VwGH vom 21.12.1956, 1391/54

VwGH vom 21.12.1956, 1391/54

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Rat Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Wasniczek, Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek und Dr. Eichler als Richter, im Beisein des Ministerialsekretärs Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde der A AG in W, vertreten durch die öffentlichen Verwalter Dr. Martin Kink und Dipl. Ing. Franz Wittmann, beide in Wien, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion Oberösterreich vom , Zl. 113/2 - IV a - 1954, betreffend Einheitsbewertung und Grundsteuermeßbescheid, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Stefan Schmid, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hat im Jahre 1939 auf einem von ihr gepachteten Grundstück, bezeichnet als "NN nächst Nr. 22" mit einem Kostenaufwand von 76.970 RM Baracken als Arbeiterwohnungen für ihre beim Ausbau des Linzer Hafens beschäftigten Arbeiter errichtet. Während des Krieges wurden diese Baracken von der Wehrmacht angefordert und zur Unterbringung gefangener Polen und Franzosen benützt. Im Jahre 1947 hat die Beschwerdeführerin die Baracken in stark beschädigtem Zustand zurückerhalten und in den Jahren 1948 und 1949 je eine weitere Baracke dazugebaut. Ursprünglich dienten die Baracken nur zur Unterbringung eigener Arbeiter; als diese aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der Firma ausschieden, war es nach der Behauptung der Beschwerdeführerin nicht möglich, sie zum Räumen der Baracken zu bewegen. Das Finanzamt Linz hat mit dem Nachfeststellungsbescheid vom den Einheitswert für das fragliche "Grundstück" mit 17.700 S für den Stichtag festgestellt und dazu bemerkt, daß es sich dabei um Gebäude auf fremdem Grund handle. Die beschwerdeführende Firma hat gegen die "Nachfeststellung des Einheitswertes und Nachveranlagung des Grundsteuermeßbetrages" Berufung erhoben und eingewendet, daß sie nicht Eigentümerin des Grundstückes sei, daß die Baracken zum Betriebsvermögen gehörten und daher nicht selbständig zum Gegenstand einer Einheitsbewertung gemacht werden könnten; weder § 52 des Bewertungsgesetzes (vom , DRGBl. I S 1035, BewG) noch § 32 der Durchführungsverordnung dazu (vom , DRGBl, I S. 81, BewDVdg) rechtfertigten den Schluß, daß provisorische Bauten, die lediglich den vorübergehenden Zwecken einer Baustelle dienen, unter den Begriff von "bebauten Grundstücken" fallen. Die belangte Behörde hat die Berufung unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 50 Abs. 3 BewG, wonach auch Gebäude auf fremdem Grund und Boden als selbständige Grundstücke gelten, abgewiesen. Sie hat ausgeführt, die Beschwerdeführerin mißverstehe den Sinn des § 56 BewG, wenn sie glaube, daß hier eine selbstfindige Bewertung nicht statthaft sei, denn nach § 57 BewG seien Betriebsgrundstücke - die Tatsache, daß die Baracken zum Betriebsvermögen zählen, werde nicht bestritten - wie Grundvermögen zu bewerten. Die von der Berufungswerberin geltend gemachten Verfahrensmängel aber seien durch eine am abgeführte Besprechung und eine Betriebsbesichtigung vom behoben worden. Bei den Baracken der Beschwerdeführerin handle es sich nach dem Ergebnis der Besichtigung um solche, auf die alle Begriffsmerkmale eines Gebäudes, wie feste Verbindung mit Grund und Boden usw., zutreffen. Aus der mit den Parteivertretern aufgenommenen Niederschrift vom gehe hervor, daß die Baracken seit ihrer Errichtung, und zwar nicht nur vorübergehend zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses dienen und nicht bloß für die Dauer EINES bestimmten Bauvorhabens aufgestellt worden seien. Solche Baracken aber könnten nicht als bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit dem Teilwert bewertet werden, wie die Beschwerdeführerin offensichtlich wünsche, sondern sie seien als Gebäude anzusehen und unterlägen der Grundsteuer.

