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VwGH 10.10.1995, 95/05/0192

VwGH 10.10.1995, 95/05/0192

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
LStG OÖ 1991 §10 Abs1;
LStG OÖ 1991 §10;
RS 1
Für die Feststellung des Gemeingebrauches eines Weges gem § 10 Abs 1 OÖ LStG 1991 kommt es in jenen Fällen, in welchen die
Normen
LStG OÖ 1991 §10 Abs1;
LStG OÖ 1991 §10;
RS 2
Auch das OÖ LStG 1991 gibt selbst keinen Hinweis darauf, in welchem Rahmen der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Setzen der Maßnahmen, die die Wegbenützung behindert haben, und der Einleitung des Feststellungsverfahrens bestehen müsse, es ist daher auch in diesem Fall davon auszugehen, daß Hinderungsmaßnahmen nicht länger als drei Jahre vor Einleitung des betreffenden Feststellungsverfahrens zurückliegen dürfen (Hinweis E , 93/05/0210, hinsichtlich der vergleichbaren Bestimmung des NÖ LStG). Ist dieser erforderliche zeitliche Zusammenhang mit der Einleitung des Feststellungsverfahrens und der gegenwartsbezogenen Benützung nicht mehr gegeben, so kommt es auf die in diesem Zeitpunkt allenfalls verwirklichte allgemeine ungehinderte Benützung während eines Zeitraumes von mindestens dreißig Jahren nicht mehr an.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des L in T, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BauR-011018/5-1995 Ba/Lg, betreffend ein straßenrechtliches Verfahren (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Oberneukirchen, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Wegparzelle Nr. n1,

KG X.

Mit einer Eingabe vom hatten Anrainer bei der mitbeteiligten Marktgemeinde den Antrag auf Einleitung eines Feststellungsverfahrens nach § 3 des Oberösterreichischen Landesstraßen-Verwaltungsgesetzes 1975 (LStVG) gestellt. Nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen stellte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom fest, daß das Grundstück Nr. n1, KG X, kein öffentlicher Weg sei, weil ein dringendes Verkehrsbedürfnis nicht gegeben sei. Die dagegen von den Anrainern erhobene Berufung wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom mangels Parteistellung der Anrainer als unzulässig zurück, eine Vorstellung der Anrainer hat die belangte Behörde mit Bescheid vom abgewiesen, die dagegen erhobene Beschwerde der Anrainer hat der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom , Zlen. 90/05/0198, 0199, 0200, 0202, als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im wesentlichen damit begründet, daß den bloß am Gemeingebrauch interessierten Antragstellern keine Parteistellung zukomme und zwar auch dann nicht, wenn über ihr Begehren ein Feststellungsverfahren gemäß § 4 LStVG eingeleitet worden sei.

Mit einem am bei der mitbeteiligten Marktgemeinde eingelangten Schreiben beantragten mehrere Anrainer die Durchführung eines Feststellungsverfahrens gemäß § 10 des Oberösterreichischen Straßengesetzes 1991 betreffend das obgenannte Grundstück. Es wurde ausgeführt, gemäß Landesgesetz vom sei das Oberösterreichische Straßengesetz insofern modifiziert worden, als das Tatbestandsmerkmal des dringenden Verkehrsbedürfnisses weggefallen sei.

Am wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der mehrere Anrainer - zusammengefaßt - aussagten, daß der gegenständliche Weg seit Menschengedenken benützt worden sei, bis im Jahre 1978 zu Beginn des ca. 570 m langen Weges eine Fahrverbotstafel mit dem Zusatz "ausgenommen Hausnummer 21, 23, 46 - Benützung auf eigene Gefahr" angebracht worden sei. Im Jahre 1982 sei am Ende des ca. 570 m langen Weggrundstückes mitten auf dem Weg (an der Gemeindegrenze) ein Eisensteher angebracht worden, es bestehe seither lediglich die Möglichkeit, mit einem Fahrrad oder einem Moped durchzufahren. Die Gesamtlänge des Weges betrage ca. 670 m, seit der Errichtung des Güterweges G (1982) werde zumindest der Teil hinter dem Eisensteher nicht mehr benötigt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde festgestellt, daß der in dem einen Spruchbestandteil bildenden Lageplan rot dargestellte Weg, der das Grundstück Nr. n1 umfaßt und in der Folge auch über das Grundstück Nr. n2, KG X, bis zur Gemeindegrenze führt, ein öffentlicher Weg der Marktgemeinde Oberneukirchen sei. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, das Ermittlungsverfahren habe eindeutig ergeben, daß der Weg vor der Errichtung des Güterweges "G" im Jahre 1982 seit mehr als 30 Jahren unabhängig vom Willen des Grundeigentümers und dritter Personen im Gemeingebrauch für Verkehrszwecke aller Art benützt worden sei, ohne daß hiefür eine ausdrückliche Widmung vorgelegen sei. Der Weg habe nicht nur zur Aufschließung der entlang des Weges befindlichen Anwesen, sondern seit Menschengedenken auch als Verbindungsweg zwischen den Gemeinden Vorderweißenbach und Oberneukirchen gedient.

