VwGH vom 04.10.1995, 95/01/0045
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Dolp und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des A in P, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 4.345.603/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom der am gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen "der Jugosl. Föderation", der am in das Bundesgebiet eingereist ist - abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich betont, daß im vorliegenden Falle "nicht die Voraussetzungen des § 1 Ziffer 1 Asylgesetz 1991 erfüllt sind", weshalb dem Beschwerdeführer "schon allein deshalb auch kein Asyl gewährt werden kann", ohne daß sich darin eine nähere Begründung für diese Ansicht findet. Es heißt aber daran anschließend, daß sich die belangte Behörde als Berufungsbehörde "den Ausführungen des Bundesasylamtes im bekämpften Bescheid vollinhaltlich anschließt und diese zum Inhalt und Bestandteil des gegenständlichen Bescheides erklärt". Damit kann kein Zweifel darüber bestehen, daß sich die belangte Behörde zur Gänze die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides zueigen gemacht und daher aus den dort genannten Gründen dem Beschwerdeführer - wie dies auch von ihm verstanden wurde - die Gewährung von Asyl gemäß § 3 Asylgesetz 1991 sowohl mangels Vorliegens seiner Flüchtlingseigenschaft als auch auf Grund der Annahme, es sei bei ihm der Ausschließungsgrund der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben, versagt hat.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 83/06/0258, mit weiteren Judikaturhinweisen) genügt die Berufungsbehörde ihrer Begründungspflicht allgemein mit der kurzen Verweisung auf die Gründe im Bescheid der Vorinstanz, falls sie bezüglich des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes und dessen rechtlicher Beurteilung mit ihr einer Meinung ist und ihr keine durch die Begründung der Vorinstanz offen gelassene Frage vorgelegt worden ist. In diesem Sinne macht der Beschwerdeführer einen Begründungsmangel geltend, weil die belangte Behörde gegen ihre sich aus § 67 in Verbindung mit § 60 AVG ergebende Begründungspflicht insoweit verstoßen habe, als er in der Berufung auf eine an ihn ergangene behördliche Ladung (in seinem Heimatland) hingewiesen habe, mit welcher sich die Erstbehörde überhaupt nicht auseinandergesetzt habe. Ob diese Rüge berechtigt ist, kann auf sich beruhen, betrifft sie doch ausschließlich die Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers, die aber nur dann noch von Relevanz wäre, wenn die belangte Behörde von dem genannten Ausschließungsgrund zu Unrecht Gebrauch gemacht hätte.
Die Erstbehörde (und demnach auch die belangte Behörde) hat in Ansehung des Vorliegens dieses Ausschließungsgrundes auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am in tatsächlicher Hinsicht ausgeführt, daß er sich jeweils auf dem Landweg nach Mazedonien und in weiterer Folge in einem LKW versteckt nach Österreich begeben habe. Er wisse nicht, welche Länder er auf dieser Fahrt passiert habe. Die erkennende Behörde müsse jedoch davon ausgehen, daß er sich nicht wieder in jenes Land, von dessen Behörden er persönlich eine Verfolgung befürchte, nämlich "die Jugoslawische Föderation", zurückbegeben habe. Es liege daher zwingend auf der Hand, daß er sich nach seiner "Abfahrt" in Mazedonien über Bulgarien, Rumänien und Ungarn nach Österreich begeben habe. Mazedonien sei seit dem , Bulgarien seit dem , Rumänien seit dem und Ungarn seit dem , im letztgenannten Fall "mit dem Vorbehalt für Flüchtlinge aus europäischen Herkunftsstaaten", Mitglied der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Da er Staatsangehöriger eines europäischen Staates sei, treffe auf den Beschwerdeführer die Schutzgewährung durch den ungarischen Staat zu. Es sei ausreichend dokumentiert, daß von allen genannten Ländern niemand ohne Prüfung seines Anliegens in das Heimatland abgeschoben werde. Es sei der erkennenden Behörde nicht bekannt, daß die genannten Staaten den aus der Unterzeichnung der Genfer Flüchtlingskonvention resultierenden Verpflichtungen nicht nachkommen würden. Die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in diesen Ländern sei unbeachtlich, da auf Grund der effektiv geltenden Rechtsordnungen in diesen Staaten davon ausgegangen werden könne, daß diese Schutz im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention bieten. Der Beschwerdeführer habe daher bereits im Augenblick des Betretens des mazedonischen, bulgarischen, rumänischen und ungarischen Staatsgebietes Verfolgungssicherheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 erlangt. Daran schließen noch Rechtsausführungen zur Frage der Auslegung des Begriffes der "Verfolgungssicherheit" im Sinne dieser Gesetzesstelle an.
In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid ist der Beschwerdeführer ausschließlich der Ansicht der Erstbehörde, er erfülle die Voraussetzungen "für die Rechtsstellung als Flüchtling" nicht, entgegengetreten und darüber, daß ihm überdies infolge Heranziehung dieses Ausschließungsgrundes, unabhängig von der Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft, kein Asyl gewährt wurde, völlig hinweggegangen. Er hat damit die in diesem Zusammenhang getroffenen Feststellungen der Erstbehörde über seinen Fluchtweg und die in den genannten Staaten geübte Praxis hinsichtlich der Einhaltung der sich aus der Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Verpflichtungen, die jeweils auch in bezug auf den maßgeblichen Zeitpunkt seines dortigen Aufenthaltes gelten, unbestritten gelassen. Der dem erstinstanzlichen Verfahren anhaftende Mangel, daß dem Beschwerdeführer diesbezüglich nicht ausreichend Parteiengehör gewährt wurde, wurde durch die (von ihm nicht wahrgenommene) Möglichkeit der Stellungnahme im Berufungsverfahren saniert (vgl. u. a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 81/01/0127, und vom , Zl. 85/07/0305). Wenn er sich nunmehr erstmals in der Beschwerde dagegen wendet, so kann darauf im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr Bedacht genommen werden, handelt es sich doch hiebei um ein Vorbringen, das dem Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG unterliegt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 94/20/0764). Daß sich der Beschwerdeführer auf seinem Weg nach Österreich zu Beginn jedenfalls in Mazedonien befunden hat, wird von ihm im übrigen auch in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt, wobei es im Ergebnis genügte, wenn der Beschwerdeführer lediglich dort, (mangels Durchreise oder aus sonstigen Gründen) nicht aber auch in den anderen genannten Staaten vor Verfolgung sicher war. Die von der belangten Behörde insoweit übernommene rechtliche Beurteilung auf Grund des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes steht im wesentlichen im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom , Zl. 95/01/0030, mit weiteren ausführlichen Judikaturhinweisen) und wird auch vom Beschwerdeführer nicht bekämpft.
Da sich somit die Beschwerde schon aus diesem Grunde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.