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VwGH vom 29.03.2001, 2000/14/0152

VwGH vom 29.03.2001, 2000/14/0152

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde der C GmbH in L, vertreten durch Dr. Bernhard Aschauer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , RV-104.97/1-6/1997, betreffend Umsatzsteuer 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt ein Handelsunternehmen. Im Mai 1993 erhielt sie eine schriftliche Anfrage der M, einer Gesellschaft mit Sitz in Brasilien, mit folgendem Inhalt:

"Wir benötigen die wöchentliche Zusendung von frischem Gelee Royal lyophilisiert der Marke B als Kosmetikrohstoff und haben bereits mit der Firma Ja-B, Salzburg, ... Kontakt aufgenommen. Im Zuge des Angebotes dieser Firma mussten wir jedoch feststellen, dass diese den Export mit erhöhtem Preis anbietet als im Inland. Wir bieten daher an eventuell über Ihr Unternehmen zu beziehen. Wir benötigen die wöchentliche Zusendung von 12 Dosen a 570 Gramm frei Hamburg."

Die Beschwerdeführerin bezog in der Folge als Gelee Royal bezeichnete Ware um den Nettoeinkaufspreis von 7,905.285 S und lieferte die Ware an M. Die Beschwerdeführerin machte für den Einkauf Vorsteuer in Höhe von 1,581.057 S geltend.

Im Zuge einer im Jahr 1996 bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zur Auffassung, der Vorsteuerabzug sei zu Unrecht geltend gemacht worden. Seine Auffassung stützte er unter anderem darauf, dass in Wahrheit nicht die in den Rechnungen ausgewiesene "Fa. Ja-B" an die Beschwerdeführerin geliefert habe, sondern Gerhard J. Zudem habe es sich beim Liefergegenstand um minderwertige Ware gehandelt. Die gesamte Gestaltung sei lediglich zum Zwecke des "Vorsteuerschwindels" gewählt worden.

Den Prüfungsfeststellungen folgend nahm das Finanzamt das Verfahren betreffend Umsatzsteuer 1994 wieder auf und erließ einen neuen Sachbescheid, aus welchem sich eine Nachforderung von 1,581.057 S ergab.

Gegen den Umsatzsteuerbescheid brachte die Beschwerdeführerin Berufung ein, mit der sie sich gegen die Kürzung der Vorsteuer wandte. In einer mit datierten Eingabe brachte sie vor, sie bestreite, dass minderwertiges Gelee Royal geliefert worden sei. Sie bestreite auch, dass nicht die "Fa. Ja-B" Lieferant der Ware gewesen sei. Sie habe laufend Anfragen an die "Fa. Ja-B" unter deren Faxnummer gerichtet. Diese Anfragen seien jeweils prompt beantwortet worden. Frau R, eine Mitarbeiterin der Beschwerdeführerin, habe die eingehende Ware stichprobenartig kontrolliert. Es werde beantragt, Frau R als Zeugin zu vernehmen. Die "Fa. Ja-B" sei als leistender Unternehmer aufgetreten, "es wurde sowohl der Kaufabschluss als auch die Warenübergabe von ihm persönlich durchgeführt (Zeugin: Frau R.)". Aber selbst wenn, wie vom Finanzamt behauptet, Gerhard J. leistender Unternehmer gewesen wäre, hätte sich dieser eben eines Scheinnamens bedient.

