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VwGH 01.10.1985, 85/04/0068

VwGH 01.10.1985, 85/04/0068

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Die Heranziehung eines gewerbebehördlichen Bescheides als Straftatbestand ist nur dann zulässig, wenn dieser mit genügender Klarheit eine Gebots- oder Verbotsnorm dergestalt enthält, daß der Unrechtsgehalt eines Zuwiderhandelns eindeutig erkennbar ist. (Hinweis auf E des VfSlg 6762, und das E des VwSlg 8400 A/1973) (hier: Auflage

........ mit den Worten ........" nicht wesentlich überschreitet")
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2143/75 E VwSlg 9087 A/1976 RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Berger, über die Beschwerde des HM in S, vertreten durch Dr. Erich Schwarz, Rechtsanwalt in Salzburg, Ernest-Thun-Straße 12, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom , Zl. 5/02-13.364-1985, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.840,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als gemäß § 370 Abs. 2 GewO 1973 verantwortlicher Geschäftsführer der "X Speditions- und Transport Ges.m.b.H." die mit dem Bescheid des Magistrates Salzburg vom , Zl. I/2-6716/77, genehmigte Betriebsanlage in Salzburg, B-straße 75, konsenswidrig betrieben zu haben, da die im Bescheid festgesetzte Betriebszeit von Juli 1982 bis  mehrmals insofern nicht eingehalten worden sei, als sowohl von Montag bis Freitag nach 20 Uhr und vor 7 Uhr, als auch an Sonn- und Feiertagen Lastkraftwagen ab- und zugefahren seien und damit eine Betriebstätigkeit trotz bescheidmässiger Untersagung ausgeübt worden sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 26 GewO 1973 in Verbindung mit §§ 77 Abs. 1 und 74 Abs. 2 leg. cit. begangen. Gemäß § 367 leg. cit. wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe 3 Tage) verhängt.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, mit Bescheid des Magistrates Salburg vom , Zl. I/2-6716/77, sei der "Y Speditions-AG" sowie der "Z Transporte Ges.m.b.H." die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung einer Lagerhalle mit Büroräumen und Transportbetrieb am Standort Salzburg, B-straße 75, unter Vorschreibung verschiedener Auflagen erteilt worden. Die "X Speditions- und Transport Ges.m.b.H." habe diese Betriebsanlage angemietet. Auf Grund der im § 80 Abs. 4 GewO 1973 verankerten "dinglichen Wirkung" einer Betriebsanlagengenehmigung obliege somit die Einhaltung der den früheren Betrieben auferlegten Auflagen nunmehr der genannten Gesellschaft. Wie der Verhandlungsschrift des Magistrates Salzburg vom über das gewerbebehördliche Genehmigungsverfahren entnommen werden könne, sei auf Seite 3 der Niederschrift die Betriebszeit als Auflage wie folgt festgelegt:

