VwGH vom 17.11.2004, 2000/14/0168
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des HGP in L, vertreten durch Dr. Jakob Oberhofer und Dr. Johannes Hibler, Rechtsanwälte in 9900 Lienz, Tiroler Straße 30, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-1999/18/172-1, betreffend Übertretung des Kommunalsteuergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P Ges.m.b.H. "und sohin als Steuerschuldner" hinsichtlich der Kommunalsteuer auf die Arbeitslöhne ... zu verantworten, dass die Kommunalsteuer für den Monat Juni 1999 nicht bis zum Fälligkeitstermin und die Kommunalsteuer für den Monat Juli 1999 nicht bis zum Fälligkeitstermin bei der Stadtgemeinde L eingebracht wurde. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 9 Abs. 1 VStG iVm § 15 Abs. 2 iVm § 11 Abs. 2 Kommunalsteuergesetz 1993 begangen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das genannte Straferkenntnis nicht Folge. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, der entsprechende Straftatbestand nach dem Kommunalsteuergesetz stelle ein Erfolgsdelikt dar. Einem vorangegangenen Bescheid vom sei die Kommunalsteuer für die Monate Oktober 1995 bis April 1996 zu Grunde gelegen; dieser Zeitraum sei in die Erfüllung des Ausgleichs - bestätigt mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom - gefallen. Damals sei die belangte Behörde davon ausgegangen, dass diesfalls dem Beschwerdeführer ein Verschulden an der verspäteten Zahlung der Kommunalsteuer nicht nachzuweisen sei. Die Umstände hätten sich jedoch gegenüber den seinerzeitigen Gegebenheiten in entscheidungswesentlicher Hinsicht geändert. Im Sommer 1999 sei kein Ausgleichsverfahren eröffnet gewesen, in dem der Beschuldigte als Vertreter der verfahrensgegenständlichen Firma gehalten gewesen wäre, eine Ausgleichsquote an die Gläubiger zu bezahlen. Auch sei zu diesem Zeitraum kein Konkursverfahren eröffnet worden. Bei der belangten Behörde seien seit 1995 vier Verfahren gegen den Beschuldigten wegen Übertretung nach dem Kommunalsteuergesetz anhängig gewesen. Die Bestrafung betreffend Kommunalsteuer für Jänner 1998 bis April 1998 und Juli bis September 1998 hätte den Beschwerdeführer zweifellos dazu verhalten müssen, in kaufmännischer und wirtschaftlicher Hinsicht dafür Sorge zu tragen, dass die nachfolgenden Kommunalsteuerschuldigkeiten, insbesondere die hier verfahrensgegenständlichen für Juni und Juli 1999, rechtzeitig entrichtet werden können. Bei der offenen Steuerschuld von S 14.145,-- handle es sich nicht um einen Betrag, bei dessen Bezahlung ein nicht ohnehin konkursreifes Unternehmen in eine existenzgefährdende Bedrohung kommen könne, andernfalls ohnehin der Beschwerdeführer gehalten wäre, bei einer Überschuldung der P Ges.m.b.H. Konkurs anzumelden. Ein solcher Umstand sei nicht einmal in der Berufung behauptet worden. Es sei somit dem Beschwerdeführer als handelsrechtlichem Geschäftsführer auf Grund der geschilderten Umstände als Fahrlässigkeit anzulasten, nicht dafür Sorge getragen zu haben, dass die Kommunalsteuer für die Monate Juni und Juli 1999 rechtzeitig abgeführt worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Gerichtshof sprach in dem den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom , Zl. 99/14/0273, bereits aus, dass die unverschuldete Unmöglichkeit, die Kommunalsteuer fristgerecht einzubringen, ein schuldhaftes Verhalten im Sinn des § 5 Abs. 1 VStG entfallen lassen kann. Genau darauf bezog sich hier der Berufungseinwand, auf Grund der wirtschaftlichen Situation hätten die Firmenkonten keine Deckung für die Überweisung der Kommunalsteuer geboten; die Zahlungsstockungen hätten nicht nur die Kommunalsteuer betroffen. Der Beschwerdeführer habe als Geschäftsführer das Verbot der Gläubigerbevorzugung und das Gebot der Gleichbehandlung aller Gläubiger zu beachten gehabt. Am sei ein Konkursantrag gestellt worden, weil Sozialabgaben nicht fristgerecht bezahlt wurden.
Diesem Vorbringen begegnete die belangte Behörde mit dem Hinweis, im gegenständlichen Zeitraum sei kein Ausgleichsverfahren eröffnet gewesen und der Betrag sei zu gering, um ein nicht ohnehin konkursreifes Unternehmen in eine existenzgefährdende Bedrohung bringen zu können. Erkennbar ging die belangte Behörde somit davon aus, dass die P Ges.m.b.H. in der Lage gewesen wäre, die Kommunalsteuer abzuliefern. Diese Feststellung hätte die belangte Behörde jedoch nicht treffen dürfen, ohne sich mit dem Einwand einer mangelnden Deckung der Kommunalsteuer in den Firmenkonten, den Zahlungsstockungen und dem nachfolgenden Konkursantrag vom zu befassen. Dem Gerichtshof ist somit eine Überprüfung der behördlichen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung auf ihre Schlüssigkeit nicht möglich. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass die belangte Behörde ohnedies - aber in unzutreffendem Zusammenhang bei der Strafbemessung - Zahlungsschwierigkeiten der P Ges.m.b.H. angenommen hat.
Letztlich sei bemerkt, dass der Beschwerdeführer nicht - wie im Straferkenntnis bezeichnet - "Steuerschuldner hinsichtlich der Kommunalsteuer auf die Arbeitslöhne" gewesen ist. Wie aus der übrigen Bescheidbegründung hervorgeht, haben die Behörden aber richtig angenommen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 1 VStG als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P Ges.m.b.H. die Verantwortung für die Einbringung der Kommunalsteuer zu tragen hat (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis Zl. 99/14/0273).
Nach dem oben Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Für das fortzusetzende Verfahren sei darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 110/02 u.a., ausgesprochen hat, dass § 15 KommStG in der hier anzuwendenden Fassung verfassungswidrig war und die Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am