VwGH vom 19.03.1970, 1120/68

VwGH vom 19.03.1970, 1120/68

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dkfm. DDr. Dorazil und die Hofräte Dr. Frühwald, Dr. Riedel, Dr. Schima und Dr. Reichel als Richter, im Beisein des Schriftführers Finanzkommissär Smekal über die Beschwerde des JK in K, vertreten durch Dr. Luis Hölzl, Rechtsanwalt in Kitzbühel, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat) vom , Zl. 2094-1/68, betreffend Umsatzsteuer 1966, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Finanzlandesdirektion für Tirol) Aufwendungen in der Höhe von S 390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt ein gewerbliches Sägewerk und eine Land- und Forstwirtschaft. Er erklärte für das Kalenderjahr 1966 Umsätze aus Gewerbebetrieb und Umsätze als nichtbuchführender Land- und Forstwirt. Das Finanzamt K., dem bekannt geworden war, dass der Beschwerdeführer in diesem Kalenderjahr für die Einräumung einer Dienstbarkeit und für Flurschaden von der T... Ölleitung in Österreich Ges.m.b.H. einen Betrag von S 146.775,-- erhalten hatte, erhöhte in einem Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerbescheid vom die Umsätze des Beschwerdeführers um diesen Betrag, auf dessen Besteuerung es den Steuersatz gemäß § 7 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1959, BGBl. Nr. 300/1958, in der im Streitjahre geltenden Fassung (UStG), von 3 v.H. (mit Zuschlägen 5,25 v.H.) heranzog. Der Beschwerdeführer hatte der bezeichneten Gesellschaft vertraglich das Recht eingeräumt, eine Ölleitung über bestimmte ihm gehörige landwirtschaftlich genutzte Grundstücke zu legen. Die Vergütung umfasste unbestrittenermaßen S 30.600,-- für die Einräumung der Leitungsdienstbarkeit und S 116.175,-- als Entschädigung für Ernteschäden und Wirtschaftserschwernisse. Ebenfalls am erließ das Finanzamt einen Umsatz- und Einkommensteuerbescheid für nichtbuchführende Land- und Forstwirte, in welchem der Jahresumsatz 1966 des Beschwerdeführers aus der Land- und Forstwirtschaft mit 75 v.H. des Einheitswertes der landwirtschaftlich genutzten Flächen und die Einkünfte des Beschwerdeführers aus Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 1966 mit S 12.126,-- festgestellt wurden. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerbescheid für das Kalenderjahr 1966 Berufung und führte in dieser aus, dass nach seiner Ansicht wohl der für die Servitut bezahlte Betrag umsatzsteuerpflichtig sei, nicht hingegen die Vergütung für den Ernteausfall und die Wirtschaftserschwernisse. Der Ertrag der Landwirtschaft werde ja bereits durch die Umsatzsteuer für diese besteuert.

Die Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat) hat die Berufung am abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass auf Grund des § 2 der Verordnung vom , BGBl. Nr. 247, der Umsatz nichtbuchführender Land- und Forstwirte mit einem bestimmten Prozentsatz des für landwirtschaftlich genutzte Flächen festgestellten Einheitswertes zu errechnen sei. Somit erhebe sich die Frage, welche Einnahmen in dem solcherart ermittelten Umsatz erfasst sein könnten. Jede Besteuerung nach Richtlinien fuße auf der Verwendung allgemein gültiger Durchschnittssätze. Es bedürfe sicher keiner weit reichenden Erläuterung, dass sich ein für die Allgemeinheit gültiger Durchschnitt nur ergeben könne, "wenn auch die Ausgangsgrößen hiefür die Ergebnisse von Normalbetrieben" repräsentierten. Außerordentliche und einmalige Vorgänge würden dabei jedoch nicht berücksichtigt. Dementsprechend erfassten die amtlich festgestellten Richtsätze für die Umsatz- und Gewinnermittlung nur regelmäßig anfallende und im Durchschnitt nachhaltig erzielbare, nicht aber außerordentlich und einmalig anfallende Umsätze und Gewinne. § 2 Abs. 3 der zitierten Verordnung mit seiner Anführung der gesondert zu versteuernden Umsätze enthalte daher keine erschöpfende Aufzählung, sondern sei nur unter Beachtung des dargelegten Grundsatzes der Richtlinienbesteuerung zu handhaben. Die gesonderte Umsatzbesteuerung der für Ernteschäden und Wirtschaftserschwernisse empfangenen Vergütung bestehe daher zu Recht. Der vom Beschwerdeführer erhobene Einwand der Doppelbesteuerung sei zwar nicht grundsätzlich unbeachtlich, könne aber im vorliegenden Streitfalle keine Berücksichtigung finden. Gemäß § 9 der eingangs erwähnten Verordnung seien in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (z.B. außergewöhnlichen Ernteschäden) die sich auf Grund der Durchschnittssätze ergebenden Umsatz- und Gewinnbeträge entsprechend dem eingetretenen Schaden zu vermindern. Auf Grund der einvernehmlich mit dem Beschwerdeführer durchgeführten Ermittlungen des Finanzamtes stehe im Eigentum des Beschwerdeführers eine Grundfläche von insgesamt 121,27 ha, hievon dienten der landwirtschaftlichen Nutzung 61,59 ha, der Rest entfalle auf Wald und unproduktive Flächen. Laut dem mit der Ölleitungsgesellschaft abgeschlossenen Dienstbarkeitsvertrage sei von dieser ein Grundstreifen von 340 m Länge und 25 m Breite, somit eine Gesamtfläche von 0,85 ha, in Anspruch genommen worden. Bezogen auf die Gesamtfläche bzw. die rein landwirtschaftlich genutzte Fläche ergebe dies einen Prozentsatz von 0,7 bzw. 1,4. Ein derart geringer Ausfall an Produktionsflächen könne nicht als außergewöhnlich bezeichnet werden. Es liege im Wesen jeder Richtlinienbesteuerung, dass sowohl vom Abgabepflichtigen als auch von der Finanzverwaltung geringe Schwankungen in Kauf genommen werden müssten.

