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VwGH vom 20.01.1983, 82/16/0119

VwGH vom 20.01.1983, 82/16/0119

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Närr, Mag. Meinl und Dr. Kramer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Novak, über die Beschwerde des HW in W, vertreten durch Dr. Volkmar Schicker, Rechtsanwalt in Wien I, Rotenturmstraße 5 - 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland von , Zl. GA 11 - 411/1/82, betreffend Zurückweisung einer Berufung (wegen Grunderwerbsteuer) als verspätet, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien hatte mit - dem damals ausgewiesenen Vertreter des Beschwerdeführers am zugestellten - Bescheid vom gegenüber dem Beschwerdeführer für den Erwerb eines Grundstückanteiles samt Wohnungseigentum an einem von der Veräußerin geplanten und zu errichtenden Reihenhaus - eine nähere Bezeichnung ist für das gegenständliche verwaltungsgerichtliche Verfahren entbehrlich - Grunderwerbsteuer mit einem Betrag von S 112.000,-- festgesetzt.

Am war bei dem genannten Finanzamt die Berufung des Beschwerdeführers vom gegen den zitierten Bescheid eingelangt. In diesem Schriftsatz war einleitend folgendes vorgebracht worden:

"Namens und im Auftrag meines ausgewiesenen Mandanten erhebe ich gegen den Grunderwerbsteuerbescheid vom innerhalb offener Frist - Fristverlängerung bis zum wurde beantragt - das Rechtsmittel der Berufung."

Das genannte Finanzamt wies die Berufung mit Bescheid vom gemäß dem § 273 Abs. 1 BAO zurück, weil der Antrag auf Fristverlängerung nicht eingelangt sei. Da der gegenständliche Antrag nicht eingeschrieben zur Post gegeben worden sei, sei eine Nachforschung über den Verbleib desselben nicht möglich gewesen.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung ein. Darin und im weiteren Berufungsverfahren führte er im wesentlichen aus, die Rechtsansicht, der Nachweis über die Aufgabe des Fristverlängerungsantrages könne nur durch Aufgabe mittels Einschreibesendung erbracht werden, sei durch nichts begründet. Zum Beweis dafür, daß sein Steuerberater den Fristverlängerungsantrag am um ca. 19.00 selbst in den Postkasten beim Postamt Südbahnhof, 1103 Wien, geworfen habe, bot er diesen als Zeugen an und legte je eine Ablichtung des Durchschlages des Fristverlängerungsantrages vom sowie der den Fristverlängerungsantrag betreffenden Seite des Postausgangsbuches seines Steuerberaters und eine schriftliche Erklärung dessen Mitarbeiterin, mit dem Antrag vor, diese als Zeugin zu vernehmen.

