VwGH 22.09.1987, 87/05/0098
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | BauO Wr §129 Abs10; BauO Wr §60 Abs1 litc; BauRallg; |
RS 1 | § 60 Abs 1 lit c der Bauordnung für Wien bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass von dieser Reglung nur solche Änderungen umfasst sind, welche den Gegenstand einer baulichen Maßnahme bilden. Die Behörde hat daher zu Recht gem § 129 Abs 10 der Bauordnung von Wien den Auftrag erteilt, "die grellrote Klebefolie auf sämtlichen Portalflächen" eines Geschäftslokales zu entfernen. |
Normen | BauO Wr §129 Abs10; BauO Wr §85 Abs1; BauRallg; |
RS 2 | Aus § 85 Abs 1 der Bauordnung für Wien lässt sich ableiten, dass die bloße Farbgebung eines Gebäudes ein von der Baubehörde unter dem Gesichtspunkt des örtlichen Stadtbildes wahrzunehmendes Kriterium darstellt und die Baubehörde sohin im Hinblick auf die Regelung des § 129 Abs 10 leg cit berechtigt ist, eine wegen ihres Ausmaßes das örtliche Stadtbild störende, baubehördlich nicht genehmigte Farbgebung als Abweichung von den Bauvorschriften zu qualifizieren, welche einen baupolizeilichen Entfernungsauftrag rechtfertigt. |
Normen | BauO Wr §129 Abs10; BauO Wr §85 Abs1; BauRallg; |
RS 3 | Auch das Verkleben von Portalflächen eines Geschäftslokales mit gefärbten Folien im Inneren des Gebäudes kann eine wegen ihres Ausmaßes das Stadtbild störende, von den Bauvorschriften abweichende Farbgebung darstellen, wenn diese Maßnahme auf das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes von wesentlichem Einfluss ist und dadurch einen baupolizeilichen Entfernungsauftrag rechtfertigt. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Leukauf, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde 1. der VR in Paris, 2. der WD in London und 3. der CR in London, sämtliche vertreten durch Dr. Max Josef Allmayer-Beck, Rechtsanwalt in Wien I, Parkring 2, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MDR-B VII-11 u. 12/86, betreffend einen baubehördlichen Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom wurde den Beschwerdeführern als Eigentümer des Hauses in Wien 7., EZ. nnn des Grundbuches über die Kat.Gem. Neubau, unter Berufung auf § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, binnen zwei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides "die grellrote Klebefolie auf sämtlichen Portalflächen des Geschäftslokales an der Gebäudeecke und des in der Front Kirchengasse angrenzenden Geschäftslokales entfernen zu lassen".
In der Begründung ihres Bescheides wies die Berufungsbehörde darauf hin, dass sämtliche Portalflächen dieser Geschäftslokale mit einer grellroten Klebefolie mit schwarzem Aufdruck überklebt seien. Die für das Stadtbild zuständige Fachabteilung (Magistratsabteilung 19) habe in einem Gutachten festgestellt, dass diese Portalgestaltung einen optisch weithin sichtbaren Gegensatz zur ausgewogenen und harmonischen Fassadenarchitektur des gesamten Hauses Kirchengasse bilde und das örtliche Stadtbild gröblich störe. Nach Meinung der Berufungsbehörde sei durch das großflächige Verkleben aller Portalflächen des Ecklokales mit grellroter Folie jedenfalls das äußere Ansehen des Gebäudes, das einheitlich hellbeige verputzt sei, geändert worden. Eine derartige Änderung unterliege der Bewilligungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien; eine solche Bewilligung sei nicht erteilt worden. Gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung seien Abweichungen von den Bauvorschriften zu beheben und es sei der vorschriftswidrige Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden sei, zu beseitigen. Der Verwaltungsgerichtshof sei stets davon ausgegangen, dass die Verantwortung für den ordnungsgemäßen, das heiße den jeweiligen baurechtlichen Normen entsprechenden Zustand von Baulichkeiten im öffentlich-rechtlichen Bereich grundsätzlich den Eigentümer dieser Baulichkeiten treffe.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, dass für die Tatbestandsmäßigkeit des § 60 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien eine "Bauführung" notwendig sei, weshalb das bloße Verkleben von Portalflächen eines Geschäftslokales mit Klebefolien schon deshalb keine bewilligungspflichtige Veränderung darstelle, weil damit keine Bauführung verbunden sei. Im übrigen könne die zitierte Regelung auch im Hinblick darauf nicht zur Anwendung kommen, weil das Verkleben der Portalflächen im Inneren des Gebäudes erfolgt sei.
