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VwGH vom 09.12.2004, 2000/14/0048

VwGH vom 09.12.2004, 2000/14/0048

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2000/14/0058

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerden der RgesmbH & Co KG W, vertreten durch Dr. Alfred Hawel und Dr. Ernst Eypeltauer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Museumstraße 17/II, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland 1) vom , Zl. RV/835-15/16/99, betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für Jänner bis Juli 1999 und 2) vom , Zl. RV/83-15/16/00, betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für August bis Dezember 1999, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 763,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem an das Finanzamt gerichteten Schreiben vom vertrat die beschwerdeführende KG die Ansicht, dass das Finanzministerium in den Lohnsteuerrichtlinien 1999 durch Aufnahme von Regelungen betreffend den Reisebegriff für Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen - die Beschwerdeführerin betreibe ein solches - eine generelle Norm geschaffen habe, die als nicht ordnungsgemäß kundgemachte Verordnung rechtswidrig sei und daher nicht angewendet werden müsse. Zur Vermeidung von Säumnis- und Haftungsfolgen habe die Beschwerdeführerin auf Empfehlung des Bundesministeriums für Finanzen die Lohnabgaben durch fristgerechte Entrichtung nach den "alten LSTR" selbst bemessen, zum Fälligkeitstermin aber auch die Lohnabgaben unter Anwendung der "neuen Regelung" bekannt gegeben und um bescheidmäßige Festsetzung mittels Feststellungsbescheides als Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ersucht.

In der Folge erließ das Finanzamt zunächst für den Zeitraum Jänner bis April 1999 und in weiterer Folge für die Monate Mai bis Dezember 1999 jeweils einen entsprechenden Feststellungs-, Haftungs- und Abgabenbescheid, in welchem jeweils den bekannt gegebenen Beträgen der Beschwerdeführerin folgend die Bemessungsgrundlagen und die Lohnabgaben entsprechend der "Rechtslage nach LStR 1999" unter anderem festgesetzt wurden.

Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin jeweils Berufung, in welchen gleichlautend im Wesentlichen darauf hingewiesen wurde, dass bis zum "Erlass der Lohnsteuerrichtlinien 1999 die von der Beschwerdeführerin überlassenen Arbeitskräfte und die Arbeitnehmer des Beschäftigers" hinsichtlich Reisekosten steuerlich gleich behandelt worden seien. Sei der Arbeitsort außerhalb des Sitzes des Beschäftigers gelegen gewesen, hätten sowohl die Arbeitnehmer des Beschäftigers, als auch die von der Beschwerdeführerin überlassenen, beim Beschäftiger tätigen Arbeitskräfte "unter den weiteren steuergesetzlichen Voraussetzungen Reisekosten, von der Finanzverwaltung anerkannt, steuerfrei" ausbezahlt erhalten. Eine solche steuerrechtliche Gleichbehandlung sähen die Lohnsteuerrichtlinien 1999 nicht mehr vor. Vielmehr solle danach die Beurteilung, ob eine Dienstreise vorliege, nunmehr ausschließlich nach der Legaldefinition des § 26 Z. 4 EStG 1988 erfolgen. Nach den Lohnsteuerrichtlinien 1999 seien insbesondere die Taggelder und Fahrtkosten ab dem 6. Arbeitstag steuerpflichtig, wenn eine tägliche Heimreise zumutbar sei. Weiterhin "anerkannt" sei nach den Lohnsteuerrichtlinien 1999, dass für den Fall einer in einer lohngestaltenden Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z. 1 EStG 1988 enthaltenen besonderen Regelung des Begriffes Dienstreise, diese Regelung anzuwenden sei. Entgegen der in den Lohnsteuerrichtlinien 1999 vertretenen Ansicht handle es sich bei jenem Kollektivvertrag, welcher auf den Beschäftigerbetrieb zur Anwendung komme und der den Ersatz von Reisekosten an die Arbeitnehmer vorsehe, um eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z. 1 EStG 1988. Der Entgeltanspruch überlassener Arbeitskräfte werde in § 10 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) dem Grunde nach geregelt. Danach hätten überlassene Arbeitskräfte - soweit sie nicht kollektivvertragsunterworfen seien, was für überlassene Arbeiter zutreffe - Anspruch auf angemessenes, ortsübliches Entgelt. Dabei sei bei der Beurteilung der Angemessenheit während der Dauer einer Arbeitstätigkeit beim Beschäftiger auf das vergleichbaren Arbeitnehmern für vergleichbare Tätigkeiten im Betrieb des Beschäftigers gebührende kollektivvertragliche Entgelt Bedacht zu nehmen. Zu diesem Entgelt zählten auch Aufwandersätze für Reisekosten. Aus § 10 AÜG ergäbe sich sohin die Anwendbarkeit des im Beschäftigerbetrieb anzuwendenden Kollektivvertrages und seiner Regelungen über die Reisekosten auf das Arbeitsverhältnis zwischen dem Überlasser und dessen Arbeitnehmer. Damit liege aber hinsichtlich dieser Reisekostenregelungen eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z. 1 EStG 1988 vor, sodass die Reisekosten bei Vorliegen "der weiteren steuerrechtlichen Voraussetzungen steuerfrei" seien.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen hinsichtlich der Monate Jänner bis Juli 1999 und mit dem zweitangefochtenen Bescheid die Berufungen hinsichtlich der Monate August bis Dezember 1999 ab. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, zutreffend habe die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass der Entgeltanspruch überlassener Arbeitkräfte in § 10 AÜG geregelt sei. Danach hätten überlassene Arbeitskräfte Anspruch auf ein angemessenes, ortsübliches Entgelt, wobei bei der Beurteilung der Angemessenheit für die Dauer der Überlassung auf das im Beschäftigerbetrieb zu zahlende kollektivvertragliche Entgelt Bedacht zu nehmen sei. Das bedeute, dass der Überlasser bei der Beurteilung der Angemessenheit des Entgeltes der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer auf den Kollektivvertrag des Beschäftigerbetriebes insoweit, als dieser das Entgelt regle, Bedacht zu nehmen habe. Es bedeute aber nicht die Begründung des Entgeltanspruches der überlassenen Arbeitskräfte bzw die Entgeltpflicht des Überlassers durch eben diesen Kollektivvertrag. Die Norm, auf die sich der Entgeltanspruch als solcher gründe, bleibe auch in diesen Fällen § 10 AÜG. Der Kollektivvertrag des Beschäftigerbetriebes stelle sohin für den Überlasser, da er nicht seine Entgeltspflicht begründe, keine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z. 1 EStG 1988 dar. Selbst wenn man - demgegenüber - zu der Ansicht käme, aus § 10 AÜG ergäbe sich die unmittelbare Anwendbarkeit des Kollektivvertrages des Beschäftigerbetriebes auch für den Überlasser, könnte sich diese Anwendbarkeit nur auf die in § 10 AÜG genannten Entgeltbestimmungen im Kollektivvertrag des Beschäftigerbetriebes beziehen, zu welchen Regelungen des Aufwandersatzes nicht gehörten. Der Auffassung der Beschwerdeführerin, zum Entgelt zähle auch der Aufwandersatz für Reisekosten, könne sich die belangte Behörde unter Verweis auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht anschließen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Nach dem in der Beschwerde ausgeführten Beschwerdepunkt erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Steuerfreiheit von Reisevergütungen sowie Tages- und Nächtigungsgeldern gemäß § 26 Z. 4 iVm § 68 Abs. 5 Z. 1 bis 6 EStG 1988 idgF iVm den Regelungen über Reisevergütungen und Tages- und Nächtigungsgelder "nach dem jeweils im Beschäftigerbetrieb geltenden Kollektivvertrag" für überlassene Arbeitskräfte verletzt. Auf die Frage, ob die belangte Behörde die Beschwerdeführerin dadurch, dass sie auch Feststellungsbescheide erlassen hat, in ihren Rechten verletzt hat, braucht daher nicht eingegangen werden.

