VwGH vom 27.02.1996, 95/05/0279

VwGH vom 27.02.1996, 95/05/0279

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des M und der KR in W, beide vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR - B XIX - 53/95, betreffend Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der EZ n2, KG U; ihr Rechtsvorgänger im Eigentum hat im Jahre 1993 um Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen angesucht. Nach einer Verhandlung vom , an der auch der Erstbeschwerdeführer teilgenommen hat und in deren Verlauf die Erschließung der Liegenschaft EZ n1 durch einen 3 m breiten Zugang über die Liegenschaft EZ n2 erörtert wurde, erließ der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, mit Datum vom einen Bescheid über die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen, in dem unter anderem ausgesprochen wurde, daß nach Maßgabe des § 17 Abs. 1 der Bauordnung für Wien im Plan gelb angelegte Grundflächen in das öffentliche Gut (Bellevuestraße) zu übertragen seien und die im Plan blau angelegte Teilfläche des Grundstückes n/1 im Ausmaß von rund 149 m2 (3 m breite Fahnenzufahrt) zum Nachbargrundstück Nr. n/6 in EZ n1 abzutreten sei. Die weitere Gültigkeit der Bekanntgabe wurde gemäß § 11 der Bauordnung für Wien zuletzt am bestätigt.

Am beantragten die Beschwerdeführer die Erteilung der Baubewilligung für ein Wohnhaus mit Garage auf dem Grundstück Nr. n/1 in EZ n2, KG U (Wien, B-Straße 27). Im beigelegten Einreichplan war der Bauplatz der Beschwerdeführer so eingetragen, daß sowohl die Abtretung zur Bellevuestraße (gelb lasiert) als auch die 3 m breite Abtretung zum Grundstück Nr. n/6 (blau lasiert) enthalten waren.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom wurde sodann den Beschwerdeführern unter I. gemäß § 70 der Bauordnung für Wien die Bewilligung erteilt, aufgrund der mit Bescheid vom bekanntgegebenen Bebauungsbestimmungen ein viergeschoßiges Einfamilienhaus zu errichten. Unter II. wurde ihnen gemäß § 71 BO auf jederzeitigen Widerruf die Bewilligung erteilt, an der Baulinie eine Kleingarage zu errichten. Vorgeschrieben wurde unter anderem, daß die unter II. bewilligten baulichen Herstellungen auf jederzeit mögliches Verlangen der Behörde ohne Anspruch auf Entschädigung oder den Ersatz irgendwelcher Kosten abzutragen sei, unter Punkt 22 wurde den Beschwerdeführern vorgeschrieben, die mit Bescheid vom genehmigte Grundabteilung längstens bis zur Erteilung der Benützungsbewilligung grundbücherlich durchzuführen. Dem Bescheid vom lag ein Abteilungsplan der Beschwerdeführer zugrunde, nach dem sowohl die Abtretung zur Bellevuestraße als auch zum Nachbargrundstück in Form eines 3 m breiten Grundstücksstreifens Antragsgegenstand waren.

Gegen den Bescheid vom brachten die Beschwerdeführer die Berufung ein, in der sie ausdrücklich darauf hinwiesen, nur gegen den Teil des Bescheides über die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vom zu berufen, wonach die im Plan blau angelegte Teilfläche im Ausmaß von rund 149 m2 zum Nachbargrundstück n/6 in EZ n1 abzutreten sei. Die Berufung beschränke sich ausdrücklich auf die Bekämpfung des vorstehend wörtlich zitierten Teiles des Bescheides vom , ausdrücklich wurde festgehalten, daß im übrigen der gesamte Bescheid vom und der restliche Teil des Bescheides vom unbekämpft bleibe und daher in Rechtskraft erwachse.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, gemäß § 9 Abs. 7 der Bauordnung für Wien sei gegen den Bescheid, mit welchem die Bebauungsbestimmungen bekanntgegeben werden, eine abgesonderte Berufung nicht zulässig. Eine Berufung könne nur mit der Berufung gegen einen Bescheid VERBUNDEN werden, der sich auf die Bekanntgabe oder Verweigerung der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen stütze. Daraus folge, daß eine zulässige Berufung gegen den Bekanntgabebescheid stets ein gleichzeitig erhobenes Rechtsmittel gegen den Bescheid über die Grundabteilung oder Baubewilligung voraussetze. Im vorliegenden Fall hätten die Beschwerdeführer in ihrer Berufungsschrift ausdrücklich ausgeführt, daß der gesamte Bescheid vom unbekämpft bleibe und daher in Rechtskraft erwachse. Die Beschwerdeführer hätten entweder im Verfahren um Genehmigung der Grundabteilung oder im Baubewilligungsverfahren einen Plan vorlegen müssen, der die in Frage stehende Fläche (Fahnenzufahrt) als Teil des Bauplatzes ausgewiesen hätte. Gegen die Ablehnung eines solchen Ansuchens wäre es den Beschwerdeführern freigestanden zu berufen und zugleich damit ihre Berufung gegen den Bekanntgabebescheid zu verbinden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 7 der Bauordnung für Wien in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 34/1992 (BO) ist gegen den Bescheid, durch den die Bebauungsbestimmungen bekanntgegeben werden oder durch den bekanntgegeben wird, daß infolge des Bestehens einer Bausperre die Bebauungsbestimmungen nicht bekanntgegeben werden, und gegen einen Bescheid über die Festsetzung einer vorläufigen Höhenlage gemäß Abs. 5 eine abgesonderte Berufung nicht zulässig. Eine Berufung kann nur mit der Berufung gegen einen Bescheid verbunden werden, der sich auf die Bekanntgabe oder Verweigerung der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen stützt.

