habe. Der Beschwerdeführer habe im konkreten Fall die von einem durchschnittlichen Beamten zu erwartende Sorgfalt nicht an den Tag gelegt, was auch durch die Sorglosigkeit bei der bloßen Durchzählung des Arbeitsbogens seitens einer Gruppenhelferin (Frau W) bzw. durch das (zunächst erfolgte) Unterlassen von dessen Durchnummerierung bewiesen werde, sodass der Beschwerdeführer aus der immerhin erheblichen Differenz von 50 Seiten oder 25 % keinen Verdacht schöpfte. Zusammenfassend gelangte die belangte Behörde zur Überzeugung, dass der Beschwerdeführer im Betriebsprüfungsverfahren bei der K.G & Co. GesmbH in wesentlichen Punkten grob fahrlässig gehandelt habe.
Der Beschwerdevertreter, der im Disziplinarverfahren nach der im Verwaltungsakt inneliegenden Vollmacht auch zustellungsbevollmächtigter Verteidiger des Beschwerdeführers war, ersuchte die belangte Behörde bereits am um schriftliche Ausfertigung des am verkündeten Bescheides. Der Vorsitzende übermittelte dem Beschwerdevertreter mit Schreiben vom formlos (ohne Zustellnachweis) die gewünschte Ausfertigung, die nach einem Eingangsstempel auf dieser Ausfertigung am in der Kanzlei des Beschwerdevertreters einlangte. Dagegen erhob der Beschwerdeführer die unter Zl. 87/09/0071 protokollierte Beschwerde.
In der Folge wurde über Ersuchen der belangten Behörde eine schriftliche Ausfertigung von der Disziplinarbehörde erster Instanz allen Parteien des Disziplinarverfahrens sowie dem Beschwerdevertreter zu eigenen Handen (laut Rückschein am ) zugestellt. "Vorsichtshalber" erhob der Beschwerdeführer neuerlich gegen "das nunmehr ordnungsgemäß zugestellte Erkenntnis vom " die unter Zl. 87/09/0128 protokollierte Beschwerde.
Beide Beschwerden stimmen im wesentlichen inhaltlich und wörtlich überein. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf vollständige Ermittlung des Sachverhaltes, Wahrung der Verteidigerrechte und auf richtige Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des BDG 1979 verletzt und ficht den Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an.
Die belangte Behörde erstattete zu der unter Zl. 87/09/0071 protokollierten (ersten) Beschwerde eine Gegenschrift, legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung. Zu der unter Zl. 87/09/0128 protokollierten zweiten Beschwerde verwies sie auf diesen Umstand; nach ihrer Ansicht erübrige sich die Einbringung einer weiteren Gegenschrift, die mit der ersten nur gleich lautend sein könne, sodass sie sich auf die Abgabe dieser Äußerung unter Verzeichnis der Kosten (Vorlage- und Schriftsatzaufwand) beschränken müsse.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Behandlung verbundenen Beschwerden erwogen:
Zu I.) Da der Beschwerdeführer gegen denselben Bescheid der belangten Behörde zweimal Beschwerde eingebracht hat, ist vorab zu klären, welche der beiden Beschwerden als unzulässig zurückzuweisen ist.
Gemäß § 108 Abs. 1 BDG 1979 haben Zustellungen (gemeint ist im Disziplinarverfahren) an die Parteien zu eigenen Handen zu erfolgen. Sofern der Beschuldigte einen Verteidiger hat, sind sämtliche Schriftstücke auch dem Verteidiger zu eigenen Handen zuzustellen. Ist der Verteidiger zustellungsbevollmächtigt, so träten die Rechtswirkungen der Zustellung für den Beschuldigten mit dem Zeitpunkt der Zustellung an den Verteidiger ein (Abs. 2).