Aufgrund der Berufung des Beschwerdeführers hat der Gemeinderat mit Bescheid vom den erstinstanzlichen Spruch insofern ergänzt, als die Wegbreite mit 2,10 m bis 2,50 m - so wie in der Natur feststellbar - festgelegt wurde; im übrigen wurde die Berufung abgewiesen.

Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom keine Folge gegeben.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom , B 1827/95-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgebliche Bestimmung des Oberösterreichischen Straßengesetzes 1991, LGBGl. Nr. 84, in der Fassung LGBl. Nr. 111/1993, hat nachstehenden Wortlaut:

"§ 10

Feststellung des Gemeingebrauchs

(1) Werden Grundstücke oder Grundstücksteile seit mindestens 30 Jahren unabhängig vom Willen des Grundeigentümers und dritter Personen im Gemeingebrauch für Verkehrszwecke benützt, ohne daß hiefür eine ausdrückliche Widmung vorliegt, so hat die Behörde über Antrag des Grundeigentümers oder von Amts wegen durch Bescheid das Vorliegen des Gemeingebrauchs festzustellen. Ein amtswegiges Verfahren ist jedenfalls einzuleiten, wenn dies von mehr als zwei Verkehrsinteressenten verlangt wird.

(2) Der Feststellung hat eine mit einem Augenschein an Ort und Stelle zu verbindende mündliche Verhandlung vorauszugehen; diese Verhandlung ist öffentlich zugänglich. Zur Verhandlung sind die betroffenen Grundeigentümer und dinglichen Berechtigten als Parteien zu laden. Jene der Behörde bekannten Personen, die an der Feststellung des Gemeingebrauchs ein berechtigtes Interesse besitzen, sind davon in geeigneter Weise zu verständigen.

(3) Der Bescheid hat die Grundstücke oder Grundstücksteile, die im Gemeingebrauch benützt werden, genau zu bezeichnen. Mit der rechtskräftigen Feststellung des Gemeingebrauchs ist die Straße öffentlich und gilt als Verkehrsfläche der Gemeinde."

Der Begründung ihres Bescheides zufolge ist die belangte Behörde davon ausgegangen, es sei aufgrund der vorgelegten Verwaltungsakten als erwiesen anzusehen, daß die heute noch öffentliche Wegparzelle Nr. n3, KG Y, und die Wegparzelle Nr. n1, KG X, seit Menschengedenken eine durchgehende Verbindung dargestellt hätte und diese von jedermann uneingeschränkt als Fahr- und Gehweg benützt werden konnte, bis etwa 1978 durch Maßnahmen der seinerzeitigen Grundeigentümer der Gemeingebrauch mit Ausnahme von Servitutsberechtigten durch Aufstellung einer Verbotstafel verhindert worden sei. Weitere Behinderungen seien in den nachfolgenden Jahren durch Aufstellen eines Eisenstehers sowie die Errichtung eines Zaunes entlang des Straßenrandes erfolgt.

Voraussetzung für die Erlassung eines Feststellungsbescheides ist, daß die bestimmten Grundstücke während eines der Einleitung des Feststellungsverfahrens vorausgehenden ununterbrochenen Zeitraumes von mindestens 30 Jahren im Gemeingebrauch für Verkehrszwecke benützt worden sind, wobei es nach Auffassung des Gerichtshofes in jenen Fällen, in welchen die - weitere - Benützung eines Weges etwa durch entsprechende Maßnahmen des Grundeigentümers, die das Feststellungsverfahren ausgelöst haben, verhindert worden ist, darauf ankommt, daß der Weg bis zu diesem Zeitpunkt mindestens 30 Jahre im erwähnten Sinn benützt worden ist. Die im Gesetz genannte 30-Jahresfrist muß gegenwartsbezogen sein, weil es darauf ankommt, ob die Straße "benützt WIRD" und nicht etwa, ob sie - irgendwann, also allenfalls auch vor Jahrzehnten - 30 Jahre lang "benützt WURDE".

