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VwGH vom 25.04.2002, 2000/15/0032

VwGH vom 25.04.2002, 2000/15/0032

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. H. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der V in V, Liechtenstein, vertreten durch Dr. Andreas Fink und Dr. Peter Kolb, Rechtsanwälte in 6460 Imst, Sirapult 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. AO 670/8-10/99, betreffend Erstattung von Vorsteuerbeträgen für den Zeitraum Jänner bis Dezember 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführerin ist eine ausländische Unternehmerin, welche ua auf dem Gebiete der Planung und Herstellung von Maschinenauflagern tätig ist.

Der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin stellte am unter Verwendung des amtlichen Vordrucks U 5 den - am beim Finanzamt eingelangten - Antrag auf Erstattung von Vorsteuerbeträgen für den Zeitraum Jänner bis Dezember 1997. Statt der Angaben betreffend das Sitzfinanzamt der Antragstellerin, den Gesamtbetrag der begehrten Vergütung, die Bankverbindung der Antragstellerin, den Verwendungszweck der in Österreich bezogenen Leistungen sowie die Einzelaufstellung der Vorsteuerbeträge im Vergütungszeitraum (Abschnitte 3, 5, 7, 9 und 10 des Vordrucks U 5) war am Vordruck jeweils "Wird nachgereicht" vermerkt.

Der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin führte in einem Begleitschreiben dazu aus, dass es ihm auf Grund der erst kurz zuvor stattgefundenen Vertretungsübernahme nicht möglich gewesen sei, sämtliche Unterlagen zu beschaffen und dass die genannten Angaben sowie die Originalrechnungen für das Jahr 1997 bis zum nachgereicht würden.

Mit Schreiben vom - eingelangt am - wurde eine Bescheinigung der Liechtensteinischen Steuerverwaltung über die Eintragung der Beschwerdeführerin ins Mehrwertsteuer-Register vorgelegt. Mit Schreiben vom - eingelangt am - wurden seitens des steuerlichen Vertreters der Beschwerdeführerin die Bankverbindung sowie der Vergütungsbetrag in der Höhe von insgesamt 196.925,63 S bekannt gegeben und die Rechungen im Original samt einer Einzelaufstellung derselben übermittelt. Angaben hinsichtlich des Verwendungszwecks der bezogenen Leistungen wurden nicht gemacht.

Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, da ihre wiederholten Urgenzen beim Finanzamt Graz-Stadt ohne Erfolg geblieben seien.

Im Dezember 1999 kam die Großbetriebsprüfung Innsbruck im Namen und Auftrag des Finanzamtes Graz-Stadt im Rahmen einer Aufzeichnungsprüfung bei der Beschwerdeführerin zu dem Ergebnis, dass der Erstattungsantrag abzuweisen sei. In der Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine reine Sitzfirma handle. Da u. a. "keine Umsatzsteuerbescheide der Liechtensteinischen Steuerverwaltung vorgelegt werden konnten, ist die V. (Beschwerdeführerin) als nicht tätiges Unternehmen anzusehen, und kommt ihr somit auch umsatzsteuerlich keine Unternehmereigenschaft zu".

