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VwGH vom 10.02.1950, 1864/48

VwGH vom 10.02.1950, 1864/48

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Putz und die Räte Dr. Simandl, Dr. Ondraczek, Dr. Höslinger und Dr. Wasniczek als Richter, im Beisein des prov. Finanzkommissärs Dr. Helbich als Schriftführer über die Beschwerde des Dr. EM in G gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , S 29 - 844 - I - 1948, betreffend Anerkennung eines Verlustabzuges aus 1945 bei der Veranlagung der Einkommensteuer für 1946, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist nach seinen Angaben im Mai 1945 von Prag nach Graz übersiedelt. Er hatte sich in Prag als Repetitor für Staatswissenschaften betätigt und Kandidaten auf Prüfungen, die Wissenszweige auf dem Gebiete der Staatswissenschaften zum Gegenstand haben, vorbereitet. Einen ähnlichen Betrieb hat er nunmehr in Graz eröffnet. Für das Jahr 1945 ist er nach der Aktenlage in Österreich nicht zur Einkommensteuer veranlagt worden.

In seiner Einkommensteuererklärung für 1946 hat er aus seiner Tätigkeit als Repetitor einen Gewinn von 16.408 S angegeben und diesen als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit bezeichnet. Als Sonderausgabe brachte er für dieses Jahr einen Verlust aus dem Jahre 1945 in Höhe von 15.000 S zum Abzug, den er als "Totalverlust des Repetitoriums in Prag im Mai 1945" bezeichnete.

Das Finanzamt Graz-Ost behandelte die Einkünfte aus dem Repetitorium als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Den Verlustabzug von 15.000 S erkannte es nicht an und demgemäss schrieb es dem Beschwerdeführer die Einkommensteuer für 1946 vor. Gleichzeitig erliess es für dasselbe Jahr einen entsprechenden Gewerbesteuermessbescheid und Gewerbesteuerbescheid.

Der Beschwerdeführer erhob gegen beide Bescheide Anfechtung und führte aus, sein Betrieb sei eine Betätigung im freien Beruf und unterliege daher nicht der Gewerbesteuer. Der Verlustabzug sei ihm aber zu gewähren, da er in Prag als buchführender Gewerbetreibender gegolten, Bücher im Sinne des Handelsgesetzbuches geführt und seinen Betrieb auf eine Konzession gegründet habe. Das Finanzamt gab der Anfechtung mit Einspruchsbescheid vom in einem Punkte, der nicht mehr Gegenstand dieser Beschwerde ist, statt und berichtigte den Einkommensteuerbescheid entsprechend. Im übrigen wies es die Anfechtung ab. Der Beschwerdeführer begehrte Entscheidung durch die Finanzlandesdirektion. Seine Tätigkeit sei als freiberufliche zu betrachten. Wie in Prag, so führte er auch in Graz ordnungsmässig Bücher im Sinne des Handelsgesetzbuches. Er habe einen neuen Betrieb in Graz nicht angefangen, sondern lediglich seinen Prager Betrieb dorthin verlegt.

Die Finanzlandesdirektion für Steiermark hat mit Bescheid vom der Anfechtung in der Gewerbesteuersache stattgegeben, die Festsetzung der Gewerbesteuer aufgelassen und dies damit begründet, dass nach der gesamten Aktenlage von einem gewerblichen Betrieb des Beschwerdeführers in Graz nicht gesprochen werden könne. Seine Einkünfte aus der Tätigkeit als Repetitor für Staatswissenschaften seien vielmehr solche aus selbstständiger Arbeit. Die Anfechtung in der Einkommensteuersache wurde mit dem gleichen Bescheid abgewiesen. Die Abweisung wurde damit begründet, dass ein Verlustabzug nach § 10 Abs. 1 Z 4 des Einkommensteuergesetzes ( EStG ) nur buchführenden Land- und Forstwirten und buchführenden Gewerbetreibenden zustehe. Dieses Erfordernis treffe beim Beschwerdeführer nicht zu, da dieser sowohl im Jahre 1945 in Prag wie in Graz freiberuflich tätig gewesen sei als auch im Jahre 1946 nur eine freiberufliche Tätigkeit ausgeübt habe.

Der Beschwerdeführer hat gegen diesen Bescheid die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Er bekämpft die Feststellung der belangten Behörde, dass er in Prag einen freien Beruf ausgeübt und nicht ein Gewerbe betrieben habe, als unzutreffend. Die Tätigkeit in Prag habe sich von jener in Graz in wesentlichen Punkten unterschieden. In Prag habe er auf Grund einer Konzession nach § 15 Z. 2 der Gewerbeordnung ein Pressleihgewerbe betrieben, nämlich das Gewerbe des Verleihes von Skripten. Er habe schon in seiner Anfechtung darauf hingewiesen, dass er in Prag als buchführender Gewerbetreibender galt, dass er seinen Betrieb auf eine ihm damals erteilte Konzession gegründet und dass er Bücher im Sinne des Handelsgesetzbuches geführt habe. Die belangte Behörde hatte daher die Pflicht gehabt, die von ihm angegebenen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse zu prüfen. In der Unterlassung dieser Prüfung erblickt der Beschwerdeführer einen Verfahrensmangel, bei dessen Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Sache erwogen:

Nach seinen Behauptungen ist der Beschwerdeführer erst anfangs Mai 1945, also zu einer Zeit, da das vormalige so genannte Protektorat unbestreitbar als Ausland zu betrachten war, nach Österreich übersiedelt. Erst von diesem Zeitpunkt an ist er in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig geworden. Einkünfte, die er vorher im Ausland bezogen hat, sind daher zufolge §§ 1 (2) und 25 (2) des Einkommensteuergesetzes für die Bemessung seiner Einkommensteuer in Österreich nicht zu berücksichtigen. Demgemäss können aber auch vor diesem Zeitpunkt im Ausland erlittene Verluste weder für einen Verlustausgleich nach § 2 (2) noch für einen Abzug nach § 10 (1) Z. 4 des Einkommensteuergesetzes in Betracht kommen. Nun hat der Beschwerdeführer selbst angegeben, dass er den Verlust, dessen Abzug von der Bemessungsgrundlage er begehrt, noch in Prag vor seiner Übersiedlung nach Österreich erlitten hat, sein Begehren erweist sich also schon aus diesem Grunde als ungerechtfertigt.

Die Beschwerde war deshalb gemäss § 42 Abs. 1 des VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne dass es auf eine Prüfung der weiteren Frage anzukommen hatte, ob das seinerzeitige Unternehmen des Beschwerdeführers in Prag ein gewerbliches oder ein freiberufliches war.

Wien, am