VwGH vom 26.09.2000, 2000/13/0118

VwGH vom 26.09.2000, 2000/13/0118

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. Dr. W L in W, vertreten durch Dkfm. Werner Gossar, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Wien XIX, Weimarerstraße 93, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl RV/266-15/13/96, betreffend Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Versäumung der Frist zur Einbringung von Berufungen gegen die im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens neu ergangenen Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 1989 bis 1991 und den Einkommensteuerbescheid 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Inhalt der Beschwerde und dem über Mängelbehebungsauftrag vorgelegten angefochtenen Bescheid endete am die nach mehrmaliger Fristerstreckung verlängerte Berufungsfrist gegen bestimmte, im angefochtenen Bescheid im Detail genannte, im Anschluss an eine abgabenbehördliche Prüfung ergangene Bescheide. Am langte beim Finanzamt eine mit datierte Berufung ein. Mit Bescheid vom wurde diese Berufung als verspätet zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, damit "die eingelangte Berufung rechtsgültig" werde. In der Folge wird ersucht, "Näheres den Bestätigungen über den Krankenstand" zu entnehmen, wobei als Anlage eine Bestätigung eines praktischen Arztes vom , wonach der Beschwerdeführer seit dem bis voraussichtlich arbeitsunfähig sei, sowie ein Konsiliarbefund eines Krankenhauses vom beigelegt war, worin ein stationärer Aufenthalt vom 16. August bis bestätigt wird.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Wiedereinsetzungsantrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass Krankheiten als Wiedereinsetzungsgründe nur in Betracht kämen, wenn sie zu einer Dispositionsunfähigkeit geführt hätten. Von einer solchen könne jedoch im Hinblick auf die zwischen dem (erster Antrag auf Rechtsmittelfristverlängerung) und dem gesetzten Handlungen nicht ausgegangen werden. Noch am habe der Beschwerdeführer zwecks Akteneinsicht beim Finanzamt persönlich vorgesprochen.

In einer dagegen am erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, er sei am sehr wohl dispositionsunfähig gewesen, weil er nach der Akteneinsicht einen Kreislaufkollaps und einen Nervenzusammenbruch erlitten habe, wobei als Ursache die grob rechtswidrige Betriebsprüfung zu nennen sei. Er berief sich hiezu auf eine ärztliche Bestätigung vom , in welcher ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer am einen Kreislaufkollaps und einen Nervenzusammenbruch erlitten habe und vom dies bestätigenden Arzt zu Hause mit Injektionen und Medikamenten behandelt worden sei.

Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab, worin unter anderem darauf hingewiesen wurde, dass in der genannten ärztlichen Bestätigung (vom ) zwar ein Kreislaufkollaps und ein Nervenzusammenbruch bestätigt worden sei, von einer allfälligen Dispositionsunfähigkeit aber keine Rede sei. In einem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz hielt der Beschwerdeführer fest, dass er auf Grund seines Nervenzusammenbruches am dispositionsunfähig gewesen sei, wiederholte, dass Hauptursache hiefür der Einblick in seinen Steuerakt gewesen sei und stellte klar, dass er sich am darauf folgenden Wochenende wieder erholt und am die Berufung eingebracht habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass es dem Beschwerdeführer letztlich nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, dass sich sein Gesundheitszustand am Freitag, dem , derart verschlechtert habe, dass ihm jegliche Disposition hinsichtlich seines Steuerverfahrens unmöglich gewesen wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 308 Abs 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bildet eine die Dispositionsfähigkeit völlig ausschließende Krankheit einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund. Im Allgemeinen wird eine Antwort darauf, ob Dispositionsunfähigkeit vorliegt, anhand medizinischer Befunde und hievon abgeleiteter ärztlicher Schlussfolgerungen zu finden sein. Dabei genügt es zunächst, wenn der Wiedereinsetzungswerber den behandelnden Arzt namhaft macht und dieser die Dispositionsunfähigkeit bestätigt (vgl das hg Erkenntnis vom , 90/13/0004 mwN).