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf Vorsteuerrückerstattung durch die Finanzlandesdirektion für Steiermark abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, dass ein Antrag auf Vorsteuererstattung innerhalb der Frist, welche in § 3 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit dem ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmen geschaffen wird, BGBl. Nr. 279/1995 (im Folgenden: VO), festgelegt ist, nämlich innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist, zu stellen sei. Der Antrag, der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liege, habe jedoch weder eine Konkretisierung der erstattungsfähigen Vorsteuern noch den Beischluss der Rechnungen im Original enthalten. Diese Unterlagen seien erst fast zwei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Fallfrist überreicht worden. Die bloße Einreichung eines unterschriebenen Formulars ohne inhaltliche Angaben über die Höhe der Bemessungsgrundlagen sei zur Wahrung der Erklärungsfrist nicht geeignet. Damit würden der Abgabenbehörde keinerlei Informationen von substanziellem Gehalt übermittelt. Ein anderes Normenverständnis würde dazu führen, dass durch die Einreichung inhaltsleerer Anträge, die keiner Bearbeitung zugänglich seien, jede vom Gesetz- oder Verordnungsgeber statuierte Frist nach Belieben der Erstattungswerber unterlaufen werden könnte. Es bräuchte sich kein Antragsteller inhaltlich an Fristen zu halten, wenn er bloß "leere" - mit dem Hinweis auf weitere Schriftsätze ausgefüllte - Vordrucke bei den für die Erstattung zuständigen Finanzbehörden einreichte. Die Abgabe des gegenständlichen Antrages, der beispielsweise keine Angaben über den Erstattungsbetrag enthalten habe, sei daher nicht als fristenwahrend anzusehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Nach § 3 Abs. 1 VO ist der Antrag auf Erstattung von Vorsteuerbeträgen mittels amtlich vorgeschriebenem Vordruck binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist, zu stellen. In dem Antrag hat der Unternehmer den zu erstattenden Betrag selbst zu berechnen. Dem Erstattungsantrag sind die Rechnungen im Original beizufügen.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass im Falle des fristgerechten Einbringens eine Konkretisierung bzw. Ergänzung des Erstattungsantrages im erstinstanzlichen Verfahren gemäß § 115 Abs. 4 BAO jedenfalls bis zur bescheidmäßigen Erledigung des Erstattungsantrages zulässig sei. Weiters könne nach Vorliegen der Entscheidung der Abgabenbehörde erster Instanz eine Ergänzung oder Änderung des Erstattungsantrages gemäß § 280 BAO im Rahmen der Berufung vorgenommen werden.

Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, dass gemäß § 115 Abs. 4 BAO die Abgabenbehörde - solange sie noch nicht entschieden hat - auch die nach Ablauf einer Frist vorgebrachten Angaben über tatsächliche und rechtliche Verhältnisse zu prüfen und zu würdigen hat. Zeitliche Grenzen für eine solche Berücksichtigung ergeben sich jedoch aus Befristungen von Antragsrechten oder daraus, dass bestimmte Begünstigungen bereits in einer Abgabenerklärung oder in ihr beigelegten Verzeichnissen geltend zu machen sind (Ritz, BAO2, Tz 26 zu § 115). Das bedeutet, dass die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 115 Abs. 4 BAO voraussetzt, dass der Antrag rechtzeitig gestellt und damit verbundenen Inhaltserfordernissen entsprochen wurde (vgl. Stoll, BAO, S. 1290). So erfüllt etwa ein bloß unterschriebenes Einkommensteuerformular ohne Angaben über Art bzw. Höhe der Einkünfte die für die Qualifikation als Einkommensteuererklärung notwendigen Inhaltserfordernisse nicht, da es der Abgabenbehörde keinerlei Informationen von substanziellem Gehalt übermittelt, die ihr ein erstes Bild über Steuersubjekt und Steuergegenstand sowie über Art und ungefähres Ausmaß der festzusetzenden Abgabe verschaffen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes vom , 90/14/0213).

Es ist unbestritten, dass der Vordruck U 5 vor Ablauf der in § 3 Abs. 1 VO genannten Frist beim zuständigen Finanzamt eingebracht wurde. Weiters ist unbestritten, dass darauf lediglich Name und Adresse des Antragstellers, der Vergütungszeitraum und die Angabe, dass im Vergütungszeitraum durch den Antragsteller im Inland keine Leistungen erbracht worden seien, enthalten war. Art und Tätigkeit oder Gewerbezweig des Antragstellers konnten vom Finanzamt dem beigelegten Firmenbuchauszug entnommen werden.

Bis zum Ablauf der in der VO genannten Frist - hier: am - waren weder Angaben betreffend den Gesamtbetrag der begehrten Vergütung, die Bankverbindung der Antragstellerin, den Verwendungszweck der in Österreich bezogenen Leistungen, die Einzelaufstellung der Vorsteuerbeträge im Vergütungszeitraum noch die Originalrechnungen beigebracht worden.

