VwGH vom 07.12.2000, 2000/16/0384
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der Stadtgemeinde P in P, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in Linz, Wischerstraße 30, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. Gem-522188/1-2000-Wa/Gdl, betreffend Getränkesteuer für 1995 bis 1997 (mitbeteiligte Partei:
Ritterbräu Privatbrauerei Neumarkt Ges.m.b.H. & Co KG in Neumarkt im Hausruckkreis, Bräuhausgasse 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm der Vorstellung der Mitbeteiligten gegen den Bescheid des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom auch insoferne Folge gegeben wurde, als mit dem zuletzt genannten Bescheid die Getränkesteuer für alkoholfreie Getränke mit S 5.842,47 festgesetzt worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Soweit der angefochtene Bescheid die mit dem Gemeinderatsbescheid festgesetzte Getränkesteuer für alkoholische Getränke in Höhe von S 10.653,01 betraf, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Mitbeteiligte erklärte mit Schreiben vom , gerichtet an die Abgabenbehörde der beschwerdeführenden Gemeinde, dass die Getränkeabgabe für die Jahre 1995 und 1996 S Null betrage und beantragte die Rückzahlung des dafür entrichteten Betrages; in einer Jahresabgabenerklärung 1997 im selben Schreiben erklärte sie die Getränkeabgaben für das Jahr 1997 mit S Null und beantragte die Rückzahlung des für 1997 entrichteten Betrages. Die Bemessungsgrundlagen für 1997 wurden angegeben.
Mit Bescheid vom setzte der im Devolutionswege zuständig gewordene Gemeinderat gegenüber der Beschwerdeführerin die Getränkesteuer für die Jahre 1995 bis 1997 fest. Es ergab sich eine 10%-ige Getränkesteuer von S 10.653,01 und eine 5%-ige Getränkesteuer in der Höhe von S 5.842,57, insgesamt daher S 16.495,85.
Dagegen erhob die Mitbeteiligte "Berufung", die von der belangten Behörde als Vorstellung angesehen wurde. Darin führte die Mitbeteiligte aus, dass die oberösterreichische Getränkeabgabe EU-widrig sei und beantragte die Aufhebung des von ihr bekämpften Bescheides und die Rückzahlung der von ihr entrichteten Beträge.
Weiters führte sie aus: "Sollte die Getränkeabgabe für die streitgegenständlichen Jahre als EU-konform bestätigt werden, gilt die Berufung als zurückgezogen."
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung Folge, hob den Bescheid des Gemeinderates - ohne Einschränkung - auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Beschwerdeführerin zurück. In der Begründung verwies sie darauf, dass die Vorschreibung einer Getränkesteuer auf alkoholische Getränke ab dem Zeitpunkt des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union nicht rechtmäßig war.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der dagegen zunächst an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom , B 895/00, ab. In ihrer Ergänzung erachtete sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht, die Getränkesteuer nach dem Gesetz festzusetzen bzw. ohne gesetzliche Grundlage nicht zurückzahlen zu müssen, verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin steht auf dem Standpunkt, die hier vorliegenden Berichtigungserklärungen bzw. Rückzahlungsanträge seien kein "entsprechender Rechtsbehelf" im Sinne des Urteiles des Europäischen Gerichtshofes vom , C 437/97.
Demgegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0296, mit ausführlicher Begründung ausgesprochen, dass der Begriff Rechtsbehelf im Sinne des zu gewährenden Rechtsschutzes möglichst weit zu verstehen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat dabei auch die an die Abgabenbehörde erster Instanz gerichteten Anträge auf Abgabenfestsetzung und Rückzahlung als einen derartigen Rechtsbehelf angesehen. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin können den Verwaltungsgerichtshof nicht veranlassen, davon abzugehen.
Im Erkenntnis vom , Zl. 2000/16/0338, stimmte der Verwaltungsgerichtshof der auch in jener Beschwerde vertretenen Auffassung zu, dass der (in der deutschen Übersetzung gebrauchte Ausdruck) "entsprechender Rechtsbehelf" als ein einer Klage gleichwertiger Rechtsbehelf zu verstehen ist. Hiezu ist auf die französische Originalfassung des Urteils zu verweisen:"...les personnes, qui ont, avant cette date, introduit un recours en justice ou souleve une reclamation equivalente". Gerade aus dem Umstand aber, dass in Österreich - im Gegensatz zu vielen anderen Mitgliedstaaten - keine mehrstufige Verwaltungsgerichtsbarkeit besteht, könne unter einem einer Klage gleichwertigen Rechtsbehelf nur ein solcher verstanden werden, der vor einer Verwaltungsbehörde zur Geltendmachung der Rechte der Partei vorgesehen ist.
Schließlich hat sich im Gegensatz zu den Ausführungen in der Beschwerdergänzung die Mitbeteiligte sehr wohl auf die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der oberösterreichischen Getränkeabgaben in ihrer Vorstellung berufen.
Was die von der Beschwerdeführerin ins Spiel gebrachte Verjährung des Rückzahlungsanspruches betrifft, wonach Beträge für den Zeitraum vom bis (Antrag vom ) auch aus diesem Grunde nicht zurück zu zahlen wären, ist auf die Bestimmung des § 186 LAO zu verweisen, die auszugsweise lautet:
"(1) Wurde eine Abgabe zu Unrecht entrichtet, abgeführt oder zwangsweise eingebracht, ist der zu Unrecht entrichtete Betrag auf Antrag zurückzuzahlen. Dies gilt auch für Abgaben, hinsichtlich derer die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung zulassen, wenn die Abgabe noch nicht durch die Abgabenbehörde festgesetzt wurde (§ 150 Abs. 2).
(2) ...
(3) Anträge nach Abs. 1 und 2 können bis zum Ablauf des dritten Kalenderjahres gestellt werden, das auf das Jahr folgt, in dem der Betrag zu Unrecht entrichtet wurde."
Es kommt somit nicht auf das Datum der Antragstellung an, sondern darauf, wann der Betrag zu Unrecht entrichtet wurde. Insofern hat die Beschwerdeführerin aber kein Vorbringen erstattet, sodass die Nichtbedachtnahme auf eine allfällige Verjährung der belangten Behörde nicht zum Vorwurf gereichen kann.
Zu Recht macht die Beschwerdeführerin allerdings geltend, dass der angefochtene Bescheid nicht zwischen der Getränkesteuer für alkoholische Getränke und der Getränkesteuer für nicht alkoholische Getränke und Speiseeis unterschieden hat. Diese beiden Bereiche waren nach den im Verwaltungsverfahren vorliegenden Ermittlungsergebnissen klar teilbar. Obwohl die Mitbeteiligte ausdrücklich erklärt hat, dass sie für den Fall, dass die Getränkeabgabe nicht als EU-widrig erkannt werde, die "Berufung zurückziehe" und damit betreffend nichtalkohlische Getränke die Berufung seit Ergehen des Urteiles vom als zurückgezogen anzusehen war, hat die belangte Behörde darauf nicht Bedacht genommen und den gesamten bei ihr angefochtenen Bescheid aufgehoben. Allein deshalb belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, der somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Auf Basis der zitierten Rechtssprechung konnte die Entscheidung in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff , insbesondere auch § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am