Wie aus der obigen Sachverhaltsdarstellung hervorgeht, ist der Beschwerdevertreter im Disziplinarverfahren zustellungsbevollmächtigter Verteidiger des Beschwerdeführers gewesen, sodass im Beschwerdefall § 108 Abs. 2 zweiter Satz BDG 1979 anzuwenden war. Unbestritten ist, dass dem Beschwerdevertreter zunächst auf sein Ersuchen formlos (also entgegen der Vorschrift des § 108 Abs. 2 erster Satz BDG 1979) eine schriftliche Ausfertigung des angefochtenen Bescheides zugestellt wurde, die nach der Aktenlage in seiner Kanzlei am einlangte und ihm unbestritten zugekommen ist.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes liegt darin (ungeachtet der Nichtbeachtung der Vorschrift des § 108 Abs. 2 erster Satz BDG 1979) eine wirksame Zustellung. Jede Zustellung (unabhängig von der gebotenen oder tatsächlich erfüllten Form) zielt zunächst darauf ab, dass die schriftliche Ausfertigung dem Empfänger persönlich zukommt. Sieht der Gesetzgeber zwingend eine Zustellung zu eigenen Handen vor (wie dies im § 108 BDG 1979 der Fall ist), so soll damit lediglich eine erhöhte Garantie dafür geschaffen werden, dass das zuzustellende Schriftstück dem (von der Behörde bestimmten) Empfänger tatsächlich zukommt; dies soll durch das Erfordernis eines zweiten Zustellversuches sichergestellt werden. Das die Zustellung zu eigenen Handen über diese Sicherungsfunktion hinaus noch weitere Zwecke verfolgt vermag der Verwaltungsgerichtshof - auch im Fall des § 108 BDG 1979 - nicht zu erkennen. Kommt ungeachtet einer formfehlerhaften Zustellung (hier: Zustellung ohne Zustellnachweis) das Schriftstück persönlich dem (von der Behörde bestimmten) Empfänger (hier: dem zustellungsbevollmächtigten Verteidiger) zu, tritt also der "Idealzustand" jeder Zustellung ein, so läuft in diesem Fall die Garantiefunktion der (gebotenen) Zustellung zu eigenen Handen leer. Dabei kann es in diesem Fall keine Rolle spielen, ob die Fehlleistung ihren Ausgang von der behördlichen Zustellverfügung nahm oder im Bereich des eigentlichen Zustellvorganges unterlief (so ausdrücklich für den vorliegenden Fall Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 3. Auflage, Fußnote 1 zu § 7 Zustellgesetz, Seite 865f; in diesem Sinn wohl auch Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I. Band, Fußnoten 2 und 5 zu § 7 Zustellgesetz, Seite 853f; offen:
Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 4. Auflage, Rz 228, Seite 87). Zur Klarstellung weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass die hier dargelegte Auffassung nicht den Fall betrifft, dass die Behörde eine falsche Person als Empfänger angibt: In diesem Fall kommt - abgesehen von dem im § 9 Abs. 1 Zustellgesetz geregelten Fall - eine Heilung nach § 7 Zustellgesetz nicht in Betracht.
War aber bereits die erste (formlose) Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides wirksam, war die zweite Zustellung (zu eigenen Handen), die das gleiche Schriftstück betraf, gemäß § 6 Zustellgesetz nicht mehr maßgebend; es ist daher die vom Beschwerdeführer erhobene (erste) unter Z 1. 87/09/0071 protokollierte Beschwerde zulässig. Im Beschwerdefall kann es dahingestellt bleiben, ob dieses Ergebnis im Fall der Unwirksamkeit der ersten Zustellung auch damit hätte begründet werden können, dass die erste Beschwerde noch innerhalb der Beschwerdefrist - berechnet ab Verkündung des angefochtenen Bescheides am - erhoben wurde (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 2190/58, 2243/58 = Slg. N.F. Nr. 5247/A sowie vom , Zl. 87/09/0124 betreffend die Verbindlichkeit mündlich verkündeter Disziplinarerkenntnisse).
Hingegen war die vom Beschwerdeführer gegen denselben Bescheid erhobene zweite, unter Zl. 87/09/0128 protokollierte Beschwerde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. den Beschluss vom , Zl. 87/17/0257 und den Beschluss vom , Zl. 88/09/0028) wegen Verbrauches des Beschwerderechtes als unzulässig zurückzuweisen.
Das Kostenbegehren (zu Zl. 87/09/0128) des Bundes war abzuweisen: Ein Ersatz des geltend gemachten Vorlageaufwandes kommt deshalb nicht mehr in Betracht, weil die Behörde die Verwaltungsakten bereits aus Anlass der Erstbeschwerde des Beschwerdeführers dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt hat. Für die von der belangten Behörde in diesem Verfahren erstattete "Äußerung" kann Schriftsatzaufwand nicht zugesprochen werden, weil diese Äußerung, die sich im Inhalt nach in einem bloßen Verweis auf die bereits zu der unter Zl. 87/09/0071 protokollierten Beschwerde des Beschwerdeführers erstattete Gegenschrift erschöpft, nicht als Gegenschrift im Sinne des § 48 Abs. 2 Z. 2 VwGG gewertet werden kann.
Zu. II.)
Auf Grund der Bestimmung des § 105 BDG 1979 sind im Disziplinarverfahren die Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 (AVG 1950) hinsichtlich Inhalt und Form der Bescheide anzuwenden. Gemäß § 59 Abs. 1 AVG 1950 hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage, in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.
