VwGH vom 18.09.2000, 2000/17/0108
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des H, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 962/1-2/Z-1990, betreffend Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.190,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anlässlich einer Nachschau im Betrieb des Beschwerdeführers stellten Kontrollorgane des Finanzamtes Ried im Innkreis am fest, dass sich im Tank von zwei dort befindlichen Zugmaschinen (Traktoren) des Beschwerdeführers rechtswidrig steuerbegünstigtes Gasöl befunden habe. In der Tatbeschreibung ordneten die Kontrollorgane an, den Tankinhalt der beiden Traktoren abzulassen.
Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom das Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, er habe am vorsätzlich 470 l steuerbegünstigtes Gasöl "verbotswidrig" verwendet, dadurch eine Abgabenhinterziehung an Bundesmineralölsteuer in der Höhe von S 1.195,-- bewirkt und damit ein Finanzvergehen nach § 6 Gasöl-StBG iVm § 33 Abs. 1 FinStrG begangen.
Am fand eine weitere Kontrolle der Zugmaschinen im Betrieb des Beschwerdeführers statt. Dabei wurde festgestellt, dass von einem der in der Zwischenzeit verwendeten Traktoren entgegen der Anordnung in der Tatbeschreibung das Gasöl nicht abgelassen, sondern ein Teil verbraucht worden sei und der Rest sich noch im Tank des Traktors befunden habe.
Das genannte Finanzamt stellte mit Bescheid vom (zugestellt am ) das eingeleitete Finanzstrafverfahren gemäß § 124 Abs. 1 FinStrG ein, weil der schriftlichen Rechtfertigung des Beschwerdeführers vom zu entnehmen gewesen sei, dass ihm ein schuldhaftes Verhalten nicht nachgewiesen werden könne.
Mit Bescheid vom (zugestellt am ) wurde gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, er habe am vorsätzlich 10 l steuerbegünstigtes Gasöl "verbotswidrig" verwendet und dadurch eine Abgabenhinterziehung an Bundesmineralölsteuer in Höhe von S 25,-- bewirkt.
Mit Erkenntnis vom erkannte das genannte Finanzamt als Finanzstrafbehörde I. Instanz den Beschwerdeführer schuldig am vorsätzlich 10 l steuerbegünstigtes Gasöl "verbotswidrig" verwendet und dadurch eine Abgabenhinterziehung an Bundesmineralölsteuer in Höhe von S 25,-- bewirkt und hiemit ein Finanzvergehen nach § 6 Gasöl-StBG iVm § 33 Abs. 1 FinStrG begangen zu haben. Über ihn wurde gemäß § 6 Abs. 3 Gasöl-StBG eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab und änderte den Spruch des Erkenntnisses dahingehend ab, dass lediglich 3,5 l steuerbegünstigtes Gasöl "verbotswidrig" verwendet worden sei und der Verkürzungsbetrag an Bundesmineralölsteuer nur S 8,89 betrage. Dies mit der Begründung, bei dem verwendeten Gasöl habe es sich um das im Tank verbliebene steuerbegünstigte Gasöl gehandelt, das der Beschwerdeführer zum Zweck des Grünfutterholens als Treibstoff für seine Zugmaschine verwendet habe. Dem Beschwerdeführer sei Vorsatz vorzuwerfen, weil ihm anlässlich der ersten Nachschau am angeordnet worden sei, das steuerbegünstigte Gasöl aus dem Tank des Traktors abzulassen, und er entgegen dieser Anordnung den Traktor mit dem steuerbegünstigten Gasöl im Tank in Betrieb gesetzt und damit steuerbegünstigtes Gasöl rechtswidrig verwendet habe. Er habe deswegen zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtbestrafung verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verfassungsgerichtshof wies den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes, bestimmte im Antrag näher bezeichnete Wortfolgen des § 6 Abs. 3 Gasöl-StBG als verfassungswidrig aufzuheben, mit dem Erkenntnis vom , G 102/96-10, ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgebenden Bestimmungen des Gasölsteuerbegünstigungsgesetzes lauten:
"§ 6. (1) Wer steuerbegünstigtes Gasöl verbotswidrig verwendet (§ 2) oder behandelt (§ 3 Abs. 4), macht sich, wenn er vorsätzlich handelt, einer Abgabenhinterziehung und, wenn er fahrlässig handelt, einer fahrlässigen Abgabenverkürzung schuldig. Der Verkürzungsbetrag ist der Unterschiedsbetrag zwischen der nicht ermäßigten und der nach § 1 ermäßigten Mineralölsteuer für die verbotswidrig verwendeten oder behandelten Gasölmengen.
...
(3) Abgabenhinterziehungen, fahrlässige Abgabenverkürzungen und Finanzordnungswidrigkeiten der in den Abs. 1 und 2 bezeichneten Art sind Finanzvergehen im Sinne des Finanzstrafgesetzes, BGBl. Nr. 129/1958, und nach diesem zu ahnden. Eine Geldstrafe hat jedoch im Falle einer Abgabenhinterziehung mindestens 20.000 S und im Falle einer fahrlässigen Abgabenverkürzung mindestens 5000 S zu betragen; § 25 des Finanzstrafgesetzes ist auf Abgabenhinterziehungen der im Abs. 1 bezeichneten Art nicht anzuwenden. Wurde steuerbegünstigtes Gasöl in einen Behälter eingefüllt, der mit der Antriebsmaschine eines Fahrzeuges, mit einer Maschine oder mit einem Motor in Verbindung steht, so unterliegt auch dieses Fahrzeug, diese Maschine oder dieser Motor dem Verfall, wenn der Täter schon einmal wegen einer Abgabenhinterziehung oder fahrlässigen Abgabenverkürzung der im Abs. 1 bezeichneten Art bestraft wurde und die Bestrafung nicht getilgt ist; für solche Fahrzeuge, Maschinen und Motoren gilt § 17 des Finanzstrafgesetzes sinngemäß. § 41 des Finanzstrafgesetzes gilt auch für Abgabenhinterziehungen der im Abs. 1 bezeichneten Art. Finanzordnungswidrigkeiten der im Abs. 2 bezeichneten Art sind nach § 51 Abs. 2 des Finanzstrafgesetzes zu bestrafen.
