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VwGH vom 22.09.1988, 87/08/0262

VwGH vom 22.09.1988, 87/08/0262

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Knell, Dr. Puck und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungsrat Dr. Fischer, über die Beschwerde der Salzburger Gebietskrankenkasse in Salzburg, vertreten durch Dr. Othmar Taferner, Rechtsanwalt in Salzburg, Griesgasse 25/1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom , Zl. 122.308/1-7/87, betreffend Haftung für Beitragsschulden und Rückerstattung ungebührlich entrichteter Beiträge (mitbeteiligte Partei: U-Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, Paris-Lodron-Straße 19), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei benützte seit Ende 1981 als Mieterin die ehemalige Betriebsstätte der R-Ges.m.b.H. & Co KG (im folgenden: Firma R.) in G, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet worden war. Aufgrund einer Anfrage der mitbeteiligten Partei über die Höhe der ihr aus der Haftung gemäß § 67 Abs. 4 ASVG erwachsenden Belastung richtete die Beschwerdeführerin folgendes mit datiertes Schreiben an die mitbeteiligte Partei:

"Sehr geehrter Herr O:

Ich beziehe mich auf das mit Ihnen vor einigen Tagen geführte Telefongespräch und gebe Ihnen bekannt, daß sich incl. Beitrag November 1981 und der auf den Haftungszeitraum fallenden Sonderbeiträge ein Haftungsbetrag von S 1,963.253,56

ergibt.

Dieser Betrag vermindert sich durch die versprochene

Nebengebührengutschrift von S 190.000,-- auf

endgültig S 1,773.253,56.

Wie Herrn Dr. Liebscher bereits mitgeteilt wurde, kann dieser Betrag in 36 gleichen Monatsraten, beginnend mit bei Terminverlust bezahlt werden. Lt. Beschluß des Verwaltungsausschusses nimmt die Kasse von einer Verzugszinsenvorschreibung für die Dauer der Ratenvereinbarung Abstand, so lange die Zahlung der Raten pünktlich erfolgt.

Ich habe den Leiter des Landesarbeitsamtes Salzburg noch nicht erreicht. In den nächsten Tagen wird aber ein Gespräch mit ihm möglich sein. Ich werde mich dann sofort bei Ihnen melden.

Mit freundlichen Grüßen für die:

..........."

In der Folge leistete die mitbeteiligte Partei die Ratenzahlungen im Sinne dieses Schreibens. Mit Schreiben vom teilte ihr Vertreter der Beschwerdeführerin folgendes mit:

"Herr O erschien dieser Tage in meiner Kanzlei und sagte mir, er sei darauf aufmerksam gemacht worden, daß der Verwaltungsgerichtshof in einem neuen Erkenntnis nunmehr festgestellt habe, daß ein Mieter nicht für Verbindlichkeiten des Vormieters oder auch, wie im konkreten Fall, des Eigentümers, gegenüber der Gebietskrankenkasse hafte.

Herr O hat mich nun gebeten, in diesem Zusammenhang an Sie heranzutreten und Sie zu fragen, ob Sie bereit sind, die von ihm bisher geleisteten Zahlungen an ihn zu refundieren. Es hat sich ja dadurch, daß nunmehr durch die Entscheidung des verstärkten Senates die Rechtslage endgültig geklärt wurde, ergeben, daß die Firma U-Ges.m.b.H. ohne Rechtsgrund Zahlung geleistet hat, sodaß von einem Rückforderungsanspruch der Firma U-Ges.m.b.H.

ausgegangen werden kann.

