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VwGH vom 14.09.1995, 95/06/0093

VwGH vom 14.09.1995, 95/06/0093

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der Gemeinde T, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 03-10.10 T 5-95/6, betreffend Versagung der Bewilligung der Änderung des Flächenwidmungsplanes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Gemeinde hat die in den Gemeinderatssitzungen vom und vom beschlossene Revision 2.00 des Flächenwidmungplanes laut Eingangsstampiglie der Landesregierung dieser am zur Genehmigung vorgelegt. Mit Schreiben vom hat die Steiermärkische Landesregierung der beschwerdeführenden Gemeinde mehrere Versagungsgründe mitgeteilt. Der Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde hat sich in seiner Sitzung vom mit diesen Versagungsgründen inhaltlich auseinandergesetzt, in drei Punkten den Versagungsgründen, die eine Baulandausweisung im Gebiet S betrafen, Rechnung getragen und entsprechende Abänderungsbeschlüsse gefaßt, zu einem vierten Versagungsgrund, betreffend die vorgesehene Baulandausweisung im Bereich "S-West" jedoch eine Änderung nicht beschlossen und dies der Landesregierung mit Schreiben vom mitgeteilt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wurde der Revision 2.00 des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde T in der am , und vom Gemeinderat der beschwerdeführenden Gemeinde beschlossenen Fassung die Bewilligung versagt. Begründet wurde dies damit, daß die Dorfgebietsausweisung im Bereich "S-West" einerseits der Grundsatzbestimmung des § 3 Abs. 12 ROG 1974 widerspreche, wonach eine Zersiedelung der Landschaft zu vermeiden sei und die Baulandvoraussetzungen des § 23 Abs. 1 leg. cit. nicht erfüllt würden. Die beabsichtigte Ausweisung erstrecke sich vom Westen her (Hofstelle) über ca. 320 Meter nach Osten zu einem Einfamilienwohnhaus in typischer landwirtschaftlich genutzter Freilandlage und solle laut Baulandanalyse vier Bauparzellen Platz bieten. Die durch den Bestand des Einfamilienhauses eingeleitete Fehlentwicklung biete aber keine Grundlage für eine Baulandausweisung, da die dezentrale Lage sowie die rein landwirtschaftliche Nutzung im dortigen Bereich den gesetzlichen Bestimmungen widerspräche. Im örtlichen Entwicklungskonzept werde lediglich behauptet, daß es sich in diesem Bereich um keine Streulage handle, sondern um einen "Siedlungsansatz". Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 4 ROG 1974 lägen ebenfalls nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. Nr. 127/1974 in der Fassung LGBl. Nr. 41/1991 (ROG), anzuwenden.

Gemäß § 29 Abs. 7 ROG ist der beschlossene Flächenwidmungsplan mit den dazugehörigen Unterlagen und dem örtlichen Entwicklungskonzept unter Anschluß einer Niederschrift über die Beschlußfassung des Gemeinderates der Landesregierung in zweifacher Ausfertigung unverzüglich zur Genehmigung vorzulegen. Nach Abs. 8 hat die Landesregierung über die Genehmigung des Flächenwidmungsplanes nach Prüfung der vorgebrachten Einwendungen mit Bescheid zu entscheiden. Gemäß Abs. 9 lit. a ist die Genehmigung zu versagen, wenn der Flächenwidmungsplan landesgesetzlichen Bestimmungen, insbesondere den Bestimmungen des ROG wie den darin enthaltenen Raumordnungsgrundsätzen widerspricht. Gemäß Abs. 10 leg. cit. hat die Landesregierung im Falle der beabsichtigten Versagung der Gemeinde den Versagungsgrund mitzuteilen und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer angemessenen, jedoch mindestens vier Wochen betragenden Frist zu geben. Wird nicht binnen sechs Monaten nach Vorlage des beschlossenen Widmungsplanes und der dazugehörigen Unterlagen (Abs. 7) die Genehmigung versagt, so gilt der Flächenwidmungsplan unbeschadet des § 27 des VwGG nach Ablauf dieser Frist als genehmigt.

Zunächst bringt die beschwerdeführende Gemeinde vor, die Revision sei am zur Genehmigung vorgelegt worden, die sechsmonatige Versagungsfrist sei somit am abgelaufen, sodaß die belangte Behörde nicht mehr berechtigt gewesen sei, den angefochtenen Bescheid zu erlassen.

Diesem Vorbringen ist einerseits entgegenzuhalten, daß laut Eingangsstampiglie der Kanzlei der belangten Behörde die Revision nicht am , sondern am zur Genehmigung vorgelegt wurde, sodaß die Sechsmonatsfrist erst am abgelaufen ist, zu diesem Zeitpunkt war aber der belangten Behörde der nunmehr in Beschwerde gezogene Bescheid bereits zugestellt worden (nämlich am ). Abgesehen davon, hat sich der Gemeinderat in seiner Sitzung vom mit den von der belangten Behörde bekanntgegebenen Versagungsgründen auseinandergesetzt und drei von vier der bekanntgegebenen Versagungsgründen berücksichtigt, entsprechende Abänderungsbeschlüsse gefaßt und der belangten Behörde den dort am eingelangten, abgeänderten Flächenwidmungsplan vorgelegt. Aufgrund der in der Sitzung des Gemeinderates vom beschlossenen Abänderung des Flächenwidmungsplanes wurde der belangten Behörde somit am ein entsprechend abgeänderter Flächenwidmungsplan vorgelegt, sodaß zu diesem Zeitpunkt (am ) die im § 20 Abs. 10 ROG festgesetzte sechsmonatige Frist neu zu laufen begonnen hat. Die belangte Behörde war daher zur Erlassung des Bescheides vom jedenfalls berechtigt.