"Montag bis Freitag von 7 Uhr bis 20 Uhr, Samstag von 7 Uhr bis 13 Uhr unter absoluter Arbeitsruhe an Samstagnachmittagen sowie Sonn- und Feiertagen." Die Formulierung der Betriebszeitbeschränkung stelle entgegen der Ansicht des Berufungswerbers eindeutig ein Gebot im Sinne der Bestimmung des § 367 Abs. 26 GewO 1973 dar und sei im Spruchteil II des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides durch den Hinweis, dass die von den Amtssachverständigen sowie den Vertretern des Gesundheitsamtes und des Arbeitsinspektorates geforderten Maßnahmen, die in der einen wesentlichen Bescheidbestandteil bildenden Verhandlungsschrift enthalten seien, bei der Errichtung bzw. beim Betrieb der Anlage genauestens zu beachten seien, rechtsverbindlich vorgeschrieben. Der Genehmigungsbescheid vom sei in Rechtskraft erwachsen. Da die Strafbehörde lediglich zu prüfen habe, ob der Tatbestand einer Verwaltungsübertretung erfüllt ist, im gegenständlichen Fall also, ob gegen rechtskräftig vorgeschriebene Bescheidauflagen verstoßen wurde, obliege es ihr nicht, die Rechtmäßigkeit der seinerzeitigen Vorschreibung derartiger Auflagen zu überprüfen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die von ihm beigebrachte Liste über die An- und Abfahrtszeiten der Lastkraftwagen betreffe den Testmonat November 1983 und könne daher nicht dem Straferkenntnis, das eine Tatzeit von Juli 1982 bis umfasse, zu Grunde gelegt werden, gehe fehl. Denn diese Liste sei von ihm am vorgelegt worden und könne daher keinesfalls das Jahr 1983 betreffen. Aus diesen Aufzeichnungen gehe eindeutig hervor, dass die Lastkraftwagen im November 1982 außerhalb der vorgeschriebenen Betriebszeit zur Betriebsanlage zu- bzw. abgefahren seien. Auch sei vom Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am zugegeben worden, dass die Fahrzeuge in den Nachtstunden zur Betriebsanlage zu- und auch wieder abfahren. Das Zu- und Abfahren von Lastkraftwagen gehöre wesentlich zum Betriebsgeschehen einer derartigen Betriebsanlage und sei ihr daher zuzurechnen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, im Strafverfahrensrecht gelte der Grundsatz, dass ein genau umrissenes Ge- oder Verbot vorliegen müsse, um eine Bestrafung zu rechtfertigen. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt, weil dem Spruch des Genehmigungsbescheides vom die in Rede stehende Auflage hinsichtlich der Betriebszeiten nicht zu entnehmen sei. Es werde darin diesbezüglich lediglich ausgeführt, die Gewerbebehörde verlange, dass die von dem Amtssachverständigen sowie den Vertretern des Gesundheitsamtes und des Arbeitsinspektorates geforderten Maßnahmen, die in der einen wesentlichen Bescheidbestandteil bildenden Verhandlungsschrift enthalten seien, bei der Errichtung bzw. beim Betrieb der Anlage genauestens beachtet werden. In dieser Verhandlungsschrift habe aber der Vertreter des Gesundheitsamtes hinsichtlich der Betriebszeit keine Forderungen erhoben. Gleiches gelte von den Amtssachverständigen. Im übrigen sei die "Firma" X Speditions- und Transport Ges.m.b.H. am Genehmigungsverfahren nicht beteiligt gewesen, sodass der Beschwerdeführer erst im Zuge des vorliegenden Strafverfahrens von den in Rede stehenden Auflagen erfahren habe. Es sei aber anzunehmen, dass auch im damaligen Genehmigungsverfahren die Gewerbebehörde an verbindliche Auflagen hinsichtlich der Betriebszeiten gar nicht gedacht habe, weil entsprechende Ermittlungen, insbesondere Messungen oder auch nur Schätzungen des Geräuschpegels nicht durchgeführt worden seien. Auch müsse die Gewerbebehörde Kenntnis von der Tatsache gehabt haben, dass der Betrieb einer internationalen Spedition das bloße Abstellen heimkehrender Fahrzeuge aus betriebsorganisatorischen Gründen mit sich bringe und die bloße Zu- und Abfahrt (ohne Verladetätigkeit) nicht zu den wesentlichen Betriebsvorgängen zu zählen sei.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides komme auch den Erfordernissen des § 44 a VStG 1950 nicht nach, weil darin weder die genaue Tatzeit noch die Anzahl der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tathandlungen zu entnehmen sei. Es bleibe dahingestellt, wann im Zeitraum von Juli 1982 bis die einzelnen Tathandlungen gesetzt worden seien und wann dies geschehen sei.

Gemäß § 367 Z. 26 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe oder Arrest zu ahnden ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs. 1 und 2 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge nicht einhält.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist die Heranziehung eines gewerbebehördlichen Bescheides als Straftatbestand nur dann zulässig, wenn dieser mit genügender Klarheit eine Gebots- oder Verbotsnorm dergestalt enthält, dass der Unrechtsgehalt eines Zuwiderhandelns eindeutig erkennbar ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 9087/A). Der in diesem Zusammenhang bedeutsame Spruchteil II des die in Rede stehende Betriebsanlage betreffenden Genehmigungsbescheides vom hat folgenden Wortlaut:

"Seitens der Gewerbehörde wird verlangt, dass die von den Amtssachverständigen sowie den Vertretern des Gesundheitsamtes und des Arbeitsinspektorates geforderten Maßnahmen, die in der einen wesentlichen Bescheidbestandteil bildenden Verhandlungsschrift enthalten sind, bei der Errichtung bzw. beim Betrieb der Anlage genauestens beachtet werden."

Dieser Spruch genügt dem genannten Klarheitsgebot nicht.

Dem Beschwerdeführer ist daher darin beizupflichten, dass es für eine Strafbarkeit seines Verhaltens an den im § 367 Z. 26 GewO 1973 normierten Erfordernis einer im Bescheid vorgeschriebenen Auflage mangelt.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 243. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand. Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1985:1985040068.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAE-32442