VwGH vom 22.02.2001, 2000/15/0190
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des L in M, vertreten durch Mag. Wolfgang Zinnhobler, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Ringstraße 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom , GZ RV133-10/99, betreffend Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, er habe im Bereich eines bestimmt genannten Finanzamtes durch die Abgabe unrichtiger Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen für 1994, sohin unter Verletzung der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht bewirkt, dass für 1994 die Umsatzsteuer um S 346.625,-- und die Einkommensteuer um S 187.763,-
- verkürzt worden sei. Er habe dadurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen, weshalb eine Geldstrafe von S 100.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwanzig Tage) verhängt werde.
In der Bescheidbegründung wird im Wesentlichen ausgeführt:
Die den Schuldspruch tragenden Tatsachenfeststellungen gründeten sich auf die durchgeführte Betriebsprüfung. Im Rahmen dieser Betriebsprüfung sei infolge gravierender Mangelhaftigkeit der Grundaufzeichnungen, einer Unvereinbarkeit der Angaben über Wareneinsatz einerseits und erklärte Erlöse andererseits sowie der kalkulatorischen Nachprüfung der Erlöse eine Kalkulationsdifferenz von S 1,7 Mio. festgestellt worden. Nach gemeinsamer Erörterung aller maßgeblichen Grundlagen hätten sich jene Zuschätzungen ergeben, aus denen sich die im gegenständlichen Fall relevanten strafbestimmenden Wertbeträge errechneten. Da der Beschwerdeführer bereits einmal wegen gezielter Schwarzumsätze finanzstrafrechtlich verfolgt und ihm dabei die Bedeutung mangelhafter bzw fehlender Grundaufzeichnungen nachhaltig vor Augen geführt worden sei, sei auch in Ansehung der gegenständlichen Tathandlungen Hinterziehungsvorsatz als erwiesen anzunehmen. Dass eine "vergleichsweise" Abstandnahme von der finanzstrafrechtlichen Ahndung vorausgegangener Hinterziehungshandlungen gesetzlich nicht in Betracht komme, verstehe sich von selbst. Da dem Milderungsgrund voller Schadensgutmachung verhältnismäßig durchschlagende Bedeutung zukomme, werde die Höhe der Strafe von dem mit dem erstinstanzlichen Bescheid festgesetzten Betrag von S 150.000,-- auf S 100.000,-- herabgesetzt.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die Einleitung des Finanzstrafverfahrens sei wider Treu und Glauben erfolgt. Im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung sei nämlich in der Schlussbesprechung eine vergleichsweise Bereinigung unter Ausschluss eines Strafverfahrens vereinbart worden.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass eine vergleichsweise Bereinigung des Strafanspruches im Gesetz nicht vorgesehen ist. Die Finanzstrafbehörden haben dem Legalitätsprinzip (Art. 18 Abs. 1 B-VG) entsprechend vorzugehen. Ein Anwendungsbereich des Grundsatzes von Treu und Glauben kann zudem schon deshalb nicht vorliegen, weil die vom Beschwerdeführer behauptete Vereinbarung erst getroffen worden ist, nachdem er das strafrechtlich relevante Verhalten gesetzt hatte. Das strafrechtlich relevante Verhalten kann daher nicht im Vertrauen auf eine bestimmte Vereinbarung gesetzt worden sein.
Soweit sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, dass das Ergebnis der Schlussbesprechung als Geständnis gewertet worden sei, entfernt er sich von dem im angefochtenen Bescheides angenommenen Sachverhalt. Im angefochtenen Bescheid ist nämlich von einem Geständnis keine Rede. In diesem Bescheid wird lediglich davon gesprochen, dass es eine "gemeinsame Erörterung" der Mangelhaftigkeit der Grundaufzeichnungen, der Unvereinbarkeit des Wareneinsatzes mit den erklärten Erlösen, der Nachkalkulation und der errechneten Kalkulationsdifferenzen gegeben habe.
In der Beschwerde wird weiters der Hinterziehungs- bzw Verkürzungsvorsatz bestritten und zur Begründung vorgebracht, die Differenzvorschreibung (S 346.625,-- plus S 187.763,--) beruhe ausschließlich auf einer Einigung über die Nachzahlung. Dabei übersieht der Beschwerdeführer, dass eine allfällige "Einigung" über die Nachzahlung im Sinne eines Unterbleibens eines Rechtsmittels gegen die Abgabenbescheide keinen Schluss auf die subjektive Tatseite zulässt. Die belangte Behörde hat den Vorsatz daraus abgeleitet, dass der Beschwerdeführer bereits früher wegen nicht erklärter Erlöse finanzstrafrechtlich verfolgt worden und ihm dabei die Bedeutung mangelhafter bzw. fehlender Grundaufzeichnungen nachhaltig vor Augen geführt worden sei.
Warum im Übrigen das Unterlassen der Einbringung eines Rechtsmittels gegen die bescheidmäßige Nachforderung von Abgaben in Höhe von ca S 500.000,-- ein "Zugeständnis" gewesen sein sollte, wie dies in der Beschwerde behauptet wird, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht nachzuvollziehen.
In der Beschwerde wird weiters vorgebracht, wenn die Behörde die Bemessungsgrundlagen der Abgabenfestsetzung schätze, könne "aus dem Ergebnis schon durch den Zeitablauf nicht abgeleitet werden, dass die Mehrbeträge von einem Verkürzungs- bzw. Hinterziehungsvorsatz des Abgabepflichtigen quasi rückwirkend (mit)umfasst sind bzw sein können". Diesen Einwand habe er bereits im Finanzstrafverfahren vorgebracht. Die belangte Behörde habe sich damit nicht auseinander gesetzt.
Wenn der Beschwerdeführer ein solches Vorbringen im Finanzstrafverfahren erstattet hat, hat die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt, weil sie sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit diesem Vorbringen nicht auseinander gesetzt hat. Die Wesentlichkeit eines solchen Verfahrensfehler ist jedoch auszuschließen. Auch die Schätzung dient der Ermittlung der wahren Besteuerungsgrundlagen, somit von Vorgängen, die sich tatsächlich in der Vergangenheit ereignet haben. Es ist auszuschließen, dass der Schätzung das vom Beschwerdeführer behauptete Element der Rückwirkung zukommt.
Der Beschwerdeführer rügt schließlich als Verletzung von Verfahrensvorschriften, dass eine von Mag. B verfasste Erklärung weder in die Niederschrift über die Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde noch in den angefochtenen Bescheid Eingang gefunden habe, weshalb der angefochtene Bescheid unter einem Begründungsmangel leide.
Auch mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer allerdings die Relevanz eines allfälligen Verfahrensfehlers nicht auf. Er legt nämlich nicht dar, in welcher Weise die genannte Erklärung Bedeutung für das gegenständliche Verfahren hätte erlangen können.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35
Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren nicht nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am