Mit der Problematik, wie lange der Zeitraum sein kann, ab welchem Hinderungsmaßnahmen des Grundeigentümers unterbrechend wirken, hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt auseinandergesetzt. So hat er schon im Erkenntnis vom , Zl. 2039/56, ausgesprochen, daß eine im Jahre 1955 vorgenommene Hinderungshandlung (der Berufungsbescheid datierte mit ) außer Betracht zu bleiben habe, weil es sich "um den Anlaß des Streites gehandelt habe, über den im vorliegenden Verfahren entschieden wurde". Genauso wurde mit Erkenntnis vom , Zl. 94/05/0225 (ergangen zum Oberösterreichischen Straßengesetz 1991), darauf abgestellt, daß es bei Hinderungshandlungen 1 Jahr vor dem Feststellungsverfahren, die das Verwaltungsverfahren ausgelöst haben, nur darauf ankommt, daß zuvor volle 30 Jahre Gemeingebrauch bestand. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom , Zl. 93/05/0210, zur vergleichbaren Bestimmung des Niederösterreichischen Landesstraßengesetzes, LGBl. Nr. 8500-0 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 8500-3, nach Zusammenfassung der bisherigen Rechtsprechung ausgeführt, daß, da das Landesstraßengesetz zur Lösung der Frage, in welchem Rahmen ein zeitlicher Zusammenhang bestehen müsse, nichts hergebe, auf die Bestimmungen des ABGB über die Freiheitsersitzung zurückgegriffen werden müsse, um ein in materieller Hinsicht ähnliches Ergebnis zu erzielen; es sei daher naheliegend, im Falle der Behinderung des (seit 30 Jahren bestehenden) Gemeingebrauches die Bestimmung des § 1488 ABGB analog heranzuziehen. Zusammengefaßt kam der Gerichtshof in diesem Erkenntnis zur Ansicht, es komme darauf an, ob und inwieweit schon 3 Jahre vor der Einleitung des Feststellungsverfahrens (Zustellung der Ladung zur Verhandlung) nachhaltig die Wegbenützung behindert worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, im vorliegenden Fall von dieser Rechtsansicht abzugehen. Auch das Oberösterreichische Straßengesetz 1991 gibt selbst keinen Hinweis dadauf, in welchem Rahmen der zeitliche Zusammenhang bestehen müsse, es ist daher auch in diesem Fall davon auszugehen, daß Hinderungsmaßnahmen nicht länger als 3 Jahre vor Einleitung des betreffenden Feststellungsverfahrens zurückliegen dürfen.

Nun geht aber selbst die belangte Behörde davon aus, daß bereits im Jahre 1978 eine Fahrverbotstafel aufgestellt wurde und eine weitere Behinderung durch die in den Weg gerammte Eisensperre (im Jahre 1982) erfolgte.

Schon damit ist aber der erforderliche zeitliche Zusammenhang mit der Einleitung des Feststellungsverfahrens und der gegenwartsbezogenen Benützung nicht mehr gegeben, sodaß es auf die vor diesem Zeitpunkt allenfalls verwirklichte allgemeine ungehinderte Benützung während eines Zeitraumes von mindestens 30 Jahren nicht mehr ankommt. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Mit Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr.416/1994.

Das Mehrbegehren für den in der genannten Verordnung festgesetzten Schriftsatzaufwand übersteigenden Betrag war abzuweisen, ebenso wie die beantragte Zuerkennung der Umsatzsteuer, da diese im pauschalierten Aufwandersatz bereits enthalten ist. Die beantragte Vergütung der Vergebührung der Beschwerde, soweit diese an den Verfassungsgerichtshof gerichtet war, war ebenfalls abzuweisen, da sie sich nicht auf das gegenständliche verwaltungsgerichtliche Verfahren bezog.

Zusatzinformationen


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Normen
LStG OÖ 1991 §10 Abs1;
LStG OÖ 1991 §10;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1995:1995050192.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAE-34121

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