Aus dem Zusammenhalt der zuletzt genannten Bestimmung und der Bestimmung des § 43 Abs. 1 BDG 1979, der allgemein umschreibt, wie der Beamte die ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen hat, muss im Spruch eines Disziplinarerkenntnisses dem Beamten ein konkretes (Fehl)Verhalten vorgeworfen werden, aus dem die Dienstpflichtverletzung hervorgeht.
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, muss der Spruch des Disziplinarerkenntnisses - im wesentlichen nicht anders als § 44a lit. a und b VStG 1950 vorsieht die als erwiesen angenommene Tat und die für die rechtliche Wertung als Verletzung von Dienstpflichten maßgebenden Vorschriften und den Disziplinartatbestand enthalten (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 86/09/0083, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Diesen Anforderungen wird bezüglich der als erwiesen angenommenen Tat (Vorwurf der Beschwerdeführer habe die Auswertung der "seitens der ehemaligen Steuerfahndungsstelle Wien zur Verfügung gestellten Unterlagen, aus welchen sich Abgabenverkürzungen der Firma K.G & Co. GesmbH ergaben" bei der von ihm in der Zeit vom Dezember 1982 bis Juni 1984 bei dieser Firma durchgeführten Betriebsprüfung unterlassen, "wodurch Abgaben in der Höhe von rund S 30 Mio. nicht zur Vorschreibung gelangten") der Spruch des angefochtenen Bescheides - die vollinhaltliche Bestätigung des Disziplinarerkenntnisses der Behörde erster Instanz durch die belangte Behörde (im Umfang der Berufungserklärung) bedeutet, dass diese einen mit dem erstinstanzlichen Bescheid inhaltlich übereinstimmenden Bescheid erlassen hat - nicht gerecht.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit dem erstinstanzlichen Bescheid lässt nämlich offen, worin die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Unterlassung konkret besteht. Zum einen könnte es sich dabei um Nichtverwertung jener Unterlagen handeln, von denen der Beschwerdeführer im Disziplinarverfahren (und auch in der Beschwerde) behauptet, dass sie ihm nicht tatsächlich zur Verfügung gestanden seien und die sich auf die beiden für die Betriebsprüfung der Firma K.G & Co. GesmbH relevanten Bereiche "Ungeklärter Vermögenszuwachs auf Sparbüchern des K.G" und "schwarze Automatenerlöse der geprüften Firma im Zusammenhang mit von ihr bei der Gastwirtin A S aufgestellten Automaten" beziehen. In diese Richtung deutet die Begründung des Disziplinarerkenntnisses der Behörde erster Instanz und zum Teil die der belangten Behörde hin. Anderseits weist der Spruch des angefochtenen Bescheides auf die Folgen der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat (Abgabeverkürzung in der Höhe von rund S 30 Mio.) hin. Zwar hat die Disziplinarbehörde erster Instanz (in der Begründung der Ablehnung des Beweisantrages des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung) zutreffend ausgeführt, dass es für die Verletzung der im S 43 Abs. 1 BDG 1979 umschriebenen Dienstpflichten ("der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.") nicht darauf ankommt, wie hoch das unterbliebene Mehrergebnis (die Abgabenverkürzung) tatsächlich sei, lässt doch der Gesetzeswortlaut des § 43 Abs. 1 BDG 1979 jeden Hinweis darauf vermissen, dass es sich dabei um eine Art "Erfolgsdelikt" handelt. Die Behörden des Disziplinarverfahrens haben die Höhe der (angeblichen) Abgabenverkürzung durch die vom Beschwerdeführer überprüfte Firma auch nicht als Erschwerungsgrund bei der Strafzumessung im Disziplinarverfahren verwertet. Dennoch kommt diesem von der Behörde angeführten Umstand im Zusammenhang mit der Umschreibung der Tat normative Bedeutung zu: Dieser Hinweis steht im Zusammenhang mit den weiteren Prüfungsbericht von Amtsdirektor B vom bzw. mit der einen Bestandteil des Disziplinarerkenntnisses der Behörde erster Instanz bildenden Zusammenfassung der sich aus den beiden Prüfungsberichten ergebenden Unterschiede. Dieser ermittelte Betrag geht nicht bloß auf die (dem Beschwerdeführer angelasteten) Unterlassungen in den beiden oben umschriebenen Bereichen zurück, sondern auch auf näher aufgelistete darüber hinaus gehende Buchführungsmängel (wie z. B. keine Kassenaufzeichnungen 1976 und 1977, keine Zeit folgerichtigen Kassenbucheintragungen, keine zeitgerechten Kassenbucheintragungen und fehlende tägliche Kassenabschlüsse, Rechenfehler beim Saldovortrag des Kassabuchs zum usw.), von denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie an Hand der auch dem Beschwerdeführer unbestritten zur Verfügung gestandenen Unterlagen ermittelt hätten werden können.