Ich ersuche diesbezüglich um Ihre freundliche Stellungnahme

und zeichne mit vorzüglicher Hochachtung"

Nachdem die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom

eine Rückforderung "der bisher geleisteten Raten aus der Betriebsnachfolge" abgelehnt hatte, beantragte die mitbeteiligte Partei mit Eingabe vom ,

1) einen Haftungsbescheid mit dem Inhalt zu erlassen, daß ausgesprochen werde, daß sie nicht nach § 67 Abs. 4 ASVG für die Beiträge der Firma R. hafte,

2) jedenfalls festzustellen, daß die von ihr geleisteten Zahlungen von insgesamt S 1,477.740,-- zu Ungebühr entrichtet worden seien und

3) diese zu Ungebühr geleisteten Zahlungen von S 1,477.740,-- zurückzuerstatten.

Mit Schreiben vom stellte sie hinsichtlich dieses Antrages einen Devolutionsantrag an den Landeshauptmann von Salzburg. Dieser wies mit Bescheid vom den Devolutionsantrag "mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 73

(1) AVG" zurück. Der weitere Antrag, "festzustellen, daß die von der Antragstellerin geleisteten Zahlungen von insgesamt S 1,477.740,-- zu Ungebühr entrichtet worden sind und diese zu Ungebühr geleisteten Zahlungen zurückzuerstatten seien," wurde gemäß § 69 Abs. 1 ASVG abgewiesen.

Die von der mitbeteiligten Partei gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom , Z 1. 85/08/0145, wegen Unzuständigkeit zurück, weil der Instanzenzug gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG nicht erschöpft war.

Nachdem der mitbeteiligten Partei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist gegen den Bescheid vom bewilligt worden war, hob die belangte Behörde letzteren Bescheid über die Berufung der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 auf und sprach aus, daß der Landeshauptmann von Salzburg über den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Übergang der Entscheidungspflicht neuerlich zu entscheiden haben werde.

Daraufhin stellte der Landeshauptmann von Salzburg mit Bescheid vom gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 (richtig: § 410 Abs. 2 ASVG) den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag der mitbeteiligten Partei vom fest und sprach aus, daß der Antrag der mitbeteiligten Partei, "der Landeshauptmann von Salzburg möge als gemäß § 73 Abs. 2 AVG zuständige Behörde feststellen,

a) daß die Firma U-Ges.m.b.H. nicht nach § 67 Abs. 4 ASVG für die Beiträge der R-Ges.m.b.H. & Co KG. hafte

b) daß die geleisteten Zahlungen von insgesamt S 1,477.740,-- zu Ungebühr entrichtet worden sind und daß diese Zahlungen zurückzuerstatten sind," abgewiesen werde.

