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VwGH vom 28.01.1987, 86/13/0133

VwGH vom 28.01.1987, 86/13/0133

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Iro, Dr. Drexler und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rat Dr. Papierer, über die Beschwerde des EB in W, vertreten durch Dr. Gerhard Hickl, Rechtsanwalt in Wien I, Getreidemarkt 18, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7 - 1609/86, betreffend Stundung eines Abgabenrückstandes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom teilte der Beschwerdeführer dem Finanzamt mit, er habe in verschiedenen anhängigen Vollstreckungsverfahren einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragt. Der ihm durch eine Kontonachricht bekanntgegebene Abgabenrückstand von S 386.193,50 sei ihm völlig unverständlich. Vermutlich seien rechtswidrige Abgabenbescheide ergangen, die ihm aber das Finanzamt nicht rechtswirksam zugestellt habe. Es werde daher beantragt, diese Bescheide dem bevollmächtigten Rechtsanwalt zuzustellen und "der eingebrachten Äußerung aufschiebende Wirkung (hemmende) zuzuerkennen".

Das Finanzamt erblickte in der Eingabe ein Stundungsansuchen und wies dieses bescheidmäßig mit folgender Begründung ab:

"Die Gewährung von Zahlungserleichterungen setzt eine Besicherung voraus. Die Bescheide wurden rechtskräftig zugestellt, daher ist kein Abfall zu erwarten".

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer persönlich zugestellt. Dieser erhob Berufung. Als Berufungsgründe brachte er vor, die Zustellung des Bescheides sei zu unrecht an ihn und nicht an seinen zustellungsbevollmächtigten Vertreter erfolgt, ihm sei kein Parteiengehör gewährt worden, der Bescheid enthalte keine Beweiswürdigung und es sei nicht erkennbar, aus welchen Gründen das Finanzamt davon ausgehe, daß die Abgabenbescheide rechtswirksam zugestellt worden seien. Tatsächlich seien die Abgabenbescheide hinterlegt, aber nicht behoben und nach Verstreichung der Hinterlegungsfrist an das Finanzamt zurückgesandt worden. Der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der Zustellung ortsabwesend gewesen; eine rechtswirksame Zustellung der Abgabenbescheide sei daher nicht erfolgt, sodaß auch kein vollstreckbarer Abgabenanspruch bestehe. "Aus all diesen Erwägungen heraus wäre es tunlich, zweckdienlich und auch im Einklang mit der Prozeßökonomie, den nachstehend nochmals begehrten Zahlungserleichterungen stattzugeben, denn im gegenteiligen Fall müßte der Abgabepflichtige weitere verfahrensrechtliche Schritte in Angriff nehmen, wie etwa Einwendungen gegen den Anspruch u.ä.".

Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung ab. Gemäß § 22 Abgabenexekutionsordnung sei im Vollstreckungsverfahren eine Zustellung an den Abgabepflichtigen persönlich auch dann zulässig, wenn dieser einen Zustellungsbevollmächtigten namhaft gemacht habe. Was die Zustellung der Abgabenbescheide anlange, so werde auf das seitens des Veranlagungsreferates ergangene Schreiben vom (den Verwaltungsakten nicht angeschlossen) verwiesen. Die Gewährung von Zahlungserleichterungen setze voraus, daß die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet werde. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, denn die "Vermögenslage des Abgabepflichtigen ist allein schon dazu angetan darin eine Gefährdung der Einbringung zu erblicken ....".

Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage seiner Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Das Finanzamt habe seine Vermögenslage, ohne hierüber konkrete Feststellungen zu treffen, zum Anlaß genommen, um die Einbringlichkeit der Abgaben als gefährdet zu bezeichnen. Eine solche Gefährdung liege aber nicht vor, weil der Beschwerdeführer einer geregelten Tätigkeit nachgehe. Abgesehen davon "sind die verschiedenen eingebrachten Rechtsbehelfe und -mittel, in denen behauptet wird, daß keine der Rechtskraft fähige festgesetzte Abgabenschuld bestehe, noch nicht endgültig durch die Abgabenbehörde rechtsgültig erledigt worden".

Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Auf Grund der aktenkundigen ungünstigen wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers sei mit Rücksicht auf den aushaftenden Abgabenrückstand von derzeit mehr als S 800.000,-- ohne Zweifel der Gefährdungstatbestand bezüglich der Abgabeneinbringlichkeit gegeben. Der Beschwerdeführer habe jene Umstände nicht angegeben, die auf die behauptete Verletzung des Parteiengehörs schließen ließen. Auch müsse beachtet werden, daß mit der Berufungsentscheidung ausschließlich über die beantragte Zahlungserleichterung abzusprechen sei. Der Beschwerdeführer habe es verabsäumt, jene Umstände in zweifelsfreier Weise darzulegen, auf die ein Zahlungserleichterungsansuchen gestützt werden kann. Die Zustellung der Abgabenbescheide sei durch Hinterlegung erfolgt. Daß diese Postsendungen nicht vom Beschwerdeführer behoben, sondern an die Abgabenbehörde zurückgestellt worden seien, habe auf die rechtswirksam vollzogene Zustellung keinen Einfluß. Diese hätte nur dann keine Rechtswirkung entfalten können, wenn der Beschwerdeführer die Räumlichkeiten der Zustelladresse nicht (dauernd) benützt hätte. Dies sei aber weder behauptet noch nachgewiesen worden.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.

