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VwGH vom 07.08.2003, 2000/16/0591

VwGH vom 07.08.2003, 2000/16/0591

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der Mag. M in V, vertreten durch Dr. Veronika Staudinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 2a, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl. RV 697/1-T6/00, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte F. waren je zur Hälfte Eigentümer von Eigentumswohnungen in Völs, Thurnfelsstraße 16 und Turnfelsstraße 10. Anlässlich des Scheidungsvergleiches vor dem Bezirksgericht Innsbruck vom wurde u.a. vereinbart, dass die Beschwerdeführerin Alleineigentümerin der Wohnung Thurnfelsstraße 16, F. Alleineigentümer der Wohnung Turnfelsstraße 10 werden soll; weiters wurde vereinbart, die gemeinsamen Schulden auf der jeweils in ihrem Alleineigentum befindlichen Wohnung allein zurückzuzahlen und den anderen Vertragsteil für den Fall einer Inanspruchnahme durch die Gläubiger schad- und klaglos zu halten.

Bezüglich des hier gegenständlichen Erwerbes der Beschwerdeführerin verpflichtete sich F., seinen halben Anteil an der Wohnung und am Autoabstellplatz Thurnfelsstraße 16 in das Eigentum der Beschwerdeführerin zu übertragen. Die Beschwerdeführerin verpflichtete sich zur Schuldübernahme hinsichtlich des Wohnbauförderungsdarlehens und der übrigen aushaftenden Darlehen. F. verpflichtete sich im Vergleich u.a. zu einer Ausgleichszahlung von S 308.000,-- an die Beschwerdeführerin.

Das Finanzamt nahm die von der Beschwerdeführerin übernommenen Darlehen und die Ausgleichszahlung als Bemessungsgrundlage der Gegenleistung an und setzte mit Bescheid vom die Grunderwerbsteuer mit 2 % hiervon, sohin mit S 9.913,-- fest.

In ihrer dagegen erstatteten Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens anlässlich der Ehescheidung sei in der Regel eine Gegenleistung nicht zu ermitteln, wobei auch eine Ausgleichszahlung keine Gegenleistung sei, zumal sie ihrem Wesen nach kein Entgelt, sondern einen Spitzenausgleich darstelle. Die Grunderwerbsteuer sei daher vom Einheitswert des Grundstückes zu berechnen. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann hätten keine Liegenschaftsanteile übertragen und dafür Gegenleistungen vereinbart, sondern Aktiva und Passiva entsprechend während der Ehe erzielten Arbeitseinkommen und den Beiträgen zur Haushaltsführung und Pflege dreier Kinder aufgeteilt. Ausgehend vom Einheitswert für die gegenständliche Wohnung samt Autoabstellplatz in der Höhe von S 110.056,37 hätte die Grunderwerbsteuer nur mit S 2.201,12 festgesetzt werden dürfen. Keinesfalls hätte die Ausgleichszahlung von S 308.000,-- herangezogen werden dürfen, denn dabei habe es sich um einen Betrag gehandelt, den F. an die Beschwerdeführerin geleistet habe.

Das Finanzamt gab mit seiner Berufungsvorentscheidung vom der Berufung teilweise statt und setzte die Grunderwerbsteuer nunmehr mit S 15.392,-- fest. Im gegenständlichen Fall sei eine Gegenleistung zu ermitteln gewesen, weshalb eine Steuerberechnung vom Grundstückswert (§ 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG) nicht in Betracht komme. Gegenstand der Aufteilung seien nach dem Inhalt des Vergleiches die Liegenschaftsanteile und die Schulden. Die Beschwerdeführerin müsse für die von ihr übernommenen Anteile folgende Leistungen erbringen: Sie übernehme die anteiligen aushaftenden Darlehen und überlasse außerdem tauschweise an F. Anteile mit einem geschätzten Verkehrswert von S 1,000.000. Von der so ermittelten Gesamtleistung entfielen 64,80 %, das sind S 769.603,--, auf ihren Liegenschaftserwerb. Die Grunderwerbsteuer betrage daher 2 % von dieser Bemessungsgrundlage. Der Berufung habe bei dieser Sache nur insofern ein Erfolg beschieden sein können, als die Ausgleichszahlung von S 308.000,-- aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden sei.

