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VwGH vom 09.08.2001, 2000/16/0085

VwGH vom 09.08.2001, 2000/16/0085

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zehetner, über die Beschwerde des E in M, vertreten durch Dr. Franz Gölles und Mag. Robert Pöschl, Rechtsanwälte in Graz, Kaiserfeldgasse 22, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , GZ RV 291/1-7/99, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom erwarb die Hotel S. GmbH & Co KG vom Beschwerdeführer eine Anzahl von Liegenschaften des Grundbuchs I., Katastralgemeinde Gatschen, um den Kaufpreis von S 162,000.000,--. Mit vorläufigem Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz der Käuferin Grunderwerbsteuer in Höhe von S 5,810.000,-- vor. Am erließ das Finanzamt auch gegenüber dem Beschwerdeführer einen vorläufigen Grunderwerbsteuerbescheid.

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer unter Berufung auf § 17 GrEStG 1987, die Grunderwerbsteuer mit S 0,-- festzusetzen. Hiezu wurde ausgeführt, die Käuferin habe sich im Kaufvertrag verpflichtet, den Kaufpreis von S 162,000.000,-- durch Übernahme von Verbindlichkeiten des Beschwerdeführers gegenüber diversen Banken bis zur Höhe des Kaufpreises zu übernehmen. Die Käuferin habe sich weiters verpflichtet, den Beschwerdeführer von den übernommenen Verbindlichkeiten klag- und schadlos zu halten. Diesen Verbindlichkeiten habe die Käuferin nicht entsprochen. Eine Schuldübernahme sei nicht gefertigt worden. Die zugesagten Zahlungen an die L. Bank seien nicht erfolgt. Die L. Bank habe sodann die Zwangsversteigerung der kaufgegenständlichen Liegenschaften betrieben. In diesem Versteigerungsverfahren seien die Liegenschaften der G. GmbH zugeschlagen worden. Durch die Zwangsversteigerung habe die G. GmbH die Liegenschaften originär vom Beschwerdeführer erworben. Auf Grund der Versteigerung sei der ursprüngliche Kaufvertrag ungültig geworden und zugleich das Ergebnis des ungültigen Rechtsgeschäfts beseitigt worden.

Der Eingabe war eine Ausfertigung des Beschlusses des Bezirksgerichtes I. vom , E 30/97s, angeschlossen, wonach in der Exekutionssache der betreibenden Partei L. Bank gegen die verpflichtete Partei (Beschwerdeführer) die gegenständlichen Liegenschaften der G. GmbH um das Meistbot von S 170,000.000,-- zugeschlagen wurde.

Mit einer Eingabe vom wurde eine Rechnung des Stefan F. als Zwangsverwalter des Beschwerdeführers über die gegenständliche Liegenschaft (Schlosshotel P.) vorgelegt, aus der ersichtlich sei, dass der Beschwerdeführer als wirtschaftlich Verfügungsberechtigter der Liegenschaft anzusehen gewesen sei. Auch der seinerzeitige Pachtvertrag zwischen der Golfanlage P. AG und dem Beschwerdeführer sei nach wie vor aufrecht gewesen.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag "auf Nichtfestsetzung der Steuer" vom abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, ungültig sei ein Rechtsgeschäft nur dann, wenn es die rechtsgeschäftlichen Wirkungen nicht hervorbringen könne, wenn also ein Anspruch auf Übereignung nicht begründet worden sei. Die Liegenschaft sei tatsächlich seit 1995 von der Erwerberin geführt worden. Die Übertragung der Verfügungsmacht sei daher bereits 1995 erfolgt.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, ein wesentlicher Vertragspunkt des Kaufvertrages, nämlich die Schuldübernahme durch die Käuferin innerhalb angemessener Frist nicht erfolgt sei. Ein Rücktritt vom Vertrag sei auch ohne Zustimmung des anderen Vertragspartners möglich; dieser Rücktritt vom Vertrag könne auch stillschweigend erfolgen. Der Rücktritt vom Vertrag wirke ex tunc. Ein Anspruch auf Übereignung sei gar nicht begründet worden, weil der wesentliche Vertragspunkt, nämlich die Schuldübernahme, nicht erfolgt sei. Die Käuferin habe nie die wirtschaftliche Verfügungsmacht übernommen, da nie ein Pachtvertrag zwischen der Käuferin und der Betreibergesellschaft abgeschlossen worden sei und auch nie eine Pachtzahlung geleistet worden sei. Der Beschwerdeführer habe die wirtschaftliche Verfügungsmacht nie verloren.