Zutreffend hat der Beschwerdeführer schon in seiner Berufung (und dem Ergebnis auch in seiner Beschwerde) vorgebracht, bei normativer Bedeutungslosigkeit des Betrages der nicht zur Vorschreibung gelangten Abgaben hätte dieser nicht in den Schuldspruch aufgenommen werden dürfen und seinen Beweisantrag betreffend die Einvernahme von Amtsdirektor Berner wiederholt, der auf die Unrichtigkeit der in dessen Überprüfungsbericht gezogenen Feststellungen (insbesondere auch betreffend die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung der überprüften Firma) abzielte. Die belangte Behörde hat weder den Hinweis auf die Höhe der (angeblichen) Abgabenverkürzung aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides eleminiert noch ist sie in Verkennung seiner Bedeutung für die Umschreibung der Tat auf den Beweisantrag des Beschwerdeführers eingegangen.
Die Umschreibung der Tat im angefochtenen Bescheid erscheint jedoch noch in einem weiteren Punkt unklar: Während der Verhandlungsbeschluss (ob die Fassung der Anschuldigungspunkte den Anforderungen des § 124 Abs. 2 BDG 1979 entsprochen hat, kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, weil der in Rechtskraft erwachsene Verhandlungsbeschluss nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist) in Verbindung mit seiner Begründung davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer ihm "übermittelte Unterlagen", die von ihm im Arbeitsbogen abgeheftet worden seien, d.h. also ihm tatsächlich zugekommen seien, im Prüfungszeitraum nicht ausgewertet habe, wird der von der belangten Behörde erhobene Vorwurf auf die Nichtauswertung der dem Beschwerdeführer "zur Verfügung gestellten Unterlagen" gestützt.
Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht zum einen hervor, dass der Beschwerdeführer zumindest mit der eigenhändig gefertigten Übernahmebestätigung (gemeint ist offensichtlich der Aktenvermerk vom bzw. die Niederschrift vom ) die Verantwortung übernommen habe, die zur Verfügung gestellten Unterlagen der ehemaligen Steuerfahndung im Betriebsprüfungsverfahren auszuwerten. Da die belangte Behörde alle im Berufungsverfahren gestellten Beweisanträge des Beschwerdeführers, die zum Ziele hatten, nachzuweisen, dass ihm bestimmte Unterlagen der Steuerfahndung tatsächlich d.h. physisch nicht zur Verfügung gestanden seien, nicht eingegangen ist, folgt sie offenbar der Begründung der Ablehnung des Beweisantrages des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarbehörde erster Instanz, dass die körperliche Übergabe (der in Frage stehenden Akten) nicht erforderlich gewesen sei. Unter "zur Verfügung gestellte Unterlagen" werden daher solche gemeint, von denen der Beschwerdeführer wissen musste, dass sie (wenn auch möglicherweise bei einer anderen Dienststelle) vorhanden sind und dass sie auf Grund ihres (wenn auch ihm bloß kursorisch bekannten) Inhalts für die vom Beschwerdeführer zu besorgenden dienstlichen Aufgaben bedeutsam sein könnten. Zur Last gelegt wird dem Beschwerdeführer damit, dass er es ungeachtet dieser Kenntnis unterlassen habe, sich Gewissheit über die Bedeutung dieser Aktenteile zu verschaffen, was - wenn dieser Sachverhalt zutrifft - zweifellos den § 43 Abs. 1 BDG 1979 unterstellt werden kann.
Anderseits versteht die belangte Behörde aber unter dieser Wendung auch die Nichtausfertigung von (ihrer Meinung nach) dem Beschwerdeführer tatsächlich übergebenen Akten, wie die Ausführungen im Zusammenhang mit dem Vorgang vom (Übernahme bestimmter Aktenteile durch Ooff. C) zeigen, der allerdings nicht vom Verhandlungsbeschluss erfasst ist. Diese unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten der untersuchten Wendung im Spruch des angefochtenen Bescheides sind jedoch im Hinblick auf die Erheblichkeit der vom Beschwerdeführer im Verfahren angebotenen Beweise von Bedeutung die - wie bereits erwähnt - auf das tatsächliche Nichtzukommen bestimmter Aktenteile abzielen und deren Ablehnung der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Mangelhaftigkeit des Verfahrens in seiner Beschwerde mit Recht gerügt hat.
Aus den vorher dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid jedoch wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der vom Beschwerdeführer in beiden Beschwerden beantragten mündlichen Verhandlung war wegen Vorliegens der im § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG vorgesehenen Voraussetzung im Beschwerdefall abzusehen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung vom , BGBl. Nr. 206.
Bezüglich der in diesem Erkenntnis zitierten nicht veröffentlichten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.
Wien, am