Die in § 3 ROG ("Raumordnungsgrundsätze") festgelegten Planungsziele enthalten u.a. folgende Bestimmungen:

"§ 3

...

(12) Auf eine dem Wohl der Bevölkerung dienende Ordnung der Landschaft durch deren Gestaltung, Erhaltung und Pflege sowie auf den Schutz vor Beeinträchtigungen ist Bedacht zu nehmen. Insbesondere gilt dies für Gebiete, die als Landschaftstypus oder als Kulturlandschaft charakteristisch sind. Eine Zersiedelung der Landschaft ist zu vermeiden."

Die belangte Behörde stützt die Versagung der Genehmigung der Änderung des Flächenwidmungsplanes insbesondere darauf, daß ein Verstoß gegen den Raumordnungsgrundsatz des § 3 Abs. 12 ROG vorliege. Schon dieses Argument trifft zu. Die Ausgangslage, nämlich ein bestehender landwirtschaftlicher Betrieb und rund 320 m weiter östlich davon ein einzelnes Einfamilienwohnhaus, das seinerseits von zusammenhängenden landwirtschaftlichen Flächen umgeben ist, kann allein keinen Anknüpfungspunkt für die Widmung dazwischen liegender Flächen als Bauland für vier Bauparzellen bilden, weil auch durch fünf Einfamilienwohnhäuser - entsprechend den vorgelegten Planunterlagen - im Beschwerdefall eine Streulage gegeben wäre, durch die die Landschaft im Sinne des § 3 Abs. 12 ROG zersiedelt würde.

Im vorgelegten Flächenwidmungsplan der beschwerdeführenden Gemeinde erfolgte die Baulandausweisung im Bereich "S-West" teilweise als Dorfgebiet (Sanierungsgebiet) und teilweise als allgemeines Wohngebiet (Aufschließungsgebiet), wobei im Wortlaut zum Flächenwidmungsplan in § 2 festgelegt ist, daß die Dorfgebietsausweisung als Sanierungsgebiet wegen der mangelnden Möglichkeit der Abwasserbeseitigung erfolge. Als Realisierungszeitraum für die Beseitigung dieses Mangels der fehlenden Abwasserbeseitigung wurde ein Zeitraum bis zum Jahre 2001 festgelegt, was nach dem Vorbringen der beschwerdeführenden Gemeinde auch dem am beschlossenen Abwasserkonzept entspreche. Als Übergangsregelung bis zur Mängelbeseitigung wurde gemäß § 2 des Wortlautes zum Flächenwidmungsplan die Abwasserentsorgung in Form von biologischen Kleinkläranlagen vorgeschrieben.

Die belangte Behörde hat die Versagung der Genehmigung auch darauf gestützt, daß die Voraussetzungen des § 23 Abs. 4 ROG nicht gegeben seien.

Nach dieser Bestimmung sind Gebiete, in denen Maßnahmen zur Beseitigung städtebaulicher oder hygienischer Mängel sowie zur Vermeidung der Gefährdung der Sicherheit oder gesundheitsschädlicher Folgen (§ 22 Abs. 7 Z. 3 und 4) erforderlich sind, als Sanierungsgebiete ersichtlich zu machen. Die Mängel sind im Wortlaut anzuführen. Zur Beseitigung der Mängel ist eine Frist von höchstens 15 Jahren festzusetzen, die nur unter bestimmten Bedingungen verlängerbar ist.

Schon aus dem Wortlaut der zitierten Bestimmung, wonach zur Beseitigung baulicher oder hygienischer Mängel bestimmte Gebiete als Sanierungsgebiete ersichtlich zu machen sind, geht hervor, daß es sich bei dieser Ausweisung um die Behebung schon vorhandener Mängel handeln muß. Es ist Aufgabe der Raumordnung, vorgegebene Siedlungsbestände, mögen sie auch den Raumordnungsgrundsätzen und heutigen Erkenntnissen widersprechen, so zu erfassen und miteinzubeziehen, daß sie langfristig doch einer Sanierung unterzogen werden (vgl. § 3 Abs. 1 ROG). Der Sinn des § 23 Abs. 4 ROG liegt daher darin, bereits vorhandene Mängel innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen. Es ist aber nicht Ziel dieser gesetzlichen Bestimmung, Gebiete zu schaffen, in denen aufgrund der Ausweisung als Bauland-Sanierungsgebiet städtebauliche oder hygienische Mängel entstehen können, die erst dann wieder saniert werden. § 23 Abs. 4 ROG ist daher im Falle der erstmaligen Baulandwidmung unanwendbar.

Da die beschwerdeführende Gemeinde ein Gebiet, das bisher als Freiland gewidmet war, in dem zur Genehmigung eingereichten Flächenwidmungsplan teilweise als "Dorfgebiet-Sanierungsgebiet" ausgewiesen hat, hat die belangte Behörde zu Recht erkannt, daß auch die Voraussetzungen des § 23 Abs. 4 ROG nicht vorliegen.

Da somit die belangte Behörde der beantragten Flächenwidmungsänderung zu Recht die Bewilligung versagt hat, hat sie die beschwerdeführende Gemeinde auch nicht in ihrem Recht verletzt, Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches in eigener Verantwortung frei von Weisungen zu besorgen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.