Weiters wurde vom Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf § 17 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987 ausgeführt, spätestens durch die Versteigerung sei das ursprüngliche Rechtsgeschäft "ungültig gemacht" worden. Das Gericht habe ja in Kenntnis des Kaufvertrages ein Zwangsversteigerungsverfahren der betreibenden Partei, der L. Bank, gegen den Grundeigentümer, den Beschwerdeführer, geführt. Durch den Zuschlag sei das ursprüngliche Rechtsgeschäft durch obrigkeitlichen Eingriff ungültig geworden. Ferner sei damit das Ergebnis des ungültigen Rechtsgeschäftes beseitigt worden.

Nach Einsichtnahme in die Gerichtsakten wies die belangte Behörde die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, ein Vertrag löse sich nicht von selbst auf. Es sei weder eine Rücktrittserklärung durch den Beschwerdeführer noch eine einvernehmliche Aufhebung des Vertrages erfolgt.

Soweit der Beschwerdeführer einwandte, auch das Gericht sei von einer Rückgängigmachung des Vertrages ausgegangen, verwies die belangte Behörde auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer nach wie vor bücherlicher Eigentümer gewesen sei, sodass die Zwangsversteigerung "gesetzeskonform" erfolgt sei. Durch die Versteigerung sei weder der Kaufvertrag rückgängig gemacht worden noch sei das wirtschaftliche Ergebnis des Kaufvertrages beseitigt worden. Durch die Versteigerung sei der Kaufvertrag auch nicht ungültig geworden.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer insbesondere in seinem Recht auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2

VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 17 Abs 1 GrEStG 1987 lautet:

(1) Die Steuer wird auf Antrag nicht festgesetzt,

1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird,

2. wenn der Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht wird, weil die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt werden,

3. wenn das Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründen sollte, ungültig ist und das wirtschaftliche Ergebnis des ungültigen Rechtsgeschäftes beseitigt wird.

Der Beschwerdeführer macht ausdrücklich geltend, dass durch den dem Beschwerdefall zu Grunde liegenden Sachverhalt sowohl der Tatbestand der Z 2 des § 17 Abs. 1 GrEStG 1987 als auch jener nach Z 3 dieser Gesetzesstelle erfüllt worden sei.

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, durch den Antrag des Pfandgläubigers auf Zwangsversteigerung sei das Tatbild des § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 erfüllt, da eine Erklärung auf Aufhebung des Vertrages zu diesem Zeitpunkt nicht mehr notwendig und auch nicht "zielführend" gewesen sei. Die Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens komme einer Aufhebung des Vertrages gleich. Darüberhinaus müsse "dem Verhalten der Vertragsteile zuvor ein Rücktritt unterstellt" werden. Die Erwerberin habe auf Grund der Nichterfüllung des Vertrages keine "Übertragsrechte" ableiten könne. Mit der Versteigerung sei das ursprüngliche Geschäft rückgängig gemacht worden.

Mit diesem Vorbringen lässt der Beschwerdeführer zunächst außer Betracht, dass sich die Tatbestände des § 17 GrEStG 1987 auf eine Parteivereinbarung gründen. Die Anwendung des § 17 Abs 1 Z. 1 und 2 GrEStG hat die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges zur unabdingbaren Voraussetzung (vgl die hg Erkenntnisse je vom , Zl 88/16/0153, und Zl 89/16/0029). Das bedeutet, dass der Erwerbsvorgang auf Grund eines nachfolgenden gesonderten Willensaktes der Parteien oder auch nur einer Partei hinfällig geworden sein muss (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 462/59, Slg. Nr. 2091/F.). Eine solche Parteienvereinbarung muss dabei zwischen denselben Vertragsparteien abgeschlossen werden, zwischen denen der seinerzeitige Erwerbsvorgang vereinbart wurde (vgl zuletzt das hg Erkenntnis vom , Zlen 98/16/0115, 0116).

Der Beschwerdeführer hat weder im Abgabenverfahren noch in der Beschwerdeschrift dargestellt, mit welcher tatsächlichen Handlung ein solcher Willensakt gesetzt worden sein könnte. Dass ein Rücktritt vom Vertrag keines besonderen Formerfordernisses bedarf, trifft zwar zu, es muss aber auch ein konkludenter Rücktritt dem Partner zugehen. Dafür finden sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte.