Ob die gerügte Rechtsverletzung vorliegt oder nicht, ist danach zu beurteilen, ob der für Arbeitnehmer des Beschäftigerbetriebes allenfalls anzuwendende Kollektivvertrag auch für die von der Beschwerdeführerin überlassenen Arbeitskräfte gilt. Dies ist aber, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aufgezeigt hat, nicht der Fall. Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass der Entgeltanspruch überlassener Arbeitskräfte in § 10 AÜG geregelt ist. Danach haben überlassene Arbeitskräfte Anspruch auf ein angemessenes, ortsübliches Entgelt, wobei zur Angemessenheit dieses Entgeltes näher definiert wird, dass auf das im Beschäftigerbetrieb (vergleichbaren Arbeitnehmern für vergleichbare Tätigkeiten) zu zahlende Entgelt Bedacht zu nehmen ist. Das Gebot der entsprechenden Bedachtnahme auf eine kollektivvertragliche Regelung im Beschäftigerbetrieb bedeutet aber, wie die belangte Behörde zutreffend aufzeigt, nicht, dass der entsprechende Kollektivvertrag als solcher dem Entgeltanspruch zu Grunde liegt (vgl. auch das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom , 9 Ob A 191/90). Dem entsprechend trifft es auch zu, dass ein allfälliger, auf Arbeitnehmer des Beschäftigerbetriebes anzuwendender Kollektivertrag für den Arbeitskräfte überlassenden Betrieb keine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z. 1 bis 6 EStG 1988 darstellt.

Soweit die Beschwerdeführerin die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides mit dem Hinweis darauf zu begründen trachtet, dass zum "Entgelt auch Aufwandersätze für Reisekosten" zählten, weil arbeitsrechtlich zwischen unechten und echten Aufwandsentschädigungen zu unterscheiden sei, ist darauf hinzuweisen, dass diese Unterscheidung nur für den Fall von Bedeutung wäre, dass der Kollektivvertrag des Beschäftigerbetriebes als lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z. 1 bis 6 EStG 1988 anzusehen wäre. Dies ist aber aus den oben angeführten Gründen nicht der Fall. Dazu kommt, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem, in den Lohnsteuerrichtlinien 1999 zitierten Erkenntnis vom , 96/15/0097, zum Ausdruck gebracht hat, dass lohngestaltende Vorschriften - für steuerliche Zwecke - eine Dienstreise nicht anders festlegen können als durch das Abstellen auf das Verlassen des tatsächlichen Dienstortes (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , 98/15/0066 und 98/15/0068). Es sei weiters darauf hingewiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Beurteilung von Mehraufwendungen abgeltenden Tages- und Nächtigungsgeldern sowie Fahrtkostenvergütungen als Aufwandsentschädigungen (und nicht als Entgelt) hat (vgl. auch dazu das zitierte Urteil des Obersten Gerichtshofes vom ).

Ungeachtet des oben dargestellten Beschwerdepunktes nimmt die Beschwerdeführerin auch in der Beschwerde auf die Lohnsteuerrichtlinien 1999 Bezug. Dazu ist abgesehen davon, dass Erlässe der Finanzverwaltung mangels Kundmachung keine Rechtsnormen sind und deshalb keine Bindungswirkung entfalten, darauf hinzuweisen, dass in der auf das zitierte Erkenntnis vom gestützten Aussage der Lohnsteuerrichtlinien 1999, es komme auch für den Bereich der Arbeitskräfteüberlassung der steuerliche Dienstreisebegriff des § 26 Z. 4 EStG 1988 zur Anwendung, keine Beurteilung gesehen werden kann, die geeignet wäre, den angefochtenen Bescheid mit Rechts- oder Verfassungswidrigkeit zu belasten. Die Beschwerdeführerin behauptet im Übrigen konkret nicht, dass die von ihr überlassenen Arbeitnehmer entsprechende Tages- und Nächtigungsgelder oder Fahrtkostenvergütungen (oder beides) wegen solcher Dienstreisen, wie sie in § 26 Z. 4 EStG 1988 definiert sind, bezogen hätten.

Da sich die Beschwerden somit insgesamt als unbegründet erweisen, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am