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VwGH vom 25.05.1993, 92/05/0312

VwGH vom 25.05.1993, 92/05/0312

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der B in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR-B XVIII-41 u. 42/92, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: A G.m.b.H. in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Mag. Abt. 37, vom , wurde der mitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter Berufung auf § 70 der Bauordnung für Wien und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes die Bewilligung erteilt, nach den mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Plänen auf der Liegenschaft W, H-Straße 3, die nachstehende Bauführung vorzunehmen:

"Auf Grund der mit Bescheid der MA 37/V vom , Zl. MA 37/V-3591/91 bekanntgegebenen Bebauungsbestimmungen sollen zwei Wohnhäuser und ein Nebengebäude errichtet werden. Die Gebäude bestehen aus Keller, Erdgeschoß, 1. und 2. Stock, sowie aus zwei Dachgeschossen, bezeichnet als Terrassen und Dachgeschoß. An drei Seiten der Gebäude werden Erker vorgebaut. Im Erdgeschoß sollen zwei Garagen mit insgesamt sechs Doppelparkerstellplätzen hergestellt werden. Ein weiterer Stellplatz wird zwischen den beiden Gebäuden geschaffen. Weiters wird im Garten ein Nebengebäude mit drei Abstellräumen und einer Sanitärgruppe errichtet. Sämtliche Abwässer werden in den städtischen Mischwasserkanal abgeleitet. Ein Müllstandplatz wird im Bereich des Vorgartens geschaffen.

Der zwingenden Vorschrift des § 36 Abs. 1 Wr. Garagengesetz zur Schaffung von 7 Stellplätzen wird entsprochen."

Die von der Beschwerdeführerin anläßlich der Bauverhandlung am erhobenen Einwendungen wurden zum Teil als unbegründet abgewiesen und teilweise als unzulässig zurückgewiesen. Die schriftlichen Einwendungen der Beschwerdeführerin vom wurden als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom wurde die dagegen eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß der Abspruch über bestimmte Einwendungen der Beschwerdeführerin sowie der Ausspruch über die Zurückweisung ihrer schriftlichen Einwendungen vom zu entfallen haben.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Zunächst ist festzustellen, daß das Mitspracherecht der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in zweifacher Hinsicht beschränkt ist: Es besteht einerseits nur insoweit, als den Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen. Darüber hinaus ergibt sich aus § 42 Abs. 1 und 2 AVG, daß ein ordnungsgemäß zur Bauverhandlung geladener Nachbar nur dann mit seinen Einwendungen durchdringen kann, wenn er sie rechtzeitig vor oder während der Verhandlung vorgebracht hat; hinsichtlich später erhobener Einwendungen ist ein Nachbar als präkludiert anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. N. F. Nr. 10.317/A). In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch zum Ausdruck gebracht, daß die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde im Falle einer beschränkten Parteistellung des Berufungswerbers, wie sie für den Nachbarn im Baubewilligungsverfahren typisch ist, auf jenen Themenkreis eingeschränkt ist, in dem diese Partei mitzuwirken berechtigt ist. Die eingetretene Präklusion ist sowohl von der Berufungsbehörde als auch vom Verwaltungsgerichtshof zu beachten.

Da die Beschwerdeführerin selbst nach dem Vorbringen in der Beschwerde bei der Bauverhandlung keine Einwendungen gegen die Gebäudehöhe vorgebracht hat und daher insoweit Präklusion eingetreten ist, bestand für die belangte Behörde keine Verpflichtung, sich mit den diesbezüglichen Berufungsausführungen meritorisch auseinanderzusetzen. Damit erübrigt sich auch ein Eingehen auf jenes Vorbringen im letzten Absatz der Seite 16 der Beschwerde, welches der Überschreitung der Gebäudehöhe gewidmet ist. Ungeachtet dessen soll nicht unerwähnt bleiben, daß der Nachbar auf die Einhaltung der Bestimmung des § 87 Abs. 7 der Bauordnung für Wien, wonach der Fußboden aller Aufenthaltsräume nicht höher liegen darf als die für die Beurteilung der zulässigen Gebäudehöhe maßgebende Ebene, kein subjektiv-öffentliches Recht besitzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. N. F. Nr. 8317/A). Der belangten Behörde kann daher in diesem Zusammenhang keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Verletzung des Rechtes auf das Parteiengehör oder ein Verstoß gegen den Grundsatz der Amtswegigkeit angelastet werden. Auch hinsichtlich ihres Beschwerdevorbringens über die gesamte Fläche des Nebengebäudes ist die Beschwerdeführerin präkludiert. Im übrigen entspricht das Nebengebäude den Vorschriften des § 82 Abs. 4 der Bauordnung für Wien und ist daher als zulässig anzusehen (die Beschwerdeführerin geht ja selbst davon aus, daß das Nebengebäude "grundsätzlich möglich" ist), wobei der Behauptung der Beschwerdeführerin, daß bei diesem Nebengebäude "ein Abusus vorgeplant" sei, entgegengehalten werden muß, daß die Möglichkeit einer widmungswidrigen Verwendung von Räumlichkeiten jedenfalls nicht als Grund für die Versagung der Baubewilligung herangezogen werden darf, da im Rahmen des vorliegenden Baubewilligungsverfahrens lediglich zu prüfen war, ob das eingereichte Projekt der mitbeteiligten Partei nach Maßgabe der baurechtlichen Bestimmungen unter Bedachtnahme auf die Rechte der Nachbarn bewilligungsfähig ist (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/05/0102, BauSlg. Nr. 528).

