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VwGH vom 14.06.1982, 82/12/0056

VwGH vom 14.06.1982, 82/12/0056

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Seiler und Dr. Närr als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Novak, über die Beschwerde des Dr. WV in W, gegen den Bescheid des Akademischen Senates der Universität Wien vom , Zl. 221/3-1973/74, betreffend einen Antrag auf Wiederaufnahme eines Verfahrens über einen Antrag auf Weiterbestellung als Universitätsassistent, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde beinhaltet in Verbindung mit dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid und dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1498/79, im wesentlichen folgendes:

Der Beschwerdeführer hatte u.a. in der Zeit vom bis insgesamt 4 Anträge an die Personalkommission der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien auf Weiterbestellung als Universitätsassistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht (Fachbereich: Steuerrecht) für die Zeit vom bis gerichtet. Das gemäß § 7 Abs. 3 (ursprüngliche Fassung) des Universitäts-Organisationsgesetzes und § 73 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 zuständig gewordene Fakultätskollegium der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien wies diese Anträge mit Bescheid vom ab. Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers gab der Akademische Senat der Universität Wien mit Bescheid vom nicht Folge. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers wies der Verwaltungsgerichtshof mit dem oben erwähnten Erkenntnis als unbegründet ab und führte in den Entscheidungsgründen u. a. folgendes aus:

"Dass der Beschwerdeführer für den Fall der Verlängerung seines Dienstverhältnisses bereit wäre, finanzrechtliche Themen hermeneutisch-spekulativ zu behandeln, hat er selbst nicht behauptet und wurde von der belangten Behörde, schon im Hinblick auf die in dieser Frage auch noch aus der Berufung in der vorliegenden Sache entnehmbare eindeutige Haltung des Beschwerdeführers ohne Verstoß gegen verfahrensrechtliche Bestimmungen nicht angenommen."

Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den unter Berufung auf den § 69 Abs. 1 lit. b des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 gestellten Antrag des Beschwerdeführers vom auf Wiederaufnahme des oben dargestellten Verfahrens über seine Weiterbestellung als Universitätsassistent für die Zeit vom bis ab. Als Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe in diesem vorgebracht:

(1) er habe seit Erlassung der Beschwerde (richtig wohl des Bescheides) vom auf dem Gebiet des Finanzrechtes nicht nur analytisch-experimentelle Arbeiten, sondern auch eine hermeneutisch-spekulative Arbeit durchgeführt (Arbeit vom ); (2) es läge dem Bescheid vom zu Grunde, dass er keine hermeneutisch-spekulativen, sondern nur analytisch-experimentelle Arbeiten durchzuführen bereit sei; (3) die in Rede stehende Tatsache hätte schon für sich allein einen anders lautenden Bescheid herbeiführen müssen. Nach Wiedergabe des Wortlautes des § 69 Abs. 1 lit. b des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 führte die belangte Behörde unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1256/69, aus, der Beschwerdeführer mache jedoch keine neuen Tatsachen und Beweismittel im Sinne dieser Gesetzesstelle geltend; als neue Tatsachen und Beweismittel seien nur solche zu betrachten, die neu hervorgekommen seien, d. h. diese müssten schon früher bestanden haben, ohne der Behörde bekannt gewesen zu sein, so daß sie im durchgeführten Verfahren nicht berücksichtigt hätten werden können. Der Beschwerdeführer sehe nun als Grundlage dieses Bescheides vom die Sachverhaltsannahme, dass er für den Fall der Verlängerung seines Dienstverhältnisses keine hermeneutisch-spekulativen, sondern nur analytisch-experimentelle Arbeiten auf dem Gebiet des Finanzrechtes durchführen werde bzw. durchzuführen bereit sein werde. Dies gehe bereits aus seiner Berufungsschrift vom hervor und sei auch vom Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom , Zl. 1498/79, berücksichtigt worden. Abschließend führte die belangte Behörde unter Hinweis auf Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 1978, S. 176, noch folgendes aus:

Zum Zeitpunkt der Erlassung des in Frage stehenden Bescheides müsse jedenfalls eine mangelnde Bereitschaft des Beschwerdeführers, hermeneutisch-spekulative Arbeiten durchzuführen, als Entscheidungsgrundlage angenommen werden. Bringe der Beschwerdeführer nun seine Bereitschaft zur Tätigkeit auf diesem Bereich wissenschaftlicher Arbeit zum Ausdruck - eine Tatsache, die zur Zeit der Bescheiderlassung nicht bestanden habe - , so liege eine wesentliche Änderung der Tatsachenlage nach der Erlassung des Bescheides vor, die nicht durch Wiederaufnahme geltend gemacht werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer führt im wesentlichen folgendes aus: Durch den angefochtenen Bescheid werde er in seinen Rechten auf eine dem Gesetz entsprechende Sachentscheidung insofern verletzt, als die belangte Behörde seine am verfasste hermeneutisch-spekulative Arbeit über ein finanzrechtliches Thema nicht als neue Tatsache (Beweismittel) im Sinne des § 69 Abs. 1 lit. b des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 gelten lasse, obwohl sie in ihrem rechtskräftigen Bescheid vom von der Sachverhaltsannahme ausgegangen sei, dass der Beschwerdeführer jedenfalls bis zum und damit auch im Jahre 1981 keine hermeneutisch-spekulativen Arbeiten über finanzrechtliche Themen verfassen werde, und obwohl der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkenne, dass eine neue Tatsache im Sinne der angeführten Gesetzesstelle stets auch dann vorliege, wenn die Behörde ihrem Bescheid in der Zukunft liegende, erst nach Bescheiderlassung eintretende Tatsachen zu Grunde gelegt habe und sodann im entscheidungs(bescheid-)wesentlichen Zeitraum Tatsachen eingetreten seien, die die Behörde im Bescheid nicht berücksichtigt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß dem § 69 Abs. 1 lit. b des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit den sonstigen Ergebnissen des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung eignen sich Tatsachen oder Beweismittel, die erst nach dem rechtskräftigen Abschluss des vorangegangenen Verfahrens entstanden sind, nicht als Wiederaufnahmegründe, sondern nur solche, die schon zur Zeit des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens bestanden haben, aber nicht bekannt waren (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes außer dem von der belangten Behörde zutreffend angeführten Erkenntnis noch das vom , Zl. 2192/58, Slg. Nr. 4890/A, und aus der damit in Einklang stehenden Lehre z.B. Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, I. Band, 1953, S. 455 f, sowie Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, 1978, S. 63, Anm. 122, und Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts2, 1980, S. 186 Abs. 2). Der Beschwerdeführer scheint überdies zu verkennen, dass nicht nur sinnlich wahrnehmbare Umstände, sondern auch innere Vorgänge, soweit sie rational feststellbar sind (Ansichten, Absichten oder Gesinnungen, die der Selbstbeobachtung eines anderen zugänglich sind, wie z.B. die Zahlungswilligkeit) Tatsachen sind (vgl. z.B. Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, 1979, S. 980, und den u.a. zum Begriff "Ereignis" ergangenen Beschluss eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 265/75, Slg. Nr. 9024/A).

Bereits diese Ausführungen zeigen, dass eine erst am verfasste bzw. entstandene hermeneutischspekulative Arbeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 69 Abs. 1 lit. b des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 kein Grund für die Wiederaufnahme des mit Bescheid des Akademischen Senates der Universität Wien vom rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens über die Anträge des Beschwerdeführers auf Weiterbestellung als Universitätsassistent sein kann.

Da schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung gemäß dem § 35 Abs. 1 VwGG 1965 - somit ohne Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages - als unbegründet abzuweisen, und zwar durch den gemäß dem § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG 1965 in der Fassung des Art. I Z. 2 des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 203, zuständigen Senat.

Wien, am