Der dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobenen Berufung gab der Bundesminister für Arbeit und Soziales mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 Folge und stellte fest, "daß die Firma U-Ges.m.b.H. nicht für die Beiträge der R-Ges.m.b.H. (ergänze: & Co KG) gemäß § 67 Abs. 4 ASVG haftet und daß die zu Ungebühr geleisteten Zahlungen von insgesamt 1,477.740,-- S der U-Ges.m.b.H. zurückzuerstatten sind". Nach der Begründung sei nach der derzeitigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Betriebsnachfolger im Sinne des § 67 Abs. 4 ASVG jene Person zu verstehen, die den Betrieb oder einen organisatorisch selbständigen Teilbetrieb des Betriebsvorgängers (Beitragsschuldners) aufgrund eines Veräußerungsgeschäftes (von Veräußerungsgeschäften) mit ihm erworben habe; die bloße Bestandnahme eines Betriebes (Teilbetriebes) begründe daher keine Haftung nach dieser Gesetzesstelle. Die mitbeteiligte Partei sei seit Mieterin der Liegenschaft EZ. 683 der KG G. Auf dieser Liegenschaft sei vorher der Sitz der Firma R. gelegen, über deren Vermögen bei Abschluß des Mietvertrages der Konkurs eröffnet worden sei. Diese Firma habe bei der Beschwerdeführerin erhebliche Beitragsrückstände gehabt, über deren Bezahlung sich die mitbeteiligte Partei und die Beschwerdeführerin dahingehend geeinigt hätten, daß der aushaftende Betrag von S 1,773.253,56 in 36 Monatsraten, beginnend mit , beglichen würde. Ein Bescheid, mit dem die Haftung der mitbeteiligten Partei für die Beitragsschulden der Firma R. ausgesprochen worden wäre, sei von der Beschwerdeführerin trotz der zwingenden Vorschrift des § 410 Abs. 1 Z. 4 ASVG nicht erlassen worden, obwohl von der mitbeteiligten Partei ein diesbezüglicher Antrag am gestellt worden sei. Der diesbezügliche Bescheid sei erst im Wege des Überganges der Entscheidungspflicht aufgrund des entsprechenden Antrages der mitbeteiligten Partei vom vom Landeshauptmann von Salzburg als in Betracht kommende Oberbehörde am erlassen worden. Die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ergebe, daß im vorliegenden Fall weder der Betrieb noch ein organisatorisch selbständiger Teilbetrieb aufgrund eines Veräußerungsgeschäftes von der mitbeteiligten Partei erworben worden sei. Im Hinblick auf die zum Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides durch den Landeshauptmann von Salzburg zu berücksichtigende neuere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei daher ein Haftungsgrund im Sinne des § 67 Abs. 4 AVG nicht vorgelegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Feststellung, "daß die Firma U-Ges.m.b.H. nicht für die Beiträge der R-Ges.m.b.H. (ergänze: & Co KG) gemäß § 67 Abs. 4 ASVG haftet": Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß die mitbeteiligte Partei nach der nunmehrigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 11.241/A) keine Haftung als Betriebsnachfolgerin der Firma R. treffe, weil sie von letzterer weder den Betrieb noch einen organisatorisch selbständigen Teilbetrieb aufgrund eines Veräußerungsgeschäftes erworben hat. Sie meint, daß der Antrag auf Feststellung, daß die mitbeteiligte Partei nicht gemäß § 67 Abs. 4 ASVG für die Beitragsschulden der Firma R. hafte, zurückzuweisen gewesen sei, weil sie - die Beschwerdeführerin - mit dem Schreiben vom 22. (richtig: 20.) Jänner 1982, dem Bescheidcharakter zukomme, über die Betriebsnachfolgehaftung der mitbeteiligten Partei entschieden habe. Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizustimmen:

Dem erwähnten Schreiben vom fehlt die Bezeichnung als Bescheid. Zur Frage, ob ein behördlicher Akt auch dann als Bescheid zu qualifizieren ist, wenn er entgegen der Bestimmung des § 58 Abs. 1 AVG 1950 nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, vertritt der Verwaltungsgerichtshof in neuerer Rechtsprechung (vgl. den Beschluß eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 9458/A) die Auffassung, daß auf die ausdrückliche Bezeichnung einer Erledigung als Bescheid nur dann verzichtet werden kann, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muß sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen u.dgl. können nicht als verbindliche Erledigung gewertet werden. In jedem Falle, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen läßt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, daß die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG 1950 für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich. An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, muß aber hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/08/0147).

Wendet man diese Kriterien auf das Schreiben der Beschwerdeführerin vom an, so kann dieses entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht als Bescheid angesehen werden, weil der für die Bescheidqualität notwendige normative Gehalt nicht ohne jeden Zweifel gegeben ist. Es handelt sich vielmehr bei diesem Schreiben um eine bloße Mitteilung, deren Formulierung keineswegs mit einer jeden Zweifel ausschließenden Klarheit den Schluß auf einen rechtswirksamen Abspruch zuläßt. Dieses Schreiben ist daher insbesondere nicht als Bescheid aufzufassen, mit dem gemäß § 410 Abs. 1 Z. 4 ASVG die Haftung der mitbeteiligten Partei für Beitragsschulden gemäß § 67 Abs. 4 ASVG ausgesprochen wird.