...
§ 2. (1) Die Verwendung von steuerbegünstigtem Gasöl zu einem anderen Zweck als zum Verheizen ist verboten.
(2) Steuerbegünstigtes Gasöl darf nicht in einem Behälter eingefüllt werden, der mit einem Motor in Verbindung steht. Steuerbegünstigtes Gasöl, das sich in einem solchen Behälter befindet, gilt als verbotswidrig verwendet."
Nach dieser Bestimmung ist jede andere Verwendung des Gasöls als zu Heizzwecken untersagt. Wird steuerbegünstigtes Gasöl in einen Behälter eingefüllt, der mit einem Motor in Verbindung steht, dann ist schon mit dieser Handlung für dieses steuerbegünstigte Gasöl die Abgabenschuld entstanden und der Straftatbestand verwirklicht. Auf eine tatsächliche Verwendung durch den anschließenden Verbrauch dieses in einem mit dem Motor verbundenen Tank befindlichen Gasöls kommt es dabei nicht an. Die rechtswidrige Verwendung ist demnach für das gesamte darin befindliche Gasöl bereits mit dem Einfüllen in den Tank erfolgt. Der Tatbestand des § 6 Abs. 1 Gasöl-StBG iVm § 2 Abs. 2 Gasöl-StBG ist damit verwirklicht (vgl. auch hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/17/0065).
Wird daher anlässlich einer Kontrolle festgestellt, dass sich in einem mit dem Motor verbundenen Tank steuerbegünstigtes Gasöl befindet, dann genügt für die Feststellung der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes das Vorhandensein des Gasöls in einem solchen Tank und es kommt nicht darauf an, ob durch Verbrennung im Motor bereits ein Teil des Gasöls auch schon verbraucht worden ist.
Der Verbrauch des rechtswidrig in den Tank eingefüllten Gasöls ist bei Inbetriebnahme des Motors keine weitere rechtswidrige Verwendung nach § 2 Abs. 1 Gasöl-StBG, weil das Gesetz einen besonderen Verwendungstatbestand im Fall des Einfüllens des steuerbegünstigten Gasöls in den mit einem Moor verbundenen Tank im § 2 Abs. 2 Gasöl-StBG normiert und dabei nicht auf die tatsächliche Verwendung abstellt. Solange das steuerbegünstigte Gasöl sich in einem mit einem Moor verbundenen Tank befindet, kann der Tatbestand der rechtswidrigen Verwendung nach § 2 Abs. 1 Gasöl-StBG nicht verwirklicht werden, weil für diesen Fall auf Grund der Sonderregelung der Tatbestand des § 2 Abs. 2 Gasöl-StBG anzuwenden ist. Die Verwendung durch den Verbrauch ist dabei eine straflose Nachtat.
Im Beschwerdefall wurde anlässlich der Nachschau am im Tank des Traktors des Beschwerdeführers steuerbegünstigtes Gasöl festgestellt und diesbezüglich ein Finanzstrafverfahren eingeleitet. Anlässlich einer weiteren Nachschau wurde noch vor der Einstellung des Finanzstrafverfahrens am festgestellt, dass das Gasöl aus dem Tank eines der Traktoren nicht abgelassen war, sondern sich zum Teil noch darin befunden hat und zum Teil verbraucht war. Ein weiteres Nachtanken mit steuerbegünstigtem Gasöl wurde jedoch nicht festgestellt.
Der angefochtene Bescheid wirft dem Beschwerdeführer vor, er habe 3,5 l Gasöl wegen Nichtbefolgung der Anordnung, es abzuschlauchen, anlässlich einer Fahrt mit dem Traktor verbraucht und damit widerrechtlich verwendet. Dabei übersieht die belangte Behörde, dass dieses Gasöl bereits anlässlich der Nachschau am im Tank vorgefunden worden war und Tatgegenstand gewesen ist. Dieses Gasöl war bereits rechtswidrig verwendet und der Tatbestand bereits vor dem Verbrauch und nicht erst mit dem Verbrauch verwirklicht worden.
Mit dem rechtskräftigen Einstellungsbescheid vom war entschieden worden, dass dem Beschwerdeführer hinsichtlich der bereits erfolgten Verwendung des Gasöls ein schuldhaftes Verhalten nicht nachgewiesen werden könne. Diese nach den Nachschauen am 10. und am ergangene rechtskräftige Entscheidung hindert jedoch ohne Wiederaufnahme des Verfahrens eine neuerliche Entscheidung in derselben Sache der widerrechtlichen Verwendung desselben Gasöls. Der Beschwerdeführer ist wegen der widerrechtlichen Verwendung genau dieses Gasöls bereits finanzstrafrechtlich verfolgt worden und mit dem rechtskräftig gewordenen Einstellungsbescheid wurde von dieser Verfolgung wieder Abstand genommen.
Da die belangte Behörde aus den dargestellten Gründen die Rechtslage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Es kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer durch die Missachtung der Anordnung der Kontrollorgane, den Tatgegenstand (nämlich das steuerbegünstigte Gasöl) aus dem Tank abzulassen, einen anderen Tatbestand verwirklichte, weil ein solcher Tatvorwurf nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere dessen Art. III Abs. 2 sowie des Art. III Abs. 2 des BGBl. Nr. 104/1991.
Wien, am