VwGH 15.12.1987, 84/07/0200
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Wird vom Beschuldigten (Fahrer eines Tankwagenzuges) eingewendet, die Reinigung des Tankwagens über Auftrag des Firmenchefs vorgenommen und die anfallenden Abwässer ungereinigt in einen Bach abgeleitet zu haben, so ist der Beschuldigte nicht als unmittelbarer Täter, sondern allenfalls als Gehilfe anzusehen (Hinweis E , 715/60, VwSlg 5575 A/1961; E , 896/64; dem anzuwendenden Verwaltungsstrafrecht liegt nicht das Einheitstätersystem zu Grunde, anders § 12 StGB). |
Norm | VStG §7; |
RS 2 | Wer sich der Beihilfe schuldig gemacht hat, muss gemäß § 7 VStG vorsätzlich gehandelt haben. Der Vorwurf der Fahrlässigkeit genügt nicht. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Teissl, über die Beschwerde des JE in S, vertreten durch DDr. Hans Esterbauer, Rechtsanwalt in Salzburg, Ignaz-Harrer-Straße 17, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom , Zl. 1/01-24.175/2-1983, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, auf dem Betriebsgelände eines näher genannten Unternehmens in E einen durch die straßenverkehrsbehördlichen Kennzeichen bestimmten Tankwagenzug "trotz Waschverbot (unbewilligte Einleitung in den K-bach)" gewaschen und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs. 1 in Verbindung mit § 32 Abs. 2 lit. a WRG 1959 begangen zu haben, wofür er mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- bestraft wurde; in der Begründung wurde auf eine Anzeige des zuständigen Gendarmeriepostenkommandos Bezug genommen und darauf verwiesen, daß hiedurch das milchig weiße Waschwasser vom Betriebsgelände über einen bestimmten Kanal in den K-bach gelangt sei; ferner wurde festgehalten, daß der Beschwerdeführer dem an ihn ergangenen Ladungsbescheid vom nicht Folge geleistet habe, so daß das Verfahren ohne weitere Anhörung habe durchgeführt werden müssen. Die Berufung des Beschwerdeführers wies sodann der Landeshauptmann von Salzburg mit Bescheid vom gemäß §§ 19, 24, 51 und 64 VStG 1950 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet ab. Nach Darlegung des bisherigen Verwaltungsgeschehens wurde begründend zunächst unter Hinweis auf die §§ 21 und 22 AVG 1950 sowie die §§ 4, 17 und 21 ZustellG zur Hinterlegung des Ladungsbescheides ausgeführt, der Beschwerdeführer hätte, folge man seinen eigenen Angaben, an zwei Wochenenden vom Hinterlegungsvorgang Kenntnis erlangen müssen, so daß das Strafverfahren erster Instanz gemäß § 41 Abs. 3 VStG 1950 zu Recht ohne seine Anhörung durchgeführt worden sei. Ferner wurde unter Hinweis auf § 32 Abs. 2 lit. a und § 137 WRG 1959 bemerkt, der Straftatbestand sei im Beschwerdefall in der Form erfüllt worden, daß von der Reinigung eines Tankwagenzuges stammende Waschwässer in den K-bach gelangt seien, ohne daß dafür eine wasserrechtliche Bewilligung vorgelegen wäre. Die damit verbundene Verletzung eines Waschverbotes sei hiefür ohne Belang. Bei der vorliegenden Übertretung handle es sich um eine solche nach § 5 Abs. 1 VStG 1950; der Beschwerdeführer habe es nun an der gehörigen Aufmerksamkeit fehlen lassen und daher fahrlässig gehandelt; denn in einer Zeit, da fast jeden Tag Verschmutzungen von Gewässern durch Waschwässer und dergleichen beanstandet würden, könne jedermann zugemutet werden, sich darüber im klaren zu sein, daß eine Tankwagenwäsche mit Chemikalien, wodurch Entleerungsrückstände etc. abgelöst werden sollten, eine Gewässerverunreinigung bewirken könne. Der Beschwerdeführer hätte zumindest den Firmeninhaber fragen müssen, ob das Waschen des Tankfahrzeuges mit der betreffenden milchig weißen Flüssigkeit keine Gefahr für den genannten Bach bedeute. Die weiteren Ausführungen in der Begründung betreffen das Strafausmaß; in diesem Zusammenhang wurde unter anderem ausgeführt, die Tat habe eine nicht unbeträchtliche Verschmutzung eines Gewässers zur Folge gehabt, wobei es zu einem Einsatz der Feuerwehr gekommen sei.
Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich der Beschwerdeführer nach seinem ganzen Vorbringen in dem Recht verletzt erachtet, bei der gegebenen Rechts- und Sachlage nicht der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung schuldig erkannt zu werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 137 Abs. 1 WRG 1959 sind unter anderem Zuwiderhandlungen gegen dieses Bundesgesetz von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe bis S 20.000,-- zu bestrafen. Gemäß § 32 Abs. 1 WRG 1959 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig; bloß geringfügige Einwirkungen, der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die übliche land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung gelten bis zum Beweis des Gegenteiles nicht als Beeinträchtigung. Nach Absatz 2 desselben Paragraphen bedarf einer Bewilligung im Sinne des Absatzes 1 insbesondere (lit. a) die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen.