Gegen diese Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat) vom richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat der bereits erwähnten Ölleitungsgesellschaft das Recht eingeräumt, über bestimmte ihm gehörige landwirtschaftlich genutzte Grundstücke eine Ölleitung zu legen. Er hat dafür im Streitjahr eine Vergütung von insgesamt S 146.775,-- (und zwar S 30.600,-- für die Einräumung der Leitungsdienstbarkeit und S 116.175,-- für Ernteschäden und Wirtschaftserschwernisse) erhalten, welchen Betrag die Abgabenbehörden unter Anwendung des Steuersatzes von 5.25 v.H. zur Gänze der Umsatzsteuer unterworfen haben. Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen mit der Begründung, dass der ihm für Ernteschäden und Wirtschaftserschwernisse bezahlte Betrag aus der Umsatzsteuerbemessungsgrundlage auszuscheiden sei; es liege nach seiner Meinung nämlich eine unzulässige Doppelbesteuerung vor, weil die Entschädigung, die er erhalten habe, soweit sie als Ersatz für Ernteschäden und Wirtschaftserschwernisse gegeben worden sei (und nur darum geht der Streit), Teil des landwirtschaftlichen Umsatzes bilde, der durch die "Pauschalierung" dieses Betriebes umsatzsteuerrechtlich abgegolten sei. Die Entschädigung für Ernteschäden und Wirtschaftserschwernisse gelte für 10 Jahre und mehr, sodass sie auf ein Jahr aufgeteilt höchstens S 11.600,-- betrage. Die belangte Behörde irre, wenn sie meine, dass die Entschädigung über die regelmäßigen Einkünfte, die von der Pauschalierung erfasst seien, hinausgehe. Diesem Vorbringen vermochte der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Denn gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Gemäß § 3 Abs. 10 UStG sind sonstige Leistungen solche, die nicht in einer Lieferung bestehen. Eine sonstige Leistung kann auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustandes bestehen. Gemäß § 5 Abs. 1 UStG ist Entgelt alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufwendet, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Dass demnach die erwähnte Entschädigung grundsätzlich der Umsatzsteuer unterliegt, kann füglich nicht bestritten werden und ist vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten worden. § 13 Abs. 9 UStG sieht allerdings vor, dass bei der Ermittlung des Umsatzes auf Grund einer Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen für Gruppen von Steuerpflichtigen Durchschnittssätze aufgestellt werden können. Auf Grund dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Finanzen im § 2 seiner Verordnung vom , BGBl. Nr. 247, für die Ermittlung von Umsätzen aus Land- und Forstwirtschaft bestimmt, dass im Streitjahre bei der Berechnung der Umsatzsteuer der nichtbuchführenden Landwirte von den zum maßgeblichen Einheitswerten auszugehen und hiebei ein Umsatz zu Grunde zu legen ist, der 75 v.H. der Einheitswertanteile beträgt, die auf die landwirtschaftlich genutzten Flächen entfallen. § 9 der Verordnung sieht vor, dass in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z.B. bei außergewöhnlichen Ernteschäden durch Dürre, Hochwasser oder Hagelschlag und bei besonderen Viehverlusten u.dgl., die sich ergebenden Umsatzsteuerbeträge entsprechend dem eingetretenen Schaden zu vermindern sind.