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung brachte der Vertreter der Beschwerdeführerin vor, Lieferant des Gelee Royal sei eindeutig Ja-B gewesen. Den ersten Kontakt mit Ja-B habe Herr S, ein Angestellter der Beschwerdeführerin, gehabt. In der Folge sei Frau R Ansprechpartnerin von Ja-B gewesen. Der Vertreter der Beschwerdeführerin beantragte sodann, Frau R und Herrn S als Zeugen zur Frage der Person des Ja-B einzuvernehmen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie führt aus, es habe sich in zahlreichen ähnlich gelagerten Fällen herausgestellt, dass Gerhard J den Namen von Ja-B benutzt habe. Dies treffe auch auf den gegenständlichen Fall zu. Es ergebe sich daraus, dass Ja-B nach den Ermittlungen des Betriebsprüfers nicht Deutsch spreche. Nach dem Vorbringen des Vertreters der Beschwerdeführerin in der Berufungsverhandlung sei aber mit dem Lieferanten Deutsch gesprochen worden. Für die Beurteilung spreche auch, dass die Einstellung der Lieferungen an die Beschwerdeführerin mit dem Beginn der abgabenbehördlichen Prüfung bei der Vorlieferantin - diese sei eine Schwestergesellschaft der Abnehmerin der Beschwerdeführerin - zusammenfalle. Die Beschwerdeführerin könne dies nicht entkräften, weil sie keine Nachforschungen betreffend die Identität des Ja-B angestellt habe. Frau R und Herr S hätten im Falle einer Zeugeneinvernahme nicht glaubhaft etwas anderes bezeugen können, weil sich der Lieferant nur mit einer - einen falschen Namen vorgebenden - Visitenkarte ausgewiesen habe und diesbezügliche Nachforschungen unterblieben seien. Daher sei die Zeugeneinvernahme unterblieben. Da sohin auf den Rechnungen Ja-B als Lieferant aufscheine, dieser aber nicht Lieferant gewesen sei, stehe der Vorsteuerabzug nicht zu.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 müssen Rechnungen den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers enthalten. Gemäß § 11 Abs. 3 leg. cit. ist dabei jede Bezeichnung ausreichend, die eine eindeutige Feststellung des Namens und der Anschrift des Unternehmers ermöglicht.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 kann der Unternehmer, der die in dieser Gesetzesstelle angeführten Erfordernisse erfüllt, die von einem anderen Unternehmer in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

§ 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 begnügt sich nicht mit Angaben, aus denen im Zusammenhang mit dem übrigen Sachverhalt hervorgeht, dass irgendein Unternehmer die in Rechnung gestellte Lieferung oder Leistung erbracht hat; es muss der Rechnung vielmehr eindeutig jener Unternehmer zu entnehmen sein, der tatsächlich geliefert oder geleistet hat (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 96/15/0027). Dem Abs. 3 des § 11 UStG 1972 ist das Verständnis beizulegen, dass auch eine im Geschäftsleben gebräuchliche und bekannte Bezeichnung des Unternehmers ausreichend ist.

Der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 ist nicht mehr entsprochen, wenn der Lieferant mit einem "Scheinnamen" bezeichnet wird, der nicht eine in den beteiligten Verkehrskreisen gebräuchliche und bekannte Benennung des Lieferanten ist, und die Behörde nur durch ein eigenständiges Ermittlungsverfahren die Identität des Lieferanten eruieren kann. Die Vorschrift des § 11 UStG betreffend die Rechnungslegung dient im Wesentlichen dazu, der Finanzverwaltung die Überprüfung der Umsatzsteuervorgänge zu erleichtern. Würde dieser Vorschrift auch durch die Anführung von "Scheinnamen" entsprochen, erwiese sie sich als überflüssig (vgl das hg Erkenntnis vom , 97/14/0138).

Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid darauf, dass nicht der auf den Rechnungen ausgewiesene Ja-B, sondern eine andere Person Lieferant der Waren gewesen sei. Gerade zur Frage der Identität des Ja-B hat der Vertreter der Beschwerdeführerin die Vernehmung von Frau R und Herrn S als Zeugen beantragt.

§ 183 Abs 3 BAO lautet:

"Von den Parteien beantragte Beweise sind aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, es sei denn, dass die Partei sich zur Tragung der Kosten bereit erklärt und für diese Sicherheit leistet, oder wenn aus den Umständen erhellt, dass die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind. Gegen die Ablehnung der von den Parteien angebotenen Beweise ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig."

Zutreffend zeigt die Beschwerde auf, dass die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt hat, weil sie entgegen der Vorschrift des § 183 Abs 3 BAO dem Antrag auf Vernehmung der Zeugen nicht entsprochen hat. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, die Zeugen hätten nicht glaubhaft dartun können, dass Ja-B der Lieferant gewesen sei, stellen eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung dar. Die Wesentlichkeit des Verfahrensfehlers wird in der Beschwerde mit der Behauptung dargetan, dass Ja-B - dies hätte durch die angebotenen Zeugen bewiesen werden sollen - tatsächlich der Lieferant gewesen sei.

Der angefochtene Bescheid ist somit mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl 416/1994.

Wien, am