VwGH vom 21.12.1972, 1429/72

VwGH vom 21.12.1972, 1429/72

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. DDr. Dorazil und die Hofräte Dr. Frühwald, Dr. Schima, Dr. Reichel und Dr. Seiler als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzoberkommissär Dr. Leitner, über die Beschwerde des Fritz P in E, vertreten durch Dr. Leo Ulrich, Rechtsanwalt in Graz, Joanneumring 16, gegen den Bescheid der FLD für Stmk vom , B 130/1-V/72, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Gebührensache, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (FLD für Stmk) Aufwendungen in der Höhe von S 600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer und sein Sohn Hans Ulrich P. haben mit schriftlichem Vertrag vom unter der Fa "S. OHG Fritz P... & Sohn Strickwarenerzeugung und Textilhandel ... " eine OHG errichtet. In dieses Unternehmen brachte der Beschwerdefühler das von ihm zuletzt als Alleininhaber geführte Unternehmen "S. OHG Fritz P... & Co. ..." ein, während nach dem Gesellschaftsvertrag der Sohn des Beschwerdeführers seine Arbeitskraft zur Verfügung stellte.

Auf dem Kopf der maschingeschriebenen Eingabe befand sich die Firmenbezeichnung "S. OHG Fritz P.... & Sohn ... ". Einen weiteren an den Sohn des Beschwerdeführers gerichteten Vorhalt des FA beantwortete Dr. Herbert L. mit einem Ersuchen um Fristerstreckung. Im Kopf dieser Eingabe, die das Datum trägt, war mit Maschinschrift als Name Ulrich P. und die Anschrift des Sohnes des Beschwerdeführers angeführt.

Mit Bescheid vom setzte das zuständige FA für den beurkundeten Gesellschaftsvertrag gem "§ 33 TP 16" des Gebührengesetzes 1957 BGBl 267 (GebG) eine Rechtsgebühr fest. Dieser Bescheid war an den Beschwerdeführer persönlich gerichtet. Am ersuchte der Steuerberater Dr. Herbert L. mit einer beim FA am eingelangten Eingabe um Verlängerung der Berufungsfrist. Im Kopf dieser maschingeschriebenen Eingabe war der Firmenname der neugegründeten OHG unter Weglassung der Worte "Strickwarenerzeugung und Textilhandel" angeführt. Darunter steht der Vermerk "Betrifft: Rechtsmittelfristverlänerung BRPost: 1/69- 10 (Gesellschaftsvertrag vom )." Sodann heißt es in der Eingabe wörtlich:

"Gegen den uns zugegangenen Bescheid vom betreffend den Gesellschaftsvertrag vom wird das Rechtsmittel der Berufung eingebracht.

Um Fristverlängerung für die Berufung bis

wird gebeten.

Begründung:

Unser Steuerberater, Herr Dr. Herbert L...... befindet sich zur Zeit auf Urlaub und wird erst Mitte September zurückerwartet.

Hochachtungsvoll in Vollmacht Stampiglie Dr. Herbert L.....

Familienname: unlesbar, Vorname: Renate."

Auf der Eingabe befindet sich ein offenbar vom FA handschriftlich beigesetzter Vermerk "bew." mit einem unlesbaren Namenszug und dem Datumstempel "".

Ein Hinweis darauf, dass an diesem Tag eine mündliche oder schriftliche Verständigung von dieser Erledigung des FA nach außen ergangen wäre, findet sich im Akt nicht.

Am brachte der Steuerberater Dr. Josef K. namens des Beschwerdeführers eine am beim FA eingelangte Berufung gegen den oben erwähnten Abgabenbescheid ein. Einige Tage später legte Dr. K. eine schriftliche Vollmacht des Beschwerdeführers vor.

Am erließ das FA eine abweisliche Berufungsvorentscheidung, die an den Beschwerdeführer, vertreten durch Dr. K., gerichtet war. In der Begründung dieser Berufungsvorentscheidung, die nicht mehr dem Rechtsbestand angehört, da der Beschwerdeführer durch seinen Steuerberater fristgerecht die Vorlage des Rechtsmittels an die Abgabenbehörde

2. Instanz verlangte, führte das FA u.a. aus, dass gegen die ergangene Vorschreibung einer Gebühr rechtzeitig Berufung eingebracht worden sei.