Von dieser Rechtslage ist die belangte Behörde ausgegangen. Sie hat den Umsatz des Beschwerdeführers aus Land- und Forstwirtschaft unter Bedachtnahme auf die Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen vom festgestellt. Dieser so ermittelte Umsatz ist aber nur ein Durchschnittsumsatz, der - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht ausgesprochen hat außerordentliche und einmalige Vorgänge nicht erfasst. Entschädigungen der Art, wie sie der Beschwerdeführer im Streitfall erhalten hat, sind außerordentliche Einnahmen, die sohin in dem nach der Verordnung vom durchschnittsweise ermittelten Umsatz nicht ihren Niederschlag finden. Diese Auffassung kann auch der Einwand des Beschwerdeführers nicht erschüttern, dass die streitige Entschädigung ein Entgelt darstellt, das sich auf mindestens 10 Jahre verteilt, weil ein solcher Umstand an der Außerordentlichkeit der Einnahme nichts zu ändern vermag, zumal eine Aufteilung von Umsätzen eines Jahres auf mehrere Jahre dem österreichischen Umsatzsteuerrecht grundsätzlich fremd ist. Ist also die außerordentliche Einnahme nicht im Durchschnittsumsatz, wie er nach der besagten Verordnung zu ermitteln ist, enthalten, dann ergibt sich, dass die Auffassung des Beschwerdeführers, er sei durch die gesonderte Besteuerung jenes Teiles der Entschädigung, der auf den Ernteausfall und die Wirtschaftserschwernisse entfällt, doppelt zur Umsatzsteuer herangezogen worden, nicht haltbar. Wenn der Beschwerdeführer aber meinen sollte, es hätte jene Fläche, auf der die Ölleitungsgesellschaft auf Grund der Übereinkunft mit dem Beschwerdeführer ihre Ölleitung zu legen berechtigt wurde, bei der Berechnung des durchschnittlichen Umsatzes keine Berücksichtigung finden dürfen, so ist ihm entgegenzuhalten, dass eine Änderung der landwirtschaftlich genutzten Flächen, die gemäß § 2 der zitierten Verordnung der Umsatzsteuerbemessung zu Grunde zu legen sind, nur in einem Verfahren über die Feststellung des Einheitswertes geltend gemacht werden hätte können. Der belangten Behörde kann auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Bestimmung des § 9 der Verordnung, derzufolge in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z.B. bei Ernteschäden der sich ergebende Umsatzbetrag zu vermindern ist, nicht angewendet hat. Denn sie weist im angefochtenen Bescheid zu Recht darauf hin, dass bei einem Ernteausfall auf einer Fläche selbst von 1,4 v.H. der Gesamtfläche nicht von einem außergewöhnlichen Ernteschaden im Sinne des § 9 der Verordnung gesprochen werden kann.

Zu bemerken ist allerdings, dass bei der Veranlagung des Beschwerdeführers den grundlegenden Bestimmungen der §§ 2 Abs. 1 und 11 Abs. 1 UStG, denenzufolge das Unternehmen die gesamte gewerbliche und berufliche Tätigkeit des Unternehmers umfasst und bei Vorliegen von mehreren Betrieben, die in allen Betrieben vereinnahmten Entgelte zusammenzurechnen sind, nicht Rechnung getragen worden ist. Dem Beschwerdeführer wurde nämlich entgegen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut die Umsatzsteuer für das Sägewerk und die Land- und Forstwirtschaft getrennt mit zwei Bescheiden vorgeschrieben. Durch diesen Fehler des Finanzamtes, der von der belangten Behörde nicht gerügt worden ist, ist der Beschwerdeführer allerdings in keinem subjektivöffentlichen Recht verletzt worden, weil das Finanzamt mit den beiden Umsatzsteuerbescheiden keine höhere Umsatzsteuer vorgeschrieben hat, als dies der Fall gewesen wäre, wenn die Umsatzsteuer vom Gesamtumsatz in einem Bescheid vorgeschrieben worden wäre.

Da die belangte Behörde somit durch ihren Bescheid den Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt hat, war die Beschwerde unbegründet und daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Die belangte Behörde hat für den Fall ihres Obsiegens einen Aufwandersatz in Höhe von S 390,-- (für Schriftsatzaufwand S 330,-- und für Vorlageaufwand S 60,--) begehrt. Diesem Begehren war gemäß § 47 Abs. 1 und 2 lit. b, § 48 Abs. 2 lit. a und b, § 49 Abs. 2 und § 59 Abs. 1 und 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Artikel I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzleramtes vom , BGBl. Nr. 4, zu entsprechen. Die Festsetzung der Leistungsfrist gründet sich auf § 59 Abs. 4 VwGG 1965.

Wien, am