Gemäß § 41 Abs. 3 VStG 1950 kann die an den Beschuldigten gerichtete Ladung die Androhung enthalten, daß das Strafverfahren, wenn er jener keine Folge leistet, ohne seine Anhörung durchgeführt werden kann; der Eintritt dieser Rechtsfolge ist, neben der Androhung, an die Zustellung der Ladung zu eigenen Handen gebunden.
Die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz hat (zuletzt) in ihrem auf § 40 Abs. 2 und § 41 VStG 1950 gestützten, an den Beschwerdeführer gerichteten Ladungsbescheid vom , dessen eigenhändige Zustellung verfügt worden war, auf die eben genannte Rechtsfolge hingewiesen. Es kann nun im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob dem Beschwerdeführer allenfalls, wie er behauptet, im erstinstanzlichen Verfahren das Parteiengehör (§ 40 VStG 1950) - wegen eines angeblichen, die Rechtsfolge des § 41 Abs. 3 VStG 1950 hindernden, Zustellmangels - zu Unrecht nicht gewährt wurde. Denn eine Außerachtlassung des Parteiengehörs vor der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz kann, wie der Verwaltungsgerichtshof seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 56/65, in ständiger Rechtsprechung (vgl. die Erkenntnisse vom , Zl. 11/72, vom , Zlen. 1433, 1435/73, und vom , Zl. 3175/79) ausgesprochen hat, durch die Möglichkeit, die Rechtfertigung im Berufungsverfahren nachzutragen, als Verfahrensmangel saniert werden, so wie andererseits auch im Fall des Zutreffens der Voraussetzungen des § 41 Abs. 3 VStG 1950 das rechtliche oder tatsächliche Vorbringen des Beschuldigten im weiteren Verfahren von der Behörde beachtet werden muß (vgl. das Erkenntnis vom , Slg. Nr. 8657/A). Dieser Verpflichtung (§§ 24, 25 VStG 1950, §§ 56, 66 Abs. 1, 67 AVG 1950) ist die belangte Behörde im Beschwerdefall nicht nachgekommen. Während vom Beschwerdeführer nämlich in der Berufung unter anderem das Fehlen einer Feststellung, ob das milchig weiße Waschwasser tatsächlich vom Gelände des Betriebes stamme, in dem er beschäftigt sei, gerügt worden war, wurde im angefochtenen Bescheid der insofern bezweifelte Sachverhalt ohne weiteres vorausgesetzt; während sich der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittel auf die Bemerkung im Gendarmeriebericht bezogen hatte, wonach die Tankwagenreinigung (mit der dem Beschwerdeführer zur Verfügung gestellten, beschriebenen Flüssigkeit) im Auftrag des Firmenchefs erfolgt sei, wurde im angefochtenen Bescheid ohne Bedachtnahme darauf dem Beschwerdeführer vorgeworfen, dieser hätte den Betriebsinhaber fragen müssen, ob die Wäsche keine Gefahr für den K-bach bedeute; die Ersichtlichkeit einer Beeinträchtigung gerade dieses Gewässer wurde dabei ebenfalls ohne Eingehen auf den in der Berufung erhobenen Einwand angenommen, eine Einleitung von Abwässern in den genannten Bach wäre für den Beschwerdeführer deswegen nicht zu erkennen gewesen, weil auf dem Betriebsgelände entsprechende Anlagen zur Hintanhaltung der Gefahr einer Wasserverunreinigung bereits vorhanden wären; ein Vorbringen, welches mit einem allgemeinen Hinweis darauf, daß bei gehöriger Aufmerksamkeit die Gefahren einer Verunreinigung durch Abwässer aus einer Tankwagenwäsche bekannt sein müßten, nicht widerlegt wird. Besonderes Augenmerk wäre schließlich unter einem weiteren Gesichtspunkt auf die schon erwähnte, im Gendarmeriebericht angeführte Bemerkung des Beschwerdeführers zu richten gewesen, wonach dieser die Reinigung des Tankwagenzuges über Auftrag des Firmenchefs vorgenommen hätte. Geschah nämlich die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Ableitung der Abwässer mit Wissen und Willen des Betriebsinhabers - dies indiziert der Bescheid der belangten Behörde vom , welcher Gegenstand des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 84/07/0381, war -, dann konnte der Beschwerdeführer nicht als unmittelbarer Täter gelten, sondern war richtigerweise allenfalls als Gehilfe anzusehen (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 5575/A und vom , Zl. 896/64; dem anzuwendenden Verwaltungsstrafrecht liegt nicht das Einheitstätersystem zugrunde; anders § 12 StGB). Wer sich der Beihilfe schuldig gemacht hat, muß indessen gemäß § 7 VStG 1950 vorsätzlich gehandelt haben; dem Beschwerdeführer wurde im angefochtenen Bescheid hingegen - ungeachtet der auch insoweit unterlaufenen Verfahrensmängel lediglich Fahrlässigkeit angelastet, was unter der bezeichneten Voraussetzung nicht zur Bestrafung hätte führen dürfen.
Da im Beschwerdefall somit der Sachverhalt - dem Beschwerdeführer gegenüber, denn es ist nicht möglich, etwa Ergebnisse des zuvor genannten Beschwerdeverfahrens auf den vorliegenden Beschwerdefall zu übertragen - in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben ist und Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einer anderen Entscheidung hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG sowie auf der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1987:1984070200.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAE-31995