Die belangte Behörde hat zutreffend die Auffassung vertreten, daß die Beschwerdeführerin mit ihrem auf die Einhaltung der seitlichen Baufluchtlinie gerichteten Vorbringen keine Verletzung eines ihr zustehenden subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes geltend gemacht hat, weil sich der Nachbar mit Erfolg nur auf jene Abstandsvorschriften berufen kann, die sich gegenüber seiner Liegenschaft auswirken (vgl. das

hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/06/0031, BauSlg. Nr. 557). Davon kann aber aus der Sicht der Beschwerdeführerin nicht die Rede sein, weil der Bauplatz der mitbeteiligten Bauwerberin von der gegenüber, nämlich in der H-Straße 2 gelegenen Eigentumswohnung der Beschwerdeführerin durch eine ca. 19 m breite öffentliche Verkehrsfläche getrennt ist. Im übrigen räumt die Bauordnung für Wien den Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Recht auf einen "Grünblick" ein. Die nunmehrige Behauptung in der Beschwerde, daß durch die Überschreitung der seitlichen Baufluchtlinie die maximal zulässige bebaubare Fläche überschritten werde, ist nach den mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Plänen aktenwidrig.

Auf das Vorbringen, die Bestimmungen des § 103 Abs. 2 der Bauordnung für Wien über die Stärke der Zwischendecken würden nicht eingehalten, ist schon deshalb nicht einzugehen, weil sich aus diesen Vorschriften keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte ergeben.

Die belangte Behörde hat zu den von der Beschwerdeführerin bemängelten Zufahrtsrampen in der Begründung des angefochtenen Bescheides nach einer Wiedergabe des Wortlautes des § 79 Abs. 6 der Bauordnung für Wien bemerkt, daß diese "ausschließlich zu Pflichtstellplätzen führen und daher grundsätzlich als zulässig angesehen werden müssen. Überdies sollen sie den Einreichunterlagen nach mit Rasensteinen ausgeführt werden, sodaß nicht davon gesprochen werden kann, daß die durch § 79 Abs. 6 BO zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Absicht, Vorgärten gärtnerisch auszugestalten, unterlaufen wird". Der Gerichtshof hält diese Auffassung für zutreffend und ist im übrigen der Meinung, daß die geplanten Rampen im Sinne des § 79 Abs. 6 zweiter Satz leg. cit. das unbedingt erforderliche Ausmaß nicht überschreiten, weil die Pflichtstellplätze nach den genehmigten Plänen so angeordnet sind, daß sie nicht allein über eine der beiden vorgesehenen, 5,58 m und 5,16 m breiten Rampen erreicht werden können. Eine Überschreitung der maximal zulässigen bebaubaren Fläche kann durch diese Rampen schon deshalb nicht bewirkt werden, weil Rampen nicht als bebaute Flächen im Sinne des § 80 der Bauordnung für Wien gelten.

Der Behauptung der Beschwerdeführerin, es würden "in exzessivem Ausmaß Gaupen errichtet", muß das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/05/0212, BauSlg. Nr. 1219, entgegengehalten werden, wonach § 81 Abs. 6 der Bauordnung für Wien keine Regelung enthält, durch wie viele Dachgauben der Gebäudeumriß und inwieweit durch jede einzelne Dachgaube der zulässige Gebäudeumriß umschritten werden darf. In diesem Erkenntnis wurde auch ausgesprochen, daß im Sinne des Grundsatzes der Baufreiheit gegen die Ausgestaltung des Dachgeschoßes mit fünf zur Liegenschaft der Nachbarn gerichteten Dachgauben nichts einzuwenden ist, zumal die Dachgauben nach den Plänen nicht den Eindruck einer geschlossenen Front machen. Entsprechend den genehmigten Bauplänen sollen auf der der im Miteigentum der Beschwerdeführerin stehenden Liegenschaft zugewandten Seite insgesamt fünf Gauben errichtet werden, sodaß dadurch im Sinne des erwähnten hg. Erkenntnisses keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte der Beschwerdeführerin verletzt werden.

Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin bestehen zwischen dem baubehördlich genehmigten Lageplan und dem dem Bescheid über die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vom zugrunde liegenden Plan weder hinsichtlich der Breite des Hauses 2 noch bezüglich des Abstandes desselben vom Haus 1 Divergenzen, da nach beiden Unterlagen das Haus 2 sechs Meter breit und vom Haus 1 acht Meter entfernt sein soll. Wer den handschriftlichen Vermerk "übertragen aus den Bebauungsbestimmungen vom " auf den Lageplan gesetzt hat, ist im gegebenen Zusammenhang rechtlich unerheblich, solange davon auszugehen ist, daß zwischen dem Lageplan und der erwähnten Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen in dieser Hinsicht keine Unterschiede bestehen.

Da sohin durch den angefochtenen Bescheid keine Rechte der Beschwerdeführerin verletzt worden sind, erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.