Mit der vorliegenden Beschwerde wird geltend gemacht, die Ermittlung des Sachverhalts sei mangelhaft geblieben, da nicht festgestellt worden sei, daß diese Baracken für Zwecke eines bestimmten Bauvorhabens, daher zu gewerblichen Zwecken, auf vorübergehende Zeit und in provisorischer Bauweise errichtet und in späterer Zeit durch betriebsfremde Personen nur gegen den Willen der Eigentümer benützt wurden. Die angefochtene Entscheidung habe sich auch mit einem im Berufungsverfahren gestellten Antrag auf Anfrage bei der Finanzlandesdirektion Wien über die dortige Behandlung der Vermögenschaften der Beschwerdeführerin nicht befaßt. Gesetzwidrig sei auch die "Bestimmung des Begriffes Gebäude" durch den angefochtenen Bescheid, da das Gesetz (§ 50 BewG) überhaupt nicht auf "Gebäude", sondern auf "Bestandteile" und "Zubehör" von Grund und Boden abgestellt sei. Da der Mangel der Zubehöreigenschaft außer Streit stehe, könne nur fraglich sein, ob die besagten Baracken "Bestandteile des Grundes" seien. Dabei sei von Wichtigkeit, daß das Bewertungsgesetz in seinem § 51 Abs. 4 die Betriebsgrundstücke nicht zum Grundvermögen rechne. Es bestehe kein Grund zur Annahme, daß Anlagegüter des beweglichen Vermögens als Grundvermögen betrachtet werden sollten, "zumal diese im gegenständlichen Falle mit ihrem Teilwert dem Einheitswert des gewerblichen Betriebes zugerechnet und so der Besteuerung unterworfen" worden seien. Die Baracken fielen auch unter keine der im § 32 P. 1 - 4 der Reichsbewertungsdurchführungsverordnung angeführten Grundstückshauptgruppen und könnten - wenn überhaupt - nur in die Sammelgruppe 5 eingereiht werden. Nach dem Erläuterungswerk zum Bewertungsgesetz von Dziegalowski - Tühnen fielen in diese Gruppe aber nur jene bebauten Grundstücke, welche überwiegend anderen als Wohn-, gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dienen. Die Einbeziehung von Baracken, die in provisorischer Bauweise für größere Bauvorhaben auf beschränkte Zeit errichtet wurden, sei im Gesetz nicht vorgesehen. Der angefochtene Bescheid gehe infolge mangelhafter Tatsachenfeststellung offenbar von der Voraussetzung aus, daß es sich um ein Gebäude zu Wohnzwecken "von einiger Beständigkeit" handle. Sein Hinweis auf die "Verbindung mit Grund und Boden" sei nicht ernst zu nehmen, weil jede Baulichkeit diese Eigenschaft aufweise. Auch der Hinweis auf die Beständigkeit gehe fehl, da die Baracken bloß zur Unterbringung von Arbeitern für den Ausbau des Linzer Donauhafens und nach ihrer Zurückstellung im Jahre 1947 für die Baustellen Stickstoffwerke, Hauptbahnhof, Unfallkrankenhaus und Nationalbank bestimmt gewesen seien.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Nach § 50 Abs. 3 BewG gehören zum Grundvermögen und gelten als Grundstücke auch Gebäude, die auf fremdem Grund und Boden errichtet sind, selbst wenn sie wesentliche Bestandteile des Grund und Bodens geworden sind. Gemäß § 57 BewG ist der zu einem gewerblichen Betrieb gehörige Grundbesitz "Betriebsgrundstück" und zählt der Grundbesitz der im § 56 Abs. 1 bezeichneten inländischen Körperschaften stets zu den Betriebsgrundstücken. Derartige Betriebsgrundstücke gehören nach § 51 Abs. 4 BewG zwar nicht zum Grundvermögen, sind aber nach § 57 BewG wie Grundvermögen zu bewerten.

Daß die strittigen Baracken auf fremdem Grund erbaut worden sind, ist unbestritten. Bei dieser Rechtslage kann also nur noch zweifelhaft erscheinen, ob es sich bei den Baracken um "Gebäude" im Sinne des Bewertungsgesetzes handelt. Als Gebäude ist aber, wie die belangte Behörde richtig darlegt, jedes Bauwerk anzusehen, das durch räumliche Umfriedung Personen, Tieren oder Sachen Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den Zutritt von Menschen gestattet, mit dem Boden fest verbunden und von einiger Beständigkeit ist.