Durch das Fehlen der genannten, für die in Rede stehende Antragstellung auch wesentlichen Angaben bzw. der Belege war das Finanzamt innerhalb der genannten Frist nicht in der Lage, sich ein Bild über den Bestand oder Nichtbestand des Erstattungsanspruches zu machen. Es war ihm wegen des Fehlens der für die Durchführung eines Vorsteuervergütungsverfahrens notwendigen Angaben - so insbesondere über Art bzw. Höhe der Erstattungsbeträge und den Verwendungszweck der bezogenen Leistungen - nicht möglich, ein ordnungsgemäßes Erstattungsverfahren (wenn auch etwa mit Ergänzungsaufträgen, Bedenkenvorhalten, Klarstellungsaufforderungen) in Gang zu setzen (vgl. Stoll, BAO, S. 1515). Aus diesem Grunde war die im Beschwerdefall vorgenommene Einreichung des unterschriebenen Vordrucks U 5 ohne die genannten Angaben sowie ohne Beischluss der gegenständlichen Rechnungen zur Wahrung der Antragsfrist gemäß § 3 Abs. 1 VO nicht geeignet.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, dass es sich bei der in § 3 Abs. 1 VO genannten Frist um keine gesetzliche Fallfrist handle und diese daher verlängerbar sei. Mit der Mitteilung auf der Beilage ihrer Eingabe vom , dass diverse Angaben und Unterlagen noch übermittelt würden, habe "die Beschwerdeführerin eindeutig und unzweifelhaft um Zufristung für die Vorlage der angeführten Unterlagen und Berechnungen bis angesucht" und in der Folge diese auch innerhalb der beantragten Frist dem Finanzamt Graz-Stadt übermittelt. Da seitens des Finanzamtes Graz-Stadt zu diesem Zeitpunkt über diesen Fristverlängerungsantrag nicht entschieden gewesen sei, sei davon auszugehen, dass der gegenständliche Antrag jedenfalls vollständig und fristgerecht eingereicht worden sei.

Gemäß § 110 Abs. 1 BAO können gesetzlich festgelegte Fristen - wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist - nicht geändert werden. Gesetzlich festgelegte Fristen sind solche, deren Dauer in Gesetzen oder in Verordnungen festgelegt ist (Stoll, BAO, 1177). Da die VO keine Möglichkeit zur Verlängerung der in § 3 Abs. 1 genannten Frist vorsieht, gehen die Ausführungen des Beschwerdeführers zu einem angeblichen Fristverlängerungsansuchen ins Leere. § 134 BAO regelt die Abgabenerklärungsfrist für die dort vorgesehenen Abgabenerklärungen bis Ende des Monates März jeden Jahres. Nur für diesen Fall ist in dieser Bestimmung die Möglichkeit der Fristverlängerung vorgesehen.

Auch aus den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen lässt sich für die Beschwerde nichts gewinnen. Der österreichische Verordnungsgeber hat durch die VO sowohl die 8. Richtlinie (79/1072/EWG) als auch die 13. Richtlinie (86/560/EWG) umgesetzt und damit ein einheitliches Erstattungsverfahren für Unternehmer sowohl aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet als auch aus dem Drittland geschaffen. Bei der Interpretation der VO muss daher auch die 8. Richtlinie beachtetet werden. Art. 3 lit. a der

8. Richtlinie bestimmt beispielsweise, dass der Antrag nach einem einheitlichen Muster (Anhang A der 8. Richtlinie) zu stellen ist. Diesem sind die Originale der Rechnungen beizufügen. Nach Art. 7 Abs. 1 vierter Satz der 8. Richtlinie ist der Antrag "spätestens" sechs Monate nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen. Diese Bestimmungen sind für die Mitgliedstaaten verbindlich. Mit ihnen wäre es nicht vereinbar, wenn die Frist des § 3 Abs. 1 VO verlängert werden könnte (vgl. das Urteil des BFH vom , V R 76/98; Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG, Anm. 881.2; Birkenfeld, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, VI, Rz 417).

Selbst wenn die Ankündigung in der Eingabe vom , die fehlenden Angaben bzw. Belege bis zum nachzureichen, als Ansuchen um Fristverlängerung interpretiert werden könnte, so wäre für die Beschwerdeführerin damit noch nichts gewonnen, da das Gesetz einer entsprechenden Verlängerung der genannten Frist entgegen gestanden wäre.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am