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom wies die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland die Berufung des Beschwerdeführers ab. Dies im wesentlichen mit folgender Begründung: Die Gefahr des Verlustes einer zur Post gegebenen Eingabe an eine Behörde trage der Absender. Eine Eingabe gelte daher nur dann als eingebracht, wenn sie der Behörde wirklich behändigt worden sei (Hinweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1711/64, und Zl. 1712/64). Die Aufnahme der angebotenen Beweise sei daher entbehrlich, da diese nur zu dem Thema "Übergabe an die Post" angeboten worden seien. Dafür, daß die Eingabe um Fristverlängerung beim Finanzamt überhaupt nicht eingelangt sei - und sich nicht nur, wie der Beschwerdeführer meine, nicht im Akt befinde - spreche der auf Grund der inneren Organisation des Finanzamtes grundsätzlich gleichbleibende Weg einer Eingabe. Eine Eingabe, die versehen mit einer BAP beim Finanzamt einlange, werde, bevor sie dem entsprechenden Akt angeschlossen werde, vorerst der Finanzkasse zugeleitet und dort auf dem entsprechenden Kontoblatt vermerkt. Erst dann werde die Eingabe dem Akt angeschlossen, protokolliert und sodann dem Sachbearbeiter zugeleitet. Da das Fristverlängerungsansuchen im gegenständlichen Fall sich nicht nur nicht im Akt befinde, sondern nicht einmal auf dem Kontoblatt vermerkt sei, sei als erwiesen anzunehmen, daß das Schriftstück niemals beim Finanzamt eingelangt sei, da nicht vorstellbar sei, wohin die Eingabe auf dem Weg von der Einlaufstelle zur Finanzkasse verschwunden sein solle, da erst nachher der mögliche Irrtum einer Zuordnung in einen unrichtigen Akt entstehen könne. Wenn sich der Beschwerdeführer auf die Kommentarmeinung von Reeger-Stoll zu § 108 BAO berufe, so sei ihm entgegenzuhalten, daß die Einrichtungen der Post nur insoweit einen verlängerten Arm der Finanzbehörden darstellten, als es um die Frage der Rechtzeitigkeit der Überreichung einer Eingabe gehe, die zudem an die richtige Stelle adressiert sein müsse. § 108 BAO sage aber nicht generell, daß die Übergabe an die Post der Einbringung bei der Behörde gleichzuhalten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, nach deren Ausführungen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor. Darin wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Beschwerdeführer erstattete unaufgefordert eine gemäß dem § 36 Abs. 8 zweiter Satz VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 203/1982 zulässige schriftliche Gegenäußerung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Entgegen der ausdrücklichen Anordnung des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG 1965 enthält die vorliegende Beschwerde nicht die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte). Dennoch war die Beschwerde nicht zurückzuweisen, weil sich aus den Beschwerdegründen (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG 1965) der zur klaren Abgrenzung des Prozeßthemas erforderliche Beschwerdepunkt mit hinreichender Deutlichkeit ergibt. Danach erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Sachentscheidung über seine Berufung vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien vom verletzt.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Gemäß den § 245 Abs. 1 erster Satz erster Satzteil BAO beträgt die Berufungsfrist einen Monat. Nach dem § 245 Abs. 3 BAO kann die Berufungsfrist aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, verlängert werden. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Ablauf der Berufungsfrist gehemmt. Auf Grund des § 245 Abs. 4 erster Satz erster Satzteil BAO beginnt die Hemmung des Fristenlaufes mit dem Tage der Einbringung des Antrages.

Der Beschwerdeführer übersieht vor allem folgendes: Auch wenn gemäß dem § 108 Abs. 4 BAO, dessen Wortlaut derselbe ist, wie der des § 33 Abs. 3 AVG 1950, die Tage des Postenlaufes in eine Frist nicht eingerechnet werden, so setzt dies doch voraus, daß die Eingabe überhaupt bei der Behörde einlangt (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1855/75, und die von der belangten Behörde zutreffend zitierten Erkenntnisse vom ). Diese Voraussetzung war in beiden, den von Stoll, Bundesabgabenordnung, Handbuch, 1980, S 251 Abs. 2, zitierten Erkenntnissen zugrunde gelegenen Beschwerdefällen jeweils erfüllt. Im vorliegenden Beschwerdefall hingegen stellte die belangte Behörde in nicht rechtswidriger Weise fest, daß der Fristverlängerungsantrag bei der Behörde 1. Rechtsstufe nicht einlangte; die vom Beschwerdeführer beantragten Beweismittel hätten nur die Aufgabe, nicht jedoch auch das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde nachweisen können.

Damit ist das Schicksal der vorliegenden Beschwerde entschieden. Diese war daher gemäß dem § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen. Der Verwaltungsgerichtshof konnte ungeachtet des Antrages des Beschwerdeführers gemäß dem § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 203/1982 von einer Verhandlung absehen, da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Hinsichtlich der zitierten nichtveröffentlichten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes wird an Art. 14 Abs. 4 dessen Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz des Aufwandes gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B. Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221.

Wien, am