Im Beschwerdefall hat sich der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einerseits auf eine ärztliche Bestätigung vom , in welchem eine Arbeitsunfähigkeit vom bis voraussichtlich bescheinigt wird, und andererseits auf einen Konsiliarbefund vom berufen, worin ein stationärer Aufenthalt in einem Krankenhaus vom 16. August bis sowie eine voraussichtliche Dienstunfähigkeit von einem Monat bescheinigt wird.

In seiner Beschwerde räumt der Beschwerdeführer ein, dass aus der Bestätigung vom "selbstverständlich noch nicht die Dispositionsunfähigkeit des Beschwerdeführers am " habe hervorgehen können. Hinsichtlich des Konsiliarbefundes vom wird in der Beschwerde lediglich vorgebracht, dass dieser eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes und die Notwendigkeit eines stationären Spitalsaufenthaltes aufzeige. Dass damit eine Dispositionsunfähigkeit des Beschwerdeführers am dargetan worden wäre, behauptet der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht.

Eine Dispositionsunfähigkeit am behauptete der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren erstmals in seiner Berufung gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages unter Hinweis auf einen auch ärztlich bestätigten Kreislaufkollaps und Nervenzusammenbruch. Der in der Beschwerde vertretenen Ansicht, wonach die Bestätigung über den Nervenzusammenbruch und Kreislaufkollaps eindeutig die Dispositionsunfähigkeit des Beschwerdeführers ausgewiesen habe, weshalb es, wenn die Behörde die Ausführungen in der Bestätigung bezweifle, erforderlich gewesen wäre, zumindest den behandelnden Arzt einzuvernehmen, kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden: Ein vom Beschwerdeführer angenommener, zwingender Zusammenhang zwischen Nervenzusammenbruch und Kreislaufkollaps einerseits und einer Dispositionsunfähigkeit andererseits ist für medizinische Laien nicht ohne weiteres erkennbar. Die Beurteilung, ob eine Krankheit nach Art und Ausmaß ihres Auftretens geeignet ist, zur Dispositionsunfähigkeit zu führen, muss deshalb ebenso einem Arzt vorbehalten bleiben wie die Diagnose der Krankheit selbst. Die Rechtsprechung ist daher davon ausgegangen, dass von einem Arzt die Dispositionsunfähigkeit als solche (und nicht nur deren allfällige medizinische Ursache) zu bestätigen ist. Es ist daher sowohl die Annahme des Beschwerdeführers, er habe mit der Vorlage einer ärztlichen Bestätigung über einen erlittenen Kreislaufkollaps und Nervenzusammenbruch gleichzeitig eine Dispositionsunfähigkeit glaubhaft gemacht, als auch die Folgerung des Beschwerdeführers unzutreffend, bei Annahme einer nicht glaubhaft gemachten Dispositionsunfähigkeit durch die belangte Behörde müsse diese die Ausführungen in der ärztlichen Bestätigung bezweifelt haben. Im Beschwerdefall kommt hinzu, dass selbst nach ausdrücklichem Hinweis in der Berufungsvorentscheidung, wonach seitens des behandelnden Arztes zwar ein am erlittener Kreislaufkollaps und Nervenzusammenbruch bestätigt worden, in dieser Bestätigung aber von einer allfälligen Dispositionsunfähigkeit des Beschwerdeführers nicht die Rede sei, der Beschwerdeführer eine Dispositionsunfähigkeit weiterhin lediglich behauptet hat. Er hat weder den Arzt beauftragt, zutreffendenfalls eine ergänzende Äußerung abzugeben, noch hat er bei der Behörde den Antrag gestellt, den Arzt zur Frage der behaupteten Dispositionsunfähigkeit einzuvernehmen. Die belangte Behörde durfte daher, auch wenn sie die tatsächlichen Angaben des Arztes über das Erleiden eines Nervenzusammenbruches und Kreislaufkollapses nicht in Zweifel zog, eine Dispositionsunfähigkeit als nicht glaubhaft gemacht ansehen, ohne dass es zur Vermeidung eines Verfahrensmangels einer amtswegigen Einvernahme des Arztes bedurfte.

Die Ansicht der belangten Behörde, wonach eine Dispositionsunfähigkeit des Beschwerdeführers am letzten Tag der Berufungsfrist und damit eine den Beschwerdeführer an der Einhaltung dieser Frist hinderndes unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis nicht glaubhaft gemacht wurde, ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am