Die Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin, daß das Schreiben vom als formell und materiell rechtskräftiger Bescheid der Erlassung eines Feststellungsbescheides, daß die mitbeteiligte Partei nicht gemäß § 67 Abs. 4 ASVG für Beitragsschulden der Firma R. hafte, entgegenstehe, trifft daher nicht zu.

2. Zur Feststellung, "daß die zu Ungebühr geleisteten Zahlungen von insgesamt 1,477.740,-- S der U-Ges.m.b.H. zurückzuerstatten sind":

Gemäß § 69 Abs. 1 ASVG in der Fassung der 41. Novelle, BGBl. Nr. 111/1986, können zu Ungebühr entrichtete Beiträge, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, zurückgefordert werden. Das Recht auf Rückforderung verjährt nach Ablauf von drei Jahren nach deren Zahlung. Der Lauf der Verjährung des Rückforderungsrechtes wird durch Einleitung eines Verwaltungsverfahrens zur Herbeiführung einer Entscheidung, aus der sich die Ungebührlichkeit der Beitragsentrichtung ergibt, bis zu einem Anerkenntnis durch den Versicherungsträger bzw. bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung im Verwaltungsverfahren unterbrochen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom , Zl. 87/08/0017) können auch Beiträge, die (ungebührlich) gemäß § 67 Abs. 4 ASVG geleistet wurden, gemäß § 69 leg. cit. zurückgefordert werden. Die Meinung der Beschwerdeführerin, daß nur Beiträge, die dem Versicherungsträger "nicht gebühren", "zu Ungebühr" entrichtet worden seien, trifft nicht zu, weil auch Beiträge, die von jemandem entrichtet wurden, der dazu gesetzlich nicht verpflichtet war, als zu Ungebühr entrichtet angesehen werden müssen. Entgegen der in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei zum Ausdruck gebrachten Ansicht nimmt auch der Umstand, daß ein Haftpflichtiger gemäß § 67 Abs. 4 ASVG nicht selbst Beitragsschuldner ist, den von ihm in Erfüllung seiner Haftungsverpflichtung geleisteten Zahlungen nicht den Charakter von Beiträgen, würde es doch sonst im Falle der Entrichtung der Beitragsschulden durch den Haftpflichtigen überhaupt an einer Beitragsleistung samt den sich daraus ergebenden Rechtsfolgen fehlen. Die Ausführungen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bieten daher keinen Anlaß, von der obzitierten Rechtsprechung abzugehen.

Zu prüfen ist somit, ob die von der mitbeteiligten Partei als "Betriebsnachfolgerin" der Firma R. geleisteten Beitragszahlungen "zu Ungebühr" entrichtet wurden. Diese Frage ist nicht nur deshalb zu bejahen, weil die mitbeteiligte Partei - was die Beschwerdeführerin selbst nicht bestreitet - nach der nunmehrigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das oben zitierte Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 11.241/A) mangels Erwerbes des Betriebes oder eines organisatorisch selbständigen Teilbetriebes des Betriebsvorgängers (Beitragsschuldners) auf Grund eines Veräußerungsgeschäftes (von Veräußerungsgeschäften) mit ihm keine Beitragshaftung gemäß § 67 Abs. 4 AVG in der Fassung der 41. Novelle traf, sondern auch aus folgenden Überlegungen:

Gemäß § 410 Abs. 1 ASVG hat der Versicherungsträger "in Verwaltungssachen, zu deren Behandlung er nach § 409 berufen ist, einen Bescheid zu erlassen, wenn er die sich aus diesem Bundesgesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten von Versicherten und von deren Dienstgebern oder die gesetzliche Haftung Dritter für Sozialversicherungsbeiträge feststellt und nicht das Bescheidrecht der Versicherungsträger in diesem Bundesgesetz ausgeschlossen ist. Hienach hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen insbesondere Bescheide zu erlassen:

......

4. wenn er die Haftung für Beitragsschulden gemäß § 67 ausspricht, ...."