Die Beschwerdeführerin konnte schon aus der Begründung das in der Sache ergangenen Einspruchsbescheides des Finanzamtes klar ersehen, daß die Finanzbehörde angenommen hat, alle die aufgezählten Merkmale eines Gebäudes lägen im gegebenen Falle vor. Sie hatte aber in ihrer Berufung bloß eingewendet, daß sie nicht Eigentümerin des Grundstückes sei und daß die Baracken zu ihrem Betriebsvermögen gehören, daher nicht Gegenstand einer selbständigen Einheitsbewertung sein können. Diese Berufsausführungen hat sie nach Erhalt des Einspruchsbescheides und der damit verbundenen Klarstellung der Rechtslage nur dahin ergänzt, daß die Baracken bloß "vorübergehend" zur Unterbringung von Arbeitnehmern dienen sollten, das Vorliegen der übrigen für den Gebäudebegriff wesentlichen Merkmale, vor allem die feste Verbindung der Baracken mit Grund und Boden hat sie in keiner Weise bestritten. Auch beim Lokalaugenschein vom wurde von der Behörde festgestellt, daß die fraglichen Baracken auf Holzpfählen stehen, also eine feste Verbindung mit dem Grund und Boden haben, und der beim Augenschein anwesende Vertreter der Beschwerdeführerin hat das nicht bestritten. Wenn die belangte Behörde bei dieser Sach- und Rechtslage unter Hinweis darauf, daß die Baracken für Arbeiten auf einer ganzen Reihe von Baustellen gedient haben und viele Jahre lang zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses von Arbeitern verwendet wurden, entschieden hat, daß es sich bei den Baracken um wie Grundvermögen zu bewertende "Gebäude" des Betriebsvermögens handelt, kann darin eine Rechtswidrigkeit nicht erblickt werden. Auch Verfahrensmängel können der Behörde, die einen Lokalaugenschein hat vornehmen lassen und auf die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten maßgehenden Einwendungen eingegangen ist, nicht zur Last gelegt werden. Der Umstand, daß die Baracken allenfalls gegen den Willen der Beschwerdeführerin weiter benützt wurden, ist rechtlich unerheblich (siehe z.B. den Kommentar zum Bewertungsgesetz von Krekeler, 4. Auflege, S. 203), ebenso der weitere Umstand, daß entgegen dem Antrag der Beschwerdeführerin die Rechtsansicht der Wiener Finanzlandesdirektion über die Bewertung des in den westlichen Bundesländern befindlichen Betriebsvermögens der Beschwerdeführerin nicht eingeholt wurde. Auch der Einwand, daß die fraglichen Bauwerke unter keine der im § 32 Abs. 1 BewDVdg aufgezählten Grundstückshauptgruppen eingereiht werden können, geht fehl, denn der Einheitswertbescheid enthält die Einreihung in die Grundstückshauptgruppe "Mietwohngrundstücke" und es ist unbestritten, daß die Baracken zur Unterbringung von Arbeitern, also zu Wohnzwecken dienten, und etwas anderes wird in dieser Verordnungsstelle für die betreffende Einreihung nicht gefordert. Zumindest aber wären die Baracken, falls sie sich nicht in eine der ersten vier Hauptgruppen einreihen lassen, als "bebaute Grundstücke" in die fünfte Hauptgruppe einzureihen. Im übrigen hat die Beschwerdeführerin die Höhe der Bewertung, die durch die Einreihung bedingt ist, nicht bekämpft. Wenn schließlich mit der Beschwerde behauptet wird, daß die fraglichen Baracken ohnedies als bewegliches Vermögen bei der Einheitswertfeststellung des Betriebsvermögens berücksichtigt worden seien, ist dies ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliches Neuvorbringen, da der Gerichtshof nach § 41 VwGG den bekämpften Bescheid bloß im Rahmen des der belangten Behörde vorgelesenen Sachverhaltes zu überprüfen hat, im Verwaltungsverfahren aber ist ein derartiger Einwand nicht erhoben worden.

Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.

Wien, am