Der Beschwerdeführer hat sein Zahlungserleichterungsansuchen -

daß die belangte Behörde zu Recht von einem solchen ausgegangen ist, hat der Beschwerdeführer nicht bestritten ausschließlich damit begründet, ihm seien die dem Abgabenrückstand zugrundeliegenden Abgabenbescheide nicht rechtswirksam zugestellt worden. Damit behauptet er aber nichts anderes, als daß die Ausstellung des Rückstandsausweises als Exekutionstitel gemäß § 229 BAO zu Unrecht erfolgt sei, weil für einen solchen die rechtswirksame Abgabenvorschreibung Voraussetzung gewesen wäre.

Zu Recht weist die belangte Behörde in der angefochtenen Entscheidung darauf hin, daß die Frage der rechtswirksamen Zustellung der Abgabenbescheide im Verfahren betreffend die Gewährung einer Zahlungserleichterung ebensowenig Entscheidungsgegenstand sein kann, wie etwa die inhaltliche Rechtswidrigkeit der Abgabenbescheide. So wie die Höhe einer festgesetzten Abgabenschuld nur mit Berufung gegen den betreffenden Abgabenbescheid bekämpft werden kann, so ist über die Behauptung, die Vollstreckbarkeit von Abgaben sei zu Unrecht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises bestätigt worden, nur in einem Verfahren gemäß § 15 Abs. 2 Abgabenexekutionsordnung abzusprechen. Im Zahlungserleichterungsverfahren wird das Vorbringen, die Abgaben seien zu hoch oder - wie im Beschwerdefall - überhaupt nicht rechtswirksam festgesetzt worden, nur insoweit von Bedeutung sein, als es eine erhebliche Härte darstellen kann, wenn vor Erledigung eines Rechtsmittelverfahrens betreffend die Abgabenvorschreibung bzw. vor Erledigung eines Antrages nach § 15 Abs. 2 Abgabenexekutionsordnung Abgabenschuldigkeiten vollstreckt werden, die offenkundig zu hoch oder überhaupt nicht festgesetzt wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/13/0067). Um eine derartige erhebliche Härte darzutun, ist es Sache desjenigen, der ein Zahlungserleichterungsansuchen stellt, die Umstände zu nennen und nach Möglichkeit zu beweisen, die für eine offenkundig unrechtmäßige bzw. überhaupt nicht erfolgte Abgabenvorschreibung sprechen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/17/0114). Der Beschwerdeführer hat zwar im Verwaltungsverfahren behauptet, daß die Zustellung der Abgabenbescheide deswegen nicht rechtswirksam durch Hinterlegung vorgenommen werden konnte, weil er "ortsabwesend gewesen sei". Er hat aber keine näheren Angaben über Ursache und Dauer dieser behaupteten Abwesenheit gemacht. Präzise Angaben in dieser Richtung wären aber erforderlich gewesen, um einen offenkundigen, nicht geheilten (§ 7 Zustellgesetz) Zustellmangel nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen. Das Beschwerdevorbringen, es seien als Beweismittel für die Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers Zeugen angeboten worden, findet in der Aktenlage keine Deckung. Da der Beschwerdeführer somit weder eine offenkundige Rechtsunwirksamkeit der Abgabenbescheide, noch einen anderen Grund nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht hat, der die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben als erhebliche Härte erscheinen hätte lassen, war sein Zahlungserleichterungsansuchen im Ergebnis zu Recht abzuweisen. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die belangte Behörde ihre abweisende Entscheidung damit begründet hat, im Hinblick auf die "aktenmäßigen" Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers wäre die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub gefährdet gewesen. Dieses Argument vermag nämlich den angefochtenen Bescheid deswegen nicht zu tragen, weil - was der Beschwerdeführer zu Recht rügt - im Zahlungserleichterungsverfahren keine aktenkundigen Feststellungen betreffend die Einkommens- und Vermögenslage des Beschwerdeführers getroffen wurden, sodaß dem Verwaltungsgerichtshof eine Nachprüfung dieser Argumentation auf ihre Richtigkeit hin nicht möglich ist. Wie aber bereits ausgeführt, erweist sich der angefochtene Bescheid im Ergebnis aus einem anderen Grund nicht als rechtswidrig, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 243.

Wien, am