Mit Erlass vom beauftragte die FLD für Stmk das FA, das bisher durchgeführte Ermittlungsverfahren in bestimmten Punkten zu ergänzen. Unter P 3.) des Ergänzungsauftrags wies die Abgabenbehörde 2. Instanz darauf hin, dass der Bescheid vom richtigerweise an einen der Gebührenschuldner, nämlich an den Beschwerdeführer, adressiert worden sei. Mit Eingabe vom habe aber die Gesellschaft um Verlängerung der Rechtsmittelfrist angesucht. Es sei zu klären, ob Dr. Herbert L. berechtigt gewesen sei, im Namen des Beschwerdeführers die oben angeführte Eingabe an das FA zu richten. Die entsprechende Vollmacht wäre anzufordern und den Akten anzuschließen. Wäre nämlich diese Eingabe als im Namen der Gesellschaft eingebracht anzusehen gewesen, wäre die vom Beschwerdeführer, vertreten durch Dr. Josef K., am eingebrachte Berufung als verspätet anzusehen.

Auf einen entsprechenden Vorhalt des FA vom teilte der Steuerberater Dr. Josef K. dem FA am mit, dass Dr. L. berechtigt gewesen sei, die Eingabe vom namens des Beschwerdeführers einzubringen. Die diesbezügliche Vollmach von Dr. L. erliege im Veranlagungsakt, da die Vollmacht im Verwaltungsakt erst am (richtig wohl 1971) auf Dr. Josef K. übergegangen sei. In der Zwischenzeit sei eine neuerliche Vollmacht von Dr. Herbert L. angefordert worden, doch könne die neue Vollmacht nicht gezeichnet werden, da sich der Beschwerdeführer auf einer Geschäftsreise befinde. Abschließend hieß es in der Beantwortung des Vorhalts wörtlich:

"Da sich jedoch die ursprüngliche Vollmacht im Veranlagungsakt auf sämtliche Verhandlungen und Eingaben mit der Abgabenbehörde bezieht, wird angenommen, dass die Vollmacht im Veranlagungsakt auch für die Einbringung eines Ansuchens um Verlängerung der Berufung gegen den Gebührenbescheid vom ausreichend war."

Dem Akt des FA ist eine Kopie dieser Vollmacht aus dem Veranlagungsakt, betreffend den Beschwerdeführer und seine Ehegattin, angeschlossen. Im Kopf des Formulars ist die Fa S. OHG Strickerei als Vollmachtgeber angeführt, Unterschrieben ist als Vollmachtgeber Fritz P.

Mit dem nunmehr durch Beschwerde an den VwGH angefochtenen Bescheid vom hat die FLD für Stmk die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des FA vom gem § 273 Abs 1 lit b der Bundesdabgabenordnung vom , BGBl 194 (BAO) in Verbindung mit § 278 BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Diesen Bescheid hat die Abgabenbehörde 2. Instanz folgendermaßen begründet:

Gem § 246 Abs 1 BAO sei zur Einbringung einer Berufung jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen sei. Der Rechtsgebührenbescheid vom sei gem § 28 GebG an den Beschwerdeführer als Gesellschafter gerichtet gewesen und auch diesem zugestellt worden. Mit Eingabe vorn habe jedoch die Fa S. OHG Fritz P. & Sohn um Verlängerung der Frist zur Einbringung eines Rechtsmittels angesucht. Da aber der Rechtsgebührenbescheid nicht an die einschreitende Fa ergangen sei, habe die genannte Fa weder eine Berufung gegen den nicht an sie ergangenen Bescheid einbringen, noch gem § 245 Abs 3 BAO um Verlängerung der für sie nicht relevanten Rechtsmittelfrist ansuchen können.

Die am eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers sei daher verspätet. Gem § 273 Abs 1 lit b BAO habe die Abgabenbehörde 1. Instanz eine Berufung, die gegen einen von ihr erlassenen Bescheid eingebracht worden sei, durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht fristgerecht eingebracht worden sei. Nach § 278 BAO habe die Abgabenbehörde 2. Instanz zu prüfen, ob nicht ein von der Abgabenbehörde 1. Instanz nicht aufgegriffener Grund zur Zurückweisung der Berufung vorliege. Sei ein solcher Grund gegeben, so habe die Abgabenbehörde 2. Instanz die Zurückweisung mittels Bescheides auszusprechen.

Bei Prüfung der Frage, ob sich etwa aus der weiteren Bevollmächtigung des Steuerberaters Dr. Herbert L. für den Beschwerdeführer ergeben könnte, das Ansuchen um Verlängerung der Rechtsmittelfrist wäre auch als namens des Beschwerdeführers eingebracht anzusehen, käme man nur zum Schluss, dass ohne Zweifel Dr. Herbert L. im Namen der Gesellschaft und nicht im Namen des beschwerdeführenden Gesellschafters und Bescheidadressaten eingeschritten sei. Dies ergebe sich insbesonders klar und deutlich aus dem Kopf der Eingabe vom , in der nämlich die Fa S. OHG Fritz P. & Sohn als Einschreiterin genannt sei. Die Behauptung, die Eingabe vom durch Dr. Herbert L. sei auch als im Namen des Beschwerdeführers eingebracht anzusehen, würde somit dem Inhalt der genannten Eingabe widersprechen. Abschließend hat sich die FLD für Stmk zur Begründung ihres Zurückweisungsbescheids auch auf die Erk d VwGH v , 1536/69 u. v. , 1237/70 bezogen.