Diese Bestimmung sieht zwingend die Erlassung eines Bescheides für den Fall vor, daß der Versicherungsträger die Haftung nach § 67 ASVG in Anspruch nehmen will. Der Bescheid, mit dem die Haftung für Beitragsschulden gemäß § 67 ASVG ausgesprochen wird, hat demnach konstitutiven Charakter. Die Rechtswirksamkeit einer Haftung nach § 67 ASVG setzt somit deren bescheidmäßigen Ausspruch dem Haftpflichtigen gegenüber voraus.

Im Beschwerdefall wurde - wie oben dargelegt - ein Bescheid, mit dem die Haftung der mitbeteiligten Partei für die Beitragsschulden der Firma R. gemäß § 67 Abs. 4 ASVG ausgesprochen worden wäre, nicht erlassen. Mangels eines solchen Bescheides bestand für die mitbeteiligte Partei keine Verpflichtung, aus dem Rechtsgrund des § 67 Abs. 4 ASVG Beitragszahlungen an die Beschwerdeführerin zu leisten. Die dennoch von der mitbeteiligten Partei bezahlten Beiträge der Firma R. wurden daher "zu Ungebühr" im Sinne des § 69 Abs. 1 ASVG entrichtet und können unter den im Gesetz geregelten Voraussetzungen zurückgefordert werden.

Nach Art. VI Abs. 4 der am in Kraft getretenen

41. Novelle zum ASVG gelten die Bestimmungen des § 69 ASVG in der Fassung der 41. Novelle auch für noch nicht verjährte Rückforderungen, die vor Beginn des Beitragszeitraumes Jänner 1986 entstanden sind. Da die im Beschwerdefall umstrittene Rückforderung bereits vor diesem Zeitpunkt entstanden ist, kommt es für die von der Beschwerdeführerin eingewendete Verjährung des Rückforderungsanspruches darauf an, ob die Rückforderung im Zeitpunkt des Inkrafttretens der 41. Novelle nach den zuvor geltenden Bestimmungen verjährt war oder nicht. § 69 ASVG in der Fassung vor der 41. Novelle sah vor, daß zu Ungebühr entrichtete Beiträge innerhalb von zwei Jahren nach der Zahlung zurückgefordert werden können. Wird die Ungebührlichkeit der Entrichtung der Beiträge durch den Versicherungsträger anerkannt oder im Verwaltungsverfahren festgestellt, so können diese Beiträge innerhalb von zwei Jahren nach dem Anerkenntnis bzw. nach dem Eintritt der Rechtskraft der Feststellung im Verwaltungsverfahren zurückgefordert werden. Nach der zu § 69 ASVG in der Fassung vor der 41. Novelle ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom , Slg. Nr. 6053/A, sowie das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 8037/A) können, wenn die Ungebührlichkeit der Entrichtung von Beiträgen durch den Versicherungsträger anerkannnt oder im Verwaltungsverfahren festgestellt worden ist, diese Beiträge auch dann innerhalb von zwei Jahren nach dem Anerkenntnis bzw. der Feststellung zurückgefordert werden, wenn die Zahlung mehr als zwei Jahre zurückliegt. Im Sinne dieser Rechtsansicht kann ein Rückforderungsanspruch daher auch dann nicht verjährt sein, wenn - wie im Beschwerdefall - gleichzeitig die Feststellung der Ungebührlichkeit der Entrichtung von Beiträgen und deren Rückforderung geltend gemacht wurde. Da die Rückforderung somit im Zeitpunkt des Inkrafttretens der 41. Novelle nicht verjährt war, kommen im Beschwerdefall die Bestimmungen des § 69 ASVG in der Fassung der 41. Novelle zur Anwendung, denen zufolge aber nach dem zeitlichen Ablauf des Verwaltungsgeschehens Verjährung hier nicht eingetreten sein kann.

Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, daß das Verfahren auch deshalb mangelhaft geblieben sei, weil die belangte Behörde die nach § 69 Abs. 5 ASVG vorgeschriebenen Anfragen unterlassen habe. Auch diese Rüge ist unberechtigt. Da die Beschwerdeführerin nicht behauptet hat, daß die Anfragen, deren Unterlassung sie der belangten Behörde zum Vorwurf macht, einen Ausschlußgrund nach § 69 Abs. 2 ASVG erbracht hätten, hat sie - sofern die angeführten Bestimmungen überhaupt auf Rückforderungsansprüche von Beitragshaftenden nach § 67 Abs. 4 ASVG anwendbar sind - die Wesentlichkeit des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht dargetan.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, daß die Zahlungen der mitbeteiligten Partei, wenn ihr - der Beschwerdeführerin - Schreiben vom 22. (richtig: 20.) Jänner 1982 kein Haftungsbescheid sei, aufgrund einer Vereinbarung geleistet worden wären, sodaß für die Geltendmachung eines Rückforderungsanspruches im Verwaltungsverfahren kein Raum sei; dieses sei ausschließlich nach privatrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen und gehöre auf den ordentlichen Rechtsweg. Dem ist zu erwidern, daß es aufgrund des in Art. 18 Abs. 1 B-VG verankerten Legalitätsprinzips für die Zulässigkeit eines Vertrages als behördliche Handlungsform in einer bestimmten Frage immer einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung bedarf (vgl. Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 497). Da für die Inanspruchnahme der Haftung für Beitragsschulden gemäß § 67 ASVG in § 410 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. für den Versicherungsträger die Erlassung eines Bescheides vorgesehen ist, kann die Frage der Haftung nach § 67 ASVG nicht durch einen privatrechtlichen Vertrag geregelt werden. Beitragsschulden, die eine als haftpflichtig gemäß § 67 ASVG in Anspruch genommene Person nicht aufgrund eines Haftungsbescheides, sondern bloß aufgrund einer mit dem Versicherungsträger abgeschlossenen Vereinbarung leistete, wurden daher mangels Einhaltung der für die Rechtswirksamkeit der Haftungsbegründung vorgeschriebenen Bescheidform "zu Ungebühr entrichtet". Als solche Zahlungen können sie gemäß § 69 ASVG im Verwaltungsweg zurückgefordert werden (vgl. zur Zulässigkeit des Verwaltungsweges für die Rückforderung von gemäß § 67 Abs. 4 ASVG zu Ungebühr entrichteter Beitragszahlungen auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 84/08/0192). Eine Sanierung der Nichteinhaltung des Erfordernisses der Erlassung eines Haftungsbescheides durch den Abschluß einer Zahlungsvereinbarung ist im Gesetz nicht vorgesehen. Da die Beschwerdeführerin selbst ihrer gesetzlichen Verpflichtung, die Haftung der mitbeteiligten Partei für Beitragsschulden mit Bescheid auszusprechen, nicht nachgekommen ist, kann sie den Rückforderungsanspruch der solcherart zu Ungebühr entrichteten Zahlungen auch nicht unter Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben abwehren. Ob die mitbeteiligte Partei nach der damaligen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Betriebsnachfolgehaftung gemäß § 67 Abs. 4 ASVG getroffen hätte und ob ihre Zahlungen "nicht irrtümlich, sondern in Anerkennung der damals gegebenen Sach- und Rechtslage erfolgt und von der Salzburger Gebietskrankenkasse auch in Erfüllung eines ihr zustehenden Anspruches empfangen worden" sind, ist bei der gegebenen Sach- und Rechtslage für den geltend gemachten Rückforderungsanspruch ohne Bedeutung.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985. Das auf den Ersatz von "Barauslagen" (Bundesstempel) gerichtete Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei war im Hinblick auf die im § 110 ASVG verankerte sachliche Abgabenfreiheit abzuweisen.

Wien, am