Auch im Vorlageantrag stellte sich die Beschwerdeführerin auf den Standpunkt, die Parteien des Scheidungsvergleiches hätten im Ergebnis keine Gegenleistungen erbracht, sondern lediglich den Grundbuchstand ihrer nunmehr geschiedenen Ehe angepasst und die vorhandenen Schulden aufgeteilt. Diese Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab und setzte im Sinne der Berufungsvorentscheidung die Grunderwerbsteuer mit S 15.392,-- fest. Sie verwies auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach auch bei Scheidungsfolgenvereinbarungen nach § 81 EheG, soferne sie keinen Globalcharakter aufwiesen, durchaus Gegenleistungen ermittelbar seien, die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise mit einer bestimmten Grundstücksübertragung in kausalem Zusammenhang stünden und keinen bloßen Spitzenausgleich darstellten. Im vorliegenden Fall bestehe die Gegenleistung der Beschwerdeführerin in der Hingabe der halben Eigentumswohnung Thurnfelsstraße 10 und der anteiligen Übernahme der auf der Wohnung Thurnfelsstraße 16 lastenden Schulden. Diese Gegenleistung sei für keine anderen Vermögenschaften als die erworbenen Grundanteile erbracht worden, weil anderes Vermögen nicht Gegenstand der Scheidungsfolgenvereinbarung gewesen sei. Die Leistung sei eben kein Spitzenausgleich einer umfassenden Auseinandersetzung, sondern bilde einen wirtschaftlichen Gegenwert für die Überlassung der Eigentumswohnung Thurnfelsstraße 16. Zu Recht sei die Gegenleistung entsprechend den beim Grundstückstausch geltenden Regeln ermittelt worden. Weder den schätzungsweise ermittelten gemeinen Wert der Grundstücksanteile noch die Verhältnisrechnung habe die Beschwerdeführerin in Streit gezogen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Festsetzung der Grunderwerbsteuer nach § 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG (auf Basis des Einheitswertes) verletzt erachtet. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Nach Abs. 2 Z. 1 dieser Gesetzesstelle ist die Steuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen, soweit eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist.

Ein Tausch ist gemäß § 1045 ABGB ein Vertrag, wodurch eine Sache gegen eine andere überlassen wird. Zum Umfang der Gegenleistung beim Tauschvertrag ist im § 5 Abs. 1 Z. 2 GrEStG 1987 normiert, dass Gegenleistung die Tauschleistung des anderen Vertragsteiles einschließlich einer vereinbarten zusätzlichen Leistung ist.

Die Beschwerdeführerin beruft sich für ihren Standpunkt, die gegenständliche Aufteilung sei ein Rechtsvorgang sui generis und kein Tausch, weshalb die Grunderwerbsteuer vom Wert des Grundstückes (Einheitswert) zu berechnen sei, auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 88/16/0107.

Abgesehen davon, dass in jenem Fall die Vereinbarung auch die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse betroffen hat und anlässlich der gegenseitigen Erwerbe von Mindestanteilen an Grundstücken keine Schuldübernahmen erfolgten, hat der Verwaltungsgerichtshof schon im Erkenntnis vom , Zl. 92/16/0149, darauf hingewiesen, dass auch nach dem Erkenntnis vom bei der Aufteilung im Sinne der §§ 81 ff EheG in der Regel eine Gegenleistung nicht zu ermitteln sei. Diese Grundsatzaussage schließe nämlich nicht aus, dass im konkreten Einzelfall auch betreffend die in einem so genannten Scheidungsvergleich vorgenommenen grunderwerbsteuerpflichtigen Transaktionen Gegenleistungen ermittelbar seien. Im Falle des Erkenntnisses vom , Zl. 98/16/0241, bei dem einerseits eine Liegenschaftshälfte übertragen wurde, andererseits der Erwerber alle Kredite und Verbindlichkeiten zur Alleinzahlung übernommen hat, verwies der Verwaltungsgerichtshof darauf, dass im konkreten Einzelfall auch betreffend Scheidungsvergleiche sehr wohl Gegenleistungen ermittelbar sein können. Wenn eine bestimmte Leistung nur als weitere Gegenleistung für die Übertragung einer Liegenschaft gedacht ist, könne diese Leistung nicht mehr als allgemeiner Spitzenausgleich einer umfassenden Auseinandersetzung angesehen werden.

Diese Auffassung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom , Zlen. 99/16/0064 und 99/16/0030, wiederholt.

Gut vergleichbar mit dem hier zu beurteilenden Fall ist jener des Erkenntnisses vom , Zl. 95/16/0187: Damals haben sich die beiden Partner des Scheidungsvergleiches wechselseitig Liegenschaftsanteile übertragen und eine Darlehensübernahme bzw. eine Ausgleichszahlung vereinbart. Der Verwaltungsgerichtshof ging von einem Tauschvertrag aus, wobei die jeweiligen Tauschleistungen im Streitfall eindeutig bezeichnet waren. Der Wert der Gegenleistung war ohne weiteres, allenfalls durch ein entsprechendes Sachverständigengutachten, ermittelbar.

Auch im vorliegenden Fall handelt es sich nicht etwa um eine Globalvereinbarung, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift richtig aufgezeigt hat, weil die vermögensrechtliche Seite dieses Vergleiches nur die gegenständlichen Grundstücksübertragungen sowie die Ausgleichszahlung betrifft. Anderes Vermögen ist nicht Gegenstand der Scheidungsfolgenvereinbarung. Die gegenseitige Übertragung von "Wohnungseigentumshälften" ist als Tausch im Sinne der angeführten Bestimmung anzusehen, die jeweiligen Tauschleistungen sind auch hier eindeutig bezeichnet. Gegenleistung für den Erwerb des Hälfteanteiles an der Wohnung Thurnfelsstraße 16 ist die Hingabe des Hälfteanteiles an der Wohnung Thurnfelsstraße 10 sowie die erfolgte Schuldübernahme. Von dieser (auf Grund der Leistung des F. verhältnismäßig gekürzten) Gegenleistung war gemäß § 5 Abs. 1 Z. 2 GrEStG die Grunderwerbsteuer zu ermitteln.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war. Auf Basis der zitierten Rechtsprechung konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am