Diese Bestimmung bedeutet nicht, wie die Beschwerdeführer zutreffend ausführen, daß ein Bescheid, mit dem die Bebauungsbestimmungen bekanntgegeben werden, nicht der Anfechtung unterliegt, sondern nur, daß dies nicht durch eine abgesonderte (selbständige) Berufung, sondern mit der Berufung gegen jenen späteren Bescheid erfolgen muß, der über das nachfolgende Bauansuchen ergeht. Zutreffend weisen die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auch auf Krzizek, System des österreichischen Baurechtes I, 297 ff, sowie auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. 4145 und 4146. Die Beschwerdeführer erachten es aber als unerheblich, ob der Bescheidadressat ausschließlich durch den Inhalt des "Bekanntgabebescheides" in seinen Rechten beeinträchtigt werde oder auch durch andere Teile des Baubewilligungsbescheides, und zwar schon deshalb, weil der Inhalt des "Bekanntgabebescheides" Teil des Baubescheides werde. Es sei durch keine wie immer geartete Gesetzesbestimmung gedeckt, daß der einzig mögliche Weg, einen inhaltlich verfehlten "Bekanntgabebescheid" nach § 9 BO zu bekämpfen, der wäre, ein diesem Bekanntgabebescheid widersprechendes Bauansuchen einzubringen.

Mit diesen Ausführungen sind die Beschwerdeführer nicht im Recht. Die gesetzliche Grundlage für eben die von ihnen geschilderte Vorgangsweise bildet § 9 Abs. 7 letzter Satz BO. Ausdrücklich ist dort normiert, daß eine Berufung gegen den Bekanntgabebescheid nur mit der Berufung gegen einen Bescheid VERBUNDEN werden kann, der sich auf die Bekanntgabe oder Verweigerung der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen stützt. Wenn die Beschwerdeführer ein Bauansuchen in Übereinstimmung mit dem Bekanntgabebescheid gestellt haben, dann haben sie damit auch zum Ausdruck gebracht, daß sie mit diesem Bescheid einverstanden sind.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Beschluß vom , Slg. Nr. 4145, sowie in seinem Erkenntnis vom selben Tage, Slg. Nr. 4146, ausgesprochen, daß die Bekämpfung des Bekanntgabebescheides zusammen mit einer Berufung in einer Entscheidung über ein Abteilungs- oder ein Baubewilligungsansuchen nur dann sinnvoll sei, wenn vom Berufungswerber die Behauptung aufgestellt werde, daß sein Ansuchen deshalb zu Unrecht abgelehnt wurde, weil es vom Inhalt des Bekanntgabebescheides abweicht oder weil der Bekanntgabebescheid rechtswidrig ist. Zum Argument der damaligen Beschwerdeführer, daß diese Regelung unzweckmäßig sei, hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom ausgeführt, daß diese Frage nicht Gegenstand der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sein könne, weil dieser seine Entscheidung lediglich nach verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu fällen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hegt im vorliegenden Beschwerdefall keine Bedenken gegen die eindeutige Regelung des § 9 Abs. 7 letzter Satz BO, wäre es doch den Beschwerdeführern freigestanden, ihr Ansuchen um Erteilung der Abteilungs- bzw. Baubewilligung so zu gestalten, daß die Abteilung des 3 m breiten Streifens zum Nachbargrundstück (Fahnengrundstück) nicht enthalten ist.

Mit Recht hat daher die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer, die sich ausdrücklich und ausschließlich gegen eine Festlegung des Bekanntgabebescheides gerichtet hat, als unzulässig zurückgewiesen. Wenn in der Beschwerde nunmehr ausgeführt wird, die Beschwerdeführer erachteten sich dadurch beschwert, daß eine Bewilligung nur nach § 71 anstatt nach § 70 BO erteilt wurde, verschiedene Auflagen im Baubewilligungsbescheid griffen unmittelbar in ihre Rechte ein, so gehen sie damit über den Rahmen des Prozeßthemas hinaus, das sie mit ihrer Berufungsschrift abgegrenzt haben. In dieser haben sie, wie bereits ausgeführt, ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie keinen Teil des Baubewilligungsbescheides bekämpften.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.