Der Anspruch auf Rückerstattung der Steuer entsteht nicht schon mit der rechtlichen Möglichkeit, die Auflösung der Verträge zu verlangen, sondern erst mit der tatsächlichen Rückgängigmachung der Verträge (vgl zB das hg Erkenntnis vom , Zlen 1155, 1156/80). Die belangte Behörde hat dazu die im Akteninhalt gedeckte Feststellung getroffen, dass weder eine Rücktrittserklärung durch den Beschwerdeführer noch eine einvernehmliche Aufhebung des Vertrages - und zwar zwischen denselben seinerzeitigen Vertragspartnern - erfolgt sei. Entgegen dem Beschwerdevorbringen kommt die Zwangsversteigerung durch das Bezirksgericht I. schon deswegen nicht "einer Aufhebung gleich", weil es hinsichtlich der in Rede stehenden Vorgänge an der erforderlichen Parteienidentität fehlte.

Dem vom Beschwerdeführer mehrfach erhobenen Einwand, die erwerbende Kommanditgesellschaft habe zu keinem Zeitpunkt die rechtliche oder wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Liegenschaft innegehabt, kommt keine Bedeutung zu. § 17 GrEStG bezieht sich - ebenso wie die Tatbestände des § 1 Abs 1 GrEStG - ausschließlich auf das den Anspruch auf Übereignung begründende Verpflichtungsgeschäft. Ob das Verpflichtungsgeschäft erfüllt worden ist, ist für die Frage der Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges, also des Verpflichtungsgeschäftes, nicht maßgebend.

Dies gilt auch insoweit, als sich der Beschwerdeführer auf § 17 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987 stützt. Dieser Tatbestand setzt voraus, dass das Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründen sollte, ungültig - also nichtig oder erfolgreich angefochten - ist. Dass das mit dem Kaufvertrag vom abgeschlossene Verpflichtungsgeschäft in diesem Sinne ungültig gewesen ist, wurde vom Beschwerdeführer nicht dargetan. Die in der Beschwerde vertretene Meinung, durch die Versteigerung sei das ursprüngliche Rechtsgeschäft "ungültig gemacht" worden, ist unrichtig. Abgesehen davon, dass sich die diesbezüglichen Beschlüsse des Exekutionsgerichtes in keiner Weise auf die Gültigkeit des genannten Kaufvertrages beziehen, verkennt der Beschwerdeführer auch in Bezug auf den Tatbestand des § 17 Abs 1 Z 3 GrEStG 1987, dass die Umstände, die die Erfüllung bzw Nichterfüllung des Kaufvertrages betrafen, für das den Übereignungsanspruch begründende Geschäft nicht von Bedeutung waren. Dass die Erwerberin die Befriedigung der Pfandgläubiger unterlassen hatte und daraus die Zwangsversteigerung folgte, die zum originären Erwerb durch den Zuschlag an den Ersteher der Liegenschaft führte, ist für die Gültigkeit des Verpflichtungsgeschäftes unmaßgeblich.

Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, es würde deswegen, weil für den Erwerb auf Grund der Zwangsversteigerung (auch) Grunderwerbsteuer zu entrichten war, "für einen Erwerbsvorgang zweimal" die Grunderwerbsteuer vorgeschrieben, so missversteht er das System der Erhebung dieser Abgabe: Jeder Erwerbsvorgang iSd § 1 GrEStG unterliegt selbstständig der Grunderwerbsteuerpflicht. Bei mehreren Erwerbsvorgängen ist grundsätzlich jeder Erwerbsvorgang, worunter nicht erst das Erfüllungsgeschäft, sondern schon das Verpflichtungsgeschäft zu verstehen ist, grunderwerbsteuerpflichtig (vgl z.B. das hg Erkenntnis vom , Zl 97/16/0301). So ist etwa auch bei Kettengeschäften jedes Geschäft für sich steuerpflichtig. Insbesondere kommt es dabei - was der Beschwerdeführer mit seinen Einwendungen offenbar verkennt - auf den Umstand, ob das Eigentumsrecht im Grundbuch einverleibt worden ist, für die Erhebung der Grunderwerbsteuer in keiner Weise an (vgl z.B. das hg Erkenntnis vom , Zlen 99/16/0111, 0112). Im Beschwerdefall wurde aber zunächst ein (der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegender) Kaufvertrag abgeschlossen; in der Folge kam es zum Zuschlag der Liegenschaften in einer Zwangsversteigerung, womit der Tatbestand nach § 1 Abs 1 Z 2 GrEStG erfüllt wurde. Es handelte sich dabei um voneinander unabhängige Erwerbsvorgänge, an denen unterschiedliche Rechtsträger beteiligt waren; von einer vom Beschwerdeführer gemeinten Doppelbesteuerung kann damit aber keine Rede sein.

Die vom Beschwerdeführer erhobenen Verfahrensrügen befassen sich im Wesentlichen mit der - wie ausgeführt - nicht weiter maßgeblichen Frage , ob die Erwerberin eine "wirtschaftliche Verfügungsgewalt" über die Liegenschaften erlangt hat oder nicht.

Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am