Gemäß § 60 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien ist für Änderungen oder Instandsetzungen von Gebäuden und baulichen Anlagen, wenn diese von Einfluss auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken.
Bewilligungspflichtig sind demnach Änderungen von Gebäuden, durch die das äußere Ansehen derselben geändert wird, wobei sich keine Anhaltspunkte dafür finden, dass von dieser Regelung nur solche Änderungen umfasst sind, welche den Gegenstand einer baulichen Maßnahme bilden. Wenngleich sich das in Rede stehende Gebäude entsprechend dem dem Verwaltungsakt angeschlossenen Plan nicht in, sondern nur am Rande einer Schutzzone befindet, kann zur Stützung der Richtigkeit dieser Ansicht auf die Vorschrift des § 60 Abs. 1 lit. e leg. cit. verwiesen werden, wonach Änderungen an Gebäuden in Schutzzonen, die die äußere Gestaltung, den Charakter oder den Stil eines Gebäudes beeinflussen, einer baubehördlichen Bewilligung bedürfen, welche nur erteilt werden darf, wenn die äußere Gestaltung, der Charakter und der Stil des Gebäudes, insbesondere der Maßstab, der Rhythmus, die Proportion, die technologische Gestaltung und die Farbgebung gewahrt bleiben ...... Auch aus § 85 Abs. 1 der Bauordnung für Wien, wonach das Äußere der Gebäude und die baulichen Anlagen nach Bauform, Baustoff und Farbe so beschaffen sein muss, dass es die einheitliche Gestaltung des örtlichen Stadtbildes nicht stört, lässt sich ableiten, dass die bloße Farbgebung eines Gebäudes ein von der Baubehörde unter dem Gesichtspunkt des örtlichen Stadtbildes wahrzunehmendes Kriterium darstellt und die Baubehörde sohin im Hinblick auf die Regelung des § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien berechtigt ist, eine wegen ihres Ausmaßes das örtliche Stadtbild störende, baubehördlich nicht genehmigte Farbgebung, auch wenn sie nur durch die Aufbringung entsprechend gefärbter Folien erfolgt, als Abweichung von den Bauvorschriften zu qualifizieren, welche einen baupolizeilichen Entfernungsauftrag rechtfertigt. Diese Erwägungen zeigen auch, dass dem von den Beschwerdeführern erhobenen Einwand, das Verkleben der Portalflächen sei im Inneren des Gebäudes erfolgt, im gegebenen Zusammenhang keine entscheidende Bedeutung zukommt, solange davon auszugehen ist, dass der Erfolg dieser Maßnahme auf das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes von wesentlichem Einfluss ist.
Wie sich aus den dem Verwaltungsakt angeschlossenen fotografischen Aufnahmen in Verbindung mit dem in der Begründung des angefochtenen Bescheides erwähnten (von den Beschwerdeführern auch in der Beschwerde unwidersprochen gelassenen) Gutachten der zuständigen Fachabteilung ergibt, stellt die in Rede stehende (baubehördlich nicht bewilligte) Portalgestaltung eine gröbliche Störung des Stadtbildes dar, weshalb der den - im Sinne des § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien als Eigentümer des Gebäudes für dessen Zustand verantwortlichen - Beschwerdeführern erteilte baupolizeiliche Entfernungsauftrag im Gesetz gedeckt ist.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | BauO Wr §129 Abs10; BauO Wr §60 Abs1 litc; BauO Wr §85 Abs1; BauRallg; |
Sammlungsnummer | VwSlg 12543 A/1987 |
Schlagworte | Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4 Baubewilligung BauRallg6 Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1 Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1987:1987050098.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
NAAAE-34440