Gegen diesen Bescheid der FLD für Stmk vom richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der VwGH erwogen hat:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens besteht darüber Streit, ob die Frist für die Berufung gegen den Bescheid des FA vom iS des Antrags vom rechtswirksam verlängert oder ob, wie die belangte Behörde meint, wegen Unwirksamkeit der Verlängerung die Berufungsfrist versäumt worden ist.

Gem § 245 Abs 1 BAO beträgt die Berufungsfrist 1 Monat.

Nach Abs 3 der zit Gesetzesstelle kann die Berufungsfrist aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, verlängert werden. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Berufungsfrist gehemmt.

Wer zur Stellung eines solchen Antrags auf Verlängerung der Berufungsfrist legitimiert ist, sagt das Gesetz nicht ausdrücklich, doch aus der Systematik der BAO ergibt sich mit hinlänglicher Deutlichkeit, dass alle, die gem § 246 zur Einbringung der Berufung berechtigt sind einen Antrag gem § 245 Abs 3 BAO stellen können.

Da gem § 246 Abs. 1 BAO zur Einbringung einer Berufung jeder befugt ist, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist, muss der Ansicht der belangten Behörde beigepflichtet werden, dass zur Einbringung eines Antrags nach § 245 Abs. 3 BAO im gegenständlichen Fall nur der Beschwerdeführer als alleiniger Adressat des erstinstanzlichen Abgabenbescheides vom berechtigt gewesen ist. (Vgl auch in diesem Zusammenhang Reeger-Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung 810 Anm 3.)

Dies bestreitet auch der Beschwerdeführer nicht. Er meint aber, der Antrag auf Verlängerung der Rechtsmittelfrist vom stelle ein Anbringen iS des § 85 BAO dar, welches an einem Formgebrechen iS des § 85 Abs. 2 gelitten habe, weshalb die Abgabenbehörde in einem derartigen Fall die Pflicht gehabt hätte, dem Einschreiter die Behebung von Formmängeln gem der zuletzt zit Rechtsvorschrift aufzutragen. Die Abgabenbehörde 1. Instanz habe dies zunächst vor Erlassung der Berufungsvorentscheidung unterlassen, da ohnehin klar gewesen sei, dass im gegenständlichen Fall nicht namens der OHG, sondern namens des Beschwerdeführers eingeschritten worden sei. Auch sei der Vorhalt im abgabenbehördlichen Rechtsmittelverfahren an den Beschwerdeführer rücksichtlich der Antragslegitimation als ein Auftrag zur Behebung von Mängeln gem § 85 Abs 2 BAO anzusehen.

Der vorliegenden Beschwerde kommt Berechtigung nicht zu. Vor allem ist darauf hinzuweisen, dass die nach Ansicht des Beschwerdeführers falsche Bezeichnung des Einschreiters im Verlängerungsantrag kein Formgebrechen darstellt, weil als solche nur Verletzungen von Vorschriften anzusehen sind, die das Gesetz aufstellt, um eine formelle Behandlung eines Anbringens sicherzustellen oder für die Behörde zu erleichtern. Aus der Eingabe vom ergibt sich ohne jeden Zweifel, dass nicht der Beschwerdeführer, an den allein der erstinstanzliche Bescheid ergangen war, sondern die Fa. S. OHG Fritz P. & Sohn den Antrag gestellt hat, die Rechtsmittelfrist zu verlängern. Selbst wenn, was im übrigen auch noch zu prüfen wäre, das FA in Erledigung dieses Anbringens dem Einschreiter die Verlängerung der Rechtsmittelfrist rechtswirksam erteilt hätte, hätte eine solche Bewilligung Rechtswirkungen für den Beschwerdeführer, der um die Verlängerung nicht nachgesucht hat, nicht erzeugt. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen seine Berufung erst nach Ablauf der einmonatigen Rechtsmittelfrist (§ 245 Abs. 2 BAO) erhoben hat, war die belangte Behörde gem § 273 Abs. 1 lit b BAO berechtigt und verpflichtet, dieses verspätet eingebrachte Rechtsmittel zurückzuweisen.

Aus den dargelegten Gründen erwies sich die Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gem § 42 Abs 1 VwGG 1965 abzuweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Zusammenhalt mit Art I B Z. 4 und 5 der V d BK v. , BGBl. 427.

Wien, am